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BUNDESTAG/8213: Heute im Bundestag Nr. 349 - 01.04.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 349
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 1. April 2019, Redaktionsschluss: 17.06 Uhr

1. Versicherung von Beamten in der GKV
2. Regierungentwurf für Zensusgesetz 2021
3. Entfristung des Integrationsgesetzes
4. Grüne für Neustart beim Verfassungsschutz
5. Asylstatistik für das Jahr 2018


1. Versicherung von Beamten in der GKV

Inneres und Heimat/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Das Ansinnen der Fraktion Die Linke, Beamten den Weg in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu erleichtern, stößt bei Experten auf Ablehnung ebenso wie auf Zuspruch. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am Montag deutlich. Laut dem von der Linksfraktion vorgelegten Antrag (19/1827) soll in der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) vorgesehen werden, dass anstatt eines Beihilfeanspruchs nur für die Private Krankenversicherung (PKV) auch eine dem Arbeitgeberbeitrag analoge Zahlung an die Krankenkasse von gesetzlich kranken- und pflegeversicherten Beamtinnen und Beamten und vergleichbaren Beschäftigen auf deren Wunsch erfolgen kann.

Zwar könnten Beamte zu Beginn ihrer Laufbahn frei zwischen PKV und GKV entscheiden, schreibt die Linksfraktion in der Begründung zu ihrem Antrag. Tatsächlich seien sie aber "faktisch gezwungen, die PKV zu wählen, da ihnen sonst unverhältnismäßige finanzielle Nachteile" erwüchsen. Hintergrund dessen sei, dass die den Beamten zustehenden Beihilfeansprüche nicht für Beiträge an die GKV geltend gemacht werden könnten. Sind sie in der GKV, müssten sie den vollen Beitragssatz allein tragen.

Da ein nicht geringer Teil der Beamten Mitglied in der GKV sei, obwohl die Beamten die Beiträge selbst tragen müssten und die Beihilfe kaum noch beanspruchen könnten, ist aus Sicht von Professor Karl-Jürgen Bieback von der Universität Hamburg eine Öffnung der GKV für Beamte notwendig. Diese könne der Dienstherr über ein Modell selbst regeln, das gegenwärtig in Hamburg (Hamburger Modell) umgesetzt werde. Bei allen anderen Modellen gehe das nur in Kooperation von Bund und Ländern. Die Öffnung würde unter dem Aspekt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn die Vorsorge der Beamten gegen Krankheit verbessern. Sozialrechtlich sollte sichergestellt werden, dass die Beamten dann Pflichtmitglieder der GKV sind, sagte Bieback.

Aus Sicht von Stefan Etgeton von der Bertelsmann-Stiftung wäre mit der Neuregelung mehr Wahlfreiheit und Selbstbestimmung in der Krankenversicherung verbunden. Auch würde ein weiterer Anreiz geschaffen, in den Staatsdienst einzutreten. "Das ist wichtig beim Kampf um die klugen Köpfen", sagte Etgeton. Was die Folgen eine Neujustierung für die öffentlichen Haushalte angeht, so seien zwar kurzfristig Mehrkosten zu erwarten. Mittelfristig würde sich dies aber im Saldo positiv auswirken, sagte er. Bei einer entsprechenden Regelung sollte der Gesetzgeber sich am Hamburger Modell orientieren, laut dem Landesbedienstete mit Beamtenstatus einen hälftigen Zuschuss zu dem Versicherungskosten auch im Falle einer Mitgliedschaft bei der GKV in Anspruch nehmen können. Dieses Modell habe bereits in anderen Bundesländern Schule macht, sagte Etgeton. Eine gleichgerichtete beamtenrechtliche Entwicklung in dieser Sache sei zu begrüßen, um die Mobilität der Bediensteten zu erleichtern.

Die Effekte einer solchen Reform wären nach Auffassung von Professor Christian Hagist von der WHU - Otto Beisheim School of Management eher gering. Für die GKV seien diese laut des durchgeführten Simulationsmodells negativ, da neue Anreize für Gruppen mit niedrigem Einkommen, hoher Morbidität und mitversicherten Familienmitgliedern geschaffen würden, sich gesetzlich zu versichern. Dagegen würden sich Haushalte mit hohem Einkommen und Kinderlose weiterhin überwiegend in der PKV besserstellen, sagte er. Die Beihilfekosten des Staates und die Beiträge bei der PKV würden vermutlich sinken, so Hagist.

Auf deutliche Ablehnung traf das Vorhaben der Linksfraktion bei Friedhelm Schäfer vom DBB Beamtenbund und Tarifunion. Die Idee der pauschalen Beihilfe sollte seiner Meinung nach weder im Bund noch in den Ländern weiterverfolgt werden, "weil dies zu Rechtsunsicherheiten, zu Irritationen und zu einem höheren Mittelbedarf führt, statt zu Berufsattraktivität und Gerechtigkeit". Das Ziel, für wenige Einzelfälle positive Auswirkungen zu realisieren statt die Mittel für Verbesserungen für alle Beamten und Versorgungsempfänger zu verwenden, dürfe nicht durch eine Maßnahme vorangetrieben werden, die letztendlich große Probleme für alle provoziere und geeignet sei, eine schleichende Erosion etablierter Systeme - nämlich der Beihilfe, der freien Heilfürsorge und letztendlich des Berufsbeamtentums - einzuleiten, warnte Schäfer.

Olaf Schwede vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) bewertete das anders. Es sei richtig, die bestehende Benachteiligung von Beamten, die sich schon bisher freiwillig in der GKV versichert haben, zu beenden, sagte er. Die Gewährung einer pauschalen Beihilfe sei ein Beitrag zur Gleichbehandlung. Nötig sei aber eine gesetzliche Regelung statt wie geplant, eine Regelung im Rahmen der Bundesbeihilfeverordnung. Schwede machte zugleich deutlich, dass auch bei einer bundesweiten Einführung des "Hamburger Modells" keine Belastung für die GKV zu erwarten sei. Im Vergleich zu normalen Versicherten seien schließlich auch Beamte in niedrigen Besoldungsgruppen potentiell gute Beitragszahler. So bestehe beispielsweise kein Risiko von Beitragsausfällen. Selbst bei längeren Erkrankungen würden weiter Beiträge gezahlt, da die Beamten weiterhin Besoldung erhielten, sagte der DGB-Vertreter.

Mit Verweis auf die Ablehnung der Initiative durch den Beamtenbund sagte Professor Gregor Thüsing von der Universität Bonn: "Wir haben hier eine Regelung, die keiner fordert und die keiner haben muss." Es fehle also an "guten Gründen", dieses verfassungsrechtlich zumindest umstrittene Vorhaben umzusetzen. Um Beamte mit geringen Einkommen und Familien finanziell zu entlasten seien andere Wege möglich, wie etwa die Anhebung der unteren Vergütungsgruppen sowie die Erhöhung der Familienzuschläge, die es im Beamtentum gebe. Für das Projekt Bürgerversicherung sollte man die Beamtenschaft jedoch nicht vereinnahmen, sagte Thüsing.

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2. Regierungentwurf für Zensusgesetz 2021

Inneres und Heimat/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung hat den "Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Zensus im Jahr 2021" (19/8693) vorgelegt, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Wie die Regierung in der Vorlage ausführt, ist Deutschland "unionsrechtlich verpflichtet, im Jahr 2021 eine Volkszählung (Zensus) durchzuführen". Dabei seien neben den Einwohnerzahlen auch eine Reihe von soziodemografischen Basisdaten zur Bevölkerung, ihrer Erwerbstätigkeit und ihrer Wohnsituation statistisch zu erfassen und darzustellen. Diese Daten seien auch aus nationaler Sicht eine "unabdingbare Planungsgrundlage für die Erfüllung staatlicher Aufgaben".

Mit dem Gesetzentwurf soll die Rechtsgrundlage für die Durchführung des Zensus 2021 geschaffen werden. Er knüpft laut Bundesregierung "an die bewährten Elemente des letzten Zensus im Jahre 2011 an und sieht dort, wo notwendig, methodische und organisatorische Fortentwicklungen vor". Den Angaben zufolge umfasst der Zensus 2021 eine Bevölkerungszählung, eine Gebäude- und Wohnungszählung, eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis und Erhebungen an Anschriften mit Sonderbereichen.

Wie der Zensus 2011 ist auch der Zensus 2021 laut Vorlage als registergestützte Erhebung konzipiert. "Dabei werden in erster Linie bereits vorhandene Verwaltungsdaten genutzt und nur dann ergänzende Erhebungen durchgeführt, wenn Verwaltungsdaten für bestimmte Merkmale nicht vorhanden oder aus statistischer Sicht nicht für die Auswertung geeignet sind", schreibt die Bundesregierung weiter. Neben Übermittlungen behördlicher Daten, insbesondere Melderegisterdaten und bestimmter Datensätze oberster Bundesbehörden, seien auch "ergänzende primärstatistische Befragungen der Bevölkerung vorgesehen".

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3. Entfristung des Integrationsgesetzes

Inneres und Heimat/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die mit dem Integrationsgesetz vom Juli 2016 eingeführte Wohnsitzregelung für international Schutzberechtigte, die am 6. August dieses Jahres außer Kraft tritt, soll nach dem Willen der Bundesregierung entfristet werden. Zugleich soll diese Regelung, der zufolge schutzberechtigte Ausländer verpflichtet sind, ihren Wohnsitz drei Jahre lang in einem bestimmten Land und gegebenenfalls an einem bestimmten Ort zu nehmen, "den Erfahrungen der bisherigen Praxis entsprechend weiterentwickelt" werden, wie aus einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/8692) hervorgeht. Danach würde ohne eine Verlängerung dieser Regelung "ein wichtiges integrationspolitisches Instrument für die Betroffenen und die zu diesem Zweck erforderliche Planbarkeit der Integrationsangebote von Ländern und Kommunen entfallen".

Zu den Änderungen zählt laut Bundesinnenministerium unter anderem eine "Fortgeltung der Wohnsitzregelung nach einem Umzug, wenn der Umzugsgrund kurzfristig wieder entfällt", weil etwa Arbeitsverhältnisse innerhalb von drei Monaten wieder aufgelöst werden. Ebenfalls entfristet werden soll den Angaben zufolge "die mit dem Integrationsgesetz eingeführte Haftungsbeschränkung des Verpflichtungsgebers für den Lebensunterhalt eines Ausländers auf drei statt fünf Jahre für vor dem 6. August 2016 abgegebene Verpflichtungserklärungen". Durch die Entfristung solle sichergestellt werden, dass die beabsichtigte Schutzwirkung für den Verpflichtungsgeber nicht entfällt.

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4. Grüne für Neustart beim Verfassungsschutz

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf einen "Neustart des Verfassungsschutzes des Bundes". Dies geht aus einem Antrag (19/8700) hervor, der am Freitag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Danach soll der Schutz der Verfassung im Bund "strukturell wie inhaltlich neu organisiert werden". Im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums sollen dazu nach dem Willen der Fraktion ein unabhängiges "Institut zum Schutz der Verfassung (ISV)" sowie ein " Bundesamt für Gefahrenerkennung und Spionageabwehr (BfGS)" geschaffen werden.

Das neue Institut soll laut Vorlage nur öffentliche Quellen analysieren und dabei zuständig sein für die laufende wissenschaftliche Beobachtung und Erforschung von Strukturen und Zusammenhänge demokratie- und menschenfeindlicher Bestrebungen, die gegen den Rechtsstaat und die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Alle Bestrebungen, die sich gegen die Grund- und Menschenrechte, die nicht veränderbaren Grundsätze der Verfassung oder das friedliche Zusammenleben der Völker richten, sollen dem Antrag zufolge laufend erforscht und transparent gemacht werden. Das Institut erfülle damit einen Teil der Aufgaben, denen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV ) bisher nicht in vollem Umfang gerecht geworden sei, heißt es in der Vorlage weiter.

Ferner sieht der Antrag vor, neben dem ISV ein "strukturell völlig neues Bundesamt für Gefahrenerkennung und Spionageabwehr" aufzubauen, "das mit rechtsstaatskonformen nachrichtendienstlichen Mitteln klar abgegrenzt von polizeilichen Aufgaben arbeitet". Es soll nach dem Willen der Fraktion Informationen über Bestrebungen im Vorfeld konkreter Gefahren sammeln, "die sich gegen die Grund- und Menschenrechte, die nicht veränderbaren Grundsätze der Verfassung oder das friedliche Zusammenleben der Völker richten" und sich zu diesem Zweck "auf die Anwendung von Gewalt und den Aufbau von auf Gewalt ausgerichteter Handlungsstrukturen vorbereiten oder fortgesetzt solche gewalttätigen Akteure unterstützen oder Kontakt zu diesen suchen". Außerdem solle das BfGS als Schnittstelle zu ausländischen Nachrichtendiensten fungieren.

In der Vorlage schreiben die Abgeordneten, dass das BfV, seine Befugnisse, aber auch seine Struktur "zu Recht regelmäßig in der Kritik" stünden. Die "seit Jahren erkennbaren Missstände bezüglich Strukturen, Arbeitsweisen, Personal und Kontrollierbarkeit des BfV" erforderten eine umfassende Antwort. Um die "rechtsstaatliche Gewährleistung der Sicherheit wieder in Einklang mit individuellen Freiheitsrechten zu bringen", brauche es eine strukturelle Neuorganisation des Verfassungsschutzes in Deutschland. Leitbild müsse dabei sein, "dass in einem Rechtsstaat das Handeln der Nachrichtendienste sowohl kontrollierbar als auch nachvollziehbar sein muss".

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5. Asylstatistik für das Jahr 2018

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 2.841 Menschen als asylberechtigt anerkannt worden, während 38.527 Flüchtlingsschutz und 25.055 subsidiären Schutz erhielten. Ein Abschiebungsverbot gemäß Paragraph 60 V/VII des Aufenthaltsgesetzes wurde in 9.548 Fällen festgestellt, wie aus der Antwort der Bundesregierung (19/8701) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/7338) weiter hervorgeht.

Die Gesamtschutzquote lag den Angaben zufolge bei 35,0 Prozent. Hauptherkunftsländer waren laut Vorlage Syrien mit insgesamt 35.930 Fällen vor Afghanistan mit 6.981 und dem Irak mit 6.469.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 349 - 1. April 2019 - 17.06 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2019

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