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PRESSEKONFERENZ/357: Regierungspressekonferenz vom 18. Januar 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
"REGIERUNGonline" - Wissen aus erster Hand

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 18. Januar 2012
Regierungspressekonferenz vom 18. Januar 2012

Themen waren: Kabinettssitzung (Jahreswirtschaftsbericht 2012, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus, Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Entwicklung der ländlichen Räume), Pflegereform, Reise von Außenminister Westerwelle in die USA, bewaffneter Überfall auf eine Reisegruppe in Äthiopien, 4. Internationaler Agrarministergipfel in Berlin, Solarförderung, europäische Schuldenkrise, Personalpolitik von Minister Niebel, Havarie des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia".

Sprecher: StS Seibert, Albrecht (BMG), Peschke (AA), Eichele (BMELV), Stamer (BMU), Lesch (BMZ)


Vorsitzender Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Ich fasse mich beim Bericht über die Kabinettssitzung kurz, weil über mehrere der Punkte heute schon berichtet worden ist.

Zunächst hat sich das Kabinett mit dem Jahreswirtschaftsbericht 2012 befasst. Der Bundeswirtschaftsminister hat ihn bereits vorgestellt und erläutert. Ich fasse mich deshalb wirklich kurz und halte mich an die Kernpunkte.

Wir erleben im Moment laut diesem Bericht eine konjunkturelle Schwächephase. Der Bundesbankpräsident hatte im Kabinett dafür den schönen Ausdruck "konjunkturelle Seitwärtsbewegung". Wir erleben jedenfalls keine Rezession. Die deutsche Wirtschaft wird im Jahresverlauf auch aufgrund der starken Binnennachfrage wieder zu höherem Wachstum zurückfinden. Besonders wichtig und erfreulich ist, dass sich die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt fortsetzen wird. Die Erwerbstätigkeit dürfte im Jahr 2012 einen neuen Höchststand erreichen. Die Arbeitslosigkeit wird, der Vorausschau entsprechend, im Jahresdurchschnitt auf etwa 2,9 Millionen Personen sinken.

Die Bundesregierung rechnet für 2012 mit einem realen BIP-Wachstum von 0,7 Prozent. Die gefestigte Wirtschaft und der Beschäftigungsaufschwung, der Rückgang des Staatsdefizits, das 2011 bei rund 1 Prozent lag, das alles sind gute Ergebnisse einer auf Wachstum und nachhaltige Konsolidierung gerichteten Politik dieser Bundesregierung.

Ich habe bereits erwähnt, dass Bundesbankpräsident Weidmann und Vizepräsidentin Lautenschläger zu diesem Anlass im Kabinett waren. Das Kabinett und die beiden Bundesbankspitzen haben sich dann in einem längeren Meinungsaustausch über den Jahreswirtschaftsbericht ausgetauscht.

Der zweite Punkt im Kabinett ist Ihnen auch schon ausführlich vorgestellt worden, und zwar der Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus im Hinblick auf die aktuellen Ereignisse nach Aufdeckung der sogenannten Zwickauer Zelle.

Das Kabinett hat heute einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem der Informationsaustausch zwischen Polizeibehörden und Nachrichtendiensten weiter verbessert werden soll. Der Gesetzentwurf schafft die Rechtsgrundlage für die Errichtung einer gemeinsamen standardisierten zentralen Datei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten sowohl des Bundes als auch der Länder, um den gewaltbezogenen Rechtsextremismus wirksam bekämpfen zu können.

Die Bundeskanzlerin lobte im Kabinett die bemerkenswerte Schnelligkeit bei der Abstimmung zwischen den beteiligten Ressorts BMI und BMJ.

Der dritte Sachpunkt im Kabinett heute war der Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Entwicklung der ländlichen Räume. Vielleicht erinnern Sie sich daran, dass im Mai 2009 die Bundesregierung ein Handlungskonzept zur Weiterentwicklung der ländlichen Räume beschlossen hat. Dieser Fortschrittsbericht schreibt fort, was geschehen ist und was auf den einzelnen Arbeitsfeldern noch getan werden soll.

Es bleibt das Ziel, die ländlichen Räume zu eigenständigen Lebens- und Wirtschafträumen zu entwickeln, ihre Attraktivität zu erhalten, wohl wissend, dass ländlicher Raum in Deutschland sowohl im Hinblick auf die demografische Entwicklung als auch auf die wirtschaftliche Kraft nicht gleich ländlicher Raum ist, sondern es eine große Heterogenität gibt.

Die einzelnen Maßnahmen beziehen sich im Wesentlichen auf folgende Handlungsfelder: Wirtschaft und Arbeit - ich nenne hierzu als Beispiele die Fachkräftesicherung -, Bildung, die Breitbandstrategie, die für den ländlichen Raum besonders wichtig ist, das Handlungsfeld Daseinsvorsorge und die ländliche Infrastruktur, wozu unter anderem die medizinische Versorgung, die Mobilität und das Handlungsfeld Natur und Umwelt gehören. Stichworte dazu sind ein nachhaltiger Tourismus und die Flächeninanspruchnahme.

Soviel zum Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Entwicklung der ländlichen Räume.

Bundesaußenminister Westerwelle hat anschließend kurz im Kabinett über das Schiffsunglück der "Costa Concordia" und über den Überfall auf Touristen in Äthiopien gesprochen.

Das war es von meiner Seite.

Albrecht: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ankündigen, dass es um 15 Uhr eine Pressekonferenz im Bundesgesundheitsministerium mit Minister Bahr geben wird. Der eine oder andere wird vielleicht schon über die Agenturen wahrgenommen haben, dass Details über die Pflegereform heute in der Zeitung stehen. Dazu wird der Minister Stellung nehmen. Es geht um Punkte, die im Referentenentwurf, der jetzt zeitnah auf den Weg gebracht wird, enthalten sind.

Peschke: Ich möchte Ihnen zwei Informationen geben:

Zunächst habe ich eine kurze Reiseankündigung. Außenminister Westerwelle wird morgen in die USA nach Washington reisen. Er wird dort am Freitag mit der US-Außenministerin Hillary Clinton zu einem längeren Gespräch zusammenkommen. Da werden natürlich alle Themen der internationalen Agenda, insbesondere die aktuellen Krisen in Syrien und im Iran zur Sprache kommen. Es wird über den arabischen Frühling und über die Situation in Nordafrika gesprochen werden. Es wird um die Vorbereitung des Nato-Gipfels in Chicago im Mai 2012 mit wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Themen auf der Tagesordnung gehen.

Thema des Gespräches und des Besuches wird auch die Situation in Europa und die Lage des Euro sein. Dazu wird der Außenminister morgen, also am Donnerstagabend, mit der IWF-Chefin Christine Lagarde sprechen. Er wird am Freitagmorgen vor dem renommierten Brookings Institute einen Vortrag zu dem Thema der Situation in Europa und des Euro halten. Er wird dort insbesondere die deutsche Haltung und das deutsche Handeln zur Bewältigung der Staatsschuldenkrise in Europa erläutern. Soweit zu der bevorstehenden Reise des Außenministers nach Washington.

Zweitens möchte ich aufgrund zahlreicher Anfragen bei uns in der Pressestelle hier noch einmal Auskunft über den aktuellen Stand zum Thema des bewaffneten Überfalls auf eine Reisegruppe in Äthiopien geben.

Dazu muss ich Ihnen sagen, dass nach uns vorliegenden Informationen gestern eine Reisegruppe, in der sich auch deutsche Staatsangehörige befunden haben, Opfer eines bewaffneten Überfalls in Äthiopien geworden ist. Dieser Überfall hat im Nordosten Äthiopiens am Vulkan Erta Ale stattgefunden. Das ist im Grenzgebiet zu Eritrea.

Nachdem wir Kenntnis von dem Überfall erlangt haben, hat Außenminister Westerwelle noch gestern die Einrichtung eines Krisenstabes angeordnet, der inzwischen schon mehrere Male zusammengekommen und tätig geworden ist. Der Krisenstab und die deutsche Botschaft in Äthiopien sind mit allem Hochdruck darum bemüht, den Sachverhalt um den Überfall aufzuklären und den betroffenen Deutschen zu helfen.

Inzwischen sind auch Rettungsmaßnahmen für die betroffenen deutschen Staatsangehörigen und andere Teilnehmer der Reisegruppe angelaufen. Im Einzelnen handelt es sich um einen Hubschrauberflug, den die Deutsche Botschaft in Zusammenarbeit mit den äthiopischen Behörden organisiert hat, um Teilnehmer der Reisegruppe aus dem Gebiet, wo der Überfall stattgefunden hat, in ein sichereres Gebiet in Äthiopien zu befördern und damit aus der Gefahrenzone zu schaffen.

Zu Meldungen, wonach Deutsche bei dem bewaffneten Überfall ums Leben kamen beziehungsweise entführt sein sollen, muss ich Ihnen sagen, dass ich Ihnen diese Meldung zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen kann. Der Krisenstab und die Botschaft sind mit Hochdruck darum bemüht, hier schnell Klarheit zu schaffen und in Zusammenarbeit mit den äthiopischen Behörden für Aufklärung zu sorgen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt können diese Meldungen noch nicht bestätigt werden.

Zum Hintergrund des Überfalls in der Region sollten Sie vielleicht noch wissen, dass es sich bei dem Ort des Überfalls im Nordosten Äthiopiens um ein sehr schwer zugängliches und auch sehr schwer erreichbares Gebiet handelt, das in einer größeren Entfernung zu größeren Städten liegt. Es ist auch ein Gebiet, in dem seit längerem schon die Gefahr von bewaffneten und kriminellen Überfällen besteht. Auf diese Überfälle und diese Gefahren weisen wir auch schon seit längerem in den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes hin. Es ist eine nicht ganz unproblematische Zone. Entsprechend schwierig gestalten sich jetzt alle Tätigkeiten und Arbeiten im Zusammenhang mit der Aufklärung und Lösung dieses Falls.

Frage: Herr Peschke, was wissen Sie über diejenigen, die diese Überfälle begehen? Sie sagten, seit längerem gibt es dort die Gefahr. Wer überfällt wen? Sind es immer Reisegruppen? Wie groß war diese Reisegruppe? Vielleicht können Sie etwas dazu sagen. Sind möglicherweise andere Nationen auch in einer ähnlichen Weise bemüht, das aufzuklären? Mit wem arbeiten Sie zusammen?

Vielleicht können Sie noch etwas sagen: Wenn Sie eine Warnung herausgeben, was heißt das für diejenigen, die sich dieser Warnung widersetzen oder nicht darauf hören?

Peschke: Ich fange mit der letzten Frage an. Für das Gebiet und für Äthiopien insgesamt besteht keine Reisewarnung. Das ist ein technischer Begriff, den wir in besonderen Fällen verwenden, und zwar, wenn es sich um eine akute Gefahr für Leib und Leben in einem bestimmten Land oder in einem bestimmten Gebiet handelt. Für dieses Gebiet gibt es Reise- und Sicherheitshinweise, in denen auf bestimmte Gefahren hingewiesen wird.

In den Reise- und Sicherheitshinweisen wird darauf hingewiesen - ich darf das zitieren -: "Die Situation an der Grenze zu Eritrea bleibt angespannt. Von einer erhöhten Risikolage ist auszugehen. Bei Fahrten in das direkte Grenzgebiet zu Eritrea und in die Danakil-Senke in Nord-Afar" - das ist das Gebiet in der Nähe des Vulkans, in dem der Überfall stattfand - "können Überfälle durch Banditen und örtliche Untergrundorganisationen sowie Entführungen nicht ausgeschlossen werden."

Das beantwortet auch Ihre erste Frage zu den Hintergründen. Ich kann Ihnen zu diesem konkreten Fall, bei dem wir mitten in der Phase der Aufklärung sind, nichts zu Hintergründen von möglichen Tätern, Verursachern oder zu Begehren des Überfalls sagen. Grundsätzlich gilt: Überfälle durch Banditen, örtliche Untergrundorganisationen sowie Entführungen in diesem Gebiet können nicht ausgeschlossen werden. Das ist die generelle Gefährdungssituation in dieser Gegend.

Zur Frage, welche anderen Reisenden und Nationen betroffen sind, kann ich Ihnen definitiv nur sagen, dass Staatsangehörige anderer Länder, europäischer Länder, betroffen sind. Ich möchte das nicht im Einzelnen ausführen. Es ist auch Aufgabe der Pressestellen und der Behörden dieser anderen Länder, mit möglicherweise betroffenen Staatsangehörigen zu kommunizieren. Einige haben das schon getan. Unsere Aufgabe - darauf beschränken wir uns - ist es, Ihnen den Sachstand zu betroffenen deutschen Staatsangehörigen mitzuteilen.

Bei der Bewältigung des Falls arbeiten wir sehr eng mit den anderen Ländern und den äthiopischen Behörden zusammen, um diesen Fall zu lösen. Das gilt selbstverständlich auch für die Organisation des Hubschrauberfluges, um die Betroffenen aus der Gefahrenzone herauszubringen.

Also es gibt eine sehr gute und enge Zusammenarbeit, die ich hier im Einzelnen nicht näher beleuchten möchte.

Zusatzfrage: Ich habe eine Zusatzfrage. Haben Sie Informationen darüber, ob sich diese Gruppe spontan dorthin begeben hat oder ob es eine Art Reiseveranstalter ist, der dahinter steckt und solche Reisen organisiert?

Ich möchte noch einmal nachhaken zu dem, was ich vorhin schon fragte und was ich nicht vollständig beantwortet bekam: Es gab also keine Reisewarnung, sondern es waren Reise- und Sicherheitshinweise. Wenn diese nicht beachtet werden und sich trotzdem jemand auf den Weg macht, hat das dann Folgen? Muss dann derjenige diese Rettungsmaßnahmen - Hubschrauberflüge etc., also alles, was noch kommen mag - am Ende bezahlen? Wie ist das organisiert?

Peschke: Für uns steht die Aufklärung und Lösung des Falls, soweit dies möglich ist, im Vordergrund. Das ist klar der Schwerpunkt unserer Arbeit.

Zur Natur: Ich kann Ihnen nur sagen, dass es sich um eine Reisegruppe handelt. Wie hoch der Organisationsgrad im Vorfeld gewesen ist, das kann ich Ihnen zur Stunde nicht sagen. Darüber wird sicherlich zu diskutieren sein, wenn der Fall - hoffentlich bald -, soweit es geht, gelöst worden ist beziehungsweise wenn aus der aktuellen Krisensituation heraus Klarheit besteht.

Zu der Frage nach den Konsequenzen: Zunächst einmal geht es für uns darum, den Betroffenen zu helfen. Inwiefern dann Kostenbeteiligungen notwendig sein sollen oder sein müssen, das wird nach den üblichen Grundsätzen im Nachhinein zu besprechen sein. Das ist keine Frage, die wir jetzt erörtern. Es geht für uns jetzt darum, erst einmal dafür zu sorgen, dass wir den Betroffenen helfen. Es wird dann genau zu klären sein, welche Kosten anfallen. Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Arbeitszeit unserer Mitarbeiter entstehen, werden natürlich nicht in Rechnung gestellt, das ist klar. Aber wenn Flüge zu bezahlen sein sollten, dann wird man im Nachhinein nach den üblichen Verfahren sehen müssen, inwiefern zu beteiligen ist.

Zu den Konsequenzen für die Personen selbst: Es ist so, dass die Konsequenzen für Angehörige einer solchen Reisegruppe zunächst einmal darin zu sehen sind, dass den Personen selbst etwas passieren kann. Das ist der Hauptgrund, warum wir in unseren Reise- und Sicherheitshinweisen auf Gefährdungen aufmerksam machen. Wir möchten potenziell Reisenden zu ihrer eigenen Sicherheit Anhaltspunkte zu der Gefährdungssituation in einem bestimmten Gebiet geben und Ihnen sozusagen sicherheitstechnische Anhaltspunkte für die Reiseplanung geben. Deshalb weisen wir so objektiv wie möglich auf bestehende Gefährdungen hin. Letztlich liegt es aber in der Verantwortung jedes Einzelnen zu entscheiden, ob er eine Reise antritt oder nicht.

Frage: Ich hätte gern gewusst, über wie viele Deutsche wir sprechen. Wie viele Deutsche waren in dieser Gruppe? Wie viele sind davon betroffen? Ich hätte auch gern gewusst, warum keine Reisewarnung für eine Region ausgegeben wird, die seit längerem für Überfälle bekannt ist.

Peschke: Zunächst zu Ihrer ersten Frage: Zu den Zahlen möchte ich zur Stunde keine näheren Angaben machen. Das sind Fragen, die wir jetzt noch klären müssen. Sie wissen, dass wir das grundsätzlich erst kommunizieren, wenn wir belastbare Angaben und Daten haben, die wir Ihnen bekanntgeben können. Das ist im Moment noch nicht der Fall.

Zweitens ist es so, dass wir in unseren Reisehinweisen sehr deutlich auf Gefährdungen hinweisen. Daran besteht meines Erachtens kein Zweifel, wenn Sie sich die Reise- und Sicherheitshinweise zu dem bestimmten Gebiet durchlesen. Das Instrument der Reisewarnung ist allerdings ein Instrument, das im Grunde genommen akuten Konfliktgebieten vorbehalten ist, in denen eine akute Gefahr für Leib und Leben besteht. Das ist eine Beschreibung, die für dieses Gebiet nach allem, was wir wissen, so nicht zutrifft. Wir stellen die Reisehinweise aufgrund aller uns zugänglichen objektiven Hinweise zusammen und bilden daraus eine mögliche objektive Lagebeschreibung. Für eine Reisewarnung in dem Sinne, wie wir sie zum Beispiel für ein Kriegsgebiet oder für ein schweres Katastrophengebiet aussprechen müssen, treffen in diesem Fall die Voraussetzungen nicht zu.

Eichele: Ich habe einen Terminhinweis: Die Landwirtschaftsminister aus mehr als 70 Staaten der Welt werden anlässlich des 4. Internationalen Agrarministergipfels am kommenden Samstag in Berlin zusammentreffen. Im Mittelpunkt dieses Gipfels, zu dem sich so viele ausländische Delegationen angemeldet haben wie nie zuvor, stehen Strategien zur globalen Ernährungssicherung und der Kampf gegen den Hunger. Die Ergebnisse dieses Gipfels, an denen auch viele Vertreter von Entwicklungs- und von Schwellenländern teilnehmen, werden einen wichtigen Beitrag zur "Konferenz der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung" im Juni 2012 in Rio leisten.

Unmittelbar vor Beginn des Internationalen Agrarministergipfels wird Bundesministerin Aigner am Samstagmorgen in Berlin den neuen Generaldirektor der Welternährungsorganisation FAO José Graziano da Silva zu einem Gespräch empfangen. Bei dem Treffen am Rande der Grünen Woche stehen die internationalen Anstrengungen zur Sicherung der Welternährung und zur Eindämmung von Spekulationen auf den Agrarmärkten auf der Agenda.

Zu den Terminen: Um 9.40 Uhr am Samstag in der Messe Berlin ist ein Pressestatement der Ministerin und des FAO-Chefs vorgesehen, zu dem wir Sie herzlich einladen. Um 12.15 Uhr beginnt eine internationale Pressekonferenz mit der Bundesministerin und dem FAO-Chef sowie dem zuständigen EU-Kommissar und Ministern aus Kenia, China, Brasilien und Mexiko. Der Ort für diese Pressekonferenz ist ebenfalls die Messe Berlin. Um 14.30 Uhr wird es im Auswärtigen Amt ein Familienfoto mit den 70 Ministern geben. Um 18.30 Uhr wird abschließend ein Pressestatement der Bundesministerin mit einer Bewertung der Ergebnisse des Agrarministergipfels stattfinden.

Wir laden Sie herzlich zu allen Terminen ein. Die Details zu den Akkreditierungs- und Terminhinweisen entnehmen Sie bitte unserer Pressemitteilung.

Frage: Ich habe einige Fragen an das Umweltministerium.

Frau Stamer, es geht um die Solarförderung. Für morgen ist ein Termin beziehungsweise ein Gespräch zwischen dem Minister Herrn Röttgen und Unternehmen der Solarwirtschaft angekündigt worden. Bleibt es bei diesem Termin?

Stamer: Es ist zutreffend, der Minister - das hatten wir auch angekündigt - trifft sich morgen mit Vertretern der Branche. Der Termin findet also statt.

Zusatzfrage: Gehen Sie davon aus, dass es im Zuge dieses Gespräches zur Ankündigung von Änderungen kommen wird, was die Solarförderung und das EEG angeht?

Stamer: Der Minister hatte ja gesagt - und wir hatten das auch mitgeteilt -, was der Anlass für dieses Gespräch ist: Zum einen werden mit diesem Gespräch die Branchengespräche des vergangenen Jahres fortgesetzt, und zum anderen ist auch der außergewöhnliche Zubau im Solarbereich, der im Dezember zu verzeichnen war, der Anlass für dieses Gespräch. Wir hatten darauf hingewiesen, dass über diese Entwicklung gesprochen werden soll. Des Weiteren soll über die internationale Marktentwicklung und über die Frage einer weiteren Verstetigung der Degression gesprochen werden. Sie werden aber verstehen, dass ich diesem Gespräch jetzt nicht vorgreifen werde. Das Gespräch findet statt, und wir werden es abwarten.

Was das EEG grundsätzlich angeht, hat meine Kollegin hier dazu in der letzten Regierungspressekonferenz Stellung genommen. Daran hat sich nichts geändert.

Zusatzfrage: Heißt "weitere Verstetigung der Degression", dass es zu einer stärkeren Degression kommen könnte? Ist das eine Erwägung, die es bei Ihnen im Hause gibt?

Stamer: Nehmen Sie es bitte so, wie ich es gesagt habe. Wie gesagt, ich werde diesem Gespräch hier jetzt nicht vorgreifen; das kann ich auch nicht. Das Gespräch bleibt abzuwarten, und dann wird man weitersehen.

Zusatzfrage: Wird der Minister, wie von den Fraktionen gewünscht, in der kommenden Woche Modifikationen am Erneuerbare-Energien-Gesetz vorlegen?

Stamer: Frau Schwarte hatte hier ja gesagt, dass sich das EEG grundsätzlich bewährt hat. An dieser Position hat sich nichts geändert. Herr Koch, ich werde dem Gespräch hier jetzt wirklich nicht vorgreifen und werde mich hier jetzt auch nicht an Spekulationen beteiligen. Das Gespräch findet statt, und danach wird man weitersehen.

Zusatzfrage: Die Fraktionen wünschen ja, dass sich etwas ändert. Will der Minister dem überhaupt nicht nachkommen, oder wird er das zum Beispiel morgen oder Anfang der kommenden Woche bekanntgeben?

Stamer: Erst einmal findet das Gespräch statt. Welches Ergebnis das Gespräch hat, kann man nach dem Gespräch sagen. Welche Schlüsse daraus zu ziehen sind, kann man auch erst im Anschluss sagen.

Zusatzfrage: Wenn wir dem Gespräch schon nicht vorgreifen, Frau Stamer: Vielleicht können Sie uns rückblickend noch erzählen, was der Minister auf das Schreiben der Fraktionsvorsitzenden Kauder und Brüderle geantwortet hat, die sich ja in einem Brief - ich glaube, es war im Dezember - harte Einschnitte bei der EEG-Förderung gewünscht haben.

Stamer: Der Brief wird noch beantwortet werden.

Frage: Gedenkt die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass Deutschland im Gegensatz zu anderen Eurostaaten weiterhin eine Top-Bonität hat, den Bitten des italienischen Regierungschefs Monti nach mehr Solidarität nachzukommen?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hatte (in der vergangenen Woche) ja eine sehr ausführliche Begegnung mit Herrn Monti. Bei dieser Begegnung sind von italienischer Seite keine solchen Bitten oder Forderungen vorgebracht worden. Insofern habe ich Ihnen darauf auch nur die Antwort zu geben, dass sich Italien und Deutschland über die Linie, die in Europa gegen die Schuldenkrise genommen werden muss, völlig einig sind.

Zusatzfrage: Unabhängig von persönlich von Herrn Monti vorgebrachten Bitten: Denkt die Bundesregierung an die Möglichkeit, mehr Maßnahmen im Sinne einer Solidarität zu zeigen?

StS Seibert: Ich glaube, man kann, wenn man sich anschaut, was im Jahre 2010 und 2011 getan worden ist, sehr viele Beispiele von gelebter europäischer Solidarität finden, an denen die Bundesregierung ganz maßgeblich und manchmal sogar als treibende Kraft beteiligt war. Die Beschlüsse, die im Europäischen Rat im Oktober und auch im Dezember getroffen worden sind, sind eindeutig Ausdruck von europäischer Solidarität. Das Vorziehen des ESM ist europäische Solidarität.

Zusatzfrage: Und das ist ausreichend?

StS Seibert: Ich glaube, keiner, der hier im Raum ist, kann heute sagen, wie sich die Schuldenkrise exakt weiterentwickeln wird und welche Notwendigkeiten es an irgendeinem Punkt dieser Krise geben mag. Die jetzigen Maßnahmen sind beschlossen worden - im Geiste der Solidarität, möchte ich hinzufügen -, und sie müssen umgesetzt werden. Daran arbeitet die Bundesregierung jetzt mit aller Kraft.

Frage: Herr Lesch, die SPD hatte heute angekündigt, dass sie die Personalpolitik von Minister Niebel jetzt auch zum Thema im Bundestag machen will. Was sagen Sie dazu?

Zweitens. Es häufen sich ja die Vorwürfe, dass das Entwicklungsministerium immer mehr zu einem Personalentwicklungsministerium für FDP-Mitglieder werde. Ist das richtig so? Reicht kommunalpolitische Kompetenz aus, um erfolgreiche Entwicklungspolitik zu machen?

Lesch: Sie vermischen da jetzt mehrere Diskussionen miteinander.

Das eine ist die Diskussion über die Besetzung der Leitung unserer Servicestelle für das zivilgesellschaftliche und kommunale Engagement, die heute von Minister Niebel eröffnet worden ist. Diese Leitungsposition ist unter Mithilfe einer Personalberatungsagentur in einem transparenten Verfahren besetzt worden. Es gab über 100 Bewerber auf diese Stelle, und jetzt ist die geeignetste Bewerberin ausgesucht worden. Sie verfügt als ehemalige Oberbürgermeisterin über Kommunalerfahrung - das ist sehr wichtig, denn wir wollen Kommunen beraten, wie sie sich entwicklungspolitisch engagieren können - und sie verfügt über Erfahrung in Gremienarbeit. Das heißt, da ist eine sehr geeignete Kandidatin ausgewählt worden.

Das andere bezieht sich auf personelle Besetzungen im Ministerium. Da gab es zum einen die Besetzung einer fünften Abteilung mit einer neuen Abteilungsleiterin. Dabei handelt es sich um eine politische Beamtin. Das ist ja ein gesetzlicher Begriff, den es nicht zufällig gibt, sondern den es deshalb gibt, weil diese Positionen einer politischen Nähe zur Leitung des Hauses bedürfen. Auch da ist mit Frau Böllhoff eine sehr kompetente Besetzung gefunden worden, die übrigens - anders, als gelegentlich behauptet worden ist - erhebliche entwicklungspolitische Erfahrung mitbringt. Sie kommt aus der Wirtschaft und hat bei McKinsey Projekte zur Wirtschaftsförderung im Nahen Osten und in Nordafrika betreut, verfügt also über große Erfahrung in einem Bereich, in dem wir auch tätig sind.

Dann gibt es noch die Besetzung von zusätzlichen, dem BMZ zur Verfügung stehenden Stellen im Stellenplan des Bundes, die jetzt kommt. Dabei handelt es sich um insgesamt 182 Stellen. Diese Stellen werden selbstverständlich, wie alle Stellen, nach Eignung, Leistung und Befähigung in einem Auswahlverfahren vergeben.

Zusatzfrage: Trotzdem sind nach dem Regierungswechsel ja wohl in keinem anderen Ministerium so viele Abteilungsleiter ausgewechselt worden wie im Entwicklungsministerium?

Lesch: Das ist nach meinen Informationen nicht zutreffend.

Zusatzfrage: Ist es denn so, dass der Minister auf Parteizugehörigkeit erhöhten Wert legt?

Lesch: Ich habe gerade ja drei Besetzungsentscheidungen voneinander getrennt. Bei der Besetzung der neuen Abteilungsleiterin spielt politische Nähe selbstverständlich eine Rolle, denn das ist eine politische Beamtin, und das ist ein Rechtsinstitut. Bei der Besetzung regulärer Beamtenstellen im BMZ spielt Parteipolitik keine Rolle. Parteizugehörigkeiten werden auch nirgendwo erfasst; das das dürften wir gar nicht. Insofern habe ich auch keinen Überblick - auch das werde ich regelmäßig gefragt -, wie viele Parteimitglieder welcher Partei im BMZ beschäftigt sind.

Frage: Ich hätte gern den letzten Stand der Havarie des italienischen Kreuzfahrtschiffes gewusst. Wie viele Deutsche werden vermisst, und von wie vielen ist es sicher, dass sie umgekommen sind?

Peschke: Den letzten Stand in dieser Sache will ich Ihnen gern geben. Im Krisenstab liegen derzeit polizeiliche Vermisstenmeldungen (über) zwölf deutsche Staatsangehörige vor. Davon stammen fünf Personen aus Hessen, zwei aus Berlin, zwei aus Baden-Württemberg, zwei aus Nordrhein-Westfalen und eine Person aus Bayern. Es gibt Hinweise auf weitere Deutsche, deren Verbleib nach wie vor ungeklärt ist. Auch diesen Hinweisen gehen wir mit Hochdruck nach. Der Krisenstab und die Botschaft sind da weiter um Aufklärung bemüht und sind auch rund um die Uhr für Betroffene und Angehörige erreichbar.

Was die Frage der Todesopfer betrifft, so muss ich Ihnen sagen, dass es bisher keine belastbaren Informationen zur Staatsangehörigkeit der gestern geborgenen fünf Toten gibt. Meldungen, wonach sich unter den bisher gefundenen Toten ein Deutscher befindet, können derzeit nicht bestätigt werden.

Zusatzfrage: Sie sprachen eben von Hinweisen auf weitere Deutsche. Können Sie sagen, wie viele das möglicherweise sind?

Peschke: Die Zahl kann ich Ihnen nicht genau spezifizieren. Es handelt sich dabei jedoch um eine sehr kleine Zahl.


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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 18. Januar 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/01/2012-01-18-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2012