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BUNDESTAG/8165: Heute im Bundestag Nr. 300 - 20.03.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 300
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 20. März 2019, Redaktionsschluss: 15.57 Uhr

1. Chinesische Firmenkäufe im Blick
2. Koalition will Antiziganismus bekämpfen
3. FDP will Katastrophenvorsorge ausbauen
4. Mieter sollen keine Grundsteuer zahlen
5. FDP fordert einfaches Grundsteuermodell
6. Energiearmut in Deutschland
7. Maßnahmen zur Digitalisierung in Städten


1. Chinesische Firmenkäufe im Blick

Wirtschaft und Energie/Anhörung

Berlin: (hib/pst) Soll die Bundesregierung genauer hinschauen, wenn sich nichteuropäische Investoren in deutsche Technologiefirmen einkaufen? Bei einer öffentlichen Anhörung zu zwei Anträgen von FDP und Grünen am Mittwoch im Ausschuss für Wirtschaft und Energie hörten die Abgeordneten und Zuhörer ein "Ja-Aber" mit unterschiedlichen Nuancen. Anlass der Anträge waren Fälle wie der Aufkauf des deutschen Industrieroboter-Spezialisten Kuka durch ein chinesisches Unternehmen sowie jüngste Bestrebungen auf deutscher und europäischer Ebene, hier die Regulierung zu verschärfen.

Der Antrag der FDP-Fraktion "Attraktivität Deutschlands für ausländisches Kapital sichern" (19/4216) dringt eher auf Zurückhaltung bei solchen Eingriffen ins Marktgeschehen. Dagegen setzt der Antrag der Grünen "Schlüsseltechnologien und kritische Infrastruktur schützen - Standortattraktivität für Investitionen sichern" (19/5565) etwas mehr auf staatliche Kontrolle. In der Anhörung bestand zwischen den Sachverständigen aus Unternehmensverbänden und aus der Wissenschaft Einvernehmen, dass der Staat die Möglichkeit haben muss, ausländische Investitionen zu unterbinden, falls sich daraus eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ergeben könnte. Allerdings mahnten die Verbandsvertreter hier vor zu starken Regulierungen. Die Möglichkeit von Unternehmern, ausländisches Kapital anzuwerben oder auch ihr Unternehmen meistbietend zu verkaufen, sei wesentlich für ein marktwirtschaftliches System und dürfe nicht mehr als unbedingt nötig eingeschränkt werden.

Stefan Mair vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) betonte die Wichtigkeit von Auslandsinvestitionen, um globale Wertschöpfungsketten aufzubauen. Deutsche Unternehmen profitierten davon in hohem Maße. Es gebe aber international "den Trend, die Hürden hochzuschrauben". Dadurch drohe eine "Eskalationsspirale". Deutschland müsse demgegenüber "die Stärken unseres Systems sichern", statt die chinesische Strategie nachzuahmen. Volker Treier vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ergänzte, dass es wesentlich mehr deutsche Investitionen im Ausland gebe als umgekehrt. Die sei in besonderem Maße zwischen Deutschland und China der Fall. Würde wie von der EU geplant die Schwelle, ab der Unternehmensbeteiligungen geprüft werden, von 25 auf zehn Prozent gesenkt, drohten langwierige Verfahren. Dies könne Investoren auch da abschrecken, wo ein Kapitalzufluss wünschenswert ist.

Der Vertreter des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Ulrich Ackermann, verwies darauf, dass zwanzig Prozent der Unternehmen seiner Branche in ausländischer Hand seien, vor allem in US-amerikanischer und kanadischer. Während US-Investoren übernommenen Firmen in der Regel "mit Gewalt das US-System überstülpen", ließen Chinesen "das Management eher in Ruhe". Sie seien vor allem daran interessiert, dass sich der Standort positiv entwickelt. Für deutsche Maschinenbauer eröffne der Einstieg chinesischer Investoren einen Zugang zum chinesischen Markt, wie ihn rein deutsche Unternehmen nicht erreichen könnten.

Professor Sebastian Dullien von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin definierte kritische Infrastruktur als "Organisationen und Einrichtungen, bei deren Ausfall erhebliche Störungen im öffentlichen Leben zu erwarten" sind. Dazu zählt en etwa Stromversorgung, Krankenhäuser, aber auch Zahlungssysteme. Eine offene Gesellschaft sei nur möglich, wenn sie diese Infrastrukturen verteidigen kann. Deshalb müsse sie für ausländische Beteiligungen an solchen Infrastrukturen klare Regelungen treffen. Dass bei dieser Diskussion das Augenmerk vor allem auf chinesischen Investoren liegt, rechtfertigte Mikko Huotari vom Mercator Institute für China Studies (MERICS) mit dem besonderen System des Landes. Der massive Anstieg chinesische Auslandsinvestitionen seit 2015 stehe in direktem Zusammenhang mit einer neuen industriepolitischen Strategie des Staates. Investitionen in Bereichen wie der Biotechnologie, Satellitentechnik und Robotik würden gezielt staatlich gefördert, um hier Weltmarktführer zu werden. Gleichzeitig untersage China zunehmend ausländische Investitionen beispielsweise in die eigene Infrastruktur. China sei kein OECD-Staat und kein sicherheitspolitischer Partner und daher grundsätzlich anders zu bewerten als zum Beispiel die USA.

Professor Markus Taube von der Universität Duisburg-Essen ergänzte, unsere Marktwirtschaft sei "darauf ausgelegt, dass dort marktwirtschaftliche Akteure tätig sind". In China jedoch gebe es "keine klare Trennung zwischen Regulierern und Regulierten". Die deutsche China-Politik, die auf "Wandel durch Handel" gesetzt habe, habe bis vor fünf Jahren einigermaßen funktioniert. Seitdem aber bewege sich China in eine andere Richtung. Taube begrüßte deshalb die jüngsten Schritte auf deutscher und europäischer Ebene, Regelungen nachzuschärfen. "Wir brauchen mehr Kontrolle und mehr Transparenz", betonte er.

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2. Koalition will Antiziganismus bekämpfen

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben einen Antrag zur Bekämpfung des Antiziganismus (19/8546) vorgelegt, der am Freitag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, "jeder Form des Hasses gegen Sinti und Roma und dem Antiziganismus schon im Entstehen in aller Konsequenz entschlossen zu begegnen" und Antiziganismus auf europäischer Ebene "entschieden zu ächten". Die Bundesrepublik trage vor dem Hintergrund des "lange Zeit ignorierten Völkermords, der systematischen Entrechtung, Erniedrigung, Deportation und Ermordung von hunderttausenden Sinti und Roma im von Deutschland während des Zweiten Weltkrieges besetzten Europa eine besondere Verantwortung im Kampf gegen den Antiziganismus", mahnen die beiden Fraktionen in der Vorlage. Deutsche Sinti und Roma seien "Teil der Gesellschaft, hier verwurzelt und zählen zu den vier alteingesessenen Minderheiten in Deutschland".

Begrüßt wird in dem Antrag, dass der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat gemäß Koalitionsvereinbarung "ein Expertengremium einsetzen wird, das erstmals eine systematische Bestandsaufnahme aller Erscheinungsformen des Antiziganismus erarbeiten soll". Zugleich wird darin von der Bundesregierung gefordert, die Arbeit des unabhängigen Expertengremiums ressortübergreifend zu unterstützen. Bei dem Expertengremium wird in dem Antrag unter anderem angeregt, "Empfehlungen zu formulieren, wie Programme zur Bekämpfung von Antiziganismus entwickelt und weiterentwickelt werden können".

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3. FDP will Katastrophenvorsorge ausbauen

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) "Vorsorgestrukturen ausbauen - Ehrenamt in Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe stärken" lautet der Titel eines Antrags der FDP-Fraktion (19/8541), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Wie die Fraktion darin ausführt, muss die Bundesrepublik "angesichts vielfältiger Bedrohungslagen jederzeit auf die Bewältigung von Katastrophensituationen vorbereitet sein". Unabhängig von der Katastrophenursache stehe als Folge die Unterbringung, Versorgung und Betreuung einer Vielzahl von Menschen im Vordergrund.

Die Herausforderungen des bundesweiten starken Zustroms von Flüchtlingen in den Jahren 2015 und 2016 hätten indes verdeutlicht, "dass ausreichende nationale Strukturen zur Vorsorge nicht vorhanden sind", schreiben die Abgeordneten weiter. Zwar habe die Bundesregierung im Jahre 2016 mit der Konzeption "Zivile Verteidigung" ein Gesamtkonzept für die zivile Verteidigung erarbeitet, das die Planung flächendeckender Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ermögliche. Die Konzeption befinde sich jedoch noch immer im Umsetzungsprozess. Da der Eintritt einer Krisensituation grundsätzlich keine Zeit für einen angemessenen Ausbau der vorhandenen Ressourcen zulasse, sei es zudem unerlässlich, ergänzend zu der Konzeption "Zivile Verteidigung" eine konzeptunabhängige nationale Reserve aufzubauen, Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, dafür "Sorge zu tragen, dass der Bund seiner Verpflichtung im Rahmen des ergänzenden Katastrophenschutzes gerecht wird". Dabei soll sie die Voraussetzungen für eine rasche Umsetzung der neuen Konzeption der Zivilen Verteidigung des Bundesinnenministeriums schaffen. Auch fordert die Fraktion die Einrichtung einer "konzeptunabhängigen Reserve an Ressourcen auf Bundesebene", insbesondere in Form von Material-, Lebensmittel- und Medikamentenreserven für 50.000 Personen sowie von "Material für den Betrieb von eigenständigen ortsunabhängigen Betreuungseinrichtungen mit einer Gesamtkapazität von 15.000 Personen mit einer Betriebsphase von drei Monaten" und der Vorhaltung von Stromaggregaten, Kraftstoff und Trinkwasseraufbereitungsanlagen.

Zudem soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion ein Konzept für die Risiko- und Krisenkommunikation entwickeln, die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Hilfsorganisationen verbessern und die technische Ausstattung der Hilfsorganisationen modernisieren. Ferner beinhaltet der umfangreiche Maßnahmenkatalog, den die Abgeordneten in der Vorlage aufführen, unter anderem, die Attraktivität des Ehrenamtes zu stärken und Initiativen zu unterstützen, "die die Wertschätzung und Anerkennung der ehrenamtlichen Tätigkeit durch besondere Leistungen zum Ausdruck bringen".

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4. Mieter sollen keine Grundsteuer zahlen

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Grundsteuer soll nicht länger auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden. Die Linksfraktion fordert daher in einem Antrag (19/8358), die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieterinnen und Mieter in der Betriebskostenverordnung zu streichen. Die Fraktion erinnert daran, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 10. April 2018 eine Reform der Grundsteuer angemahnt habe. Der Bundestag müsse bis zum Ende des Jahres 2019 eine neue Regelung verabschieden. Erwartet werde, dass die Grundsteuer nach der Reform insbesondere in den Städten teurer werde, in denen die Miet- und Grundstückspreise in den letzten Jahren zum Teil erheblich angestiegen seien. Wegen der Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Betriebskosten werde dies die Bruttomieten verteuern und die Situation der Mieterinnen und Mieter in ohnehin angespannten Wohnungsmärkten verschlechtern. "Die Mieterinnen und Mieter dürfen nicht die Verlierer der Grundsteuerreform sein. Die Grundsteuer soll ausschließlich von den Eigentümerinnen und Eigentümern entrichtet werden", fordert die Linksfraktion.

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5. FDP fordert einfaches Grundsteuermodell

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die FDP-Fraktion fordert eine Grundsteuerreform ohne bürokratische Belastungen. In einem Antrag (19/8544) heißt es, weder Bürger noch die Finanzverwaltung dürften administrativ überlastet werden. "Umfangreiche, kostspielige und gegebenenfalls streitanfällige Bewertungen von Grundstücken und Gebäuden helfen nicht weiter und können neue Probleme und Rechtsunsicherheiten eröffnen", schreiben die Abgeordneten. Zu den weiteren Forderungen der FDP-Fraktion gehört, dass die Reform der Besteuerung des Grundvermögens aufkommensneutral erfolgen soll. Das Modell für die Grundsteuer soll rein flächenbasiert sein, wobei einerseits der Grund und Boden und andererseits die Gebäudenutzfläche in die Bewertung mit einfließen sollen. Auf baukostenbezogene und mit komplizierten Bewertungsfragen verbundene Modelle soll verzichtet werden. Außerdem sollen unterschiedliche Nutzungen (zum Beispiel Wohnen oder Gewerbe) in die Bewertung einfließen können. Und wie bisher soll die Grundsteuer zu den Betriebskosten gehören.

In der Begründung des Antrages verweist die FDP-Fraktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018, mit dem die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer mit dem allgemeinen Gleichheitssatz als unvereinbar und damit verfassungswidrig bezeichnet wurden. Die verfassungswidrigen Regeln dürften allerdings noch bis spätestens zum 31. Dezember 2024 angewandt werden. "Die bisher bekannt gewordenen Pläne des Bundesrates oder der Bundesregierung für eine Reform der Einheitsbewertung zur künftigen Erhebung der Grundsteuer zeichnen sich durch hohe Umsetzungskosten und überbordende Bürokratie aus", kritisiert die FDP-Fraktion, die die angekündigte Aufkommensneutralität bezweifelt. Für viele Menschen werde die Grundsteuer teurer und mit erheblich höheren bürokratischen Aufwand verbunden sein. Die Finanzverwaltung stehe vor der kaum lösbaren Aufgabe, die mehr als 35 Millionen Grundstücke neu zu bewerten. "Vor allem der Umstand, dass sowohl Bodenrichtwerte wie auch Mieten in die geplante Bemessungsgrundlage mit einfließen sollen, führt dazu dass die Grundsteuer künftig ständig ansteigen würde", warnt die FDP-Fraktion.

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6. Energiearmut in Deutschland

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PEZ) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte wissen, wie viele Menschen in Deutschland von Energiearmut betroffen sind - also ihre Strom- oder Gasrechnung nicht mehr oder kaum noch bezahlen können. In einer Kleinen Anfrage (19/8383) erkundigen sich die Abgeordneten zunächst nach einer Definition von Energiearmut und eingeleiteten Maßnahmen dagegen. Darüber hinaus geht es um Daten zu Strompreisentwicklung und Stromsperren im Zeitvergleich.

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7. Maßnahmen zur Digitalisierung in Städten

Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Die Bundesbauministerium will ab diesem Jahr mit Modellprojekten die Digitalisierung in und von Städten vorantreiben. Zudem solle der nationale und internationale Erfahrungsaustausch zu stadtentwicklungspolitischen Fragen der Digitalisierung ausgebaut werden, erklärt die Bundesregierung in der Antwort (19/8341) auf eine Kleine Anfrage (19/7679) der FDP-Fraktion. Dort führt sie weitere Themenschwerpunkte von Dialogplattformen und Foren auf, die unter die Überschrift "Smart Cities" fallen; zugleich verweist die Bundesregierung darauf, dass Stadtentwicklung grundsätzlich Teil der kommunalen Selbstverwaltung sei. Aufgabe des Bundes sei es, die Kommunen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Für die Modellprojekte stehen der Bundesregierung zufolge etwa 170 Millionen Euro im Haushalt 2019 zur Verfügung. Über die geplante Gesamtlaufzeit von zehn Jahren sollten in vier Staffeln insgesamt etwa 50 Modellprojekte mit 750 Millionen Euro gefördert werden. In der Antwort listet die Bundesregierung zudem geförderte Projekte und Vorhaben in den vergangenen Jahren auf, die um das Thema Smart Cities kreisen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 300 - 20. März 2019 - 15.57 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2019

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