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PRESSEKONFERENZ/470: Regierungspressekonferenz vom 27. August 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 27. August 2012
Regierungspressekonferenz vom 27. August 2012

Themen: Personalie, ARD-Sommerinterview der Bundeskanzlerin, Brief von deutschen Korrespondenten in China an die Bundeskanzlerin, deutsche Ausstattungshilfe für weißrussische Sicherheitskräfte, Unfalldatenspeicher für Pkw, Rentenreformpaket, europäische Schuldenkrise, Verurteilung von Mitgliedern der russischen Band "Pussy Riot"

Sprecher: StS Seibert, Fronczak (BMELV), Peschke (AA), Kraus (BMWi), Spauschus (BMI), Strater (BMVBS), Westhoff (BMAS), Zimmermann (BMJ), Kothé (BMF)



Vorsitzende Sirleschtov eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Vorsitzende Sirleschtov: Ich will zunächst Herrn Fronczak, der hier ab dieser Woche das Bundesverbraucherministerium vertreten wird, die Gelegenheit geben, ein paar Worte zu sich zu sagen.

Fronczak: Danke schön für die Gelegenheit! - Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin Christian Fronczak, 41 Jahre alt, Diplom-Geograph, verheiratet, zwei Kinder; das zur Person. Ich bin schon seit ein paar Wochen Ihr Ansprechpartner im Verbraucherministerium, federführend für die Verbraucherthemen. Verbraucherschutz und -kommunikation haben mich auch in den Jahren zuvor als für die Kommunikation Verantwortlicher des Verbraucherzentrale Bundesverbandes begleitet. Insofern, wenn ich so in die Runde schaue, ist mir das eine oder andere Gesicht auch bekannt. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit!

Vielleicht noch ein Blick zurück: Ich habe während des Studiums und danach journalistisch gearbeitet, zuletzt beim "Kölner Stadtanzeiger", und bin vor zwölf Jahren - eher wie die Jungfrau zum Kinde - zur Pressearbeit gekommen. So sitze ich dann heute auch als Ihr Ansprechpartner hier. Auf gute Zusammenarbeit und danke für die Gelegenheit zur Vorstellung!

Vorsitzende Sirleschtov: Herzlich willkommen!

Frage: Herr Seibert, was hält Ihre Chefin eigentlich grundsätzlich von Machtworten? Waren die gesäuselten Bemerkungen zu CSU-Generalsekretär Dobrindt im gestrigen Interview mit der ARD, dass man seine Worte wägen solle - sie habe die Bitte, dass man seine Worte wägen möge -, eine Art Machtwort, wie Angela Merkel es versteht?

StS Seibert: Wie Sie dieses insgesamt 19-minütige Sommerinterview der Bundeskanzlerin bewerten, ist natürlich völlig Ihnen überlassen. Ich glaube, die Bundeskanzlerin hat gerade zu dem Thema, das Sie ansprechen, das gesagt, was sie sagen wollte. Das bedarf nun keiner Interpretation durch mich.

Zusatzfrage: Ich hatte Sie gefragt, was die Bundeskanzlerin und Ihre Chefin grundsätzlich von Machtworten in der Politik hält. Wenn man das zu Herrn Dobrindt Gesagte so interpretiert - ich glaube, heute gab es irgendwo die Schlagzeile "Merkels Machtwort, und keiner hört zu" oder so ähnlich; so hätte die Schlagzeile jedenfalls aussehen können oder auch "Es verhallt ungehört" lauten können -, ist das dann eine böswillige Interpretation, oder hat man Merkel damit beim Wort genommen?

StS Seibert: Dass Schlagzeilen und das am Vortag tatsächlich Gesagte in keinerlei Verhältnis zueinander stehen müssen, habe ich nun schon oft erlebt. Deswegen kommentiere ich diese Schlagzeilen nicht, an die Sie sich zu erinnern glauben.

Die Bundeskanzlerin hat gestern die europäische Verantwortung angemahnt, die wir alle im In- und Ausland haben. Sie hat das mit der Bitte verbunden, dass jeder seine Worte wägen möge. Die Bundesregierung und alle Partner, die diese Bundesregierung tragen, tun das auf der gleichen Grundlage, und diese Grundlage sind im Falle Griechenlands die Vereinbarungen, die mit Griechenland geschlossen worden sind. Die sind einzuhalten. Wer das von uns erwartet, der muss sich seinerseits auch an diesen Erwartungen messen lassen, und der muss Worten Taten folgen lassen. Das ist das, was die Kanzlerin am Freitag beim Besuch des griechischen Ministerpräsidenten gesagt hat. Gestern hat sie, wie gesagt, auch darüber gesprochen. Weiterer Interpretation durch den Regierungssprecher bedarf das nicht.

Zusatzfrage: Die grundsätzliche Frage, was die Kanzlerin von Machtworten in der Politik hält, ist noch nicht beantwortet.

StS Seibert: Die Frage ist mir, ehrlich gesagt, ein bisschen zu allgemein. Sie erleben die Bundeskanzlerin nun seit sieben Jahren in diesem Amt agieren, und Sie sehen, dass sie es immer geschafft hat, ihre Meinung kundzutun. Sie hat es auch immer geschafft, eine Linie innerhalb der Regierung herzustellen, der sie vorsitzt.

Frage: Herr Peschke, die Vertreter der Koalition bieten im Augenblick beim Thema der Euro-Schuldenkrise kein einheitliches Bild und kommunizieren sehr unterschiedlich. Wird das im Auswärtigen Amt wahrgenommen? Schafft das vielleicht auch Probleme im diplomatischen Verkehr mit den europäischen Partnern?

Peschke: Zu den Themen, die hier im Raum stehen, namentlich dem Umgang mit der Schuldenkrise, hat sich der Außenminister am Wochenende sehr klar geäußert. Soweit ich sehen kann, ist das auch genau die Linie der Bundesregierung, die konsequent so nach außen vertreten wird und die auch bei unseren Partnern genau so verstanden wird. Insofern wird im Ausland natürlich schon sehr genau registriert, wie die Diskussionen in Deutschland verlaufen, aber es wird ebenso registriert, dass die Bundesregierung einen einheitlichen Kurs vertritt. Das ist dem Bundesaußenminister auch sehr wichtig, und deswegen wiederholt er die Linie der Bundesregierung und macht sie auch immer wieder in sehr klaren Worten deutlich.

Frage: Frau Kraus, ist der Vizekanzler, der FDP-Vorsitzende oder der Bundeswirtschaftsminister jetzt für oder gegen einen Auszug der Griechen aus der Eurozone? Oder ist er für beides?

Kraus: Ich kann mich da meinen beiden Vorrednern nur anschließen: Es gibt eine klare, einheitliche Position der Bundesregierung zu einer Einhaltung der Regeln, und daran hat sich nichts geändert. Der Minister hat sich am Wochenende ja noch einmal deutlich dazu geäußert, und dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Genau, am Wochenende war er für den Verbleib. Vor zwei oder drei Wochen war er eher dagegen. Ist er für beides, ist er sozusagen nur für das eine oder das andere, oder ist er für gar nichts mehr?

Kraus: Ihrem Fazit kann ich mich ausdrücklich nicht anschließen. Das, was er gesagt hat, hat er ja gestern öffentlich gesagt, und das ist das Gleiche wie das, was ja auch innerhalb der Bundesregierung deutlich ist. Dort gibt es eine einheitliche Position.

Frage: Herr Seibert, wir haben gestern in den Medien gelesen, dass die deutschen Korrespondenten in China einen Brief an die Kanzlerin wegen ihrer Arbeitsbedingungen in China geschrieben haben. Ich möchte fragen, was die Position der Bundesregierung zu diesem Thema ist. Wird die Pressefreiheit während des Besuchs der Kanzlerin in China ein Thema sein? In dem Brief verlangen die Korrespondenten in China die gleichen Arbeitsbedingungen, wie die chinesischen Journalisten sie hier haben. Wie sind die Arbeitsbedingungen für chinesische Journalisten hier?

StS Seibert: Die Arbeitsbedingungen für chinesische Journalisten in Deutschland sind, wie Sie hoffentlich beurteilen und selbst bezeugen können, frei und offen. Sie haben hoffentlich allen Zugang, den sie für ihre Arbeit brauchen.

Generell ist der Bundeskanzlerin und der gesamten Bundesregierung bekannt, unter welch oft schwierigen Bedingungen und auch mit welchen Einschränkungen die ausländischen Korrespondenten in China arbeiten. Die Bundesregierung hat dieses Thema oft gegenüber der chinesischen Führung angeschnitten, wie auch bei jeder Begegnung zwischen der Bundesregierung und der chinesischen Führung Themen der Entwicklung der bürgerlichen Freiheit und der Meinungsfreiheit zum Themenkanon gehört, über den man spricht. Das wird bei diesen bevorstehenden deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen im Übrigen auch nicht anders sein. Wir werben bei der chinesischen Führung immer wieder für unsere Überzeugung, dass eine vitale, selbstbewusste Zivilgesellschaft und ungehindert arbeitende Medien eine Bereicherung und eine Chance für ein Land - auch ein Land wie China - sind, keine Gefahr.

Frage: Herr Seibert, würde die Kanzlerin eigentlich heute den Dalai Lama noch im Kanzleramt empfangen, oder würde sie so etwas nicht mehr machen?

StS Seibert: Das ist eine sehr hypothetische Frage. Die Bundeskanzlerin hat ihn empfangen. Das ist jetzt eine völlig spekulative, hypothetische Frage.

Frage: Ich will noch nach dem gestrigen Interview von Frau Merkel in der ARD (*) fragen: Kann man es so verstehen, dass Frau Merkel auch dagegen ist, dass die Europäische Zentralbank in Zukunft Staatsanleihen von Ländern wie Spanien oder Italien kauft?

StS Seibert: Ich glaube, auch dazu hat sie sich doch so geäußert, wie sie sich äußern wollte. Sie hat von der unterschiedlichen Verantwortung der einzelnen Institutionen gesprochen. Sie hat wie auch Mario Draghi davon gesprochen, dass die Hauptverantwortung der Europäischen Zentralbank - der unabhängig agierenden Europäischen Zentralbank, will ich hinzufügen - die Geldwertstabilität im Euroraum ist. Im Übrigen hat sie davon gesprochen, dass ihr Verständnis von der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank eben auch bedeutet, dass sie als Bundeskanzlerin der Zentralbank nicht sagt, was sie tun oder nicht tun soll, sondern dass sie sich auf die politischen Arbeiten zur Lösung dieser Krise konzentriert.

Zusatzfrage: Das ist mir klar, aber grundsätzlich - - -

StS Seibert: Das ist das, was die Kanzlerin gestern dazu gesagt hat, und das wird der Regierungssprecher jetzt sicherlich auch nicht variieren. Dazu gibt es ja solche wunderbaren Interviews.

Zusatzfrage: Ich habe das auch gelesen und gehört, aber meine Frage ist, ob sie grundsätzlich für oder gegen einen weiteren Ankauf von Staatsanleihen ist, nicht die Bundesbank oder Herr Weidmann, sondern Frau Merkel.

StS Seibert: Aber in dem Moment, in dem die Bundeskanzlerin - die ja nicht als Privatperson, sondern als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland spricht - öffentlich sagt, was sie meint, was die EZB tun sollte oder nicht tun sollte, nimmt sie doch politischen Einfluss auf die EZB. Genau das ist nach den Statuten der EZB und auch nach unseren Vorstellungen davon, wie dieses Verhältnis der europäischen Institutionen untereinander sein sollte, nicht sinnvoll und nicht möglich.

Frage: Ich habe eine Frage an das Innenministerium: Welche logistische Hilfe hat die Bundesregierung für die Polizei beziehungsweise die Miliz in Weißrussland geleistet? Wir lesen heute von Computern und technischem Gerät. Was können sie uns darüber sagen? Sind auch Schlagstöcke geliefert worden?

Spauschus: Vielleicht zunächst einmal zu dem Vorwurf, es seien Schlagstöcke geliefert worden: Das BMI hat diese Vorwürfe geprüft. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass seitens der Bundesregierung Schlagstöcke oder ähnliches Gerät an Weißrussland geliefert wurden. Richtig ist, dass auch Ausstattungshilfe an Weißrussland geleistet wurde. Diese beschränkte sich auf Computer und Kameratechnik in den Jahren 2008 bis 2010. Es ging also beispielsweise um die Lieferung von Notebooks, Videoprojektoren, einer digitalen Videokamera beziehungsweise mehreren davon, ganz normaler Standardsoftware - MS Office -, Kameras, weiterer Notebooks, Drucker etc. und drei VW-Transportern.

Zusatzfrage: Können Sie ausschließen, dass ein Landesinnenministerium Schlagstöcke nach Weißrussland geliefert hat? Wie passt diese Vielzahl von Lieferungen, die Sie gerade aufgezählt haben, zur wertorientierten deutschen Außenpolitik?

Spauschus: Dass es eine Vielzahl von Lieferungen gewesen sei, ist eine Wertungssache. Es ist letztlich eine Grundausstattung mit Kamera- und Videotechnik gewesen. Es sind nicht Gerätschaften in großer Anzahl geliefert worden.

Zu der Frage, ob ich das für die Länder ausschließen kann: Ich sitze hier und spreche für den Bund. Ob einzelne Landespolizeien Lieferungen vorgenommen haben, weiß ich nicht. Aber ich kann für die Bundesregierung ausschließen, dass entsprechende Lieferungen vorgenommen worden sind.

Zusatz: Die Frage zur wertorientierten Außenpolitik war noch nicht beantwortet.

Spauschus: Meinen Sie Werte im Sinne von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit? Wir hatten am Freitag schon diese Diskussion. Das fiel in einen Zeitraum, als Signale aus Weißrussland kamen und man auch innerhalb der EU der Meinung war, entsprechende Signale aufgreifen und fördern zu wollen, die auf eine Öffnung im Hinblick auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hindeuteten. Das ist letztlich das gleiche Argument, das auch für die Ausbildungshilfe galt, was wir am Freitag diskutiert haben. Das gilt auch heute für die Ausstattungshilfe, die in diesem Zeitraum geleistet wurde.

Frage: Es gab, soviel ich weiß, auch Ausbildungshilfe für Georgien, Ukraine und Moldau. Gab es weitere Länder im post-sowjetischen Raum, wo eine solche Hilfe geleistet wurde oder im Moment geleistet wird, zum Beispiel explizit in Russland?

Spauschus: Ich möchte Sie gerne auf die parlamentarischen Anfragen zu diesem Thema verweisen; die entsprechenden Daten werden quartalsmäßig abgefragt. Dort ist transparent aufgeführt, was an Hilfe für welche Länder geleistet wird und in welchen Ländern deutsche Beamte sitzen. Die vorletzte Anfrage stammt vom August dieses Jahres. Das war die Anfrage der Fraktion DIE LINKE, Bundestagsdrucksache 17/9349. Die letzte Anfrage war die Bundestagsdrucksache 17/10384. Dort sind die entsprechenden Länder aufgeführt.

Frage: Herr Spauschus, würde die Bundesregierung grundsätzlich Schlagstöcke liefern, wenn jemand sie in diesem Zusammenhang haben wollte? Oder würden Sie sagen, dass diese Videotechnik ein begrenzbares Projekt der Hilfe gewesen ist und jede andere Form der Ausrüstungshilfe da nicht hineinpasst?

Spauschus: Das ist aus meiner Sicht eine hypothetische Frage. Tatsache ist: Die Bundesregierung hat keine Schlagstöcke oder ähnliches Gerät an Weißrussland geliefert.

Zusatzfrage: Wen müsste der Bundesinnenminister fragen, wenn man diese haben möchte? Entscheidet er das sozusagen selber? Oder wäre das ein Fall für die Rüstungsexportrichtlinien?

Spauschus: Es müsste sicherlich im Einzelfall geprüft werden, ob das, was angefordert wird, entsprechenden Rüstungsbeschränkungen unterliegt. Es wäre dann beispielsweise Sache des Bundeswirtschaftsministeriums, darüber zu befinden.

Frage: Gab es von weißrussischer Seite aus Anfragen in Bezug auf Schlagstöcke? Wie hoch ist der materielle Gesamtwert dieser Leistungen, die Sie gerade aufgezählt haben?

Spauschus: Von Anfragen an das Bundesinnenministerium ist mir nichts bekannt.

Den materiellen Gesamtwert kann ich Ihnen insgesamt nicht beziffern. Diesen könnte ich nur schätzen. Ich müsste die Zahl nachreichen, in welcher Höhe Hilfe geleistet wurde. Ich kann das nur für einzelne Bereiche sagen: Seitens des Bundeskriminalamtes wurden 15 PC mit Zubehör und Drucker in einem Gesamtvolumen von ca. 10.000 Euro geliefert. Seitens IBP ist eine Ausstattung mit Computern und Videotechnik in Höhe von ca. 41.000 Euro vorgenommen worden. Hinzukommen die Sachen, die die Bundespolizei an Weißrussland im Wege der Ausstattungshilfe gegeben hat. Das waren, wie gesagt, Computer und Kameratechnik. Dazu liegt mir keine Gesamtzahl vor.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesverkehrsministerium. Herr Strater, es geht um das Thema Blackbox in Pkw. Das Thema ist heute noch einmal von einer Zeitung aufgegriffen worden. Der Bundestag hatte sich im Mai mit der Petition befasst. Jetzt liegt das Ganze, wenn ich das richtig verstanden habe, wieder in Brüssel. Können Sie mir sagen, wie konkret im Moment diese Pläne sind?

Strater: Da müssten Sie in Brüssel nachfragen, weil einzig und allein die EU-Kommission das Initiativrecht hat, hier tätig zu werden, da es sich um eine Ausrüstungsvorschrift handelt. Das kann man nicht national lösen. Das muss man auf internationaler Ebene - beziehungsweise in diesem Fall auf europäischer Ebene - lösen. Es bleibt abzuwarten, wie die Europäische Kommission mit Studien, die sie selber in Auftrag gegeben hat, umgeht, ob sie diese Vorschläge aufnimmt und entsprechende Maßnahmen ergreift. Das muss man zunächst einmal abwarten.

Aus unserer Sicht sind bei einer möglichen verpflichtenden Einführung solcher Geräte vor allen Dingen datenschutzrechtliche und technische Fragen und Fragen der Kosten zu klären. All das könnte man aber erst dann machen, wenn die EU-Kommission initiativ wird.

Zusatzfrage: Einen zeitlichen Rahmen kann man also gar nicht benennen?

Strater: Nein.

Frage: Gibt es auf deutscher Seite irgendwelche Vorbereitungen? Sind Sie für den Fall einer solchen Empfehlung oder eines solchen Beschlusses aus Brüssel gerüstet?

Strater: Dazu müsste es den Beschluss erst einmal geben. Es gibt ihn noch nicht. Wir warten ihn ab. Grundsätzlich betrachten wir alles, was mit dem Thema Verkehrssicherheit und Fahrzeugtechnik zu tun hat, immer wieder, natürlich auch auf Arbeitsebene. Aber hier bleibt eine konkrete Initiative der EU-Kommission abzuwarten.

Zusatzfrage: Hat denn das Verkehrsministerium dazu eine eigene Meinung? Ist man dafür oder dagegen? Oder würde man das für sinnvoll halten?

Strater: Grundsätzlich sind solche Unfalldatenspeicher - es gibt verschiedene technische Systeme, und man muss sehen, was diese aufzeichnen und welche Aussagen sie über Unfalldaten treffen können - ein Instrument, um der Polizei Hinweise bei der Aufklärung von Unfallursachen zu geben. Das wiederum führt dazu, dass man Erkenntnisse bekommt, wie man Verkehrssicherheit verbessern kann.

Noch einmal: Bevor man solche Geräte verbindlich einbaut, sind die technischen Fragen, die Kostenfragen und vor allen Dingen die datenschutzrechtlichen Fragen - Wer hat Zugriff auf diesen Daten? Welche Daten werden erhoben? - zu klären. Das muss man alles vorab klären. Das müsste man in einem entsprechenden Prozess, der begleitend zu solch einer Initiative vonstattengehen würde, alles prüfen.

Zusatzfrage: Was würde eine solche Blackbox für den Verbraucher kosten? Gibt es da Vorstellungen?

Strater: Ich kann im Moment nicht sagen, was solche Geräte kosten. Soweit ich weiß, werden heutzutage solche Geräte von Fahrzeugherstellern schon freiwillig in Fahrzeuge eingebaut. Was das kostet, kann ich Ihnen nicht sagen.

Frage: Herr Strater, der Minister ist ja jemand, der mehr auf Freiwilligkeit setzt. Würde er eine freiwillige Lösung begrüßen, dass also niemand verpflichtet ist, sondern das nach eigenem Gusto entscheiden kann? Soll es, wenn Brüssel sich einmal entschieden hat - und mit dem Petitionsausschuss des Bundestages hat sich auch der Bundestag geäußert -, nach Vorstellungen des Verkehrsministeriums eine freiwillige Lösung oder eine bindende Lösung geben?

Strater: Freiwilligkeit ist heute schon möglich. Sie können, wie ich gerade gesagt habe, heute schon solche Geräte auf freiwilliger Basis in Fahrzeuge einbauen. Die Frage von Verbindlichkeit müsste man sich genau anschauen, wenn ein solcher Vorschlag kommt. Noch haben wir ihn nicht. Dieser bleibt abzuwarten.

Frage: Eine kurze Frage an Herrn Westhoff - mit der Bitte um Entschuldigung, falls das schon geklärt ist -: Kommen die Rentengesetze am Mittwoch ins Kabinett?

Westhoff: Der aktuelle Stand ist, dass wir am Mittwoch mit der Beitragssatzsenkung ins Kabinett gehen - es war ja vor zwei Wochen Thema, dass das aus technischen Gründen noch einmal auseinandergezogen wird. Wir werden jetzt am Mittwoch die technischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass das Gesetzgebungsverfahren starten kann. Das hat den Grund, dass so ein Gesetzgebungsverfahren einen gewissen Vorlauf braucht und man auch gewisse Fristen einhalten muss. Das muss zum Jahresende im Gesetz stehen, deshalb geht es jetzt am Mittwoch schon einmal um die technischen Voraussetzungen für die Beitragssatzsenkungen - verbunden mit dem festen politischen Willen der Arbeitsministerin, das Thema Zuschussrente und Bekämpfung von Altersarmut bis Ende Oktober in der Koalition entschieden zu haben.

Zusatzfrage: Die Zuschussrente kommt dieses Jahr also nicht mehr?

Westhoff: Ich habe gerade gesagt, was mit der Zuschussrente passiert. Es gibt das gesamte Vorhaben des Rentenpakets; da ist die Zuschussrente dabei, aber auch noch ein paar andere Punkte, wie Sie wissen. Das soll nun auf höchster Ebene in der Koalition konstruktiv und nach dem festen Willen der Ministerin auch positiv im Koalitionsausschuss diskutiert werden. Es ist zwar nicht meine Aufgabe oder unsere Aufgabe, das dort auf die Tagesordnung zu setzen, aber die Ministerin hat sich eben auf die Fahnen geschrieben, dieses Thema in der Koalition auf höchster Ebene zu entscheiden.

Frage: Herr Westhoff, das verstehe ich nicht ganz. Was kommt am Mittwoch ins Kabinett - Eckwerte, ein Gesetzentwurf oder die Umsetzung an sich der Regelung, dass der Beitrag zu senken ist, wenn eine bestimmte Höhe der Schwankungsreverse erreicht ist? Was konkret kommt am Mittwoch ins Kabinett?

Westhoff: Sie finden auf unserer Internetseite den Teil, der am Mittwoch aus technischen Gründen vorab ausgelagert ins Kabinett kommt - als Teil eines Gesamtgesetzentwurfes, in dem auch das Rentenpaket enthalten ist.

Zusatzfrage: Was gehört zu diesem Paket?

Westhoff: Es ist ein Gesetz, mit dem die Beitragssatzsenkung vorbereitet wird. Es ist das Gesetz, das ausführt, was passiert beziehungsweise wie hoch die Beitragssatzsenkung im Einzelnen ausfällt, wenn im November die Daten vorliegen und die Nachhaltigkeitsrücklage dann nach den Vorausberechnungen im kommenden Jahr eine bestimmte Höhe erreicht. Das ist es, was das Gesetz festlegt.

Zusatzfrage: Steht das Wort "Zuschussrente" in diesem Paket, das am Mittwoch im Kabinett ist?

Westhoff: Nein, das steht in diesem Gesetz nicht drin, weil es die Zuschussrente selbst nicht behandelt. Da steht vielmehr drin, was mit den Beiträgen zu passieren hat. Die Zuschussrente ist sozusagen integraler Bestandteil einer politischen Verknüpfung, die die Ministerin bekanntermaßen aufgestellt hat.

Frage: Nur noch einmal zur Sicherheit: Das ist also ein Gesetzestext, in dem Lücken sind, und da werden im November die Zahlen eingesetzt?

Westhoff: Genau. Es ist sozusagen ein Gerüst, eine Hülle, die noch der Füllung mit Inhalt bedarf.

Frage: An das Justizministerium: Wieso hat die Bundesjustizministerin den bayerischen Ministerpräsidenten aufgefordert, gegenüber Herrn Dobrindt ein Machtwort zu sprechen?

Zimmermann: Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat sich - ich denke, Sie spielen auf eine Meldung an - als FDP-Landesvorsitzende geäußert. Sie wissen sicherlich, dass es auch eine FDP-Parteipressestelle (in Bayern) gibt, die Ihre Fragen gerne beantwortet. Ich gebe Ihnen auch gerne die Kontaktdaten von Herrn Dietrich, der dafür zuständig ist.

Zusatzfrage: Ich wollte nur wissen - insofern danke ich -, ob sie die Sorge vorgetragen hat, dass Herr Dobrindt populistisch quatscht - um Ihre Ministerin zu zitieren -, als Regierungsmitglied vorgetragen hat oder ob sie das lediglich als Parteipolitikerin gemacht hat.

Zimmermann: Wie ich sagte, hat sie sich als FDP-Landesvorsitzende geäußert.

Zusatzfrage: Genau, also nicht als Regierungsmitglied?

Zimmermann: Richtig.

Frage: Noch eine Frage zu einem Medienbericht: Es heißt, dass der Troika-Bericht zu Griechenland später kommen soll, nämlich erst im Oktober. Meine Frage an Herrn Seibert: Stimmt das? Wenn ja, welche Konsequenzen hätte das?

StS Seibert: Grundsätzlich kann Ihnen natürlich nicht die Bundesregierung sagen, wann der Troika-Bericht kommt; das können vielmehr die drei Institutionen, die in der Troika vertreten sind. Anfang August sind die Mitarbeiter der Troika aus Athen abgereist. Sie werden Anfang September zu politischen Gesprächen zurückkehren. Es ist ein ziemlich umfangreicher und auch komplizierter Prozess, einen solchen Bericht zu erstellen. Dafür gibt es keine vorgeschriebene Zeitdauer. Deswegen kann ich Ihnen sicherlich auch nicht sagen, wann der Prozess abgeschlossen sein wird.

Zusatzfrage: Sie haben also keine Erkenntnisse, dass der Bericht später kommen wird?

StS Seibert: Ich habe, ehrlich gesagt, überhaupt keine Erkenntnisse, wann der Bericht fertig sein wird. Ich habe nur Erkenntnisse, wann die politischen Gespräche der Troika mit der griechischen Regierung wieder beginnen, nämlich Anfang September.

Frage: Ist der Europäische Rat im Oktober ein Termin, zu dem dieser Bericht schon geliefert sein sollte?

StS Seibert: Ich glaube, ich sollte jetzt als Sprecher der Bundesregierung der Troika keine Fristen setzen. Wir wissen, dass die eine sehr umfangreiche, detailreiche Arbeit zu leisten haben. Das tun sie mit aller Gründlichkeit, die notwendig ist; denn wir wissen auch, dass von diesem Bericht durchaus wichtige Entscheidungen abhängen.

Frage: Frau Kothé, hat das Bundesfinanzministerium Erkenntnisse darüber, wann den griechischen Euro-Partnern das Geld ausgeht, bis wann also spätestens eine Entscheidung getroffen sein muss?

Kothé: Sie versuchen jetzt, das von hinten aufzuziehen. Bei uns gibt es dazu auch nichts Neues. Auch wir gehen davon aus, dass die notwendigen Entscheidungen bald zu treffen sind. Wir haben im Augenblick aber keine neuen Zeitpläne beziehungsweise keine neuen Daten zu vermelden.

Frage: Eine Frage zu "Pussy Riot" und der aktuellen Entwicklung: Wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung? Wie verhält sich das BMI zu der aufgekommenen Forderung, den beiden geflüchteten Mitgliedern der Band humanitäre Aufnahme zu gewähren?

Spauschus: Dem BMI liegen keine Informationen über den aktuellen Aufenthaltsort der Mitglieder der russischen Punk-Band "Pussy Riot" vor. Es kann deshalb von uns aus auch nicht bestätigt werden, dass zwei Mitglieder der Band Russland verlassen hätten. Darüber liegen schlicht und ergreifend keine Erkenntnisse vor. Ebenso liegen hier auch keine Informationen vor, dass diese zwei Bandmitglieder den Wunsch zu einer Aufnahme in Deutschland geäußert hätten oder gar einen entsprechenden Antrag gestellt hätten. Von daher sind das jetzt rein hypothetische Fragen, zu denen ich von hier aus auch nicht Stellung nehmen kann.


(*) Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Das ARD-Sommerinterview mit Bundeskanzlerin Merkel im Wortlaut (Mitschrift) finden Sie unter:
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/08/2012-08-26-ard-sommerinterview.html?nn=391778

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 27. August 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/08/2012-08-27-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. August 2012