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BUNDESTAG/8438: Heute im Bundestag Nr. 581 - 17.05.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 581
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 17. Mai 2019, Redaktionsschluss: 09.25 Uhr

1. Schwierige Zusammenarbeit mit Tunesien
2. Geldwäsche über Immobilien
3. Mehr Geld für mehr Bildungschancen


1. Schwierige Zusammenarbeit mit Tunesien

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Das Bundeskriminalamt (BKA) hat 2016 mehr als acht Monate lang auf eine Auskunft der tunesischen Behörden über die Staatsangehörigkeit des späteren Attentäters Anis Amri warten müssen. Dies berichtete der zuständige Verbindungsbeamte in Tunis am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz"). Der heute 40-jährige Kriminalhauptkommissar S. ist seit 2002 beim BKA und war dort seit 2003 im Polizeilichen Staatsschutz tätig. Seit dem 1. Juli 2016 vertritt er seine Behörde in dem nordafrikanischen Land. Auf seinem Schreibtische landen, wie er sagte, im Jahr 50 bis 60 Vorgänge aus den Fachabteilungen des BKA.

Seine Ansprechpartner in Tunis seien die tunesische Interpolstelle sowie der Polizeiliche Nachrichtendienst DSE, berichtete der Zeuge. Den Vorgang Amri habe er bereits bei seinem Dienstantritt als Verbindungsbeamter vorgefunden. Das erste Auskunftsersuchen über den in Deutschland als Gefährder auffälligen Asylbewerber sei den tunesischen Behörden am 16. Februar 2016 zugegangen. Er selbst habe mindestens alle drei Wochen nachgefragt, auch mehrfach Lichtbilder und Fingerabdrücke Amris bei seinen einheimischen Gesprächspartnern eingereicht. Diese hätten schließlich am 21. Oktober 2016 bestätigt, dass Amri tunesischer Staatsbürger sei.

Der Zeuge betonte, er sei mit den gleichzeitigen, ebenfalls auf zähen Widerstand stoßenden Bemühungen deutscher Ausländerbehörden, Passersatzpapiere für Amri zu beschaffen, um seine Abschiebung zu ermöglichen, nicht befasst gewesen. Seine Aufgabe sei, Informationen zu gewinnen, die in deutschen Straf- und Ermittlungsverfahren benötigt würden, und dem BKA, zuständigen Polizeidienststellen der Länder sowie Staatsanwaltschaften zuzuleiten. Er habe "Türen zu öffnen und vorher die Türen überhaupt zu finden".

Dabei habe das Verhalten der tunesischen Behörden im Fall Amri durchaus dem entsprochen, was er in seiner mittlerweile fast dreijährigen Tätigkeit generell erlebe: "Die Zusammenarbeit ist langwierig und schwierig, und nur durch permanentes Nachsetzen kommt man zu Ergebnissen", sagte der Zeuge. Die deutsche Seite würde sich "natürlich schnellere und präzisere Antworten auf unsere Erkenntnisanfragen wünschen". In der Regel gelte aber der Erfahrungssatz: "Welche Antwort man wann und wie bekommt, ist offen."

Zu den strukturellen Problemen auf tunesischer Seite zählte der Zeuge häufige Personalwechsel im maßgeblichen Positionen. Allein in den knapp drei Jahren seiner bisherigen Tätigkeit habe er vier verschiedene Innenminister erlebt. So sei es schwierig, stabile und belastbare Gesprächskanäle aufzubauen. In tunesischen Sicherheitsbehörden sei auch ein gewisser Widerwille wahrnehmbar, Erkenntnisse mit ausländischen Diensten zu teilen. Im übrigen beobachte er ein stetes Auf und Ab in der Kooperationsbereitschaft der Gegenseite, die mal mehr, mal weniger zugänglich sei. Von einer "konstanten Verbesserung" seit Amris Berliner Attentat im Dezember 2016 "kann man nicht reden", sagte der Zeuge: "Es erschließt sich oft nicht, warum letztlich einfache Anfragen - warum das so lange braucht."

Parallel zu den Bemühungen des BKA hatte das Zentrale Ausländeramt in Köln am 29. Juni 2016 beim tunesischen Generalkonsulat in Bonn Passersatzpapier für Amri beantragt. Das Generalkonsulat antwortete am 20. Oktober, der Mann sei in Tunesien unbekannt, einen Tag, bevor der Zeuge S. von seinen einheimischen Gewährsleuten eine gegenteilige Auskunft erhielt. Dieser Vorgang war dem Zeugen indes unbekannt.

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2. Geldwäsche über Immobilien

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Geldwäsche im Immobiliensektor stoppen und damit Mieterinnen und Mieter vor organisierter Kriminalität und steigenden Mieten schützen. Besonders setzen die Abgeordneten dabei auf mehr Transparenz im Immobiliensektor, um Informationen über Zahlungsströme sowie die wahren Immobilieneigentümer zu erhalten. Dazu wird in einem Antrag (19/10218) gefordert, dass wirtschaftliche Berechtigte aller Unternehmen, die in Deutschland Eigentümer einer Immobilie sind oder das werden wollen, in das deutsche Transparenzregister eingetragen werden müssen. Dazu sollen sie eine Identifikationsnummer erhalten, die in das Grundbuch eingetragen werden soll. Zu den weiteren vorgeschlagenen Maßnahmen gehört unter anderem die Untersagung von Barzahlungen bei Immobiliengeschäften ab einem Schwellenwert von relevanter Größenordnung.

Als Prävention und zur Aufdeckung von Geldwäsche im Immobiliensektor sollen Informationen aus der Abteilung 1 der Grundbücher für Personen mit berechtigtem Interesse einfach und kostenfrei über ein Portal zugänglich gemacht werden. Über die Identifikationsnummer soll nach Berechtigten "datenschutzkonform" gesucht werden können. Zeitnah soll auch das Transparenzregister öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Sorgfaltspflichten für Immobilienmakler sowie für Notare sollen überarbeitet und gegebenenfalls erweitert werden.

"Die Herstellung von Transparenz über die Eigentümerinnen und Eigentümer und wirtschaftlich kontrollierenden Akteure aller Unternehmen, die in Deutschland eine Immobilie besitzen, stellt deswegen einen entscheidenden Schritt dar, um Geldwäsche im Immobiliensektor vorzubeugen und deren Strafverfolgung zu erleichtern", stellt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fest. Auch um Mieterinnen und Mieter vor steigenden Mieten zu schützen und gleichzeitig die organisierte Kriminalität zu bekämpfen, gelte es, mit zielgerichteten Maßnahmen die wichtigsten Defizite beim Vorgehen gegen Geldwäsche im Immobiliensektor zu beheben und die Transparenz in dem Feld zu erhöhen. "Es darf nicht länger möglich sein, dass sich Geldwaschende hinter verschachtelten Firmenkonstruktionen verstecken. Unternehmen, die in Deutschland Immobilien kaufen, müssen ihren wahren Eigentümer offenlegen. Ohne Transparenz kein Immobilienkauf - nur so kann Geldwäsche der Boden entzogen werden", heißt es in dem Antrag.

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3. Mehr Geld für mehr Bildungschancen

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen tritt dafür ein, dass mindestens sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Bildung fließen sollen. In kaum einem anderen Land der OECD hängt der Bildungserfolg so stark von der sozialen Herkunft oder dem Wohnort ab wie in Deutschland, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/10200). Seit langem würden Bildungsforscher vor den negativen Folgen unzureichender Zukunftsinvestitionen in Kitas, Schulen und Hochschulen warnen. Obwohl Deutschland zu den wohlhabendsten Industrienationen der Welt zähle, investiere es im internationalen Vergleich deutlich weniger in die Ausbildung junger Menschen als andere Länder.

Die Grünen fordern, dass auf Grundlage der beschlossenen Grundgesetzänderung der Bund sich stärker engagieren soll, die zukünftigen Herausforderungen in der Bildungspolitik gemeinsam mit den Ländern anzupacken und den Spielraum des Grundgesetzes gemeinsam mit den Ländern umfassend für mehr Bildungsgerechtigkeit zu nutzen. Gerade der Bund müsse seinen Anteil an den Bildungsausgaben erheblich steigern.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 581 - 17. Mai 2019 - 09.25 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2019

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