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PRESSEKONFERENZ/568: Regierungspressekonferenz vom 6. März 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 6. März 2013
Regierungspressekonferenz vom 6. März 2013

Themen: Besuch der Bundeskanzlerin in zwei Unternehmen im Vogtland und im Kreis Zwickau, Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde, Armuts- und Reichtumsbericht), Diskussion um die Einführung eines Familiensplittings, Beihilfeverfahren der Europäischen Kommission wegen der deutschen Netzentgeltbefreiung, "Stuttgart 21", Beratungshonorare für die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung, Visaerleichterungen für Inhaber russischer Dienstpässe, Jahresbezüge oberster Ärztefunktionäre

Sprecher: SRS Streiter, Kotthaus (BMF), Steegmans (BMFSFJ), Schlienkamp (BMWi), Stamer (BMU), Strater (BMVBS), Schäfer (AA), Teschke (BMI), Ewald (BMG)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS Streiter: Ich wollte Sie auf einen etwas kurzfristigen Termin hinweisen, und wer daran interessiert ist, müsste sich bis morgen anmelden: Die Bundeskanzlerin wird am Montag, dem 11. März, von 10.45 Uhr bis 13.30 Uhr zwei Unternehmen im Vogtland und im Kreis Zwickau besuchen. Bei der Firma Galvanotechnik Baum GmbH in Heinsdorfergrund wird sie anlässlich eines dreifachen Unternehmensjubiläums und der dortigen Betriebserweiterung eine Rede halten. Den Schwerpunkt des Besuchs bei der Firma Continental in Limbach-Oberfrohna legt die Bundeskanzlerin auf einen Werksrundgang und verschiedene Gespräche mit Standortverantwortlichen und Beschäftigten. Wer daran interessiert ist, darüber zu berichten, der muss sich bis morgen um 16 Uhr bei diesen Firmen anmelden. Die Kontaktdaten sind gerne bei mir erhältlich. Das erspare ich den Kollegen jetzt, da es, glaube ich, nicht alle sind, die sich dort akkreditieren wollen.

Zum Kabinett: Die Bundesregierung hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde beschlossen. Der Gesetzentwurf ist ein weiterer Schritt auf dem Weg, die Selbstbestimmung betroffener Bürgerinnen und Bürger angemessen zu stärken. Ziel ist es, der steigenden Zahl von rechtlichen Betreuungen durch die Stärkung des Erforderlichkeitsgrundsatzes in der praktischen Anwendung zu begegnen. Das bedeutet im Kern: Die Bestellung eines rechtlichen Betreuers soll nur erfolgen, wenn dies auch wirklich erforderlich ist. Der Gesetzentwurf orientiert sich eng an den Empfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe zum Betreuungsrecht. Er trägt zudem auch der Kritik an der wachsenden Zahl rechtlicher Betreuungen angemessen Rechnung. Es standen Ende 2011 1,3 Millionen Menschen unter Betreuung. - Das war der eine Tagesordnungspunkt im Kabinett.

Der andere Tagesordnungspunkt war der Armuts- und Reichtumsbericht, den das Bundeskabinett heute zur Kenntnis genommen hat. Soweit ich informiert bin, haben Sie gerade sehr viele Informationen darüber erhalten. Wenn gewünscht, sage ich Ihnen gerne noch einmal, was beschlossen wurde, aber ich glaube, Sie wurden sehr umfassend informiert. Das erspare ich Ihnen also.

Frage: Herr Streiter, es hat in den Medien eine Reihe von Äußerungen von Kabinettsmitgliedern zum Thema Ehegatten- beziehungsweise Familiensplitting gegeben.

Mich würde zum einen interessieren, wenn ich Stimmen von Ministerinnen und Ministern höre, ob es inzwischen eine Position der Bundesregierung zum Umbau des Ehegatten- in ein Familiensplitting gibt.

Zweitens würde mich interessieren, vielleicht von Herrn Kotthaus: Gibt es vonseiten des Finanzministers irgendwelche Vorgaben oder Eckpunkte - zum Beispiel hinsichtlich der Aufkommensneutralität und im Vergleich mit der bisherigen Regelung -, die schon fest gezogen wurden?

Die dritte Frage geht auch an das Finanzministerium. Ich habe einmal irgendwo gelesen, dass in Ihrem Hause schon Modelle für die Einführung eines Familiensplittings erörtert und geprüft werden. Wie weit ist man bei dieser Prüfung gekommen? Über was für Zeithorizonte für einen solchen Umbau sprechen wir eigentlich?

SRS Streiter: Dafür ist es noch ein bisschen zu früh. Ich würde es so ausdrücken, dass die Bundesregierung dabei ist, eine Meinung herauszubilden. Im Moment äußern sich die jeweiligen Ministerinnen und Minister ja individuell und auch jeweils nach Farbe ihrer (politischen) Herkunft. Das wird sorgfältig erörtert werden, denn jeder muss sich ja auch darüber klar sein, dass sich ein Familiensplitting natürlich noch einmal auf einem ganz anderen Kostenniveau abspielt.

Kotthaus: Der Minister hat sich ja am Sonntag im "Tagesspiegel" bereits zu dem Thema geäußert. Es hat sich seitdem erstaunlicherweise nicht viel Neues ergeben. Er hat gesagt, dass er dagegen ist, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Er hat gesagt, dass er schon immer ein Anhänger des Familiensplittings gewesen ist, dass wir dafür in der nächsten Legislaturperiode einen Weg finden müssen und dass wir jetzt darüber diskutieren sollten und müssen, wie dieser Weg aussehen sollte. Gegenüber dem Sonntag hat sich da kein neuer Sachstand ergeben.

Zu Ihrer Frage, ob bei uns Modelle berechnet werden: Wir heißen zwar Bundesfinanzministerium und nicht Bundesrechenministerium, aber faktisch ist es so, dass wir rechnen und immer Modelle für alle möglichen Konstellationen erarbeiten. Diese Frage kam ja auch schon in anderen Zusammenhängen auf; das ist nichts Neues.

Auch hinsichtlich der Frage, wie es hierbei jetzt weitergeht, gibt es eine Diskussion. Der Minister hat sich dazu, wie ich Ihnen gerade vorgetragen habe, am Sonntag dementsprechend positioniert.

Zusatzfrage: Ich wollte noch einmal fragen, ob es vonseiten des Finanzministeriums Vorgaben gibt. Herr Streiter sprach ja das Finanzvolumen an, das infrage steht. Gibt es eine Eingrenzung in der Art, dass das nicht mehr als das kosten darf, was bisher das Ehegattensplitting kostet?

Zum Zeitplan: Gibt es denn ein Zieldatum, bis zu dem diese Diskussion innerhalb der Regierung abgeschlossen sein sollte?

Kotthaus: Zu Letzerem: Ich kann Ihnen kein Datum nennen.

Zu Ersterem: Natürlich müssen sich alle Politiken immer an der Gesamtfrage der sehr konsequenten Konsolidierung und des konsequenten Abbaus der Neuverschuldung orientieren. Sie kennen auch das Ziel für 2014, die strukturelle Null zu erreichen. Aber noch einmal: Wir befinden uns an einem frühen Punkt des Diskussionsprozesses, und der Minister selbst hat die Frage nach dem Familiensplitting konkret eher in die nächste Legislaturperiode verortet.

Frage: Meine Frage geht in diesem Zusammenhang auch an das Bundesrechenministerium. Ich wüsste gerne, weil derzeit eine hochrangige Arbeitsgruppe neben dem Familiensplitting auch einen Kompromiss in der Rentenfrage erarbeitet - Stichwort Mütterrente -, wie viel Geld dafür nach jetzigem Stand in Ihrem Haus zur Verfügung steht.

Kotthaus: Auch dazu hatte sich der Minister am Wochenende im "Tagesspiegel" geäußert. Er hat gesagt - wie immer -, dass die Möglichkeiten begrenzt sind, er aber davon ausgeht, dass wir erste Schritte noch in dieser Legislaturperiode werden machen können. Herr Wonka, konkrete Zahlen kann ich Ihnen hier und heute nicht liefern.

Zusatzfrage. Heißt das, es steht Geld zur Verfügung, der Minister verrät es nur nicht? Oder steht - Stand jetzt - kein Geld zur Verfügung, wenn aber ein politischer Kompromiss von hochrangigen Koalitionspolitikern gefunden wird, dann wird man schon etwas finden? Wie kann ich die Mitteilung von Herrn Schäuble, die ich schon gelesen, aber in der ich keine Zahlen gefunden habe, interpretieren?

Kotthaus: Wie gesagt: Die Zahlen kann ich Ihnen heute auch nicht liefern. Die Gesamtsachlage bei den Haushaltsfragen kennen Sie genauso gut wie ich, wahrscheinlich sogar noch besser. Der Minister hat die Bedeutung dieses Projekts betont. Er hat auch betont, dass man da erste Schritte gehen möchte. Aber konkreter kann ich hier und jetzt dazu nicht werden.

Zusatzfrage: Gibt es dafür Geld oder nicht?

Kotthaus: Es gibt den Willen, erste Schritte zu gehen. Wie diese dann aussehen werden, müssen wir schauen.

Frage: Herr Kotthaus, da Sie nun schon mehrfach auf dieses "Tagesspiegel"-Interview Bezug genommen haben, möchte auch ich noch etwas dazu fragen. Herr Schäuble hat sich darin relativ klar zu dem Thema Homo-Ehe geäußert und gesagt, wenn die CDU eine Volkspartei bleiben wolle, müsse sie da flexibler werden. Hält er an dieser Meinung fest, oder hat er sich am Montag von der Parteivorsitzenden und dem Präsidium überzeugen lassen, und sieht er das jetzt anders?

Kotthaus: Wenn Sie sich das Interview durchlesen, dann werden Sie feststellen, dass er sich konkret zu einzelnen Fragen nicht geäußert hat, sondern er hat gesagt: Grundsätzlich gilt für viele Themen das, was Sie gerade zitiert haben. - Ich erkenne nicht, dass es hinsichtlich der grundsätzlichen Aussage, wie eine Volkspartei aufgestellt sein muss, irgendwelche Abstriche gibt. Aber Sie müssen das Interview auch so lesen, wie es geführt worden ist.

Zusatzfrage: Bleibt er bei der Meinung, dass man bei der steuerlichen Anerkennung der Homo-Ehe Veränderungen herbeiführen müsse - so habe ich das nämlich ziemlich klar in Erinnerung; ich habe aber gerade nicht vorliegen, dass er sich so geäußert hat -, oder vertritt er diese Meinung nicht mehr?

Kotthaus: Wenn Sie gequält werden wollen, kann ich Ihnen das gesamte Interview gerne vorlesen. Dann werden Sie feststellen, dass er das so, wie Sie es gerade gesagt haben, nicht gesagt hat. Vielmehr hat er einfach festgestellt, dass man Debatten führen muss nach dem Motto: Wenn wir alles bewahren wollen, müssen wir auch alles verändern wollen. Dieser Grundsatz ist sicherlich weiterhin voll gültig.

Frage: Die Frage war nach der Homo-Ehe. Wenn Sie die Antwort auch noch vorlesen, dann macht das schon Sinn, nämlich dass er mit Blick auf die Homo-Ehe so geantwortet hat.

Kotthaus: Dazu hat er gesagt: Wir müssen Debatten führen. - Er hat auch noch gesagt - ich kann das alles gerne vorlesen, wenn Sie möchten -: "Dass wir uns diese Debatten nicht leicht machen und nicht auf die leichte Schulter nehmen, ist doch richtig. Als Volkspartei ringen wir mit solchen Fragen und können nicht einfach alles aufgeben. Das ist auch gut so. Andersherum würde die Partei auch nichts taugen."

Vorher hat er gesagt: "Wenn viele Menschen das heute anders sehen, muss man nachdenken." Dazu ist jetzt vielleicht Zeit. Dem gibt es nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Kotthaus, könnten Sie einmal eine Hausnummer nennen, was das Familiensplitting kosten würde, wenn man es einführte?

Kotthaus: Das kann ich nicht, weil man beim Familiensplitting so unendlich viele Stellschrauben ansetzen und so viele Unterpunkte setzen könnte, dass man da sehr großzügig an seiner eigenen Kreativität arbeiten und sich viele Zahlen ausdenken könnte.

Das ist eine Frage, die jetzt entwickelt werden muss. Sie wird jetzt diskutiert. Ich gehe davon aus, dass diese Frage in den nächsten Monaten offensiv weitergeführt wird. Wie gesagt: Der Punkt, an dem man dann zu einer Entscheidung kommen würde, wäre aus der Sicht des Finanzministers die nächste Legislaturperiode.

Noch einmal: Beim Familiensplitting hat man, wie auch bei vielen anderen Steuerfragen, sehr viele Stellschrauben, sodass man da keine Zahlen nennen kann, ohne sich auf ein konkretes Modell festzulegen, und da sind wir im Augenblick sicherlich nicht.

Frage: Herr Kotthaus und Herr Steegmans, seit wann verhandeln Frau Schröder und Herr Schäuble über die konkrete Umgestaltung des Familiensplittings, und mit welchem Finanzrahmen gehen Herr Schäuble und Frau Schröder in diese Verhandlungen? Ich beziehe mich auf eine Äußerung der Ministerin, die von laufenden Gesprächen mit dem Bundesfinanzminister gesprochen hat.

Kotthaus: Trifft das Wort "Gespräche" die Sachlage hier richtig? Die beiden Minister stehen in vielerlei Hinsicht in einem positiven Dialog.

Noch einmal: Wir sind momentan nicht in einem Stadium, dass ich Ihnen da irgendwelche konkreten Zahlen, Volumina und Ähnliches mehr nennen kann. Der Minister hat am Sonntag gesagt - vielleicht kann der Kollege Steegmans noch etwas dazu sagen -: Man will die Diskussion jetzt führen. - Und das passiert.

Zusatzfrage: Die Gespräche finden also erst demnächst statt?

Kotthaus: Die beiden Minister - wie alle Minister dieser Regierung - befinden sich immer in einem steten und guten Dialog, und zwar auch in diesem Zusammenhang. Die Diskussion wird, wie gesagt, jetzt geführt. Aber die Frage, wie ein Familiensplitting dann aussehen könnte, dürfte sich aus unserer Perspektive erst in der nächsten Legislaturperiode stellen.

STEEGMANS: Für meinen Teil: Alles, was die Ministerin in dem heutigen Interview gesagt hat, basiert auf einer soliden Faktengrundlage und ist Wort für Wort so zu verstehen, wie sie es gesagt hat.

Zusatz: Vielen Dank.

Steegmans: Gerne. - Aber es geht auch auf Gespräche zurück, wenn Sie das noch bestätigt haben wollen, auch auf Vieraugengespräche, also nicht irgendwo am Rande, sondern ausdrücklich und mit dem festen Vorsatz, über das Thema zu sprechen, das Sie gerade angesprochen haben.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Schlienkamp. Die Kommission hat wegen der Befreiung von Netzentgelten ein Beihilfeverfahren eingeleitet. Sieht die Bundesregierung aufgrund des Beihilfeverfahrens nun einen Anlass, die Privilegierung der Großnutzer zu beenden?

Schlienkamp: Vielen Dank. Es ist richtig: Die Kommission hat heute öffentlich bekannt gegeben, dass sie ein Beihilfeverfahren einleiten wird. Darin will die Kommission überprüfen, ob die sogenannte Netzentgeltbefreiung eine unzulässige Beihilfe ist. Dazu Folgendes seitens der Bundesregierung:

Erstens. Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet derzeit ohnehin an einer Neuregelung der Netzentgeltbefreiung. Das ist nichts Neues. Das haben wir hier schon mehrfach bekannt gegeben.

Zweitens. Die Bundesregierung hält in diesem Zusammenhang daran fest, dass der Beitrag der energieintensiven Unternehmen, die ja davon profitieren, für ein ausgewogenes Lastenmanagement der Netze Berücksichtigung finden muss.

Aus der Sicht der Bundesregierung liegt in der Netzentgeltbefreiung keine staatliche Beihilfe vor, da die Maßnahme gerade nicht aus staatlichen Mitteln gewährt wird, sondern durch eine Umlage von allen Stromkunden. Aus unserer Sicht liegt auch keine Kontrolle der Mittel durch staatliche Stellen vor. Die Netzentgeltbefreiung, um die es geht, stellt vielmehr eine Gegenleistung für den Beitrag stromintensiver Unternehmen zur Netzstabilität dar.

Das Bundeswirtschaftsministerium prüft jetzt die Auswirkungen der Entscheidung der Kommission auf die bisherigen Bescheide der Bundesnetzagentur, sodass ich hier noch keine Details nennen kann. Wenn uns Erkenntnisse vorliegen, dann werden wir natürlich die Öffentlichkeit entsprechend informieren.

Vielleicht noch einige Bemerkungen zu dem weiteren Verfahren: Die Bundesregierung hat gegenüber der Kommission Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats. Das weitere Verfahren ist noch nicht festgelegt. Das Bundeswirtschaftsministerium wird die Vorwürfe der Kommission jetzt genau prüfen, so wie ich es gerade angekündigt habe.

Die Kommission kann am Ende feststellen, dass eine unzulässige Beihilfe vorliegt, die dann von den begünstigten Unternehmen möglicherweise zurückzufordern wäre. Die Kommission kann am Ende aber auch anders entscheiden. Wie gesagt: Es geht um die Einleitung eines Verfahrens.

Frage: Ganz platt das Umwelt- und das Wirtschaftsministerium gefragt: Tangiert dieser Vorgang in irgendeiner Weise die Vorschläge zur Strompreisbremse, die von den beiden Ministern vorgebracht worden sind? Muss da irgendetwas nachgearbeitet werden?

Schlienkamp: Nein. Es gibt klare Vorschläge der beiden Minister zum Thema Strompreisbremse. Das, was jetzt hier passiert, ist davon abgekoppelt.

Stamer: Ich kann das vielleicht insofern noch ergänzen: Zu den Vorschlägen, die auf dem Tisch liegen und über die die Gespräche zwischen Bund und Ländern laufen, gehört auch, dass die Ausnahmen für die stromintensiven Unternehmen auf den Prüfstand gestellt sind. Diese Überprüfung wird auch weiter vorgenommen werden.

Schlienkamp: Sie wissen ja, dass wir da intensiv über das Thema EEG-Umlage reden.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verkehrsministerium: Herr Strater, gestern hat der Aufsichtsrat grünes Licht für den Weiterbau von "Stuttgart 21" gegeben. Das ist auch der Wille des Bundes, ausdrücklich verbunden mit dem Wunsch an die Bahn, das Gespräch mit der Stadt Stuttgart und dem Land Baden-Württemberg zu suchen. Die Signale von dort klingen erst einmal nicht wirklich positiv. Rechnen Sie noch damit, in Gesprächen zu einer Lösung zu kommen? Wie hoch schätzen Sie gegebenenfalls die Erfolgsaussichten einer Klage der Bahn ein?

Strater: Ich beginne mit der Klage. Vor einer solchen Klage stehen die Gespräche mit den Projektpartnern über die Aufteilung der Mehrkosten. Der Minister hat gestern klargemacht, dass sich die Projektpartner an diesen Mehrkosten beteiligen sollen.

Herr Grube hat gestern auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung klargemacht, dass alle Kosten, die über den bisherigen Finanzrahmen hinausgehen, mit den Projektpartnern besprochen werden. Ich kann jetzt hier keine öffentlichen Äußerungen kommentieren, die aus dem Land oder von der Stadt kommen. Es ist immer gut, wenn man miteinander redet und nicht presseöffentlich übereinander. Insofern müssen diese Gespräche erst noch stattfinden. Die Gespräche bleiben abzuwarten. Wenn sich dann herausstellt, dass man auf diesem Weg nicht weiterkommt, wird der Klageweg beschritten.

Frage: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium: Ich möchte auf das Thema Beratungshonorare im Zusammenhang mit der Bankenrettung kommen. Wie viel von diesen Honoraren landet eigentlich letztendlich beim Steuerzahler?

Kotthaus: To make a long story short: nichts. Also: Innerhalb von vier Jahren sind bei der FMSA Beraterkosten im Wert von etwas weniger als 100 Millionen Euro angefallen. Sie wissen, dass die FMSA diese Kosten weiterreicht. 89 Prozent der Kosten wurden von den Maßnahmenempfängern sowie den Abwicklungsanstalten und etwa 2,4 Prozent vom Restrukturierungsfonds getragen. Der Rest wird durch eine Pauschale abgedeckt, die die Maßnahmenempfänger und Abwicklungsanstalten sowieso zu tragen haben. Gelder aus dem Bundeshaushalt sind also gar nicht geflossen, sondern das wurde in der Form abgearbeitet, wie ich es gerade beschrieben habe.

Vielleicht noch ein weiteres Wort dazu: Die FMSA und die gesamten Anstalten müssen einen deutlich dreistelligen Milliardenbetrag abdecken, der in die verschiedenen Maßnahmen geflossen ist, um den Bankensektor im Zusammenhang mit der Bankenkrise 2008/2009 zu stabilisieren. Der größte Teil dieser 100 Millionen Euro Beraterkosten hat seinen Ursprung in der Zeit des Aufbaus der FMSA, als die gesamten Stabilisierungskosten anfingen.

Wie gesagt: Die 100 Millionen Euro sind in einem Zeitraum von vier Jahren entstanden. Ich nenne diese Summe und diese Zeit nur, um diese auf den ersten Blick durchaus sehr hoch erscheinende Summe etwas in den Kontext zu stellen.

In dem entsprechenden Gesetz über die FMSA gibt es die Vorgabe, dass sie sich gerade externer Berater bedienen darf. Wenn man realistisch einschätzen muss, wie und welche Art von Risiken auf den Bund zukommen, dann muss man eben dementsprechende Beraterleistungen einkaufen. Das ist auch passiert.

Auf Ihre konkrete Frage, wie viel Geld von den 100 Millionen Euro Beraterkosten beim Steuerzahler gelandet ist, kann man ganz klar mit einem "Gar nichts" antworten.

Frage: Ich habe eine Frage an das AA und an das BMI: Es gibt einen Bericht aus Brüssel, wonach Deutschland seinen Widerstand gegen Visaerleichterungen für Inhaber russischer Dienstpässe und damit auch den Widerstand gegen Fortschritte in den Visaverhandlungen mit Russland aufgegeben habe. Können das beide Häuser bestätigen? Grundsätzlich noch die Frage, ob beide Häuser überhaupt das Ziel verfolgen, zu Visaerleichterungen mit Russland zu kommen.

Schäfer: Ich glaube, ich kann guten Gewissens auch im Namen des Kollegen aus dem BMI sprechen, wenn ich Ihnen bestätige, dass es ein Schreiben gegeben hat, das die Minister Friedrich und Westerwelle vor Kurzem an die Kommission gerichtet haben. Gegenstand dieses gemeinsamen Schreibens ist in der Tat die Zusammenarbeit der Europäischen Union - sprich: der Schengen-Staaten - mit Russland. Gegenstand dieses Schreibens ist ein ganz bestimmter Teil von Gesprächen mit der russischen Seite. Es geht darum, dass die Bundesregierung vorschlägt, dass Inhaber russischer sogenannter Dienstpässe in Zukunft in die Europäische Union auch ohne die vorherige Erteilung eines Visums reisen können.

Wir hoffen sehr, dass die Europäische Union, die Kommission diesen Vorschlag aufnimmt und dass auf diese Art und Weise in den Gesprächen über die Visabeziehungen mit Russland weitere Schritte gemacht werden können, die dem gemeinsamen Ziel dienen, vernünftige Lösungen mit der russischen Seite zu erzielen.

Teschke: Ich brauche nichts zu ergänzen; das alles stimmt.

Frage: Ganz platt gefragt: Haben Sie eine Vorstellung davon, wie viele russische Geschäftsleute im Besitz dieser speziellen Dienstpässe sind und künftig keine Visa mehr bräuchten? Ist das eine kleine Zahl? Geben Sie uns zumindest eine Daumenpeilung.

Schäfer: Grundsätzlich ist es so, dass ein Dienstpass kein Einreisedokument eines Geschäftsmanns ist, sondern ein Dienstpass ist ein Reisedokument für einen Regierungsbeamten.

Wie viele Personen in Russland oder anderswo Inhaber solcher Passdokumente sind, vermag ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt beim besten Willen nicht zu sagen. Ich bin sicher, dass die russische Regierung über diese Informationen verfügt. Womöglich liegen diese Informationen auch in Brüssel vor. Mir jedenfalls liegen sie nicht vor.

Frage: Ist ein Dienstpass eigentlich das Gleiche wie ein diplomatischer Reisepass? Welchen Unterschied gibt es da?

Welche Botschaft haben Sie für die Dissidenten in Russland oder für die Leute, die von der Putin-Regierung als Oppositionelle betrachtet werden? Diese werden wahrscheinlich keine solchen Pässe haben.

Schäfer: Zu Ihrer ersten Frage: Ein Dienstpass ist in der Tat kein Diplomatenpass. Diplomatenpässe sind Pässe für Personen, die für Staaten im diplomatischen Auftrag unterwegs sind. Das können Politiker sein, und das können Beamte sein, die in den Außenministerien arbeiten.

Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich mich nur ganz kurz einlassen. Die Beziehungen zu Russland, die die Europäische Union pflegt, die aber auch von Deutschland gepflegt werden, sind umfassend. Sie sind sehr breit angelegt, und sie betreffen selbstverständlich auch den Personenkreis, den Sie angesprochen haben. Die Gespräche, die die Europäische Union im Auftrag der Mitgliedstaaten mit der Russischen Föderation über eine Annäherung und über Erleichterungen im Visabereich führt, kommen letztlich allen in der Europäischen Union und allen in der Russischen Föderation zugute.

Frage: Ich habe noch immer Schwierigkeiten, mir das vorzustellen. Um es einmal ganz konkret zu machen: Hat ein Manager von Gazprom normalerweise auch einen Dienstpass, weil es da um Verbindungen zur russischen Regierung geht, oder hat er keinen Dienstpass?

Schäfer: Diese Frage dürfen Sie nicht mir und auch nicht der Bundesregierung stellen, sondern diese Frage sollten Sie der russischen Regierung und Gazprom stellen. Ich habe gerade leider schon sagen müssen, dass ich nicht in der Lage bin, Ihre erste Frage zu beantworten. Die zweite Frage geht in die gleiche Zielrichtung, allerdings etwas konkreter. Aber auch über Gazprom liegen mir bedauerlicherweise keine hinreichenden Informationen vor.

Frage: Ich habe eine Frage an das Gesundheitsministerium: Man kann jetzt dem "Bundesanzeiger" die aktuellen Jahresbezüge der obersten Ärztefunktionäre entnehmen. Demnach kommt der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf 320.000 Euro. Nachdem es zuvor durchaus auch Kritik Ihres Hauses an dem vorherigen Niveau von 350.000 Euro gegeben hat: Halten Sie dies jetzt für angemessen, oder sehen Sie einen weiteren Lern- und Handlungsbedarf?

Ewald: Sie haben es erwähnt: Etwa vor einem Jahr gab es eine breite Diskussion über das Vorstandsgehalt des Vorsitzenden der KBV. Neben dem aktiven Gehalt haben auch noch andere Komponenten eine Rolle gespielt, nämlich ruhegehaltsfähige Bezüge und Ähnliches. Im Zuge dieser Diskussion haben wir ein aufsichtsrechtliches Beratungsverfahren eingeleitet. Das BMG hat die Rechtsaufsicht über die KBV.

Wir haben eine Änderungsvereinbarung zu dem Vorstandsvertrag genehmigt, die zum 1. Juni in Kraft treten wird. Sie wird im Wesentlichen beinhalten, dass die Jahresvergütung des Vorstandsvorsitzenden - das bildet sich heute in der Berichterstattung schon ab und ist auch im Bundesgesetzblatt abgebildet - auf brutto 320.000 Euro per annum gesenkt wird. Ferner wird klargestellt, dass die Zahlung der Vergütung bei Ausscheiden aus dem Amt mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Ausscheidens endet. Andere Komponenten, die ursprünglich in der Vorlage enthalten waren, bilden sich dort nicht mehr ab.

Insofern sind wir zu dem Schluss gekommen - wir prüfen ja nicht konkret die Höhe, sondern nur, inwieweit das angemessen ist und den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit Rechnung trägt -, dass das entsprechend genehmigungsfähig ist.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 6. März 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/03/2013-03-06-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2013