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PRESSEKONFERENZ/428: Regierungspressekonferenz vom 1. Juni 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 1. Juni 2012
Regierungspressekonferenz vom 1. Juni 2012

Themen: Betreuungsgeld, Termine der Bundeskanzlerin (Gedankenaustausch mit Unternehmern und Wissenschaftlern aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien, Empfang des EU-Kommissionspräsidenten, Zukunftsgespräch mit den Sozialpartnern, Kabinettssitzung, Abschlussveranstaltung der bundesweit an deutschen Volkshochschulen durchgeführten Bürgerforen, internationale Diskussionsrunde mit dem britischen Premierminister und dem Ministerpräsidenten Norwegens, Empfang des neuseeländischen Premierministers)
weitere Themen: Treffen der Vorsitzenden der Koalitionsparteien, europäische Schuldenkrise, Fußball-EM in der Ukraine, in Nigeria aufgefundener getöteter Europäer, Lage in Syrien, Besuch des russischen Präsidenten, Rückholung von radioaktiven Abfällen aus dem Atommülllager Asse

Sprecher: SRS Streiter, Moosmayer (BMVBS), Mertzlufft (BMJ), Albrecht (BMG), Blankenheim (BMF), Steegmans (BMFSFJ), Peschke (AA), Maaß (BMU)



Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Moosmayer: Ich wollte ganz kurz eine Klarstellung vornehmen: Heute ging durch die Presse, dass Herr Bundesverkehrsminister Ramsauer etwas gegen das Betreuungsgeld hat. Das ist natürlich mitnichten so. Er steht nach wie vor uneingeschränkt zum Betreuungsgeld. Es gab allerdings im Rahmen der Ressortabstimmung einen Punkt zu klären, der die Finanzierung des Wohngeldes betrifft. Dieser Punkt ist bereits geklärt. Insofern ist dieser Leitungsvorbehalt wieder zurückgenommen und alles läuft wie gewünscht.

Frage: Dann wüsste ich gerne, was drei der fünf FDP-Ministerien gegen das Betreuungsgeld von Frau Schröder haben. Oder ist es auch falsch, dass drei Ministerien - das Vizekanzlerministerium, das Gesundheitsministerium und das Justizministerium - einen Leitungsvorbehalt vorgebracht haben? Musste das sein?

SRS Streiter: Vielleicht kann ich einmal allgemein dazu etwas sagen: Dieses Gesetz befindet sich jetzt in der Ressortabstimmung. Wie der Name schon sagt, ist es eine Ressortabstimmung und keine Abstimmung mit der Öffentlichkeit. Es ist geplant, dass dieses Gesetz am kommenden Mittwoch im Bundeskabinett abschließend behandelt wird.

Zusatzfrage: Das ersetzt zum Glück nicht die konkrete Antwort der drei Ministerien, was die drei Ministerien veranlasst hat, prophylaktisch einen Leitungsvorbehalt via Presse in die Öffentlichkeit zu bringen, ehe das Staatssekretärsgremium dazu getagt hat. Sind die Bedenken so ernsthaft? Frage an die drei Ministerien.

Merzlufft: Ich kann vielleicht einmal ein bisschen Aufklärung betreiben, was Ihr Verständnis des Begriffes "Leitungsvorbehalt" betrifft. Leitungsvorbehalt bedeutet - das ist wie in einem Vorstandsbüro -, dass, wenn auf der Arbeitsebene abgestimmt wird, das noch einmal auf die Leitungsebene gegeben wird. Bei einem Leitungsvorbehalt ist es mitnichten so, dass nicht ganz normal in den Ministerien abgestimmt wird. Das haben wir auch gemacht. Es ist eine normale Ressortabstimmung. Im Rahmen dieser Ressortabstimmung, die, abgestimmt mit der Leitungsebene, auf der Arbeitsebene stattfindet, werden Fragen gestellt oder noch einmal Antworten abgestimmt. Das ist also nichts Außergewöhnliches.

Frage: Noch einmal zur inhaltlichen Klärung; wir haben es ja nur aus der Presse erfahren können. Können die Sprecher der drei betroffenen Ministerien noch einmal formulieren, worin der Vorbehalt inhaltlich besteht?

Merzlufft: Danke für die Frage. - Es ist natürlich so, dass wir Ressortabstimmungen regierungsintern vornehmen. Das gilt insbesondere auch für unser Ressort. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie welcher Bericht zustande kam oder ihn kommentieren. Ich kann Ihnen nur sagen, dass das Bundesjustizministerium auf Arbeitsebene in dieser Ressortabstimmung Fragen gestellt hat und diese jetzt beantwortet werden. Am Ende werden wir ganz normal weiter auf der Arbeitsebene auch die Ressortabstimmung abschließen.

Albrecht: Vielleicht darf ich für das BMG dazu etwas sagen: Es ist, wie gesagt, eine interne Regierungsabstimmung. Auch bei uns ist es so, dass wir auf Arbeitsebene Fragen gestellt haben. Wir sind in einem völlig normalen Verfahren. Eine Ressortabstimmung findet nicht in der Öffentlichkeit statt. Den Vorwurf, dass etwas prophylaktisch an die Presse gelangt sei, kann ich nicht nachvollziehen. Ich weiß nicht, wie da Politik betrieben wird. Wir sind in einem normalen Verfahren. Das wird ressortintern geklärt. Dann werden wir sehen, dass sich die Bedenken auflösen.

Frage: Frau Moosmayer, können Sie erläutern, welche offene Frage in Sachen Wohngeld verhandelt wurde?

Moosmayer: Ich würde mich gerne den Vorrednern anschließen. Aber da unsere Thematik schon in der Presse behandelt wurde, kann ich das gerne erläutern, wenn das in Ordnung ist. Es ging um einen Finanzierungsaspekt. Wir gehen davon aus, dass es durch die Einführung des Betreuungsgeldes, das bei Transferleistungen auf das Einkommen angerechnet wird, gegebenenfalls dazu kommen kann, dass ab 2013 mehr Menschen in das Wohngeld wechseln und entsprechend dafür haushalterisch Vorsorge getroffen werden muss. Darum ging es bei unserem Punkt. Dieser ist geklärt. Insofern sind unsere Punkte alle erledigt.

Frage: Direkt dazu eine Nachfrage, weil es auch die Spekulation gab, dass Ihr Minister vielleicht noch andere Vorbehalte hatte, dass er sich nämlich sorgt, dass, wenn das Betreuungsgeld ausgezahlt wird, möglicherweise nicht genügend Investitionen für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stehen. Stimmt das oder nicht?

Moosmayer: Ich glaube, das ist eine ganz merkwürdige Verdrehung der Tatsachen. Er hat immer gesagt, dass er voll und ganz hinter dem Betreuungsgeld steht. Ein zweiter Punkt ist, dass er auch dahinter steht, dass man mehr Geld für die Infrastruktur benötigt. Aber das sind zwei ganz unterschiedliche Themen.

Frage: Eine Frage an Herrn Streiter, und dann versuche ich es noch einmal bei den drei FDP-Ministerien.

Herr Streiter, wenn der Bundesfinanzminister einen grundsätzlich anderen Vorschlag offenbar als streitig in die Debatte gebracht hat, nämlich die Auszahlung nicht zum Jahreswechsel, sondern erst zur heißen Phase des Vorwahlkampfes Bundestagswahl, also Juli 2013, stattfinden zu lassen, welche Erklärung gibt es dafür für Sie? Ich nehme einmal an, das gilt im Kanzleramt nicht als sinnvolles, durchdachtes und ruhiges Regieren, wenn das an die Öffentlichkeit kommt.

SRS Streiter: Tut mir leid, wenn ich jetzt ein bisschen bärbeißig werde. Aber ich hatte es eben schon einmal gesagt: Es handelt sich hier um eine Ressortabstimmung und nicht um eine Diskussion mit der Öffentlichkeit.

Zusatzfrage: Ich verstehe ja, wenn sozusagen ein paar Randfragen zu klären sind. Ich dachte, der Geltungsbeginn eines Gesetzes sei in der Regierung zu klären, bevor ein Gesetzentwurf vorgelegt wird. Oder ist das in Ihrer Regierung anders, Herr Streiter?

SRS Streiter: Das ist ja auch geklärt. Das Gesetz liegt vor.

Zuruf: Nein. Es ist nicht geklärt, weil Herr Schäuble offenbar frühestens zum 1. Juli und die Familienministerin zum 1. Januar die Geldzahlung freigeben will. Das ist ein fundamentaler Unterschied.

SRS Streiter: Da befinden wir uns wieder in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Diese Abstimmung findet innerhalb der Bundesregierung und nicht außerhalb der Bundesregierung statt.

Zuruf: Jetzt sind wir aber außerhalb, weil wir wissen, dass Herr Schäuble das eine und Frau Schröder das andere will. Wie erklären Sie das vor dem Hintergrund des beabsichtigten guten ruhigen Regierens?

SRS Streiter: Weil ich schon einen Termin genannt habe - Mittwoch, den 6. Juli -, bitte ich Sie einfach um wenige Tage Geduld. Dann wird sich das alles aufklären.

Frage: Herr Streiter, noch einmal eine Frage zur Klarstellung. Sehen Sie durch die teilweise substanziellen Vorbehalte die Einhaltung des Zeitplans gefährdet, also noch vor der Sommerpause das Gesetz zum Betreuungsgeld zu verabschieden und am Mittwoch ins Kabinett einzubringen?

SRS Streiter: Nein, den Zeitplan sehe ich nicht gefährdet. Es ist geplant. Es ist beabsichtigt. Es wird aller Wahrscheinlichkeit nach - man soll nie "nie" sagen - auch dazu kommen. Ich halte es zu 97,5 Prozent für wahrscheinlich, dass das am kommenden Mittwoch im Kabinett behandelt wird.

Frage: Frau Moosmayer, Sie haben gesagt, dass der Minister sowohl für Infrastrukturmaßnahmen eintrete als auch voll und ganz hinter dem Betreuungsgeld stehe. Sie haben das als zwei völlig unabhängige Sachverhalte qualifiziert. Diese Sachverhalte werden ja im Haushaltsgesetz zusammengeführt und müssen eben auf einen Nenner gebracht werden. Ist es für Ihren Minister Bedingung, dass die Infrastrukturmaßnahmen finanziert werden, bevor er dem Betreuungsgeld zustimmt?

Moosmayer: Noch einmal: Diese beiden Dinge hängen einfach nicht zusammen. Mit dem Haushaltsgesetz haben wir auch nichts zu tun; für die Beantwortung dieser Frage müsste ich meinen Platz für das BMF räumen. Natürlich werden wir in den Haushaltsansätzen entsprechend angemessene Summen für die Infrastruktur anmelden. Das sind einfach völlig verschiedene Paar Schuhe.

Zusatzfrage: Herr Streiter, eine Frage an Sie in dem Zusammenhang, wenn es recht ist: Steht für die Regierung der Grundsatz, dass das Betreuungsgeld aus dem Haushalt finanziert wird? Oder kann das auch durch eine höhere Neuverschuldung finanziert werden?

SRS Streiter: Da bin ich jetzt gar nicht im Detail drin. Für mich und für die Bundesregierung ist nur entscheidend, dass es den Beschluss gibt, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Das Gesetz liegt jetzt vor. Das Gesetz befindet sich in der Ressortabstimmung. Man spricht untereinander und möglichst nicht nach außen darüber. Dann wird es verabschiedet werden, und dann wird man auch sehen, wie das finanziert werden wird.

Frage: Herr Blankenheim, hält das Finanzministerium 400 Millionen Euro für ausreichend, um im kommenden Jahr vom 1. Januar an das Betreuungsgeld zu zahlen, oder ist das der Grund dafür, dass es Bedenken aus dem Finanzministerium gibt?

Blankenheim: Wie gesagt: Zu der Ressortabstimmung möchte ich mich nicht äußern. Das sind Abstimmungen, die auf der Arbeitsebene der Ressorts durchgeführt werden.

Zu der Frage nach dem Bundeshaushalt kann ich Ihnen sagen, dass die vom BMFSFJ versandte Formulierungshilfe die stufenweise Einführung des Betreuungsgeldes beschreibt und im Rahmen der festgelegten Eckwerte zum Bundeshaushalt 2013 bleibt. Das müsste eigentlich Ihre Frage beantworten.

Zusatzfrage: Das tut es nicht wirklich, weil es ja ein Widerspruch zu sein scheint, dass, wenn es vom 1. Januar an gezahlt werden wird, im ersten Jahr 400 Millionen Euro und im zweiten Jahr 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Wie soll das also für das ganze Jahr ausreichen? Das scheinen ja auch die Bedenken zu sein, die es bei Ihnen im Ministerium gibt.

Blankenheim: Ich kann Ihnen jetzt, wie gesagt, leider nicht mehr zu den Einzelheiten der Ressortabstimmung sagen.

Frage: Mich würde einmal interessieren, wann die Familienministerin selbst Kenntnis von diesen ganzen differierenden Auffassungen erlangt hat und was sie glaubt, wie die Sache ausgehen wird.

Steegmans: Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Anschreiben des Staatssekretärs zur Einleitung der Ressortabstimmung war unsererseits am Dienstag früh um 7.55 Uhr an die anderen Häuser versandt worden, und zwar mit der Bitte um Rückäußerung bis - ich weiß es nicht genau - Donnerstagmittag oder Donnerstagnachmittag. Die Rückäußerungen der Häuser sind auch gestern im Laufe des Nachmittags bei uns eingegangen. Sie sind dann zusammengefasst worden. Es hat gestern auch bereits eine erste Besprechung auf Arbeitsebene dazu gegeben. Es gibt heute weitere Besprechungen.

Das Verfahren läuft vielleicht einen Hauch transparenter ab, als es bei derartigen Ressortabstimmungen normalerweise der Fall sein müsste. Ich darf Ihnen aber versichern: Wir haben uns natürlich bereits bei dem Gesetzentwurf, den wir versandt haben, strengstens an die Vorgaben des Koalitionsausschusses vom November 2011 gehalten und uns strengstens an die Eckwerte des Bundeshaushaltes für 2013 sowie die mittelfristige Finanzplanung für die Zeit danach gehalten. Darin sind ja die Eckwerte vom BMF vorgegeben worden, wie viel das Betreuungsgeld kosten darf. Dementsprechend dürfen Sie davon ausgehen, dass wir dabei auch sehr sauber gearbeitet haben und uns natürlich vor dem Versand des Gesetzentwurfs bereits rückversichert haben, dass darin nichts zu Beanstandendes enthalten ist.

Zusatzfrage: Wenn das jetzt ganz sauber erarbeitet worden ist und sich buchstabengetreu an verschiedenen Grundlagen - Koalitionsvertrag, Etat usw. - orientiert, haben die anderen Ressorts das dann nicht richtig verstanden?

Steegmans: Da müssen Sie die Ressorts fragen. Ich kann an dieser Stelle nur garantieren, dass wir uns strengstens an alle Absprachen und Aufträge gehalten haben.

Zusatzfrage: Heißt das also, dass Sie die Einwendungen als Ministerium nicht nachvollziehen können?

Steegmans: Das ist Ihre Schlussfolgerung, die ich mir nicht zu Eigen mache. Aber ich kann Ihnen noch einmal versichern, dass wir uns hinsichtlich des Gesetzentwurfes so, wie wir ihn versandt haben, natürlich vorher bei maßgeblichen Akteuren der Bundesregierung rückversichert haben, dass darin nichts zu Beanstandendes enthalten ist.

Zusatzfrage: Sie haben gesagt, das die Erörterungen bisher auf Arbeitsebene stattgefunden haben. Haben sich denn die Leitungsebene und insbesondere die Ministerin schon irgendwie geäußert? Hat sie sich geärgert, die Stirn gerunzelt oder gesagt "Ach, das bekommt ihr schon hin"? Was hat sie gesagt?

Steegmans: Ich hielt es angesichts der Medienlage heute Morgen nicht einmal für nötig, mit der Ministerin darüber zu sprechen, da ich ja um die Sachstände und die Arbeiten weiß, die in unserem Haus zusammen mit den anderen Häusern getätigt werden. Dementsprechend habe ich in dieser Sache mit der Ministerin heute überhaupt keinen Kontakt gehabt. Das ist bei einer Ressortabstimmung auch nicht weiter nötig.

Frage: Herr Streiter, der Sprecher des Familienministeriums hat gerade gesagt, er habe sich bei maßgeblichen Akteuren der Bundesregierung vorher selbstverständlich versichert, dass es keine Beanstandungen gibt. Jetzt frage ich mich: Wieso ist der Vizekanzler, wieso ist die Justizministerin, wieso ist der Bundesfinanzminister und wieso ist der Bundesgesundheitsminister kein maßgeblicher Akteur der Bundesregierung mehr? Was sagen Sie dazu?

SRS Streiter: Gar nichts sage ich dazu. Das ist ja eine
Schlussfolgerung aus ihren eigenen Gedanken.

Zusatz: Nein, ich beziehe mich auf die Erklärung des Sprechers des Familienministeriums.

Steegmans: Da hätten Sie mich falsch verstanden.

Zusatz: Das haben Sie aber so gesagt! Das können Sie jetzt korrigieren.

Steegmans: Ich habe "bei maßgeblichen Akteuren" gesagt. Aber wer diese maßgeblichen Akteure sind, habe ich ausdrücklich nicht gesagt. Die Einschätzung, den Kreis so zu reduzieren, haben Sie vorgenommen, und diese Bewertung würde ich mir nie zu eigen machen. Aber ich kann Ihnen hier keine Enumeration dazu liefern, mit wem wir uns vorher abgestimmt haben. Sie dürfen aber davon ausgehen, dass, wenn ich von "maßgeblichen Akteuren" spreche, das mehr als ein oder zwei Personen sind und dass ich das dann auch genau so meine, wie ich es sage.

Zusatzfrage: Herr Steegmans, ist der Vizekanzler kein maßgeblicher Akteur der Bundesregierung? Ist die Bundesjustizministerin keine maßgebliche Akteurin, der Bundesfinanzminister auch nicht und der Gesundheitsminister auch nicht?

Steegmans: Ich frage im Umkehrschluss: Wer hat Ihnen denn gesagt, das wir uns mit diesen Häusern oder Beauftragten dieser Minister nicht vorher abgestimmt haben?

Zusatzfrage: Jetzt kommen wir ja zu einem Ergebnis. Dann haben die Herren und Damen Ihnen offenbar vorher gesagt "Wir haben keine Beanstandungen", und jetzt stellen sie Fragen. Wie beurteilen Sie dieses Verfahren dann?

Steegmans: Fragen sind noch lange keine Beanstandungen. In einer Ressortabstimmung ist es doch gerade, wenn es um ein Projekt geht, das ja ein Vorhaben der ganzen Regierung ist, völlig normal, dass sich auch andere Beteiligte zu Wort melden. Es wäre doch eher verwunderlich, wenn es keine Fragen gäbe. Ich wüsste jedenfalls von keiner oder kaum einer Ressortabstimmung, bei der nicht Fragen behandelt werden würden. Nur wird dieser Prozess nicht automatisch auch so in die Öffentlichkeit getragen - jedenfalls nicht in jedem Falle -, wie das bei diesem konkreten Vorhaben der Fall ist. Unsererseits hätten wir unsere Gespräche auf Arbeitsebene auch wunderbar ohne mediale Begleitung führen können. Das hätte unserem Wohlbefinden keinen Abbruch getan.

Frage: Herr Steegmans, was sagen Sie denn in der Sache zu den zwei oder drei doch etwas gravierenderen Vorbehalten, zum einen zu der Einführung im August 2013, zum anderen zu der Frage der Nachweisbarkeit der Nichtbetreuung sowie der öffentlichen Einrichtungen und drittens auch zu der Überlappung der Erziehungs- und Betreuungsgeldzeiten? Wie sehen Sie das in der Sache?

Die zweite Frage ist: Sehen Sie das Betreuungsgeld grundsätzlich gefährdet, zumindest den Zeitplan?

Steegmans: Der Zeitplan ist überhaupt nicht gefährdet, wie Kollege Streiter eben auch schon gesagt hat.

In der Sache ist es mir nicht möglich, mich zu äußern, weil ich damit gegen den eisernen Grundsatz verstoßen würde, dass aus Ressortabstimmungen nichts nach außen getragen wird. Ressortabstimmungen sind interne Vorgänge, und wir alle sind gut beraten, das auch weiterhin so zu halten.

Frage: Herr Streiter - vielleicht können Sie jetzt antworten -, haben Sie eine Erklärung dafür, warum es in jüngster Zeit vermehrt zu Leitungseinsprüchen und zu Vorbehalten im Kabinett in Bezug auf Gesetzesvorhaben gekommen ist? Ich erinnere mich beispielsweise daran, dass der verblichene Umweltminister Röttgen auch noch kurz vor seinem Abgang einen Vorbehalt eingelegt hatte. Früher gab es das in Ihrer Regierung ja eher nicht. Wieso gibt es das jetzt in geballterer Form? Gibt es dafür eine Erklärung, die mir nicht einfällt?

SRS Streiter: Dazu muss ich sagen: Ob es mehr oder weniger ist, kann ich gar nicht beurteilen.

Was den früheren Umweltminister Röttgen betrifft, war das, was Sie gerade gesagt haben, nicht richtig. Er hat nicht kurz vor dem Ende seiner Amtszeit einen Vorbehalt eingelegt, sondern er hat einen Vorbehalt aufgehoben.

Zuruf: Nachdem er ihn zuvor eingelegt hatte!

SRS Streiter: Ja. Aber ich halte das insgesamt auch für relativ normal. Ich halte einen Leitungsvorbehalt gegen einen Gesetzentwurf - von wem auch immer das Gesetz kommt und von wem auch immer der Vorbehalt kommt - für völlig normal.

Zuruf (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

SRS Streiter: Ja. Ich meine, die Missdeutung, die hier gelegentlich passiert, ist, dass ein Vorbehalt sozusagen ein Veto oder so etwas sei.

Vorsitzender Hebestreit: Vielleicht können Sie dann erklären, was ein Vorbehalt stattdessen ist.

SRS Streiter: Nein. Das ist ein Vorbehalt. Man behält sich etwas vor.

Vorsitzender Hebestreit: Dann kommen wir zu den Terminen der Kanzlerin!

SRS Streiter: Die hätten wir ja fast vergessen!

Am späten Montagnachmittag von 17 Uhr bis 18.30 Uhr wird sich die Bundeskanzlerin zu einem internen Gedankenaustausch mit Unternehmern und Wissenschaftlern aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien treffen. Über den Termin ist ja auch bereits berichtet worden. Das Treffen unterstreicht, welch hohe Bedeutung die Bundeskanzlerin dem Beitrag dieser Branche zum Innovations- und Technologiestandort Deutschland beimisst. Es ist der Bundeskanzlerin dabei sehr wichtig, gerade das Gründungs- und Wachstumsgeschehen von innovativen Unternehmen im IKT-Bereich in den Blick zu nehmen.

Im Anschluss wird die Bundeskanzlerin um 19 Uhr EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso im Bundeskanzleramt empfangen. Dabei wird es insbesondere um die Vorbereitung des nächsten Europäischen Rats am 28. und 29. Juni in Brüssel gehen. Bei diesem und auch bei dem vorher stattfindenden Termin ist eine Pressebegegnung nicht vorgesehen.

Am Dienstag, den 5. Juni, wird in Schloss Meseberg in der Zeit von 15 Uhr bis 21 Uhr das diesjährige Zukunftsgespräch der Bundeskanzlerin mit den Sozialpartnern stattfinden. Der Titel der Veranstaltung lautet "Quellen unseres künftigen Wohlstands". Im Zentrum steht dabei die Frage, wie die wichtigsten Investitions- und Innovationsbedingungen des Standorts Deutschland verbessert werden können. Daneben ist eine kurze Bestandsaufnahme der seit dem letzten Treffen am 22. Juni 2011 erzielten Fortschritte bei der Fachkräftesicherung vorgesehen. Das war das Kernthema des letztjährigen Treffens. Zu Beginn wird es Pressestatements der Bundeskanzlerin und des Bundeswirtschaftsministers geben. In der Sitzungspause ist für 18.30 Uhr dann noch eine Pressebegegnung geplant.

Am Mittwoch wird dann wie üblich um 9.30 Uhr das Bundeskabinett unter Leitung der Bundeskanzlerin tagen.

Am Mittwochmittag wird die Bundeskanzlerin von 13 Uhr bis 14 Uhr die Abschlussveranstaltung der bundesweit an deutschen Volkshochschulen durchgeführten Bürgerforen besuchen. Das wird in der Bertelsmann-Repräsentanz in Berlin stattfinden.

Der Deutsche Volkshochschul-Verband und die Bertelsmann-Stiftung hatten sich am Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin mit lokalen Diskussionsforen beteiligt. Dazu wurden Ende März in über 50 deutschen Städten dezentrale Bürgerforen organisiert, in denen die von der Kanzlerin zur Diskussion gestellten Fragen - "zusammen leben", "wovon leben", "wie lernen wir" - thematisiert und diskutiert wurden. Nach Angaben des Volkshochschul-Verbandes haben sich daran bundesweit mehr als 3.000 Menschen beteiligt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben gemeinsam konkrete Vorschläge erarbeitet und Themen benannt, die dann anschließend in den Online-Bürgerdialog auf der Seite "dialog-ueber-deutschland.de" eingestellt wurden. Der Volkshochschul-Verband und die Bertelsmann-Stiftung haben je zwei Teilnehmer dieser bundesweiten Bürgerforen zu einem zweitägigen Workshop nach Berlin eingeladen.

Die Bundeskanzlerin wird auf dieser Veranstaltung eine Stunde lang mit den Teilnehmern über ihre Anliegen, Ergebnisse und Eindrücke diskutieren. Hinsichtlich der Akkreditierungsmöglichkeiten zu dieser Veranstaltung sowie aller weiteren Informationen bitte ich Sie, sich an die Pressestelle der Bertelsmann-Stiftung zu wenden. Das Ganze wird auch live gestreamt, und auf der Seite www.dialog-ueber-deutschland.de wird auch begleitend berichtet und getwittert.

Am Donnerstag wird die Bundeskanzlerin ab ca. 13.30 Uhr gemeinsam mit dem britischen Premierminister David Cameron und dem Ministerpräsidenten Norwegens, Jens Stoltenberg, im Bundeskanzleramt mit rund 100 Studentinnen und Studenten aus Deutschland, Großbritannien, Norwegen und weiteren Ländern diskutieren. Das Thema dieser Diskussionsrunde lautet "Voneinander lernen. Neue Wege im Verhältnis von Bürger und Staat". Diese internationale Diskussionsveranstaltung ist Teil des Zukunftsdialoges, den die Bundeskanzlerin im Frühjahr letzten Jahres begonnen hat. Im Fokus steht dabei diesmal der internationale Gedanken- und Erfahrungsaustausch. Es geht darum, den nationalen Dialog über unsere Zukunft auch um die Außensicht, den internationalen Blick, zu ergänzen. Dafür sind etwa 90 Minuten vorgesehen. Über die Akkreditierungsmöglichkeiten zu dieser Veranstaltung werden Sie noch eine Pressemitteilung bekommen, die Ihnen in diesen Minuten zugeht. Für alle, die nicht dort sein können oder wollen, wird das auch wieder live gestreamt, und zwar auf der Webseite www.dialog-ueber-deutschland.de.

Vor dem Beginn dieser Veranstaltung werden die Bundeskanzlerin, der norwegische Ministerpräsident und der britische Premierminister zu einem gemeinsamen Arbeitsmittagessen zusammenkommen, bei dem die anstehende Veranstaltung sowie aktuelle politische Fragen besprochen werden können.

Am Freitag, den 8. Juni, wird die Bundeskanzlerin dann den neuseeländischen Premierminister John Key um 12 Uhr mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Im anschließenden Gespräch werden die bilateralen und internationalen Beziehungen sowie die finanz- und wirtschaftspolitischen Themen im Mittelpunkt stehen. Weitere Themen des Gesprächs werden sicher auch die Lage in Afghanistan, die Entwicklung im pazifischen Raum und die internationale Zusammenarbeit sein. Um 13.15 Uhr gibt es dann eine Pressebegegnung.

Das waren die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der nächsten Woche.

Frage: Herr Streiter, da ja am Montag auch das Treffen der drei Koalitionsparteivorsitzenden stattfindet und es immer hieß, dass das am frühen Abend beziehungsweise am späten Nachmittag stattfinde, fällt das jetzt aus wegen der Terminlage der Kanzlerin?

SRS Streiter: Ich glaube nicht, dass das ausfällt. Da waren möglicherweise Ihre Informationen falsch.

Frage: Wann ist es denn?

SRS Streiter: Am Montag.

Zusatzfrage: Wann denn?

SRS Streiter: Am Montag.

Zusatzfrage: Und um wie viel Uhr?

SRS Streiter: Am Montag.

Zusatzfrage: Am Montag in Berlin oder im Gästehaus der
Bundesregierung?

SRS Streiter: Am Montag in Berlin, soweit ich weiß.

Zusatzfrage: Und um wie viel Uhr? Schauen Sie doch netterweise einmal in Ihre Unterlagen.

SRS Streiter: Ich könnte Ihnen das sagen, aber ich sollte es Ihnen nicht sagen.

Zusatzfrage: Aber es kann jedenfalls nicht am Nachmittag und Abend sein?

SRS Streiter: Dann müssten die anderen Termine ja abgesagt werden.

Zuruf: Genau.

SRS Streiter: Das ist nicht beabsichtigt.

Vorsitzender Hebestreit: Könnten wir soweit gehen zu sagen, dass es wohl am Vormittag ist?

SRS Streiter: Das würde ich auch für falsch halten.

Zusatzfrage: Dann essen die drei zu Mittag?

SRS Streiter: Das weiß ich nicht.

(Heiterkeit)

Ich weiß es wirklich nicht. Sie treffen sich am Montag.

Zuruf: Wann auch immer.

SRS Streiter: Am Montag.

Zusatzfrage: Und welche Form der Presseunterrichtung findet dann statt? Also wenn Herr Seehofer in dem Dreiertreffen ein Leitungsvorbehalt einbringt, wie erfahren wir das? Durch ein Pressegespräch von Herrn Seehofer oder durch eine Unterrichtung aller drei vor einer blauen Wand?

SRS Streiter: Auch da erkenne ich, dass Ihre Informationen nicht ganz zutreffen.

Zusatz: Ich habe gar keine.

SRS Streiter: Doch, Sie haben gerade das Wort Leitungsvorbehalt in den Mund genommen. Das könnte Herr Seehofer gar nicht, weil er nicht Mitglied der Bundesregierung ist. Es handelt sich um ein Treffen der drei Parteivorsitzenden der diese Koalition tragenden Parteien. Deshalb wird es dazu auch von Seiten der Bundesregierung keine Informationen geben. Es ist auch nichts vorgesehen. Wenn Sie da etwas am Montag erfahren wollen, würde ich Ihnen empfehlen, sich an die Menschen in den Parteien zu wenden, die Ihnen üblicherweise Auskunft geben.

Vorsitzender Hebestreit: Hätten Sie noch einen Tipp, um welche Uhrzeit man sich an sie wenden sollte?

SRS Streiter: Ich glaube, Sie könnten die Dienstagsausgaben durchaus noch erreichen.

Frage: Ich habe eine Frage zum ersten Zukunftsgespräch am Dienstag in Meseberg. Ist denn dort mit konkreten Beschlüssen und Ergebnissen zu rechnen, oder geht es da einfach nur um eine offene Diskussion der Beteiligten?

SRS Streiter: Soweit ich das verstanden habe, geht es da mehr um eine Bestandsaufnahme und um eine Diskussion. Es ist nicht mit Beschlüssen zu rechnen.

Frage: Ich hätte ganz gern das Finanzministerium gefragt, was denn die Bundesregierung - das Finanzministerium - von den Überlegungen der EU-Kommission hält, Spanien mehr Zeit für die Reduzierung seines Defizits zu geben?

Blankenheim: DIE EU-Kommission hat dazu in den länderspezifischen Empfehlungen zu Spanien Stellung genommen. Spanien hat ein Stabilitätsprogramm vorgelegt, in dem die klare Absicht bekundet wird, bis 2013 die 3 Prozent-Grenze wieder zu erreichen. Darin unterstützen wir Spanien, die hierzu erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Wir sehen aber auch, dass es aufgrund einer ungünstigen konjunkturellen Entwicklung schwierig werden kann, diese Ziele zu erreichen.

Das Defizitverfahren gegen Spanien wird bei der Eurogruppe und beim Ecofin im Juni in Luxemburg auf der Agenda stehen. Spanien müsste im Juli seine Haushaltsplanungen vorlegen und dabei die Empfehlungen des Ecofin berücksichtigen.

Spanien erfüllt seine Verpflichtungen im Defizitverfahren. Es gibt insofern auch keinen Grund, das Verfahren gegen Spanien zu eskalieren. Die spanische Regierung geht die erforderlichen Reformmaßnahmen entschlossen an, und die Bundesregierung ist der Überzeugung, dass sich diese Entschlossenheit auch an den Märkten widerspiegeln wird.

Zusatzfrage: Darf ich das so interpretieren, dass Sie diesen Vorschlag der EU-Kommission teilen, Spanien mehr Zeit zu geben, weil es ja - wenn ich Sie richtig verstanden habe - ausreichend spart?

Blankenheim: Ich denke, das habe ich so zum Ausdruck gebracht. Ja.

Frage: Die französische Regierung hat angekündigt, dass keines ihrer Regierungsmitglieder wegen Menschenrechtsverletzungen zur Fußball-EM in die Ukraine fährt. Herr Streiter, gibt es ähnliche Überlegungen in der Bundesregierung?

SRS Streiter: Ich kann jetzt nicht für jedes Mitglied dieser Bundesregierung sprechen. Ich weiß aber, dass die Bundeskanzlerin da überhaupt noch keine Pläne hat. Ich weiß es auch von vielen anderen Ministern. Aber ob das jetzt vollständig ist, kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich denke, das wird relativ kurzfristig entschieden. Das haben wir ja schon mehrfach gesagt.

Zusatzfrage: Es könnte ja sein, dass man sich jetzt durch das Vorbild der französischen Regierung in irgendeiner Weise bestätigt oder ermuntert fühlt?

SRS Streiter: Darüber ist mir nichts bekannt. Davon habe ich auch noch nichts gehört.

Vorsitzender Hebestreit: Gibt es denn Minister, von denen klar ist, dass sie reisen werden? - Nein. Gut, dann haben wir das auch geklärt.

Frage: Noch einmal an das Finanzministerium: Die EU-Kommission hat sich - wie auch die EZB - Gedanken über eine gemeinsame Haftung und einen Einlagenfonds für europäische Banken gemacht. Dazu hätte ich gern gewusst, ob das Finanzministerium dieser Idee, europäische Banken in einem gemeinsamen System mit einer gemeinsamen europäischen Aufsicht abzusichern, positiv gegenübersteht.

Blankenheim: Sie wissen ja, der Fiskalpakt und der ESM werden derzeit ratifiziert. Die Regeln dazu sind bekannt. Nach unserer Auffassung macht es insofern keinen Sinn, dass wir in kurzen Abständen immer das Gleiche wiederholen und darauf hinweisen, dass die Umsetzung ja doch einige Zeit braucht. Insofern sehen wir jetzt nicht, wie derartige Überlegungen bei der kurzfristigen Bewältigung der gegenwärtigen Fragen helfen sollen.

Sie wissen, der Fiskalpakt ist der Beginn der Fiskalunion. Perspektivisch kann man sich auch eine stärkere Aufsicht vorstellen. Im Juni finden der Ecofin und der Europäische Rat statt. Dabei werden solche Fragen sicherlich auch diskutiert werden.

Zusatzfrage: Wenn Sie sagen, perspektivisch könne man sich eine stärkere Aufsicht vorstellen, bezieht sich das nur auf den Punkt, oder können Sie sich perspektivisch auch einen gemeinsamen europäischen Einlagenfonds vorstellen?

Blankenheim: Ich muss das in der Allgemeinheit so sagen, dass die Fiskalunion durch den Fiskalpakt ein wichtiger Schritt ist und man sich da sicherlich auf einem Weg befindet. Mehr kann man dazu im Moment noch nicht sagen.

Zusatzfrage: Wenn die Stichworte Fiskalpakt und ESM schon gefallen sind, dann hätte ich gern sowohl von Herrn Streiter als auch von Herrn Blankenheim gewusst, ob Sie glauben, dass der ESM überhaupt am 1. Juli in Kraft treten kann und ob Sie Probleme sehen, wenn Deutschland nicht ratifiziert?

SRS Streiter: Es deutet im Moment alles darauf hin, dass es möglich sein wird, es zu diesem Zeitpunkt zu verabschieden. Wenn ich richtig orientiert bin, gab es heute und gestern erste Treffen, die nach dem großen Gespräch mit der Opposition letzte Woche stattgefunden haben, in denen alles zusammengetragen werden sollte. Man sieht sich ja am 13. Juni wieder. Die Bundesregierung ist eigentlich sehr zuversichtlich - auch aufgrund der Erfahrung bei diesem Gespräch, dass es offenbar einen großen Willen zu einer Einigung gibt -, dass das dann auch funktionieren kann.

Blankenheim: Ich kann mich dem nur anschließen. Der Plan steht, das rechtzeitig in Kraft zu setzen, und wir sind sehr optimistisch, dass das auch gelingen wird.

Zusatzfrage: Herr Streiter, können Sie dann vielleicht sagen, wo die Regierung der Opposition entgegenkommt?

SRS Streiter: Nein, das kann ich nicht. Ich weiß es auch nicht. Das ist heute ja erst einmal zusammengetragen worden und das muss jetzt alles bewertet werden. Es gibt aber einen spürbaren Willen auf allen Seiten, sich zu einigen und sich auch zeitlich so zu einigen, dass das mit dem 1. Juli funktioniert.

Frage: Meine Frage geht an Herrn Peschke: Können Sie bestätigen, dass es sich bei dem Getöteten in Nigeria um den entführten Deutschen handelt, und vielleicht auch noch etwas zu den Umständen sagen?

Peschke: Vielen Dank für diese Frage aus einem traurigen Anlass. Ich muss Ihnen erstens sagen, dass die Identifizierung des aufgefundenen toten Europäers in Kano in Nordnigeria noch nicht endgültig abgeschlossen ist. Ich muss Ihnen zweitens aber auch sagen, dass wir leider mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen müssen, dass der Ende Januar in Kano in Nordnigeria verschleppte deutsche Staatsangehörige ums Leben gekommen ist. Der Krisenstab und die deutsche Botschaft vor Ort in Abuja sind weiterhin mit Hochdruck um eine eindeutige Identifizierung und um eine Klärung des Sachverhaltes bemüht. - So viel zur Frage der Identität.

Zum zweiten Punkt, den Umständen: Auch das ist Gegenstand der gegenwärtigen Klärungsbemühungen. Ich kann Ihnen dazu zum jetzigen Zeitpunkt nur sagen, dass wir nach den bisherigen Erkenntnissen - die allerdings noch sehr vorläufig sind - davon ausgehen, dass es sich bei der Aktion der nigerianischen Sicherheitskräfte um eine Aktion zur Festnahme von mutmaßlichen Terroristen gehandelt hat und dass in der Folge dieser Aktion ohne vorherige Absicht ein toter europäischer Staatsangehöriger aufgefunden wurde.

Frage: Eine Frage an Herrn Peschke zum Thema Syrien: Das Auswärtige Amt hatte sich ja schon zu den Äußerungen von Herrn Hollande und der Möglichkeit einer militärischen Intervention geäußert. Die amerikanische UN-Botschafterin Rice hatte daraufhin auch gesagt, dass es möglich sei, ohne ein UN-Mandat in Syrien aktiv zu werden. Wie ist die Haltung der Bundesregierung dazu?

Peschke: Die Haltung der Bundesregierung zu dem gesamten Fragenkomplex in Syrien ist unverändert. Wir setzen nach wie vor auf eine politische und diplomatische Lösung. Wir wollen, dass im Rahmen der bisher angestoßenen Maßnahmen des Kofi-Annan-Plans und des Handeln des Sicherheitsrates das syrische Regime dazu gebracht wird, die Gewalt zu beenden und einen politischen Wandel einzuleiten.

Für uns maßgeblich sind derzeit die Bemühungen, die im Sicherheitsrat laufen. Wir glauben, dass es noch Möglichkeiten gibt, diese Bemühungen zu intensivieren und den Druck zu erhöhen. Wir glauben aber auch, dass es wichtig ist, die Geschlossenheit der internationalen Staatengemeinschaft zu wahren. Deswegen wird die Bundesregierung - das hat Außenminister Westerwelle auch noch einmal deutlich gemacht - nochmals auf internationale Partner zugehen - auf Russland, auf andere -, um sie dazu zu bewegen, einen noch größeren Druck auf das syrische Regime zu entfalten und auch ihre Möglichkeiten zu nutzen, den Druck noch einmal zu erhöhen, damit der international vereinbarte Plan von Kofi Annan eine Chance auf Erfolg hat.

Konkret sind wir im Moment dabei, im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen den Fall Syrien noch einmal zu thematisieren. Die Debatte hat zur Stunde gerade begonnen. Außenminister Westerwelle setzt in diesem Zusammenhang auf ein starkes Signal des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen zur Verurteilung der Gewalt in Syrien und darauf, dass der Menschenrechtsrat ein Maßnahmenpaket einleitet, das noch einmal zur eindeutigen Klärung der Umstände des Massakers in Hula führen kann. - Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass Außenminister Westerwelle auch plant, in allernächster Zukunft noch einmal in die Region zu reisen, um vor Ort mit Partnern der weiteren Region auszuloten, wie die Krise in Syrien beigelegt werden kann.

Zusatzfrage: Bei Iran waren die Amerikaner und die Europäer bereit, auch über Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates hinauszugehen, weil China und Russland nicht so weit gehen wollten wie die westlichen Regierungen. Schließen Sie diesen Weg für Syrien aus?

Peschke: Auch in Syrien hat es ja Maßnahmen gegeben, die nur die Europäische Union beziehungsweise, in Spiegelung, die Vereinigten Staaten von Amerika beschlossen haben. Denken Sie an die zahlreichen Sanktionsrunden, die die Europäische Union beschlossen hat, die sich gegen Hintermänner, Mitläufer und Nahestehende des syrischen Regimes richten. Das sind Maßnahmen, die gezielt und ohne Rekurs auf zusätzliche Maßnahmen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ergriffen wurden.

Natürlich hoffen wir bei solchen Handlungen, bei solchen Sanktionsmaßnahmen, dass wir auch andere Partner der internationalen Staatengemeinschaft überzeugen können, sich diesem Druck auf das syrische Regime anzuschließen; denn es ist klar, dass diese Sanktionen und diese repressiven Maßnahmen umso wirksamer sind, je breiter sie von der internationalen Staatengemeinschaft getragen werden.

Frage: Herr Peschke, was erwartet die Bundesregierung beziehungsweise das Auswärtige Amt konkret von Russland?

Peschke: Das hat der Außenminister in einem Interview, das heute in einer deutschen Tageszeitung veröffentlicht wurde, ja noch einmal deutlich gemacht, nämlich dass aus Sicht der Bundesregierung Russland erkennen sollte, dass wir nicht gegen strategische russische Interessen arbeiten, wenn wir uns dafür einsetzen, dass die Gewalt in Syrien beendet wird, und dass wir hoffen und darauf setzen, dass Russland sich seiner Rolle - seiner Schlüsselrolle - in Syrien auch bewusst wird und dieser Verantwortung nachkommt. Mehr kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, denn wie Sie wissen, steht ein Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem russischen Präsidenten unmittelbar bevor. Alle weiteren Fragen können Sie insofern, glaube ich, erst im Anschluss an das Gespräch stellen.

SRS Streiter: Dazu kann ich Ihnen noch die Information liefern, dass sich dieses Gespräch verspäten wird, denn wie ich gerade höre, verschiebt sich die Ankunft um 30 bis 50 Minuten. Das heißt, auch die Presseunterrichtung - wenn jetzt jemand hinübergehen wollte - findet 30 bis 50 Minuten später statt. Ob da ein Blitz war - keine Ahnung, ich weiß es nicht.

Frage: Herr Streiter, gleich dazu eine Frage: Hat die Bundesregierung eigentlich das Gefühl, dass Deutschland im Vergleich zu Frankreich - was ja das nächste Reiseziel von Herrn Putin sein wird - diesmal eigentlich nicht so privilegiert behandelt wird, wie das in der Vergangenheit der Fall war?

SRS Streiter: Die Bundeskanzlerin hat da gar kein Gefühl. Er kommt und macht einen Antrittsbesuch.

Zusatzfrage: Hat sie vielleicht eine Analyse vorgenommen, ob sie im Vergleich zum französischen Präsidenten heruntergestuft wurde?

SRS Streiter: Mit Sicherheit nicht. Das sind Erwägungen außerhalb jeglichen Vorstellungsvermögens.

Zusatzfrage: Wie bitte? Das sind Erwägungen außerhalb Ihres Vorstellungsvermögens?

SRS Streiter: Das sind Erwägungen, die die Kanzlerin nicht anstellt.

Frage: Eine Frage an das BMU: Herr Maaß, der Umweltminister ist heute in die Asse eingefahren. Bürgerinitiativen fordern einen Beginn der Rückholung noch vor dem Jahr 2036. Wird es einen konkreten Termin geben und wird dieser Termin vor 2036 liegen?

Maaß: Ich glaube, das ist hier heute nicht der richtige Ort, um diese Frage zu stellen. Der Bundesumweltminister sieht sich jetzt erst einmal die Lage vor Ort an und wird sich dann anschließend dazu äußern. Da bin ich jetzt nicht im Film, ich bin nicht dabei, insofern würde ich das dem Umweltminister gerne selbst überlassen.

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 1. Juni 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/06/2012-06-01-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juni 2012