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PRESSEKONFERENZ/371: Kanzlerin Merkel und Staatspräsident Sarkozy in Paris, 6.2.12 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift Pressekonferenz in Paris - Montag, 6. Februar 2012
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Sarkozy

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)


P Sarkozy: Meine Damen und Herren, zunächst möchte ich unsere deutschen Freunde und Frau Bundeskanzlerin Merkel ganz herzlich begrüßen. Es ist für uns für mich, für den Premierminister und für die gesamte Regierung immer wieder eine große Freude, Sie und die deutschen Minister, die ich ebenfalls hier in Paris zu diesem deutsch-französischen Ministerrat begrüßen möchte, zu empfangen. Dieser Ministerrat ist ja im Elysée-Vertrag und den anderen Verträgen, die wir gegenseitig unterzeichnet haben, vorgesehen.

Mit Frau Merkel haben wir gemeinsam alle Themen des Tages angesprochen, auch diejenigen, die struktureller Natur sind. Es ist ja nichts Neues, wenn ich sage, dass wir sehr regelmäßig miteinander sprechen. Wir vertrauen uns gegenseitig, wir sprechen als Freunde und als Verbündete miteinander. Ich sage noch einmal, dass Frankreich der Zusammenarbeit mit Deutschland eine große Bedeutung beimisst. Wir sind die beiden größten Volkswirtschaften Europas, unser Bündnis ist strategischer Natur. In einer Zeit, in der die Welt solche Schwierigkeiten durchlebt, solche großen Veränderungen erlebt, in einem Augenblick, in dem Europa mit so vielen Krisen finanzieller und wirtschaftlicher Art konfrontiert wurde, hat dieses bedingungslose Bündnis zwischen Deutschland und Frankreich ermöglicht, dass Europa und der Euro nicht in den Abgrund einer finanziellen Krise stürzen.

Wir sind noch nicht voll aus dieser Krise heraus, dessen sind wir uns bewusst; aber in diesen ganzen Monaten, in diesen drei Jahren Krise, hat das Bündnis zwischen Deutschland und Frankreich es ermöglicht, in Europa die Herausforderungen anzunehmen, vor die wir gestellt wurden.

Gemeinsam mit der Frau Bundeskanzlerin sagen wir auch, dass die Lage Griechenlands und das Problem Griechenlands ein für allemal geregelt werden muss. Die Parameter, die dafür erfüllt werden müssen, liegen auf dem Tisch, und unsere griechischen Freunde müssen jetzt zu ihrer Verantwortung stehen, indem sie die Reformen verabschieden, zu denen sie sich verpflichtet haben. Das betrifft alle das betrifft den Premierminister, das betrifft die Führer der sozialistischen Partei Griechenlands und auch die Parteichefs der bürgerlichen Partei, der Nea Dimokratia.

Wir, Deutschland und Frankreich, sagen unseren griechischen Freunden gemeinsam, dass jetzt Entscheidungen getroffen werden müssen und dass das Geld so lange nicht freigegeben wird, wie diese Entscheidungen nicht getroffen worden sind. Im Übrigen schlagen wir vor, dass die staatlichen Einnahmen Griechenlands auf ein Sonderkonto übergehen, damit die Schulden unserer griechischen Freunde wieder abgebaut werden können.

Wir haben uns zwischen Deutschland und Frankreich auch zu unserem Vorgehen bei der Besteuerung abgestimmt. Wolfgang Schäuble und François Baroin haben sehr eng zusammengearbeitet und haben uns die Schlussfolgerungen des Grünbuchs vorgelegt. Das erste Ziel, das wir uns gesetzt haben, war ja, dass sich Deutschland und Frankreich bei der Körperschaftssteuer immer mehr annähern, womit es dann möglich sein sollte, eine Unternehmenssteuerzone zwischen Deutschland und Frankreich zu schaffen. Deutschland hat eine geringere Körperschaftssteuer, also besteht unsere ... (akustisch unverständlich), dass die Bemessungsgrundlage für die französische Körperschaftssteuer erhöht wird und damit die Steuer bei uns sinken kann. Unsere Überzeugung ist, dass eine Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich dazu führen wird, dass ein Stabilitätsraum geschaffen wird, der ganz Europa und die ganze Eurozone stärken wird. Dies ist eine strategische Richtung, der wir große Bedeutung beimessen.

Wir haben alle weiteren Fragen angesprochen und haben wie gewohnt festgestellt, dass wir sehr, sehr eng beieinander liegen. Wir haben auch beschlossen, dass Anfang März der europäische Vertrag, der eine Antwort auf die Krise ist, wirtschaftspolitische Steuerung, Haushaltsdisziplin und weitere Maßnahmen vorsehen wird, um das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Der Vertrag wird Anfang März von 25 Ländern verabschiedet werden. Glauben Sie mir: Das ist eine historische Aufgabe in Europa. Niemals hat Europa so strukturstark und so schnell entschieden wie jetzt.

BK'in Merkel: Lieber Nicolas Sarkozy, meine Damen und Herren, wir freuen uns, als großer Teil der deutschen Regierung heute hier in Paris zu Gast sein zu können und den deutsch-französischen Ministerrat abzuhalten. Die Zusammensetzung der Minister deutet schon auf die Schwerpunkte hin: Neben der Außen- und Sicherheitspolitik, die klassischerweise Teil eines solchen Ministerrates sind, sind vor allen Dingen die Minister dabei, die für wirtschaftlichen Aufschwung, für mehr Beschäftigung, für mehr Innovation, mehr Forschung und mehr Arbeitsplätze in unseren Ländern eintreten können. Das ist es ja auch, worum es gerade geht und worum es auch in unseren europäischen Bemühungen gegangen ist und weiter gehen wird.

Es geht nicht darum, nur zu sparen, sondern es geht darum, solide Haushalte als Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum und damit für mehr Beschäftigung in ganz Europa zu ermöglichen. Dabei sind Deutschland und Frankreich Vorreiter. Das zeigt sich auch in den Kommuniqués, die wir heute verabschieden ob es nun um die Zusammenarbeit in der Raumfahrt geht, ob es um mehr Zusammenarbeit im Arbeitsrecht und die Erfahrungen mit der Vermittlung von Arbeitslosen geht, ob es um die Frage von Wissenschaft und Forschung geht, wo ein sehr konkretes Abkommen geschlossen wird, oder ob es um die Lebensbedingungen der Menschen im ländlichen Raum geht.

Wir können sagen, dass wir auch in Vorbereitung auf das Jubiläum des Elysée-Vertrages im August festgelegt haben, dass wir zusammenwachsen wollen auch ganz spürbar zusammenwachsen wollen. Deshalb möchte ich auch den Finanzministern ganz herzlich für die Vorlage eines Grünbuchs zur Vereinheitlichung unseres Unternehmenssteuerrechts danken. Ich bin sehr optimistisch, dass die Arbeiten dann rechtzeitig zum Jubiläum des Elysée-Vertrages verabschiedet werden können. So zeigen wir, dass dieser Vertrag, der sich historisch bewährt hat, mit mehr und mehr Leben ausgefüllt wird, sodass Deutschland und Frankreich in sehr konkreten Bereichen immer weiter zusammenwachsen.

Wir haben auch in der Sicherheits- und Außenpolitik eine sehr enge Zusammenarbeit; das werden uns nachher die Außen- und Verteidigungsminister berichten. Ich möchte an dieser Stelle nur sagen, dass wir natürlich auch über Syrien gesprochen haben. Wir unterstützen, dass es eine Kontaktgruppe der Freunde Syriens gibt. Wir sind nicht nur enttäuscht, sondern auch entsetzt, dass es nicht zur Verabschiedung einer UN-Resolution gekommen ist. Ich muss an dieser Stelle sagen: Gerade Russland muss sich fragen, ob es in der nächsten Zeit wirklich die historische Situation sein sollte, in der man getrennt von der Arabischen Liga Politik machen will. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich von Erfolg gekrönt sein wird. Deshalb werden wir nicht nachlassen in allen Bemühungen, dem syrischen Volk zu helfen und das, was dort stattfindet, zu verurteilen.

Wir haben dann natürlich auch über die Situation im Euroraum und über Griechenland gesprochen. Ich will noch einmal bekräftigen: Es kann keine Einigung geben, wenn die Troika-Vorschläge nicht umgesetzt werden. Sie liegen auf dem Tisch und die Zeit drängt. Deshalb muss schnell etwas geschehen. Ich unterstütze genauso wie der französische Präsident das gesagt hat die Idee, dass man die notwendigen Zinszahlungen für die Schulden auf ein extra Konto legt, womit gesichert ist, dass Griechenland dieses Geld dann auch beständig bereitstellt. Ich glaube vor allen Dingen, dass es wichtig ist, in den nächsten Tagen voranzukommen. Ich kann, ehrlich gesagt, auch nicht ganz verstehen, worin der Nutzen weiterer Tage liegen soll. Die Zeit drängt und für die gesamte Euro-Region steht viel auf dem Spiel.

Ich möchte mich abschließend für die freundschaftliche, enge Zusammenarbeit in den letzten Monaten, die es ermöglicht hat, diese Ergebnisse des Deutsch-Französischen Ministerrats vorzulegen, und auch für unsere persönliche Zusammenarbeit bedanken. Ich glaube, es ist gut, wenn in Europa Deutschland und Frankreich ganz eng zusammenhalten und alle Dinge miteinander besprechen.

P Sarkozy: Ich möchte noch hinzufügen, dass ich heute Nachmittag mit Präsident Medwedew telefonieren werde. Dabei wird es um Syrien gehen. Mit der Genehmigung der Bundeskanzlerin werde ich ihm in unserem Namen sagen, wie wir die Sache sehen. François Fillon wird im Übrigen mit Premierminister Putin über das gleiche Thema sprechen. Alain Juppé und Herr Westerwelle sind sich auch einig.

Deutschland und Frankreich das möchte ich hier sagen werden das syrische Volk nicht fallen lassen. Es ist ein Skandal, was dort geschieht. Wir sind nicht bereit hinzunehmen, dass die internationale Gemeinschaft in ihrer Handlungsweise blockiert wird.

Frage: Herr Präsident, Sie haben es schon angesprochen: Die Griechenland-Krise spitzt sich wieder bedrohlich zu. Sie haben gesagt, dass sich die griechischen verantwortlichen Politiker wie auch die Opposition ihrer Verantwortung stellen müssen. Was machen Sie, wenn sie dies nicht tun? Sind Sie bereit, inzwischen einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone in Aussicht zu nehmen? Wie stellen Sie sich die weiteren Tage vor, wenn Griechenland sich weiter Zeit auserbittet?

P Sarkozy: Zunächst einmal ist Frau Merkel genau wie ich der Ansicht, dass man sich noch nie so nahe war, was eine Einigung anbelangt, was die Privatgläubiger als auch die öffentlichen Gläubiger anbelangt. Niemals waren wir einer Einigung so nahe. Aber die Bundeskanzlerin hat recht, wenn sie sagt: Wir müssen zum Abschluss kommen.

Zweitens. Wir können uns nicht vorstellen, dass man sich nicht einigt. Seit Monaten arbeiten wir auf ein Abkommen hin. Wir sind heute nicht hierhergekommen, um Ihnen zu sagen, dass das Ganze auf ein Scheitern hinausläuft. Wir wollen, dass man sich einigt. Aber wir sagen mit der gleichen Nachhaltigkeit, dass beachtliche Mittel in Gang gesetzt wurden, damit Griechenland und ein Großteil Europas aus dieser Situation herauskommen, in der sie sich befinden. Aber die Verantwortlichen in Griechenland sind Verpflichtungen eingegangen. Diese müssen sie wirklich einhalten Es gibt keine andere Wahl.

Der griechische Premierminister macht seine Arbeit unter sehr schwierigen Bedingungen. Wenn es im Übrigen ein Beispiel gäbe, dem man folgen müsste, wäre es das Beispiel von Herrn Monti, der beachtliche Arbeit leistet. Wir sehen auch die spektakulären Fortschritte, die unsere italienischen Freunde erzielen. Diesem Weg muss man folgen. Es gibt keinen anderen Weg.

Wir stehen zu den Verpflichtungen. Wir wollen, dass sie eingehalten werden. Wir halten sie ein. Ich darf daran erinnern, dass die Gespräche mit den Privatgläubigern Gegenstand einer gesamten Nacht waren, wo Frau Merkel und ich uns persönlich eingebracht haben, um eine Lösung zu erzielen. Jetzt müssen die beiden Parteien - die Nea Dimokratia und die Sozialistische Partei Griechenlands - zu ihrer Verantwortung stehen und dieser nachkommen. Europa ist ein Ort, wo jeder Rechte, aber auch Pflichten hat. Man kann nicht nur Rechte beanspruchen, ohne seine Pflichten zu tun. Es eilt. Es geht um Tage. Jetzt müssen wir zum Abschluss kommen. Jetzt muss entschieden, jetzt muss unterzeichnet werden. Das ist die Botschaft, die klare Botschaft und die zuversichtliche Botschaft, die Deutschland und Frankreich an die griechischen politischen Verantwortlichen richten möchten.

BK'in Merkel: Ich stimme dem vollkommen zu. Ich will noch einmal sagen: Der Euro ist ein politisches Projekt, aber er ist auch finanzielles Projekt. Wir wollen, dass Griechenland im Euroraum bleibt, um das noch einmal ganz klar zu sagen. Das ist unser beider Meinung. Aber ich sage auch: Es kann kein neues Griechenland-Programm geben, wenn es nicht mit der Troika zu einer Einigung kommt. Diese Haltung vertreten wir ganz geschlossen. Deshalb muss jeder in Griechenland wissen, der Verantwortung trägt, dass wir von dieser Position nicht abweichen werden.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, der deutsch-französische Motor läuft sehr rund. Wir sehen das am Beispiel Körperschaftssteuer. Deshalb eine Frage zum Wahlkampf. Die Sozialisten hier in Frankreich werfen Ihnen vor, dass Sie womöglich zu starke Wahlkampfhilfe für den Amtsinhaber im Elysée leisteten. Wird es einen Termin für den Kandidaten der Sozialisten, François Hollande, in Berlin geben?

BK'in Merkel: Wir sind hier auf einem deutsch-französischen Ministerrat. Deshalb haben wir viel zu tun und zu arbeiten. Ich glaube, dass wir als Regierung sehr, sehr eng zusammenarbeiten. Es ist in Europa ganz üblich, dass wir uns auch in den befreundeten Parteienfamilien gegenseitig unterstützen. Ich will vielleicht noch einmal daran erinnern, dass der französische Präsident im Mai des Jahres 2009 vor der Europa-Wahl, aber auch kurz vor der Bundestagswahl in Berlin war und mich erkennbar unterstützt hat. Also ich kann darin nichts Schlechtes sehen. Der Kandidat Hollande war ja auch auf dem SPD-Parteitag. Also auch dort in der Parteienfamilie unterstützt man sich. Alles Weitere werden wir sehen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, ich schließe an das an, was meine Kollegen gefragt haben. Sie haben gesagt, dass Sie die Kandidatur des französischen Präsidenten unterstützen möchten. Können Sie uns sagen, warum Sie das tun?

P Sarkozy: Sie haben jetzt meine Kandidatur angekündigt, wenn ich das richtig verstehe.

Zusatz: Wenn Sie antreten würden.

P Sarkozy: Das schmeichelt mir sehr. Ich hätte es nicht gewagt, Sie darum zu bitten, das zu tun. Aber so, wie die Frage gestellt wurde, konnte man denken, dass Sie meine Sprecherin sind.

Zusatz: Das würde ich Ihnen nun wirklich nicht antun. Aber vergessen wir das. Ich meinte: wenn Sie zufällig kandidieren würden. Sie machen heute ein gemeinsames Fernsehinterview. Das ist vielleicht auch ein Beweis für die Unterstützung der Bundeskanzlerin in Ihre Richtung.

Frau Bundeskanzlerin, ich möchte Sie ebenfalls fragen, ob François Hollande Ihnen Angst macht, wenn er sagt, dass er diesen Vertrag neu verhandeln möchte. Wären Sie bereit, wenn er zufällig gewählt werden sollte, diesen Vertrag mit ihm neu zu verhandeln?

BK'in Merkel: Ich will vielleicht noch einmal darauf hinweisen, dass wir heute den deutsch-französischen Ministerrat haben, dass wir als der Präsident der Französischen Republik und als Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland heute ein Fernsehinterview geben, und zwar in einer Zeit, in der Europa in einer der schwierigsten Situationen ist, die wir seit Jahrzehnten hatten.

Es gab im Jahr 2002 zum Beispiel ein Interview zwischen Präsident Chirac und Bundeskanzler Schröder. Wir befinden uns jetzt 20 Jahre nach (Unterzeichnung des) Maastricht-Vertrags. Wir sind in einer Krise des Euro. Ich glaube, es ist gute Zeit, wieder einmal deutlich zu machen: Wo stehen Deutschland, und wo steht Frankreich? Alles andere ist heute von mir nicht zu beantworten. Ich habe eigentlich umfänglich zu dem Thema geantwortet. Ich unterstütze Nicolas Sarkozy in jeder Fasson, weil wir einfach miteinander zu befreundeten Parteien gehören egal, was er tut.

P Sarkozy: Es mag mir gestattet sein, kurz etwas dazu zu sagen.

Erstens. Wenn Deutschland einen Vertrag unterzeichnet oder wenn Frankreich einen Vertrag unterzeichnet, dann verpflichten sich das deutsche und das französische Volk zu dem, was in diesen Verträgen steht. Die Franzosen sind nicht auf der rechten oder linken Seite oder die Deutschen sind nicht auf der linken oder der rechten Seite. Das ist Demokratie. Das ist die Achtung vor dem gegebenen Wort. Das ist eine Staatsverpflichtung. Das ist keine politisch angehauchte Verpflichtung. Wenn Frau Merkel spricht, spricht sie im Namen Deutschlands, im Namen aller Wähler ob sie für sie gestimmt haben oder nicht. Wenn ich mit François Fillon, mit der Regierung arbeite, muss ich das für alle Franzosen tun gleich, welcher politischen Richtung sie angehören.

Maastricht war François Mitterrand. Stellen Sie sich vor, Jacques Chirac, der sein Nachfolger war, hätte sagen müssen: Dieser Vertrag war ein schlechter Vertrag allein durch die Tatsache, dass mein Vorgänger auf der linken Seite angesiedelt war. So kann man keine große Nation führen. So verteidigt man nicht die Interessen seines Landes. Es ist das Wort Frankreichs und das Wort Deutschlands, um das es geht. Es geht nicht um das Wort von rechts oder links in Deutschland oder in Frankreich, sondern es sind Frankreich und Deutschland. Daran wollte ich noch einmal diejenigen erinnern, die das nicht verstehen wollen oder die es nicht wissen. Unsere Länder sind viel wichtiger als die Personen, die sie führen. Das ist die Basis für alles Weitere.

Die zweite Bemerkung, die ich machen möchte: Ich bin glücklich und stolz, dass nach allem, was zwischen Deutschland und Frankreich vorgefallen ist, die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident wie immer ihre politische Couleur aussieht vor das deutsche und das französische Fernsehen treten und sagen können: Wir sind Freunde. Wir sind Verbündete. Wir verstehen uns immer besser. Wir bauen eine Zukunft auf Wohlstand und Frieden für unsere Kinder auf. Wie immer Frau Merkel sich politisch engagieren möchte, wie immer ich mich politisch engagieren möchte: Es sind der französische Präsident und die deutsche Bundeskanzlerin, und zwar nach allem, was zwischen unseren beiden Ländern vorgefallen ist. So lange ist das im Übrigen noch nicht her. Das war noch im letzten Jahrhundert.

Lassen Sie uns wünschen, dass alle Länder der Welt, die sich in ihrer Geschichte so oft gegenüber gestanden haben, auch ein .....(akustisch unverständlich) von zwei Staaten und Regierungschefs hinnehmen können, die mit der gleichen Stimme reden. Es ist keine Wahl, sondern eine Pflicht zwischen Deutschland und Frankreich. Man darf hier nicht mit Gefühlen spielen, die nur dazu führen werden, dass wir in eine Zeit zurückfallen, die wir nie mehr erleben möchten. Es ist ganz leicht, den einen gegen den anderen auszuspielen.

Drittens. Ich bewundere Frau Merkel. Sie ist eine Frau, die einem Land mit 80 Millionen Menschen vorsteht. Sie macht das sehr gut. Ich möchte Ihnen sagen, wie eng und vertrauensvoll wir zusammenarbeiten und wie eng wir befreundet sind. Wir müssen zusammenarbeiten. Wir haben sicherlich viele Probleme und Schwierigkeiten überwinden müssen. Frau Merkel hat immer gewollt, dass die rote Linie Frankreichs nicht überschritten wird. Deutschland hat Riesenerfolge erzielt. Wir sind nicht neidisch auf Deutschland. Wir wollen uns inspirieren lassen. Es ist umso besser für uns, wenn unsere deutschen Freunde Fortschritte erzielen. Es ist die Pflicht der Franzosen und der Verantwortlichen in Frankreich (einer von diesen) bin ich , sicherzustellen, das zu tun, was in der Welt funktioniert, und nicht das zu tun, was nicht funktioniert.

Im Übrigen möchte ich sagen, dass Frau Merkel bei gewissen Themen Kompromisse gesucht hat, obwohl es für sie nicht immer sehr einfach war. Ich kann auch den französischen Journalisten sagen, dass die Debatte in Deutschland nicht immer einfach war. In Deutschland hat man gesagt: Sie hört zu sehr auf den französischen Präsidenten. In Frankreich hat man gesagt, dass ich zu sehr auf die deutsche Bundeskanzlerin höre. Vielleicht haben wir das richtige Gleichgewicht gefunden.

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung mit einem kleinen Augenzwinkern: Als Herr Schröder nach Frankreich kam, hat er wen unterstützt? Wen hat er da unterstützt? Das ist doch der Beweis dafür, dass ich selbst in Deutschland manchmal auch mit den Linken in Deutschland spreche. Vielen Dank Ihnen allen.

BK'in Merkel: Eine letzte Bemerkung zum Elysée-Vertrag: Der Elysée-Vertrag ist ja nicht das Eigentum vom (französischen) Präsidenten und der Bundeskanzlerin. (Es ist) so, wie Nicolas Sarkozy das gesagt hat: Unsere Parlamente bereiten sich auf große Feierlichkeiten vor; das französische Parlament ist auch eingeladen, zur Feier des Elysée-Vertrages nach Deutschland zu kommen. Wir möchten diesen Elysée-Vertrag natürlich immer wieder mit Leben erfüllen, und ein Beitrag dazu ist genau zu diesem Jubiläum, dass wir eine gemeinsame Unternehmenssteuerreform durchführen und sagen: Wir haben eine immer engere Kooperation, aber der Vertrag als solcher ist ein historisches Dokument, ratifiziert von unseren Parlamenten. Ich glaube, dieser Vertrag hat Deutschland und Frankreich in eine wirklich gute gemeinsame Zukunft geführt. Das wollen wir fortsetzen, darum geht es. Das wollen wir immer weiter mit Inhalt füllen.

Frage: Herr Präsident, Sie sprachen von ernsthaften Themen. Sie haben gestern gesagt, dass eine Kontaktgruppe zu Syrien gebildet werden sollte. Werden Sie den Kontakt mit Ihren arabischen Partnern in Bezug auf Syrien beginnen? Oder werden Sie einen Gipfel über Syrien durchführen, und zwar so, wie Sie es in Sachen Libyen getan haben?

P Sarkozy: Alain Juppé hat erst gestern von dieser Initiative gesprochen. Frau Merkel und ich können den Status quo nicht akzeptieren. Wir werden ihn nicht akzeptieren. Wir sehen ja, dass wir auf der Stelle treten. Wir werden Initiativen ergreifen, um diese Blockade aufzulösen. Ich möchte ganz klar sagen: Wir möchten eine Gruppe der Freunde des syrischen Volkes bilden, das dem syrischen Volk zeigt, dass es nicht alleine da steht. Es hat am letzten Wochenende noch 200 Tote gegeben. Wie lange werden wir das noch hinnehmen? Wir wollen das mit unseren arabischen Freunden machen, insbesondere mit der Arabischen Liga, die ja eine sehr mutige Haltung eingenommen hat.

Wie Frau Merkel schon gesagt hat, ist es doch sehr erstaunlich, dass die Russen, die doch in der Geschichte immer der Position der Arabischen Liga nahe gestanden sind, (sich distanzieren). Man fragt sich: Warum entscheiden sie sich heute, sich davon zu distanzieren? Das heißt, es gibt eine Initiative, die wir ergreifen werden und die erst Samstag von unserem Minister so dargestellt wurde.

BK'in Merkel: Unser Außenminister Guido Westerwelle war ja gerade in der Region. Von dort ist mir auch berichtet worden, in welcher Art und Weise gerade die Arabische Liga darauf hofft, dass etwas passiert. Deshalb ist der Vorschlag, der von beiden Außenministern gemacht wurde, eine solche Kontaktgruppe die Gruppe der Freunde einzurichten, sehr wichtig. Ich glaube, Sie werden uns auch bald Vorschläge machen, wie das aussehen könnte, und dann werden wir das aus voller Kraft unterstützen.

P Sarkozy: Vielen Dank!

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Montag, 6. Februar 2012

Mitschrift Pressekonferenz Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Sarkozy

in Paris

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)

P Sarkozy: Meine Damen und Herren, zunächst möchte ich unsere deutschen Freunde und Frau Bundeskanzlerin Merkel ganz herzlich begrüßen. Es ist für uns für mich, für den Premierminister und für die gesamte Regierung immer wieder eine große Freude, Sie und die deutschen Minister, die ich ebenfalls hier in Paris zu diesem deutsch-französischen Ministerrat begrüßen möchte, zu empfangen. Dieser Ministerrat ist ja im Elysée-Vertrag und den anderen Verträgen, die wir gegenseitig unterzeichnet haben, vorgesehen.

Mit Frau Merkel haben wir gemeinsam alle Themen des Tages angesprochen, auch diejenigen, die struktureller Natur sind. Es ist ja nichts Neues, wenn ich sage, dass wir sehr regelmäßig miteinander sprechen. Wir vertrauen uns gegenseitig, wir sprechen als Freunde und als Verbündete miteinander. Ich sage noch einmal, dass Frankreich der Zusammenarbeit mit Deutschland eine große Bedeutung beimisst. Wir sind die beiden größten Volkswirtschaften Europas, unser Bündnis ist strategischer Natur. In einer Zeit, in der die Welt solche Schwierigkeiten durchlebt, solche großen Veränderungen erlebt, in einem Augenblick, in dem Europa mit so vielen Krisen finanzieller und wirtschaftlicher Art konfrontiert wurde, hat dieses bedingungslose Bündnis zwischen Deutschland und Frankreich ermöglicht, dass Europa und der Euro nicht in den Abgrund einer finanziellen Krise stürzen.

Wir sind noch nicht voll aus dieser Krise heraus, dessen sind wir uns bewusst; aber in diesen ganzen Monaten, in diesen drei Jahren Krise, hat das Bündnis zwischen Deutschland und Frankreich es ermöglicht, in Europa die Herausforderungen anzunehmen, vor die wir gestellt wurden.

Gemeinsam mit der Frau Bundeskanzlerin sagen wir auch, dass die Lage Griechenlands und das Problem Griechenlands ein für allemal geregelt werden muss. Die Parameter, die dafür erfüllt werden müssen, liegen auf dem Tisch, und unsere griechischen Freunde müssen jetzt zu ihrer Verantwortung stehen, indem sie die Reformen verabschieden, zu denen sie sich verpflichtet haben. Das betrifft alle das betrifft den Premierminister, das betrifft die Führer der sozialistischen Partei Griechenlands und auch die Parteichefs der bürgerlichen Partei, der Nea Dimokratia.

Wir, Deutschland und Frankreich, sagen unseren griechischen Freunden gemeinsam, dass jetzt Entscheidungen getroffen werden müssen und dass das Geld so lange nicht freigegeben wird, wie diese Entscheidungen nicht getroffen worden sind. Im Übrigen schlagen wir vor, dass die staatlichen Einnahmen Griechenlands auf ein Sonderkonto übergehen, damit die Schulden unserer griechischen Freunde wieder abgebaut werden können.

Wir haben uns zwischen Deutschland und Frankreich auch zu unserem Vorgehen bei der Besteuerung abgestimmt. Wolfgang Schäuble und François Baroin haben sehr eng zusammengearbeitet und haben uns die Schlussfolgerungen des Grünbuchs vorgelegt. Das erste Ziel, das wir uns gesetzt haben, war ja, dass sich Deutschland und Frankreich bei der Körperschaftssteuer immer mehr annähern, womit es dann möglich sein sollte, eine Unternehmenssteuerzone zwischen Deutschland und Frankreich zu schaffen. Deutschland hat eine geringere Körperschaftssteuer, also besteht unsere ... (akustisch unverständlich), dass die Bemessungsgrundlage für die französische Körperschaftssteuer erhöht wird und damit die Steuer bei uns sinken kann. Unsere Überzeugung ist, dass eine Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich dazu führen wird, dass ein Stabilitätsraum geschaffen wird, der ganz Europa und die ganze Eurozone stärken wird. Dies ist eine strategische Richtung, der wir große Bedeutung beimessen.

Wir haben alle weiteren Fragen angesprochen und haben wie gewohnt festgestellt, dass wir sehr, sehr eng beieinander liegen. Wir haben auch beschlossen, dass Anfang März der europäische Vertrag, der eine Antwort auf die Krise ist, wirtschaftspolitische Steuerung, Haushaltsdisziplin und weitere Maßnahmen vorsehen wird, um das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Der Vertrag wird Anfang März von 25 Ländern verabschiedet werden. Glauben Sie mir: Das ist eine historische Aufgabe in Europa. Niemals hat Europa so strukturstark und so schnell entschieden wie jetzt.

BK'in Merkel: Lieber Nicolas Sarkozy, meine Damen und Herren, wir freuen uns, als großer Teil der deutschen Regierung heute hier in Paris zu Gast sein zu können und den deutsch-französischen Ministerrat abzuhalten. Die Zusammensetzung der Minister deutet schon auf die Schwerpunkte hin: Neben der Außen- und Sicherheitspolitik, die klassischerweise Teil eines solchen Ministerrates sind, sind vor allen Dingen die Minister dabei, die für wirtschaftlichen Aufschwung, für mehr Beschäftigung, für mehr Innovation, mehr Forschung und mehr Arbeitsplätze in unseren Ländern eintreten können. Das ist es ja auch, worum es gerade geht und worum es auch in unseren europäischen Bemühungen gegangen ist und weiter gehen wird.

Es geht nicht darum, nur zu sparen, sondern es geht darum, solide Haushalte als Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum und damit für mehr Beschäftigung in ganz Europa zu ermöglichen. Dabei sind Deutschland und Frankreich Vorreiter. Das zeigt sich auch in den Kommuniqués, die wir heute verabschieden ob es nun um die Zusammenarbeit in der Raumfahrt geht, ob es um mehr Zusammenarbeit im Arbeitsrecht und die Erfahrungen mit der Vermittlung von Arbeitslosen geht, ob es um die Frage von Wissenschaft und Forschung geht, wo ein sehr konkretes Abkommen geschlossen wird, oder ob es um die Lebensbedingungen der Menschen im ländlichen Raum geht.

Wir können sagen, dass wir auch in Vorbereitung auf das Jubiläum des Elysée-Vertrages im August festgelegt haben, dass wir zusammenwachsen wollen auch ganz spürbar zusammenwachsen wollen. Deshalb möchte ich auch den Finanzministern ganz herzlich für die Vorlage eines Grünbuchs zur Vereinheitlichung unseres Unternehmenssteuerrechts danken. Ich bin sehr optimistisch, dass die Arbeiten dann rechtzeitig zum Jubiläum des Elysée-Vertrages verabschiedet werden können. So zeigen wir, dass dieser Vertrag, der sich historisch bewährt hat, mit mehr und mehr Leben ausgefüllt wird, sodass Deutschland und Frankreich in sehr konkreten Bereichen immer weiter zusammenwachsen.

Wir haben auch in der Sicherheits- und Außenpolitik eine sehr enge Zusammenarbeit; das werden uns nachher die Außen- und Verteidigungsminister berichten. Ich möchte an dieser Stelle nur sagen, dass wir natürlich auch über Syrien gesprochen haben. Wir unterstützen, dass es eine Kontaktgruppe der Freunde Syriens gibt. Wir sind nicht nur enttäuscht, sondern auch entsetzt, dass es nicht zur Verabschiedung einer UN-Resolution gekommen ist. Ich muss an dieser Stelle sagen: Gerade Russland muss sich fragen, ob es in der nächsten Zeit wirklich die historische Situation sein sollte, in der man getrennt von der Arabischen Liga Politik machen will. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich von Erfolg gekrönt sein wird. Deshalb werden wir nicht nachlassen in allen Bemühungen, dem syrischen Volk zu helfen und das, was dort stattfindet, zu verurteilen.

Wir haben dann natürlich auch über die Situation im Euroraum und über Griechenland gesprochen. Ich will noch einmal bekräftigen: Es kann keine Einigung geben, wenn die Troika-Vorschläge nicht umgesetzt werden. Sie liegen auf dem Tisch und die Zeit drängt. Deshalb muss schnell etwas geschehen. Ich unterstütze genauso wie der französische Präsident das gesagt hat die Idee, dass man die notwendigen Zinszahlungen für die Schulden auf ein extra Konto legt, womit gesichert ist, dass Griechenland dieses Geld dann auch beständig bereitstellt. Ich glaube vor allen Dingen, dass es wichtig ist, in den nächsten Tagen voranzukommen. Ich kann, ehrlich gesagt, auch nicht ganz verstehen, worin der Nutzen weiterer Tage liegen soll. Die Zeit drängt und für die gesamte Euro-Region steht viel auf dem Spiel.

Ich möchte mich abschließend für die freundschaftliche, enge Zusammenarbeit in den letzten Monaten, die es ermöglicht hat, diese Ergebnisse des Deutsch-Französischen Ministerrats vorzulegen, und auch für unsere persönliche Zusammenarbeit bedanken. Ich glaube, es ist gut, wenn in Europa Deutschland und Frankreich ganz eng zusammenhalten und alle Dinge miteinander besprechen.

P Sarkozy: Ich möchte noch hinzufügen, dass ich heute Nachmittag mit Präsident Medwedew telefonieren werde. Dabei wird es um Syrien gehen. Mit der Genehmigung der Bundeskanzlerin werde ich ihm in unserem Namen sagen, wie wir die Sache sehen. François Fillon wird im Übrigen mit Premierminister Putin über das gleiche Thema sprechen. Alain Juppé und Herr Westerwelle sind sich auch einig.

Deutschland und Frankreich das möchte ich hier sagen werden das syrische Volk nicht fallen lassen. Es ist ein Skandal, was dort geschieht. Wir sind nicht bereit hinzunehmen, dass die internationale Gemeinschaft in ihrer Handlungsweise blockiert wird.

Frage: Herr Präsident, Sie haben es schon angesprochen: Die Griechenland-Krise spitzt sich wieder bedrohlich zu. Sie haben gesagt, dass sich die griechischen verantwortlichen Politiker wie auch die Opposition ihrer Verantwortung stellen müssen. Was machen Sie, wenn sie dies nicht tun? Sind Sie bereit, inzwischen einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone in Aussicht zu nehmen? Wie stellen Sie sich die weiteren Tage vor, wenn Griechenland sich weiter Zeit auserbittet?

P Sarkozy: Zunächst einmal ist Frau Merkel genau wie ich der Ansicht, dass man sich noch nie so nahe war, was eine Einigung anbelangt, was die Privatgläubiger als auch die öffentlichen Gläubiger anbelangt. Niemals waren wir einer Einigung so nahe. Aber die Bundeskanzlerin hat recht, wenn sie sagt: Wir müssen zum Abschluss kommen.

Zweitens. Wir können uns nicht vorstellen, dass man sich nicht einigt. Seit Monaten arbeiten wir auf ein Abkommen hin. Wir sind heute nicht hierhergekommen, um Ihnen zu sagen, dass das Ganze auf ein Scheitern hinausläuft. Wir wollen, dass man sich einigt. Aber wir sagen mit der gleichen Nachhaltigkeit, dass beachtliche Mittel in Gang gesetzt wurden, damit Griechenland und ein Großteil Europas aus dieser Situation herauskommen, in der sie sich befinden. Aber die Verantwortlichen in Griechenland sind Verpflichtungen eingegangen. Diese müssen sie wirklich einhalten Es gibt keine andere Wahl.

Der griechische Premierminister macht seine Arbeit unter sehr schwierigen Bedingungen. Wenn es im Übrigen ein Beispiel gäbe, dem man folgen müsste, wäre es das Beispiel von Herrn Monti, der beachtliche Arbeit leistet. Wir sehen auch die spektakulären Fortschritte, die unsere italienischen Freunde erzielen. Diesem Weg muss man folgen. Es gibt keinen anderen Weg.

Wir stehen zu den Verpflichtungen. Wir wollen, dass sie eingehalten werden. Wir halten sie ein. Ich darf daran erinnern, dass die Gespräche mit den Privatgläubigern Gegenstand einer gesamten Nacht waren, wo Frau Merkel und ich uns persönlich eingebracht haben, um eine Lösung zu erzielen. Jetzt müssen die beiden Parteien - die Nea Dimokratia und die Sozialistische Partei Griechenlands - zu ihrer Verantwortung stehen und dieser nachkommen. Europa ist ein Ort, wo jeder Rechte, aber auch Pflichten hat. Man kann nicht nur Rechte beanspruchen, ohne seine Pflichten zu tun. Es eilt. Es geht um Tage. Jetzt müssen wir zum Abschluss kommen. Jetzt muss entschieden, jetzt muss unterzeichnet werden. Das ist die Botschaft, die klare Botschaft und die zuversichtliche Botschaft, die Deutschland und Frankreich an die griechischen politischen Verantwortlichen richten möchten.

BK'in Merkel: Ich stimme dem vollkommen zu. Ich will noch einmal sagen: Der Euro ist ein politisches Projekt, aber er ist auch finanzielles Projekt. Wir wollen, dass Griechenland im Euroraum bleibt, um das noch einmal ganz klar zu sagen. Das ist unser beider Meinung. Aber ich sage auch: Es kann kein neues Griechenland-Programm geben, wenn es nicht mit der Troika zu einer Einigung kommt. Diese Haltung vertreten wir ganz geschlossen. Deshalb muss jeder in Griechenland wissen, der Verantwortung trägt, dass wir von dieser Position nicht abweichen werden.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, der deutsch-französische Motor läuft sehr rund. Wir sehen das am Beispiel Körperschaftssteuer. Deshalb eine Frage zum Wahlkampf. Die Sozialisten hier in Frankreich werfen Ihnen vor, dass Sie womöglich zu starke Wahlkampfhilfe für den Amtsinhaber im Elysée leisteten. Wird es einen Termin für den Kandidaten der Sozialisten, François Hollande, in Berlin geben?

BK'in Merkel: Wir sind hier auf einem deutsch-französischen Ministerrat. Deshalb haben wir viel zu tun und zu arbeiten. Ich glaube, dass wir als Regierung sehr, sehr eng zusammenarbeiten. Es ist in Europa ganz üblich, dass wir uns auch in den befreundeten Parteienfamilien gegenseitig unterstützen. Ich will vielleicht noch einmal daran erinnern, dass der französische Präsident im Mai des Jahres 2009 vor der Europa-Wahl, aber auch kurz vor der Bundestagswahl in Berlin war und mich erkennbar unterstützt hat. Also ich kann darin nichts Schlechtes sehen. Der Kandidat Hollande war ja auch auf dem SPD-Parteitag. Also auch dort in der Parteienfamilie unterstützt man sich. Alles Weitere werden wir sehen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, ich schließe an das an, was meine Kollegen gefragt haben. Sie haben gesagt, dass Sie die Kandidatur des französischen Präsidenten unterstützen möchten. Können Sie uns sagen, warum Sie das tun?

P Sarkozy: Sie haben jetzt meine Kandidatur angekündigt, wenn ich das richtig verstehe.

Zusatz: Wenn Sie antreten würden.

P Sarkozy: Das schmeichelt mir sehr. Ich hätte es nicht gewagt, Sie darum zu bitten, das zu tun. Aber so, wie die Frage gestellt wurde, konnte man denken, dass Sie meine Sprecherin sind.

Zusatz: Das würde ich Ihnen nun wirklich nicht antun. Aber vergessen wir das. Ich meinte: wenn Sie zufällig kandidieren würden. Sie machen heute ein gemeinsames Fernsehinterview. Das ist vielleicht auch ein Beweis für die Unterstützung der Bundeskanzlerin in Ihre Richtung.

Frau Bundeskanzlerin, ich möchte Sie ebenfalls fragen, ob François Hollande Ihnen Angst macht, wenn er sagt, dass er diesen Vertrag neu verhandeln möchte. Wären Sie bereit, wenn er zufällig gewählt werden sollte, diesen Vertrag mit ihm neu zu verhandeln?

BK'in Merkel: Ich will vielleicht noch einmal darauf hinweisen, dass wir heute den deutsch-französischen Ministerrat haben, dass wir als der Präsident der Französischen Republik und als Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland heute ein Fernsehinterview geben, und zwar in einer Zeit, in der Europa in einer der schwierigsten Situationen ist, die wir seit Jahrzehnten hatten.

Es gab im Jahr 2002 zum Beispiel ein Interview zwischen Präsident Chirac und Bundeskanzler Schröder. Wir befinden uns jetzt 20 Jahre nach (Unterzeichnung des) Maastricht-Vertrags. Wir sind in einer Krise des Euro. Ich glaube, es ist gute Zeit, wieder einmal deutlich zu machen: Wo stehen Deutschland, und wo steht Frankreich? Alles andere ist heute von mir nicht zu beantworten. Ich habe eigentlich umfänglich zu dem Thema geantwortet. Ich unterstütze Nicolas Sarkozy in jeder Fasson, weil wir einfach miteinander zu befreundeten Parteien gehören egal, was er tut.

P Sarkozy: Es mag mir gestattet sein, kurz etwas dazu zu sagen.

Erstens. Wenn Deutschland einen Vertrag unterzeichnet oder wenn Frankreich einen Vertrag unterzeichnet, dann verpflichten sich das deutsche und das französische Volk zu dem, was in diesen Verträgen steht. Die Franzosen sind nicht auf der rechten oder linken Seite oder die Deutschen sind nicht auf der linken oder der rechten Seite. Das ist Demokratie. Das ist die Achtung vor dem gegebenen Wort. Das ist eine Staatsverpflichtung. Das ist keine politisch angehauchte Verpflichtung. Wenn Frau Merkel spricht, spricht sie im Namen Deutschlands, im Namen aller Wähler ob sie für sie gestimmt haben oder nicht. Wenn ich mit François Fillon, mit der Regierung arbeite, muss ich das für alle Franzosen tun gleich, welcher politischen Richtung sie angehören.

Maastricht war François Mitterrand. Stellen Sie sich vor, Jacques Chirac, der sein Nachfolger war, hätte sagen müssen: Dieser Vertrag war ein schlechter Vertrag allein durch die Tatsache, dass mein Vorgänger auf der linken Seite angesiedelt war. So kann man keine große Nation führen. So verteidigt man nicht die Interessen seines Landes. Es ist das Wort Frankreichs und das Wort Deutschlands, um das es geht. Es geht nicht um das Wort von rechts oder links in Deutschland oder in Frankreich, sondern es sind Frankreich und Deutschland. Daran wollte ich noch einmal diejenigen erinnern, die das nicht verstehen wollen oder die es nicht wissen. Unsere Länder sind viel wichtiger als die Personen, die sie führen. Das ist die Basis für alles Weitere.

Die zweite Bemerkung, die ich machen möchte: Ich bin glücklich und stolz, dass nach allem, was zwischen Deutschland und Frankreich vorgefallen ist, die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident wie immer ihre politische Couleur aussieht vor das deutsche und das französische Fernsehen treten und sagen können: Wir sind Freunde. Wir sind Verbündete. Wir verstehen uns immer besser. Wir bauen eine Zukunft auf Wohlstand und Frieden für unsere Kinder auf. Wie immer Frau Merkel sich politisch engagieren möchte, wie immer ich mich politisch engagieren möchte: Es sind der französische Präsident und die deutsche Bundeskanzlerin, und zwar nach allem, was zwischen unseren beiden Ländern vorgefallen ist. So lange ist das im Übrigen noch nicht her. Das war noch im letzten Jahrhundert.

Lassen Sie uns wünschen, dass alle Länder der Welt, die sich in ihrer Geschichte so oft gegenüber gestanden haben, auch ein .....(akustisch unverständlich) von zwei Staaten und Regierungschefs hinnehmen können, die mit der gleichen Stimme reden. Es ist keine Wahl, sondern eine Pflicht zwischen Deutschland und Frankreich. Man darf hier nicht mit Gefühlen spielen, die nur dazu führen werden, dass wir in eine Zeit zurückfallen, die wir nie mehr erleben möchten. Es ist ganz leicht, den einen gegen den anderen auszuspielen.

Drittens. Ich bewundere Frau Merkel. Sie ist eine Frau, die einem Land mit 80 Millionen Menschen vorsteht. Sie macht das sehr gut. Ich möchte Ihnen sagen, wie eng und vertrauensvoll wir zusammenarbeiten und wie eng wir befreundet sind. Wir müssen zusammenarbeiten. Wir haben sicherlich viele Probleme und Schwierigkeiten überwinden müssen. Frau Merkel hat immer gewollt, dass die rote Linie Frankreichs nicht überschritten wird. Deutschland hat Riesenerfolge erzielt. Wir sind nicht neidisch auf Deutschland. Wir wollen uns inspirieren lassen. Es ist umso besser für uns, wenn unsere deutschen Freunde Fortschritte erzielen. Es ist die Pflicht der Franzosen und der Verantwortlichen in Frankreich (einer von diesen) bin ich , sicherzustellen, das zu tun, was in der Welt funktioniert, und nicht das zu tun, was nicht funktioniert.

Im Übrigen möchte ich sagen, dass Frau Merkel bei gewissen Themen Kompromisse gesucht hat, obwohl es für sie nicht immer sehr einfach war. Ich kann auch den französischen Journalisten sagen, dass die Debatte in Deutschland nicht immer einfach war. In Deutschland hat man gesagt: Sie hört zu sehr auf den französischen Präsidenten. In Frankreich hat man gesagt, dass ich zu sehr auf die deutsche Bundeskanzlerin höre. Vielleicht haben wir das richtige Gleichgewicht gefunden.

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung mit einem kleinen Augenzwinkern: Als Herr Schröder nach Frankreich kam, hat er wen unterstützt? Wen hat er da unterstützt? Das ist doch der Beweis dafür, dass ich selbst in Deutschland manchmal auch mit den Linken in Deutschland spreche. Vielen Dank Ihnen allen.

BK'in Merkel: Eine letzte Bemerkung zum Elysée-Vertrag: Der Elysée-Vertrag ist ja nicht das Eigentum vom (französischen) Präsidenten und der Bundeskanzlerin. (Es ist) so, wie Nicolas Sarkozy das gesagt hat: Unsere Parlamente bereiten sich auf große Feierlichkeiten vor; das französische Parlament ist auch eingeladen, zur Feier des Elysée-Vertrages nach Deutschland zu kommen. Wir möchten diesen Elysée-Vertrag natürlich immer wieder mit Leben erfüllen, und ein Beitrag dazu ist genau zu diesem Jubiläum, dass wir eine gemeinsame Unternehmenssteuerreform durchführen und sagen: Wir haben eine immer engere Kooperation, aber der Vertrag als solcher ist ein historisches Dokument, ratifiziert von unseren Parlamenten. Ich glaube, dieser Vertrag hat Deutschland und Frankreich in eine wirklich gute gemeinsame Zukunft geführt. Das wollen wir fortsetzen, darum geht es. Das wollen wir immer weiter mit Inhalt füllen.

Frage: Herr Präsident, Sie sprachen von ernsthaften Themen. Sie haben gestern gesagt, dass eine Kontaktgruppe zu Syrien gebildet werden sollte. Werden Sie den Kontakt mit Ihren arabischen Partnern in Bezug auf Syrien beginnen? Oder werden Sie einen Gipfel über Syrien durchführen, und zwar so, wie Sie es in Sachen Libyen getan haben?

P Sarkozy: Alain Juppé hat erst gestern von dieser Initiative gesprochen. Frau Merkel und ich können den Status quo nicht akzeptieren. Wir werden ihn nicht akzeptieren. Wir sehen ja, dass wir auf der Stelle treten. Wir werden Initiativen ergreifen, um diese Blockade aufzulösen. Ich möchte ganz klar sagen: Wir möchten eine Gruppe der Freunde des syrischen Volkes bilden, das dem syrischen Volk zeigt, dass es nicht alleine da steht. Es hat am letzten Wochenende noch 200 Tote gegeben. Wie lange werden wir das noch hinnehmen? Wir wollen das mit unseren arabischen Freunden machen, insbesondere mit der Arabischen Liga, die ja eine sehr mutige Haltung eingenommen hat.

Wie Frau Merkel schon gesagt hat, ist es doch sehr erstaunlich, dass die Russen, die doch in der Geschichte immer der Position der Arabischen Liga nahe gestanden sind, (sich distanzieren). Man fragt sich: Warum entscheiden sie sich heute, sich davon zu distanzieren? Das heißt, es gibt eine Initiative, die wir ergreifen werden und die erst Samstag von unserem Minister so dargestellt wurde.

BK'in Merkel: Unser Außenminister Guido Westerwelle war ja gerade in der Region. Von dort ist mir auch berichtet worden, in welcher Art und Weise gerade die Arabische Liga darauf hofft, dass etwas passiert. Deshalb ist der Vorschlag, der von beiden Außenministern gemacht wurde, eine solche Kontaktgruppe die Gruppe der Freunde einzurichten, sehr wichtig. Ich glaube, Sie werden uns auch bald Vorschläge machen, wie das aussehen könnte, und dann werden wir das aus voller Kraft unterstützen.

P Sarkozy: Vielen Dank!


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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 6. Februar 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/02/2012-02-06-merkel-sarkozy.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2012