Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

PRESSEKONFERENZ/532: Regierungspressekonferenz vom 28. Dezember 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 28. Dezember 2012
Regierungspressekonferenz vom 28. Dezember 2012

Themen: Termin der Bundeskanzlerin (Empfang von Sternsingern aus 27 deutschen Bistümern), Inkrafttreten des Fiskalvertrags, Klage von Hinterbliebenen der Opfer eines Luftangriffs in Kundus im Jahr 2009 vor dem Landgericht Bonn, Positionspapier von Bundesminister Rösler, Haushalt 2014, Familienpflegezeit, Einrichtung eines nationalen Waffenregisters in Deutschland, drohendes "fiscal cliff" in den USA, Vorschlag der SPD zur Vermeidung von Steuerhinterziehung in der Schweiz, Vorschlag der Bundesdrogenbeauftragten zur Übernahme der Kosten von Medikamenten gegen das Rauchen durch die Krankenkassen, Honorar des Bundesfinanzministeriums an die Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, angeblich geplante Beschaffung israelischer Drohnen für den Einsatz in Deutschland, Lage in Syrien

Sprecher: SRS Streiter, Paris (BMVg), Blankenheim (BMF), Mehwald (BMVBS), Wiegemann (BMWi), Steegmans (BMFSFJ), Spauschus (BMI), Schäfer (AA), Ewald (BMG)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS Streiter: Es gibt in der kommenden Woche einen öffentlichen Termin der Bundeskanzlerin. Der wird heute in einer Woche, am Freitag, 4. Januar, um 11 Uhr stattfinden. Dann wird die Bundeskanzlerin im Bundeskanzleramt rund 200 Mädchen und Jungen empfangen, Sternsinger aus 27 deutschen Bistümern. Das ist traditionell jedes Jahr der Fall, so auch am nächsten Freitag um 11 Uhr im ersten Obergeschoss des Kanzleramtes.

Dann wollte ich noch darauf hinweisen, dass am 1. Januar der Fiskalvertrag in Kraft treten kann, nachdem Finnland am 21. Dezember die Ratifizierungsurkunde hinterlegt hat. Das ist eine gute Nachricht. Dieser Fiskalvertrag geht ja maßgeblich auf eine deutsche Initiative zurück. Er verstärkt das rechtliche und wirtschaftliche Fundament der Wirtschafts- und Währungsunion, er verpflichtet die Eurostaaten zur Einführung nationaler Schuldenbremsen, wie wir sie in Deutschland ja bereits haben, und er verbessert das Defizitverfahren des Stabilitäts- und Wachstumspaktes weiter. Der Fiskalvertrag soll die Eurostaaten dauerhaft auf Konsolidierungskurs halten und damit einen wichtigen Beitrag dazu leisten, eine der wesentlichen Ursachen der gegenwärtigen Krise an der Wurzel zu packen sowie Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die Eurozone als Stabilitätsunion wiederzugewinnen. Er ist ein wesentlicher Baustein der umfassenden Krisenbewältigungsstrategie der Bundesregierung, zu der außerdem fortgesetzte Reformanstrengungen der Mitgliedstaaten und - als Gegenstück zu dieser Verantwortung - gemeinsam geübte Solidarität mit klaren Bedingungen und Auflagen durch den europäischen Stabilitätsmechanismus ESM gehören, wenn es darum geht, Gefahren für die Eurozone insgesamt wirksam abzuwenden.

Das Inkrafttreten des Fiskalvertrags ist ein wichtiges Element der positiven Bilanz des abgelaufenen Jahres, was die Fortschritte bei der Bewältigung der Krise im Euroraum angeht. Weitere müssen jedoch folgen. In den kommenden Monaten wird es deshalb vor allem darum gehen, im Euroraum zu einer engeren und verbindlicheren wirtschaftspolitischen Koordinierung zu kommen, um die Wettbewerbsfähigkeit als Grundlage für dauerhaftes Wachstum und Beschäftigung in den Mitgliedstaaten und das Funktionieren einer Währungsunion insgesamt weiter zu stärken. Auch dafür wird sich die Bundesregierung mit allem Nachdruck einsetzen. Denn es geht darum, das europäische Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell auf eine nachhaltige Grundlage zu stellen und zum Wohle der Menschen gerade auch in Deutschland auf Dauer zu bewahren.

Frage: Herr Paris, seit gestern liegen dem Landgericht Bonn weitere Klagen von Hinterbliebenen des Luftangriffes in Kundus im Jahr 2009 vor. Ich würde gerne wissen, welche Position das Bundesverteidigungsministerium zu dieser Klage hat, wie Sie die Erfolgsaussichten einschätzen, was Sie zur Höhe der geforderten Entschädigung sagen und, wenn Sie es aus dem Kopf wissen, wie viele von den Familien oder Hinterbliebenen eigentlich die im Sommer 2010 zugestandenen 3.600 Euro Entschädigung in Anspruch genommen haben.

Paris: Letzteres, kann ich Ihnen aus dem Kopf nicht beantworten. Das liefere ich aber gerne nach.

Ich habe auch den Zeitungen, Agenturen und Nachrichten entnommen, dass eine entsprechende Klage bei dem Gericht eingereicht wurde. Meines Wissens ist diese Klage noch nicht zugestellt. Dementsprechend kann ich mich überhaupt nicht dazu einlassen, weil ich keine Kenntnis darüber habe, was in der Klageschrift beziehungsweise der Klagebegründung steht; es tut mir leid.

Zusatzfrage: Können Sie denn grundsätzlich sagen, wie Sie die Erfolgsaussichten für weitere Klagen in irgendeiner Weise einschätzen und ob diese Sache aus Ihrer Sicht rechtlich und politisch abgeschlossen ist?

Paris: Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich mich auf keinen Fall zu einer Klage äußern werde, die ich noch nicht einmal kenne. Das wäre recht unziemlich. Es ist nun einmal so, dass das Klagerecht in Deutschland besteht, und jetzt werden wir, wenn wir diese Klage zugestellt bekommen, prüfen, wie damit umzugehen sein wird, und auch entsprechend darauf erwidern.

Aus unserer Sicht - Sie hatten das ja in der Frage, die ich Ihnen heute nicht en détail beantworten kann, angesprochen - ist das, was rund um die Ereignisse in Kundus herum passiert ist, sowohl politisch als auch rechtlich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgeschlossen worden.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Streiter, an das Finanzministerium und an das Verkehrsministerium zu dem Vorstoß von Herrn Rösler hinsichtlich der Veräußerung von Staatsbeteiligungen.

Herr Streiter, ist denn damit zu rechnen, dass die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode diesen Expertenrat einsetzen wird, der auch im Koalitionsvertrag vorgesehen ist und der sich mit dieser Frage beschäftigen soll?

An das Finanzministerium: Hat man einmal überprüft - angeblich hat man es ja -, wie viel sich durch eine Veräußerung von Staatsbeteiligungen des Bundes zum Beispiel an Einmal-Effekten erlösen ließe?

An das Verkehrsministeriums: Das würde ja, wenn ich es richtig verstanden habe, theoretisch auch die Beteiligung des Bundes an der Bahn umfassen. Was denkt Herr Ramsauer denn darüber?

SRS Streiter: Ich möchte nur einmal etwas zur Einordnung dieser Passage in dem Positionspapier sagen: Es sind 62 von 1.800 Wörtern, die sich mit dem Thema Privatisierung beschäftigen. Das ist also einer von ganz vielen Aspekten.

Zuruf: Ja, aber es steht ja trotzdem drin!

SRS Streiter: Ja, aber ich sage das nur, weil das sozusagen immer als einzige Nachricht aus diesem fünfseitigen Papier verkündet wird.

Die Möglichkeit der Privatisierung staatlicher Unternehmen wird also ständig überprüft und nach Möglichkeit immer wieder verwirklicht. Der Bund ist ja auch dazu verpflichtet, sein Beteiligungsgesetz regelmäßig zu überprüfen. Die Bundesregierung hat das auch gerade gemacht, und Bundesminister Schäuble hat am 12. Dezember dem Kabinett darüber berichtet. Er hat darüber berichtet, dass es trotz schwieriger Marktumstände gelungen ist, deutliche Fortschritte bei der Privatisierung zu erzielen. Die Bundesregierung hat so im September zum Beispiel über die KfW 60 Millionen Aktien der Deutschen Post AG veräußert und gerade auch die TLG, dieses ostdeutsche Immobilienunternehmen, verkauft. Diesen Weg wird die Bundesregierung fortsetzen, soweit es wirtschaftlich sinnvoll ist. Manchmal ist das auch eine Frage dessen, ob der Zeitpunkt gerade ein günstiger ist. Wenn die Kurse gerade im Keller sind, ergibt es keinen großen Sinn, Staatsbesitz zu verkaufen. Der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesfinanzminister befinden sich darüber in ständigem Dialog.

Zusatzfrage: Das beantwortet jetzt allerdings nicht die Frage, ob diese Expertenrat noch in dieser Legislaturperiode kommen wird. Oder wissen Sie das nicht?

SRS Streiter: Richtig, sonst hätte ich es beantwortet.

Blankenheim: Herr Streiter hat ja schon darauf hingewiesen, dass das Bundesministerium der Finanzen am 12. Dezember das Bundeskabinett über die Verringerung der Beteiligungen des Bundes unterrichtet hat. Grundsätzlicher Hintergrund ist, dass die Bundesregierung und insbesondere das Bundesministerium der Finanzen regelmäßig die Beteiligungspolitik und den Beteiligungsbesitz des Bundes prüfen muss und damit Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung erfüllt; der Minister hat heute auch in dem Interview mit der "Bild"-Zeitung darauf hingewiesen.

Zu Ihrer Frage nach möglichen Privatisierungserlösen: Wir können keine einzelnen Voraussagen treffen. Dies ist auch nicht pauschal bezifferbar. Letztendlich handelt es sich dabei immer um sehr umfänglich und sorgfältig zu betrachtende Fragen. Insofern kann man sich zu Bewertungsfragen nicht äußern.

Mehwald: Dieses Papier ist uns nicht bekannt, und daher werden wir es auch nicht kommentieren.

Wiegemann: Dazu würde ich auch gerne noch einen Satz sagen. Wir sind mit Herrn Schäuble einer Meinung, dass bereits etwas passiert ist. Aber die Frage der Privatisierung ist eine Daueraufgabe, und es muss fortlaufend geprüft werden, was wann privatisiert werden kann. Deshalb ist der Minister dafür, diese Fragen durch eine Expertenkommission fortlaufend zu prüfen, wie es eben auch im Koalitionsvertrag steht. Herr Rösler ist der Ansicht, dass der Prozess der Privatisierung forciert angegangen werden muss. Es geht nicht darum, von heute auf morgen alles zu verkaufen. Aus Sicht des Ministers ist es aber wichtig, dass sich die Expertenkommission fortlaufend mit dem Thema beschäftigt. Es geht nämlich gerade darum, die Möglichkeiten zum richtigen Zeitpunkt zu nutzen. Für die Konsolidierung des Haushaltes sind natürlich strukturelle Reformen nötig. Aber die Privatisierung von Staatseigentum kann dennoch ein wichtiges Signal sein, gerade auch im europäischen Kontext. Denn an dem, was wir von unseren europäischen Partnern und Nachbarn verlangen, müssen wir uns ja nun auch selbst messen lassen.

Das Papier ist insgesamt ein ordnungspolitisches Grundsatzpapier, ein Kompass des Ministers für die Ausgestaltung unserer sozialen Marktwirtschaft. Sie wissen ja: Die wirtschaftliche Entwicklung kühlt sich aufgrund der weltwirtschaftlichen Lage derzeit etwas ab. In Deutschland hat das zur Folge, dass aktuell ein geringeres Wachstum zu erwarten ist. Vor diesem Hintergrund hat der Minister Positionen beschrieben, mit denen wir für Wachstum und Stabilität und damit auch für die Sicherung von Arbeitsplätzen sorgen. Das Papier beschreibt eine Grundrichtung, nämlich "Privat vor Staat". Der Staat soll sich eben nicht in alles einmischen. Das ist im Ergebnis die sozialste Politik. Genau das definiert Herr Rösler in diesem Grundsatzpapier, bezogen auf ganz viele unterschiedliche Bereiche.

Zusatzfrage: Wenn der Minister sagt, die Wirtschaft kühle sich gerade ab, heißt das dann im Umkehrschluss auch, dass die Umstände für eine Privatisierung jetzt im Moment günstig wären, oder was bedeutet das im Umkehrschluss?

Wiegemann: Herr Rösler fordert die Einsetzung einer Expertenkommission, die fortlaufend prüft, inwiefern die Möglichkeiten für Privatisierungen gegeben sind, damit man dann im richtigen Augenblick Privatisierungen vornehmen kann. Es geht nicht darum, jetzt so schnell wie möglich alles zu verkaufen - das hat er nicht gefordert -, sondern es geht darum, mit dieser Expertenkommission die Möglichkeiten, die es gibt, zum richtigen Zeitpunkt nutzen zu können.

Frage: Bis wann müsste diese Expertenkommission aus Sicht des Ministers Rösler denn spätestens eingerichtet sein? Das sollte ja vielleicht noch in dieser Legislaturperiode geschehen. Er drängt auch darauf, dass das schnellstmöglich passieren solle. Bis wann müsste das also passieren?

Hat Herr Rösler bei der Unterrichtung am 12. Dezember die Ergebnisse des Vortrags des Finanzministeriums begrüßt? War das jetzt in Ordnung, oder hat er unmittelbaren Handlungsbedarf gesehen?

Wiegemann: Wie ich schon sagte, ist das Thema Privatisierung als Daueraufgabe zu verstehen, und es geht nicht um Zeitgrenzen im Sinne von Legislaturperioden. Es geht darum, diese Expertenkommission einzusetzen, um Privatisierungen eben zum richtigen Zeitpunkt umsetzen zu können. Das hat der Minister gefordert. Wie ich eben schon sagte, sind wir auch mit Herrn Schäuble einer Meinung, dass bereits etwas passiert ist. Aber diese Daueraufgabe muss man im Auge behalten und eben durch diese Expertenkommission sicherstellen, dass zum richtigen Zeitpunkt Privatisierungen vorgenommen werden, wie wir es auch von unseren europäischen Partnern verlangen.

Zusatzfrage: Bis wann wird die eingerichtet?

Wiegemann: Ich kann Ihnen, wie gesagt, kein genaues Datum nennen. Es geht darum, dass man diese Expertenkommission jetzt einrichtet. Ich kann Ihnen keinen Tag und keine Uhrzeit nennen. Dazu laufen Gespräche innerhalb der Bundesregierung.

Frage: Wenn der Minister etwas fordert, dann muss es ja auch einen Adressaten für seine Forderung geben. Deshalb stelle ich die Frage an Herrn Blankenheim: Warum sperrt sich Herr Schäuble denn dagegen, die im Koalitionsvertrag versprochene Expertenkommission einzusetzen?

Blankenheim: Ich kann Ihnen jetzt zu dieser Expertenkommission gar nichts sagen. Die Information liegt mir schlichtweg nicht vor. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir das aufgrund der Vorgaben des Haushaltsrechts und der Bundeshaushaltsordnung ohnehin regelmäßig überprüfen. Insbesondere gibt es auch die Maßgabe, dass vor dem Hintergrund der Frage, ob weiterhin ein wichtiges Bundesinteresse an einer Beteiligung besteht, Veräußerungen zu erfolgen haben; das ergibt sich aus § 65 der Bundeshaushaltsordnung. Grundsätzlich ist zu sagen, dass, sofern die Situation des jeweiligen Unternehmens oder das Marktumfeld es zulassen, der Kapitalmarkt für eine Privatisierung aufnahmebereit ist und es auch ansonsten wirtschaftlich sinnvoll ist, Privatisierungen vorgenommen werden.

Zusatzfrage: Frau Wiegemann, ist es denn so gewesen, dass Herr Rösler Herrn Schäuble direkt angesprochen oder angeschrieben hat und von ihm gefordert hat, dass man diese Expertenkommission nun einrichtet, wenn Sie davon sprechen, dass darüber innerhalb der Bundesregierung gesprochen wird?

Wiegemann: Der Minister ist, wie gesagt, hinsichtlich all dieser Themen, die in diesem Positionspapier beschrieben werden - das mittlerweile, glaube ich, auch schon auf unserer Webseite steht -, innerhalb der Bundesregierung im Gespräch. Weite Teile des Papiers sind ja auch bereits Gegenstand der Debatte in der Koalition gewesen. Zum Beispiel ist das Thema des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns debattiert worden. All diese Themen sind Gegenstand der Gespräche des Ministers innerhalb der Bundesregierung.

Frage: Frau Wiegemann, wenn uns Frau Mehwald hier etwas eisig erklärt, sie kenne das Papier nicht - auf Deutsch: es sei dem Ministerium nie offiziell zugestellt worden -, Sie aber sagen, man sei darüber im Gespräch, dann frage ich mich, warum denn der Minister - er hat es ja wohl als Minister gesagt, so schön, wie Sie es hier verteidigen - die beteiligten Ressorts nicht direkt in die Erarbeitung dieses Papiers eingebunden hat und warum es ihnen nicht einmal zugestellt worden ist.

Wiegemann: Das ist doch ein Positionspapier unseres Ministers. Darin erklärt er eben, was Kompass seiner ordnungspolitischen Auffassung ist. Das ist der Kompass unseres Ministers für die Ausgestaltung unserer sozialen Marktwirtschaft. Natürlich sollte bei allen Maßnahmen, die vonseiten der Bundesregierung ergriffen werden, aus Sicht des Ministers die Linie, an der wir uns orientieren, "Privat vor Staat" lauten. Das legt er in seinem Papier nieder.

Was die einzelnen Themen angeht: Darüber ist der Minister innerhalb der Bundesregierung im Gespräch. Dass möglicherweise das Papier, in dem viele Positionen zusammengefasst werden, der Kollegin als Papier nicht vorgelegen hat, ändert doch nichts daran, dass der Minister die Themen, die darin zusammengestellt worden sind, innerhalb der Bundesregierung mit seinen Kollegen bespricht.

Frage: Herr Streiter, ist es denn nun Ansicht der Bundeskanzlerin, dass es vorrangig ist, noch in dieser Legislaturperiode eine Expertenkommission dazu einzusetzen oder nicht?

SRS Streiter: Das war eine geschickte Frage. Wir kennen dieses Papier ja erst seit einem Tag, und die Position zur Privatisierung habe ich dargestellt. Da gibt es auch gar keinen Dissens. Hier wird, glaube ich, auch ein wenig künstlich ein Dissens herbei diskutiert, den es gar nicht gibt. Privatisierungen wollen alle, und wenn der Bundesminister für Wirtschaft ein Positionspapier dazu hat, wie er sich das vorstellt, dann ist das sein gutes Recht und sogar seine Pflicht. Es gibt keinen Dissens.

Zusatz: Aber das heißt ja im Prinzip auch, dass die Kanzlerin dafür nicht unbedingt eine Expertenkommission für notwendig hält, weil das ja ohnehin passiert.

SRS Streiter: Nein, das heißt es gar nicht. Das stand für die Bundeskanzlerin vielleicht nicht gerade im Zentrum ihrer Gedanken, weil sie im Urlaub ist und weil sie vielleicht auch gerade mit Europa beschäftigt war. Sie ist ja für alles zuständig, während der Bundesminister für Wirtschaft eben für Wirtschaft zuständig ist und sich jetzt dazu geäußert hat, wo seine Schwerpunkte liegen. Das ist doch völlig normal. Das macht jeder Minister.

Frage: Frau Wiegemann, wenn Herr Rösler der Meinung ist, dass dieser Expertenrat so schnell wie möglich zusammentreten sollte, dann hat er sicherlich Leute im Kopf, die dort hinein gehören, beziehungsweise möglicherweise schon Kandidaten angesprochen. Wie ist denn da die Lage?

Wiegemann: Dazu liegen mir jetzt keine Namen vor.

Zusatzfrage: Wer gehört denn aus Sicht des Ministers dort hinein? Ich meine jetzt keine Personen, aber sollen Juristen oder Vorstände in diese Kommission? Wer soll seiner Meinung nach in diese Kommission? Welcher Sachverstand ist da gefragt?

Wiegemann: Wer jetzt exakt Mitglied dieser Kommission zu sein hat, kann ich Ihnen leider wirklich nicht sagen. Uns geht es eben darum, dass eine solche Expertenkommission eingerichtet wird, die sich um diese Themen als fortlaufende Daueraufgabe kümmert.

Frage: Im Zusammenhang mit Sparplänen oder möglichen Sparplänen habe ich eine Frage an das Bundesfinanzministerium. Das "Handelsblatt" berichtet, dass es Überlegungen gibt, im Jahr 2014 Einsparungen im einstelligen Milliardenbereich zu erzielen. Können Sie das bestätigen?

Blankenheim: Ich kann nur bestätigen, dass wir gerade die Eckwerte für den Haushaltsentwurf 2014 und die Finanzplanung 2014 bis 2017 vorbereiten. Ziel ist bekanntermaßen ein strukturell ausgeglichener Haushalt für das Jahr 2014, und die ersten Gespräche dazu wird es in Kürze auf Staatssekretärsebene geben.

Frage: Ich habe eine Frage an das Familienministerium. Dabei geht es um die Pflegezeit. Später habe ich noch eine Frage an das Innenministerium. Herr Steegmans, die Pflegezeit, die ja vor einem Jahr als freiwillige Möglichkeit eingerichtet wurde, wird offensichtlich so gut wie gar nicht in Anspruch genommen. War das also ein Misserfolg?

Steegmans: Wir warnen ausdrücklich davor, falsche Rückschlüsse zu ziehen. Es gibt keinerlei Statistik, die über die Familienpflegezeit vorläge, denn es gibt überhaupt keine statistische Meldepflicht für Personen und Arbeitnehmer, die Familienpflegezeit in Anspruch nehmen. Was es gibt, sind Zahlen dazu, inwiefern das Bundesfamilienamt in Köln um Hilfestellung bei der Inanspruchnahme zinsloser KfW-Kredite und Gruppenversicherungen für Ausfallrisiken gebeten wurde. Das sind auch die Zahlen, die heute in der "Süddeutschen Zeitung" verarbeitet worden sind.

Wir rufen ausdrücklich dazu auf, die Familienpflegezeit in Anspruch zu nehmen, denn die Familienpflegezeit bedeutet auf jeden Fall eine Verbesserung im Vergleich zum vorherigen Zustand, im Rahmen dessen man nur die Möglichkeit hatte, sechs Monate lang eine Auszeit zugunsten der Pflege von Angehörigen bei komplettem Gehaltsverzicht zu nehmen. Insofern ist die Familienpflegezeit, die jetzt gerade ein Jahr in Kraft ist, auf jeden Fall eine Verbesserung.

Wir glauben auch, dass eine Veränderung, wie sie mit der Familienpflegezeit in Kraft getreten ist, Unterstützung braucht, beispielsweise seitens der Betriebsräte und der Gewerkschaften in Tarifverhandlungen. Wenn wir uns vor Augen führen, dass die Altersteilzeit 1997 eingeführt wurde, ganz ähnlich konstruiert war - auch ohne Rechtsanspruch - und auch darauf setzte, dass die Betriebsräte und Gewerkschaften das in den Tarifverhandlungen zum Gegenstand von Tarifverträgen machen, und wenn wir dann sehen, dass zehn Jahre nach dem Inkrafttreten der Altersteilzeit 100.000 Personen davon Gebrauch gemacht haben, dann, glaube ich, lohnt es sich, bei der Familienpflegezeit einen langen Atem zu haben.

Zusatzfrage: Offenbar wird die Pflegezeit in vielen Firmen in Eigenregie gemacht, also ohne weitere Hilfe in Anspruch zu nehmen. Weist das nicht darauf hin, dass man gar keine gesetzlichen oder staatlichen Regelungen braucht?

Steegmans: Die staatliche Regelung ermöglicht es gerade Firmen, die nicht die Möglichkeit haben, das aufgrund ihrer Größe in kompletter Eigenregie zu bewerkstelligen, beispielsweise zinslose KfW-Kredite in Anspruch zu nehmen. Das ist durch das Familienpflegezeitgesetz geregelt. Viele Firmen, die Angst haben, dass sie ihre Arbeitnehmer nicht lange genug halten können, um später in der Ausgleichsphase dann auch tatsächlich die Lohnvorschüsse wieder zurückzubekommen, haben durch das Familienpflegezeitgesetz die Möglichkeit, eine Ausfallversicherung gewährleistet zu haben. Das heißt also, wir schaffen mit dem Familienpflegezeitgesetz einen Rahmen, innerhalb dessen sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber, die Angst haben, das aus eigener Kraft und ohne Gesetz nicht sauber und vor allem ökonomisch belastbar stemmen zu können, verbesserte Bedingungen haben.

Frage: Herr Steegmans, die BDA widerspricht ausdrücklich Ihrer Einschätzung, dass man nur einen ein wenig längeren Atem haben muss. Die sagt, das werde auch in den nächsten Jahren nicht angenommen werden, gerade auch mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen, weil, wie sie sagt, das zu kompliziert sei und es nicht den Rahmenbedingungen genüge. Das sei zu unflexibel. Gerade kleine und mittlere Unternehmen könnten dieses Gesetz also überhaupt nicht anwenden. Muss da nachgebessert werden?

Steegmans: Ich glaube, die BDA ersetzt an dieser Stelle durch Heftigkeit, was ihr an Wahrheit fehlt. Dieses Gesetz ist ausgesprochen unkompliziert. Dieses Gesetz ist serviceorientiert, was sich beispielsweise darin niederschlägt, dass das Bundesfamilienamt in Köln gerade für die kleineren und kleinsten Betriebe ausdrücklich praktische Hilfe leistet. Dieses Gesetz spart Unternehmen Kosten, indem die Vorschüsse zinslos via KfW-Kredit refinanziert werden können. Wir können die Kritik der BDA komplett nicht nachvollziehen, weil die BDA einerseits sagt, das Gesetz sei zu kompliziert, und andererseits sagt, man brauche es nicht. Beides kann ja nicht sein. Entweder wird das Gesetz aufgrund seiner Regelungen benötigt, weil es Firmen gibt, die ohne dieses Gesetz die Familienpflegezeit nicht anbieten würden, oder es gibt so viel Bereitschaft in den Arbeitgeberverbänden und bei den Arbeitgebern, dass schon betriebsinternen alles geregelt wird.

Wer betriebsinternen bereits alles regeln will, der muss nicht auf das Gesetz zurückgreifen. Es gibt jenseits des Familienpflegezeitgesetzes viele Freiräume für die Arbeitgeber, ihre eigene Familienpflegezeit betriebsintern zu regeln. Aber dieses Gesetz setzt Standards für die Firmen, die eben nicht über die Größe verfügen, eine eigene betriebsinterne Regelung und vor allen Dingen auch eine eigene betriebsinterne Finanzierung auf die Beine zu stellen. Insofern können wir die Kritik der BDA in keinerlei Hinsicht nachvollziehen und weisen sie auch ausdrücklich zurück. Die BDA ist aber als Tarifpartner auch in der Verantwortung, dazu beizutragen, dass die Familienpflegezeit in dieser oder in einer anderen Form zum Standard unter deutschen Arbeitgebern wird.

Frage: Herr Steegmans, haben Sie denn schon einen Zeitpunkt im Blick, an dem Sie eigene Zahlen vorstellen können, damit nicht solche Wasserstandmeldungen durch den Äther geistern? Würden Sie dann auch die privaten Unternehmen und Firmen, die das in Eigenregie machen, abfragen?

Steegmans: Da würde, glaube ich, das Ergebnis den Aufwand nicht rechtfertigen, weil das wirklich hieße, dass man alle Firmen und alle Arbeitgeber in Deutschland anschreibt. Es gibt, wie gesagt, ausdrücklich keine Statistikpflicht, keine Meldepflicht zur Familienpflegezeit. Insofern gibt es keine unbürokratische Möglichkeit, an dieser Stelle zum jetzigen oder einem späteren Zeitpunkt den Erfolg der Familienpflegezeit zu evaluieren. Wir haben ja gerade gehört, dass die BDA ausdrücklich keine Statistik- und Meldepflichten möchte. Insofern sind wir dabei, glaube ich, auf einem richtigen Weg.

Frage: Herr Steegmans, Ihre Ministerin hatte vor gut einem Jahr, als das Gesetz eingeführt werden sollte, gesagt, dass sie mit rund 44.000 Arbeitnehmern pro Jahr rechne, die diese Möglichkeit in Anspruch nehmen würden. Wie kommt sie denn auf diese Zahl, wenn Sie sagen, es würde gar keine Statistik geführt? Die wird ja nicht aus der Luft gegriffen sein.

Steegmans: Wenn ich mich recht entsinne, dann haben wir darüber gesprochen, wie viele das aufgrund ihrer persönlichen Lage in Anspruch nehmen können, nicht darüber, wie viele das in Anspruch nehmen werden. Das war damals eine Vorausberechnung. Wir haben geschaut, wie viele Arbeitnehmer es gibt, die zu pflegende Angehörige haben, und dann hat man Erfahrungswerte dazu zur Hand genommen, auf wie viele das von den Parametern her zutreffen könnte. Das waren aber hypothetische Annahmen und war keine Vorhersage.

Zusatzfrage: Wenn Sie schon keine Statistik führen, gibt es denn eine grobe Einschätzung, wie viele Unternehmen das anbieten? Ist das also ist die zehnfache oder die zwanzigfache Zahl? Gibt es da irgendeine Mutmaßung?

Steegmans: Bei der Erstvorstellung der Modalitäten am Jahresanfang 2012 hatten wir einen Termin im Ministerium, von dem ich mich zu erinnern meine, dass damals schon im ersten Schub um die 300.000 Arbeitnehmer in Deutschland anspruchsberechtigt waren, weil die Betriebe zugesagt hatten: "Wir machen das."

Aber ein Follow-Up haben wir danach nicht mehr erhalten, weil sich natürlich nicht Betriebe zuverlässig bei uns melden und sagen: "Wir machen das jetzt auch." Insofern kann man nur vorsichtig schätzen. Es sind aber auf jeden Fall Hunderttausende Arbeitnehmer, die diese Familienpflegezeit nehmen können.

Ich denke, dass Sie mir hier gerade eine kostenfreie Werbezeit beschweren. Dafür danke ich Ihnen ausdrücklich.

Paris (zur Klage von Hinterbliebenen der Opfer eines Luftangriffs in Kundus):, Sie hatten gefragt, welche Gelder gezahlt worden sind. Es ist insgesamt 90 Mal ein Betrag von 5.000 Dollar an betroffene Familien ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gezahlt worden. Diese Familien wurden durch eine afghanische Menschenrechtskommission benannt. Auch die Höhe des Betrages, also die jeweils 5.000 Dollar, wurden von dieser afghanischen Menschenrechtskommission als Empfehlung mit Blick auf die landestypische Höhe des Betrages gezahlt. Dieses Geld wurde auf ein eigens eingerichtetes Konto in Afghanistan eingezahlt. Das Konto gehört sozusagen diesen Familien. Die Nutzung dieser Mittel wird jetzt, weil es in der Verfügungsgewalt der Familien besteht, weder nachvollzogen noch überwacht.

Frage: Ich habe noch eine zusätzliche Frage: Es ist ja schon eine Klage des gleichen Anwalts anhängig. Diese ist noch nicht entschieden. Können Sie etwas zum Sachstand sagen?

Paris: Ich bin Mitarbeiter eines Bundesministeriums und nicht bei einem Gericht tätig. Dementsprechend ist es mir verwehrt, Ihnen da höhere Einsichten geben zu können. Ich kann das nicht bewerten, weil ich kein Richter bin.

Zusatzfrage: Ich wollte nicht, dass Sie das bewerten, ich wollte nur fragen: Ist das - -

Paris: Ich kann auch keine Sachstände nennen. Jeder macht seins: Die Gerichte machen ihres, und im Sinne der Gewaltenteilung macht dann die Exekutive das, was sie kann.

Frage: Herr Spauschus, ich habe drei Fragen zum nationalen Waffenregister - das wird ja jetzt am 1. Januar eingerichtet -: Was ist eigentlich der Sinn dieses Registers, bei dem es ja ausschließlich um die Registrierung legaler Waffen geht?

Die zweite Frage: Ist es denn tatsächlich schon ab 1. Januar arbeitsfähig, weil es ja wohl in vielen Erfassungsbehörden einen großen Personalmangel gibt?

Die dritte Frage: Es gibt ja auch Waffenfreunde, die sagen, dieses Gesetzes würde Waffenbesitzer grundsätzlich unter einen Generalverdacht stellen, sie wären eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung und das wäre viel zu weitgehend. Was antworten Sie diesen Freunden der Waffen?

Spauschus: Vielleicht einmal etwas außerhalb der Reihenfolge: Das nationale Waffenregister wird in der Tat planmäßig zum 1. Januar seinen Betrieb aufnehmen. Mittlerweile haben alle Waffenbehörden in den Ländern und Kommunen ihre relevanten Datenbestände an das Register übermittelt.

Das Register leistet einen sehr konkreten Beitrag zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit, zum Beispiel durch vereinfachte, komplexe und eben auch meist deutschlandweite Recherchen. Durch das Waffenregister wird die Polizei bundesweit nachprüfen können, wer welche Waffe legal besitzt.

Darüber hinaus hat das Ganze den Nebeneffekt, dass erstmals mit Hilfe des nationalen Waffenregisters verlässliche Angaben zur Zahl der legal in Privatbesitz befindlichen Waffen in Deutschland gegeben werden können. Ich kann sie Ihnen gern nennen: Die Zahl beläuft sich nach einer ersten Auswertung auf rund 5,5 Millionen legale Waffen in Deutschland. Die Zahl der Waffenbesitzer liegt bei rund 1,4 Millionen. Das heißt, jeder Waffenbesitzer - wenn man jetzt einen Durchschnitt bilden wollte - hat im Schnitt rund vier Waffen.

Den einen Punkt kann ich nicht nachvollziehen. Es ist in der Tat so, dass die Behörden diese Daten übermittelt haben. Von daher sind mir die entsprechenden Beschwerden aus den Kommunen auch nicht bekannt.

Welche Frage hatten Sie noch gestellt?

Zusatzfrage: Manche Waffenbesitzer sagen: Das geht zu weit. Man wird unter Generalverdacht gestellt. Das Gesetz schießt über jeden Rahmen hinaus.

Spauschus: Die Gefahr sehe ich nicht. Sie haben ja möglicherweise die Diskussion verfolgt, die es jetzt in Amerika gab. Da wurde durch eine regionale Zeitung eine Art Waffenpranger gebildet. Etwas Vergleichbares ist hier in Deutschland nicht geplant. Etwas Vergleichbares bedürfte auch einer gesetzlichen Grundlage. Entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen sind nicht geplant.

Es ist ja so, dass neben den sehr strengen Zugangsvoraussetzungen für legalen Waffenbesitz in Deutschland auch die Vorschriften zur Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition dazu beitragen, dass unberechtigte Dritte oder auch Familienangehörige keinen Zugriff auf diese Schusswaffen haben.

Wie gesagt: Es besteht kein Bedürfnis oder es ist nicht Sinn des Ganzen, jetzt Leute an den Pranger zu stellen, sondern es geht schlicht und ergreifend darum, einen Überblick zu haben und bei Bedarf deutschlandweite Abfragen durchführen zu können.

Zusatzfrage: Habe ich das richtig verstanden: Sind die Daten bereits ab 1. Januar verfügbar?

Spauschus: Sie werden ab 1. Januar verfügbar sein.

Zusatzfrage: Also es sind jetzt alle Waffen registriert, und die Polizei kann jederzeit nachfragen?

Spauschus: Genau, im Rahmen des föderalen Systems. Es gibt eine zentrale Plattform, die vom Bundesverwaltungsamt verwaltet wird und weiterhin die dezentrale Struktur in den einzelnen - insgesamt 550 - Waffenbehörden.

Frage: Ich habe eine Frage zur USA und dem "fiscal cliff": Wie bewertet die Bundesregierung den momentanen Sachverhalt, dass es möglicherweise zu keiner Einigung zwischen den Demokraten und den Republikanern kommen könnte? Was würde das für Deutschland bedeuten?

Schäfer: Wir sind zuversichtlich, dass die Vereinigten Staaten von Amerika diese wie auch viele andere innenpolitischen Schwierigkeiten in der Vergangenheit vernünftig meistern werden. Es liegt auf der Hand, dass die Vereinigten Staaten eine langfristige Lösung für den Abbau ihrer Schulden und die Konsolidierung des Haushalts brauchen, ohne dass dabei die Binnenkonjunktur in den Vereinigten Staaten und die Weltkonjunktur über Gebühr belastet werden. Wir können von hier aus nicht wissen, welchen Kompromiss es geben wird. Wir gehen aber davon aus, dass es den Zuständigen in den Vereinigten Staaten gelingen wird, eine vernünftige Lösung zu finden.

Zusatzfrage: Ich habe eine Zusatzfrage an das Wirtschaftsministerium: Glauben Sie, dass es Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben könnte, falls sie sich nicht einigen?

Wiegemann: Das ist eine "Was-wäre-wenn-Frage". Wie gesagt: Wir gehen davon aus, dass sie dieses "cliff" umschiffen. Deshalb stellt sich die Frage momentan nicht.

Frage: Ich hätte gern eine Stellungnahme zu einem Vorschlag der SPD, Schweizer Banken mit dem Lizenzentzug zu drohen, falls sie deutschen Steuerhinterziehern in ihrem Heimatland entgegenkommen. Ich hätte gern vom Finanzministerium oder von der Bundesregierung gewusst: Wird das als eine geeignete Methode eingeschätzt, Steuerhinterziehung in die Schweiz hinein zu verhindern?

SRS Streiter: Ich kann dazu nur sagen: Was die Bundesregierung sich vorgenommen hat, um Steuerhinterziehung in die Schweiz zu verhindern, das liegt auf der Hand, nämlich das Steuerabkommen mit der Schweiz, das derzeit blockiert wird.

Zusatzfrage: Nun schlagen die SPD-Politiker das ja nicht vor, weil sie da keine Vorbilder haben. Die USA sind mit der Schweiz ähnlich vorgegangen. Wird das grundsätzlich abgelehnt, mit einem Banklizenzentzug zu drohen? Oder ist das doch eine Möglichkeit, um in Deutschland eine Steuerehrlichkeit herzustellen?

SRS Streiter: Ich habe das nicht zu kommentieren. Der Vorschlag der Bundesregierung, in Deutschland Steuerehrlichkeit herzustellen, liegt vor.

Zusatzfrage: Hat das Finanzministerium dazu eine Meinung?

Blankenheim: Bekanntermaßen ist Steuerhinterziehung ein Straftatbestand, und er wird von den zuständigen Behörden verfolgt. Der jetzt hier diskutierte Vorschlag liegt uns nicht vor. Wir kennen ihn im Einzelnen nicht. Insofern können wir ihn auch nicht bewerten.

Frage: Ich habe eine Frage an das Gesundheitsministerium zum Vorschlag der Bundesdrogenbeauftragten, dass die Krankenkassen die Kosten für Medikamente gegen das Rauchen bezahlen sollten. Die Frage ist, wie das Ministerium dazu steht.

Ewald: Zunächst einmal muss ich Ihnen den Hinweis geben, dass Frau Dyckmans das im Rahmen eines Interviews in ihrer Eigenschaft als Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung geäußert hat.

Grundsätzlich ist es so, dass die Präparate im Rahmen der Raucherentwöhnung - also Pflaster, Sprays und was es da noch so gibt - seitens der Krankenkassen nicht erstattungsfähig sind. Das ist auch so gesetzlich im SGB V vorgesehen. Wenn man das ändern wollte, dann müsste man eine gesetzliche Anpassung vornehmen. Uns liegt gegenwärtig kein Vorschlag der Drogenbeauftragten vor, da eine gesetzliche Anpassung vorzunehmen.

Im Übrigen ist es so - das kann ich Ihnen noch als Hinweis geben -, dass der Erwerb solcher Präparate, wenn man sie selber bezahlt, immer noch günstiger ist als der Kauf von Zigaretten, wenn man denn eine Entwöhnung anstrebt.

Wenn man das machen wollte, dann müsste man die Regelung in § 34 SGB V entsprechend ändern. Bisher liegt uns dazu kein Vorschlag vor. - Das ist das, was ich Ihnen für das Ministerium dazu sagen kann.

Zusatzfrage: Aber grundsätzlich hat sie ja in dem Interview diesen Vorschlag gemacht.

Ewald: Ich mache es noch einmal deutlich: Den Vorschlag hat sie im Rahmen ihrer Eigenschaft als Drogenbeauftragte gemacht. Ich bin der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, und uns liegt dazu kein Vorschlag vor.

Zusatzfrage: Okay. Halten Sie es denn für sinnvoll oder für nicht sinnvoll?

Ewald: Ich hatte Ihnen eben eine Einordnung gegeben. Der Gesetzgeber hat das aus guten Gründen aus der Erstattungsfähigkeit ausgeschlossen. Ich hatte Ihnen auch noch einmal den Hinweis gegeben, dass grundsätzlich, wenn Menschen sich das Rauchen abgewöhnen wollen, sich im Hinblick dessen, was denn günstiger ist, die Frage stellt, ob es nicht bezahlbar ist, wenn man das selber auf den Weg bringt.

Also, wie gesagt: Das ist ein Vorschlag, der von Frau Dyckmans so heute im Rahmen eines Interviews geäußert worden ist. Ich bin Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums. Ich habe gegenwärtig keine aktuellen Hinweise, dass dazu ein konkreter Vorschlag im Hinblick auf eine gesetzliche Anpassung gemacht worden ist.

Frage: Ich muss noch einmal Herrn Blankenheim bemühen. Das Bundesfinanzministerium hat mitgeteilt, dass an die Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer in den Jahren 2005 bis 2009, der Amtszeit des damaligen Ministers Steinbrück, 1,8 Millionen Euro und einige Zerquetschte gezahlt worden sind. Herr Blankenheim, ist das die übliche Höhe von solchen Anwaltsvergütungen im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren? War das ein Ausreißer nach oben oder nach unten? Kann man da etwas sagen?

Blankenheim: Diese Entscheidung ist vor dem Hintergrund der damaligen Ereignisse in der Finanzkrise so getroffen worden. Einzelheiten sind mir nicht bekannt. Ich kann das letztendlich auch nicht beurteilen. Ich gehe aber davon aus, dass es sich um ein marktgerechtes Honorar handelt.

Auch die Einordnung, die Sie jetzt von mir erbitten, kann ich schlecht vornehmen. Denn ich kann definitiv ausschließen, dass derzeit eine Mandatierung von Anwaltskanzleien bei Gesetzgebungsvorhaben stattfindet.

Zusatzfrage: Derzeit. Und lässt sich für diese Zeit etwas sagen? Also man wird ja eine Aufstellung haben. Es muss ja im Haushalt des Ministeriums festgelegt sein, wie viel für solche Mandatierungen ausgegeben worden ist. Können Sie das vielleicht nachliefern? Es geht darum, einen Eindruck zu bekommen. Wenn Sie sagen könnten "Im Jahr 2005 sind insgesamt nicht nur 1,8 Millionen Euro, sondern ein gegriffener Betrag für Beratungstätigkeiten ausgegeben worden, im Jahr 2006 waren es vielleicht so und so viel, und heute ist es null", dann würde das ja auch etwas aussagen.

Blankenheim: Mir liegen jetzt keine Zahlen vor. Das BMF beauftragt jetzt, wie gesagt, außerhalb der Gesetzgebung externe Berater in unterschiedlichen Sachzusammenhängen, beispielsweise im Bereich Prozessvertretung, Unternehmensberatung, aber auch IT-Forschung. So eine Aufstellung liegt mir jetzt nicht vor. Ich müsste einmal prüfen, ob man das in irgendeiner Form veröffentlichen kann.

Vorsitzender Mayntz: Ich denke, der Bundeshaushalt ist prinzipiell öffentlich. Dann wäre das ein netter Zug von Ihnen, wenn Sie uns heute noch mit diesen Zahlen versorgen könnten.

Frage: Eine Frage an das Bundesinnenministerium: Die "Welt" berichtet heute, dass die Beschaffung israelischer Drohnen geplant ist. Können Sie das bestätigen? Können Sie schildern, wozu sie eingesetzt werden sollen?

Spauschus: Da muss ich leider passen. Dazu liegen mir keine Informationen vor.

Zusatzfrage: Dann wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich da schlau machen und etwas nachliefern würden. Hier wird berichtet, dass Minister Friedrich in naher Zukunft den Inlandseinsatz von Drohnen plant und dazu diese israelischen Geräte beschafft werden sollen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das nachreichen könnten.

Spauschus: Ich mache mich gern kundig.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Schäfer vom Auswärtigen Amt: In der Sache Syrien hat es ja heute Bewegung von Moskauer Seite gegeben, nämlich eine Aufforderung an die syrische Seite, in ein Gespräch mit der Opposition einzutreten. Ist das eine neue Qualität, die Sie dort auf der Seite Moskaus erkennen?

Gleich anschließend dazu die Frage: Wie schätzen Sie als Auswärtiges Amt die derzeitige Lage des Assad-Regimes ein? Wir hatten ja vor Weihnachten im Interview mit dem Verteidigungsminister Äußerungen, dass das noch instabiler und schwächer wird. Wir hören seit einigen Tagen eigentlich kaum noch etwas aus der Region, zumindest in den Agenturen nicht.

Schäfer: Es gibt durchaus Anzeichen dafür, dass der Erosionsprozess des Regimes von Präsident Assad sich fortsetzt - um nicht zu sagen: sich beschleunigt - und sich das Regime gewissermaßen von innen aushöhlt. Die Absatzbewegungen, die wir in den letzten Tagen gesehen haben, sind ja keine Einzelfälle. Es gibt eine lange Kette von hohen Funktionären dieses Regimes, die in militärischen, polizeilichen oder sonstigen Funktionen sind, die jetzt die Seiten wechseln.

Es lässt sich ja durchaus die Analyse anstellen, dass die jüngsten Bemühungen des Assad-Regimes - etwa nach Moskau zu reisen, um dort Gespräche über eine mögliche Übergangslösung zu führen - Ausdruck des Gefühls in Damaskus sind, dass langsam Anlass zum Handeln besteht, weil die militärische Lage sich in einer bestimmten Weise darstellt.

Für uns ist klar, dass wir die Vermittlungsbemühungen des Sonderbeauftragten Brahimi nach Kräften unterstützen. Er hat in den letzten, ich glaube, fünf Tagen sehr intensive Gespräche in Syrien geführt, u. a. mit dem syrischen Präsidenten. Er ist - so wie die Agenturen das vermelden - für morgen auf dem Weg nach Moskau und wird dort weitere Gespräche führen.

Die Bundesregierung unterstützt selbstverständlich alles, was dazu führt, dass das Blutvergießen in Syrien endlich ein Ende hat. Da sind bereits viel zu viele Menschen ums Leben gekommen. Wenn jetzt eine neue Chance für eine politische Lösung bestehen sollte, etwa durch die Einsetzung einer von allen Seiten akzeptierten Übergangsregierung, dann wäre das aus unserer Sicht ein entscheidender Schritt vorwärts. Ich kann Ihnen allerdings keine konkreten Informationen, die mir vorliegen, liefern, die uns großen Anlass zur Hoffnung in der Sache gäben. Denn die in der Vergangenheit, auch in den letzten Monaten, immer wieder entscheidende Frage, an der auch Entscheidungen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gescheitert sind, nämlich die Zukunft von Präsident Assad, ist aus unserer Sicht weiter ungeklärt.

Frage: Herr Schäfer, liegen Ihnen Erkenntnisse vor, dass möglicherweise von Assad oder aus dem engsten Umfeld von Herrn Assad schon nach Exillösungen im Ausland gesucht worden ist?

Schäfer: Ich kenne die Meldungen, die - wenn ich es richtig sehe - aus türkischen Medien stammen und inzwischen auch in deutschen Medien wiedergegeben werden. Uns liegen dazu keine eigenen Erkenntnisse vor.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 28. Dezember 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/12/2012-12-28-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-0
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2012