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PRESSEKONFERENZ/592: Regierungspressekonferenz vom 29. April 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 29. April 2013
Regierungspressekonferenz vom 29. April 2013

Themen: Akkreditierungshinweis für den G8-Gipfel, Telefonat der Bundeskanzlerin mit dem neuen italienischen Ministerpräsidenten, Zeitungsbericht über Historikerkommission im BMJ zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, deutsche Unterstützung einer Friedenstruppe für Mali, Kritik der französischen Regierungspartei an der Bundesregierung, Änderung des Telekommunikationsgesetzes, verdächte Briefsendung an den Bundespräsidenten, Medienbericht über fehlerhafte Krankenhausabrechnungen, strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerrecht, Besuch des Bundesfinanzministers in Spanien, angebliche Nebentätigkeiten deutscher Soldaten am Horn von Afrika, Äußerungen von Staatssekretär Schmidt zur Truppenstärke der Bundeswehr

Sprecher: StS Seibert, Albin (BMJ), Schäfer (AA), Bauch (BMVg), Beyer-Pollok (BMI), Klaus (BMG), Kothé (BMF)



Vors. Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich habe zunächst einen technischen Hinweis, weil es um sehr knappe Akkreditierungsfristen geht. Die britische G8-Präsidentschaft hat gerade das Akkreditierungsverfahren für Journalisten zum G8-Gipfel, der am 17. und 18. Juni in Lough Erne stattfindet, eröffnet. Nichtsdestotrotz endet die Akkreditierungsfrist bereits am 7. Mai. Deswegen wollte ich Sie darauf jetzt hinweisen. Alles läuft über eine Website, nämlich www.g8summitreg.com. Weil Sie das jetzt hier sicherlich nicht mitschreiben wollen, finden Sie das alles auf der CvD-Seite des Bundespresseamtes. Wichtig ist: Die Frist endet am 7. Mai. Darauf wollte ich Sie hingewiesen haben.

Das andere, was ich Ihnen mitteilen wollte, ist, dass die Bundeskanzlerin heute Morgen mit dem neuen italischen Regierungschef Enrico Letta telefoniert, ihm herzlich zur Bildung einer Regierung gratuliert hat und dieser Regierung viel Erfolg wünscht. Sie hat Herrn Letta zu einem baldigen Besuch nach Berlin eingeladen, um bald ausführlicher über alle anstehenden Themen, vor allem natürlich europapolitische Themen, sprechen zu können.

Die Bundeskanzlerin hat bei diesem Telefonat auch ihre Bestürzung über die Schüsse zum Ausdruck gebracht, die am Sonntag vor dem Amtssitz des italienischen Ministerpräsidenten gefallen sind. Sie hat Herrn Letta gebeten, den Verletzten ihre Genesungswünsche auszudrücken.

Frage: Herr Seibert, hat der neue italienische Regierungschef in dem Telefonat deutlich gemacht, in welche Richtung sein Kurs laufen wird? Es gab im Vorfeld Äußerungen, die zumindest haben vermuten lassen, dass der Kurs eher expansiver als auf Haushaltssanierung und Reformen ausgerichtet sein könnte.

StS Seibert: Es war ein Telefonat, das nicht größere programmatische Erörterungen beinhaltet hat, sondern zunächst einmal den herzlichen Glückwunsch der Bundeskanzlerin, den Wunsch, dass die Regierung Erfolg haben möge und die Einladung, dass man bald ausführlicher in Berlin miteinander reden kann. Dann werden all diese Dinge zur Sprache kommen. An einem Termin wird jetzt gearbeitet.

Frage: Herr Seibert, diese Regierung ist wie eine Regierung einer Großen Koalition. Auch Mitglieder der PdL, also der Partei Berlusconis, sind in der Regierung. Denken Sie, dass eine solche Regierung für die Zukunft in Italien glaubwürdig ist und dass die deutsche Regierung gut mit der italienischen Regierung zusammenarbeiten kann?

StS Seibert: Die Bundesregierung hat immer gesagt: Welche Regierung auch immer aus dieser schwierigen Regierungsbildung hervorgehen wird - sie wird die Unterstützung und das Angebot zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit durch die Bundesregierung haben. So ist es auch in diesem Fall.

Albin: Schönen guten Tag! Es gab am Wochenende, konkret gestern, Nachfragen zu einem "Spiegel"-Bericht zur Arbeit der unabhängigen Historikerkommission im Bundesjustizministerium, der heute erschienen ist. Dazu wollte ich mitteilen, dass die Bundesjustizministerin eine unabhängige Historikerkommission zu dem Thema eingesetzt hat, die sich mit der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in den 50er- und 60er-Jahren beschäftigt. Am 8. Mai wird dazu eine "Konferenz der Aufarbeiter" hier in Berlin stattfinden, organisiert und durchgeführt von der unabhängigen Historikerkommission.

Was im "Spiegel" als "Bilanz" bezeichnet wird, ist die Vorstellung eines Buches in Anwesenheit der Bundesjustizministerin, die am 10. Juni in Berlin stattfinden wird. Den Ort werden wir Ihnen rechtzeitig bekanntgeben. Diese Veranstaltung wird vom Verlag Vandenhoeck&Ruprecht durchgeführt. An beiden Terminen wird die Bundesjustizministerin teilnehmen.

Frage: Frage an das Auswärtige Amt. Herr Schäfer, der Außenminister hat am Wochenende in Ghana angekündigt, dass Deutschland die geplante UN-Truppe in Mali unterstützen wird. Wie ist der Zeitplan für das entsprechende Bundestagsmandat? So viel Zeit ist ja nicht mehr.

Schäfer: Ich denke, ich bin hier und heute nicht in der Lage, Ihnen konkrete Termine zu nennen.

Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass es durch die Entscheidungen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen in der letzten Woche, der entschieden hat, dass es eine Mission der Vereinten Nationen geben wird, die in einigen Monaten, beginnend ab dem 1. Juli, irgendwann die afrikanische Mission AFISMA in Mali ablösen wird, natürlich auch Änderungen in der Politik der Bundesregierung und der Beteiligung der Bundesregierung an allen Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft zur Stabilisierung Malis geben wird.

Der Minister hat sich in der Tat vorgestern in Accra für die Bundesregierung grundsätzlich bereiterklärt, diese Mission zu unterstützen. Es gibt zurzeit zwischen dem Verteidigungsministerium und dem Auswärtigen Amt Gespräche über die konkrete Ausgestaltung dieser Unterstützungszusage. Es ist für mich hier und heute zu früh, Ihnen einen konkreten Zeitplan zu nennen.

Zusatzfrage: Dann frage ich jetzt einmal Herrn Bauch: Wird sich das nach den bisherigen Überlegungen auf dem Level der AFISMA-Unterstützung bewegen? Wird es darüber hinaus gehen können? Oder wird es dahinter zurückbleiben?

Bauch: Wie Sie wissen unterstützen wir Mali mit zwei Missionen. Hierfür gibt es ein Mandat. Diese Missionen sind an den bisherigen Bedürfnissen ausgerichtet. Ich denke, die neue UN-Resolution geht, wenn Sie sie richtig gelesen haben, weit über rein militärische Forderungen hinaus. Insofern gilt es, erst einmal das abzuwarten, was notwendig ist, um zu beurteilen, was man stellen kann. Wenn wir militärisch werden, sind das unter anderem ein CONOPS und ein Operationsplan. Dann wird man weitersehen. Ich pflichte Herrn Schäfer bei: Es ist zu früh.

Schäfer: Eines ist klar: Wenn wir zusagen, dass wir diese Mission unterstützen werden, heißt das natürlich auch, dass wir uns zügig diesem Thema zuwenden und dass wir guten Mutes sind, dass es in den nächsten Monaten zu Entscheidungen kommen wird, die womöglich auch eine Beteiligung des Deutschen Bundestags vorsehen, die es möglich machen, dass Deutschland sich in angemessener Weise von Beginn an dieser Mission beteiligen kann.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, wenn Sie sagen "in den nächsten Monaten" provoziert das natürlich eine Nachfrage. So schrecklich viel Zeit hat der Deutsche Bundestag vor Beginn der Sommerpause ja nicht mehr. Es sei denn, es wird darüber nachgedacht, den Bundestag vor der Bundestagswahl aus der Sommerpause zu holen. Ist das eine Option, wenn Sie "in mehreren Monaten" sagen?

Schäfer: Es ist ja nicht die Bundesregierung, die den Bundestag aus dem Sommerurlaub holt, sondern das macht schon der Bundestag selber. Mir sind keine Planungen bekannt, in dieser Weise vorzugehen. Sondern wir haben die Hoffnung, dass es uns gelingt - wir gehen das entsprechend an -, dass das in einer Weise geschehen kann, die keine Sondersitzung erforderlich macht.

Frage: Herr Seibert, wie bewertet die Bundeskanzlerin die ausgesprochen ungewöhnlich kritischen Äußerungen, die in den letzten Tagen aus der Partei des französischen Präsidenten zu ihr und zur Politik der Bundesregierung kamen?

StS Seibert: Sie sagen es ja schon: Diese Kritik war in einem Textentwurf für den Parteitag der französischen Sozialisten enthalten. Ich als Sprecher der Bundesregierung kommentiere keine Äußerungen von Parteien in anderen Ländern. Für uns zählen nicht die Parteien. Für uns zählt das Regierungshandeln. Es zählt die direkte Zusammenarbeit mit dem französischen Präsidenten, mit Ministerpräsident Ayrault, mit den Ministern. Das ist eine ganz andere Sache. Da ergibt sich ein ganz anderes Bild. Im Übrigen haben verschiedene französische Minister und auch Ministerpräsident Ayrault am Wochenende genau darauf hingewiesen.

Die deutsch-französische Zusammenarbeit ist für uns essenziell. Sie umfasst eine ganz breite Themenpalette. Sie ist für uns von enormer Wichtigkeit. Das ist auch hier in Berlin bei den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Élysée-Vertrags noch einmal hervorgehoben worden. Wir mögen immer wieder in Einzelfragen unterschiedlicher Auffassung sein. Das ist nicht so neu, denn Deutschland und Frankreich sind in ihrer politischen Kultur, auch in ihrer wirtschaftspolitischen Ausrichtung und Tradition durchaus unterschiedliche Länder. Aber das hat uns in den letzten Jahrzehnten nicht - und das wird es auch in Zukunft nicht - an einer engen freundschaftlichen Zusammenarbeit gehindert, die gut für Deutschland, gut für Frankreich und gut für Europa ist. Ohne diese enge deutsch-französische Einigung kann es in Europa kaum Fortschritt geben. Das muss man wissen, und das weiß ganz sicherlich die Bundeskanzlerin.

Zusatzfrage: Wenn Sie sagen, dass sich ein ganz anderes Bild aus den Kontakten zur Regierung zeichnet, ist das dann für Sie ein Ausdruck von Zerrissenheit zwischen der Regierung und der sie tragenden Parteien in Frankreich?

StS Seibert: Dazu werden Sie mir absolut keinen Kommentar entlocken. Für mich ist wichtig, wie sich beispielsweise Ministerpräsident Ayrault am Wochenende geäußert hat. Er hat genau darauf hingewiesen, auf die Notwendigkeit intensiver und ehrlicher Gespräche zwischen Deutschland und Frankreich. Das ist unsere Tradition, und so halten wir es.

Frage: Die deutschen Exporteure des Branchenverbandes BGA haben heute über die Außenhandelszahlen für das kommende Jahr gesprochen und haben erwähnt, dass sie nicht erwarten, dass es in Frankreich irgendwelche strukturellen Reformen mit der Regierung von Herrn Hollande geben wird. Wie sehen Sie das? Haben Sie da noch Hoffnung?

StS Seibert: Ich habe mit Sicherheit nicht zu kommentieren, was die deutschen Exporteure sagen. Wenn die beiden Regierungen von Deutschland und Frankreich aufeinandertreffen, wenn die beiden Regierungschefs aufeinandertreffen, geht es um genau das: um die Notwendigkeit für Wettbewerbsfähigkeit, die Notwendigkeit für Defizitabbau, die Notwendigkeit für die Wiedererlangung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum, aber einem nachhaltigen Wachstum in Europa. Genau das sind die Themen, über die wir mit Frankreich wie mit anderen Partnern sprechen. Das Gespräch mit Frankreich ist immer ein besonders wichtiges.

Frage: Haben die Bundeskanzlerin und der französische Präsident am Wochenende miteinander gesprochen?

Eine zweite Frage: Sie haben die Feierlichkeiten anlässlich des 50. Jahrestages des Élysée-Vertrags erwähnt. Dort wurde angekündigt, zusammen im Mai einen Beitrag für die Vorbereitungen des Gipfels im Juni zu leisten. Wie laufen diese Vorbereitungen? Gehen Sie davon aus, dass das im Mai, also sehr bald, der Fall sein wird?

StS Seibert: Zur ersten Frage: Nein, die Bundeskanzlerin und Präsident Hollande haben am Wochenende nicht miteinander gesprochen. Deutschland und Frankreich arbeiten daran, eine gemeinsame Vorstellung zu entwickeln, die man vielleicht auch den europäischen Partnern vorstellen kann. Diese Arbeiten laufen. Natürlich wissen wir, dass weitere Schritte der europäischen Integration für eine noch engere, noch verbindlichere Zusammenarbeit insgesamt in Europa ein mühseliger Prozess sind und dass das ein schwieriger Weg ist. Aber das darf und wird uns nicht müde werden lassen. Deutschland wird immer ein Befürworter und auch ein Antreiber für solche Fortschritte sein.

Zusatzfrage: Sie sagen, dass sie die Initiative "vielleicht" vorstellen können. Ist das nicht mehr sicher?

StS Seibert: Nein. Ich sage Ihnen, dass die Arbeiten daran laufen.

Frage: Ich wollte mit Blick auf diese Diskussion in der Regierungspartei in Frankreich fragen, die ja nicht irgendeine Diskussion am Rande ist, ob das nicht doch letztlich ein Ausweis einer wachsenden Entfremdung zwischen den beiden Ländern in einer fundamentalen Frage ist, nämlich wie man in Europa wieder auf einen gesunden Ast kommt.

StS Seibert: Ich kehre zu dem zurück, was ich am Anfang gesagt habe: Ich möchte nicht kommentieren, was im Vorfeld eines Parteitages von einzelnen französischen Sozialisten in Papiere hineingeschrieben worden ist und was, wie ich höre, mittlerweile auch wieder zurückgenommen oder verändert worden ist. Die Kommentierung haben französische Regierungsmitglieder und der Premierminister selbst übernommen, und dabei ist für mich eigentlich keine Rolle vorgesehen.

Frage: Gibt es zwischen der französischen Regierung und der Bundesregierung ein gemeinsames Verständnis darüber, was Wettbewerbsfähigkeit in Europa bedeutet und welche Schritte dafür in beiden Ländern unternommen werden sollten? Woran ließe sich ein solches gemeinsames Verständnis konkret ablesen?

StS Seibert: Ein solches gemeinsames Verständnis herzustellen, ist ja auch genau die Absicht des Europäischen Rates im Juni. Es wird ja darum gehen, dass wir uns einigen, was wir eigentlich meinen, wenn wir Wettbewerbsfähigkeit als Ziel formulieren und welche Indikatoren wir alle - alle europäischen Länder oder alle Länder der Eurozone - für die dafür entscheidenden halten. Genau darum geht es bei dem Gespräch, und auf dieser Ebene arbeiten auch Deutschland und Frankreich.

Zusatzfrage: Gibt es zurzeit ein gemeinsames Verständnis darüber, welche Indikatoren dabei entscheidend sind und welche Schritte in beiden Ländern erforderlich sind?

StS Seibert: Ich habe gesagt, dass es die Zielsetzung des Europäischen Rates im Juni ist, einem solchen gemeinsamen Verständnis näher zu kommen, und dass Deutschland und Frankreich darüber bilateral miteinander im Gespräch stehen.

Zusatzfrage: Heißt das, zwischen Deutschland und Frankreich gibt es dieses gemeinsame Verständnis noch nicht? Es ist ja nämlich das Ziel, das im Juni für ganz Europa zu definieren, und die Frage bezog sich auf Deutschland und Frankreich.

StS Seibert: Ich kann nur wiederholen, dass die Gespräche und die Arbeiten dazu laufen. Dies ist ein Thema, das in Europa geklärt werden muss. Viele europäische Länder führen den Begriff der Wettbewerbsfähigkeit zu Recht im Munde. Sind wir uns immer einig darüber, was wir damit meinen? Sind wir uns über den Weg, wie man dorthin kommt, einig? Das ist das, was wir miteinander besprechen müssen und hinsichtlich dessen wir auch präzise werden müssen. Wir müssen sagen: Ja, genau deswegen wollen wir gemeinsam bestimmte Ziele verabreden, und zwar im Bereich der Forschungsförderung oder in anderen Bereichen. Die Dinge müssen spezifisch werden. Das ist jetzt, denke ich, die Forderung an Europa. Das hat man sich für den Juni vorgenommen. In dieser Richtung arbeiten wir.

Frage: Ist ein Termin für ein Treffen zwischen Angela Merkel und François Hollande geplant? Könnten sie zum Beispiel am 23. Mai zusammen nach Leipzig fahren?

StS Seibert: Was genau die Reiseplanung für Leipzig ist, wo die Bundeskanzlerin sein wird - ich höre, dass auch der Präsident dorthin fahren will, aber das kann ich Ihnen logischerweise nicht bestätigen -, kann ich Ihnen hier nicht sagen. Sie haben sich hier in Berlin am 18. März bei dem gemeinsamen Gespräch mit dem European Round Table of Industrialists gesehen. Dies war zum Beispiel ein Gespräch, bei dem ganz konkret die Ziele oder Fragen, die Sie, Herr Detjen, gerade angesprochen haben, im Mittelpunkt standen und bei dem gemeinsam mit den Vertretern der großen europäischen Konzerne über die Bedingungen und die Stellschrauben für Wettbewerbsfähigkeit geredet wurde. Dieses Gespräch soll übrigens auch fortgesetzt werden.

Frage: Herr Seibert, ist der Ton dieses Papiers der Sozialistischen Partei ein anderer Ton als der Ton zwischen der Bundesregierung und der französischen Regierung? Ich nehme an, Sie werden sagen, der Ton ist ein anderer. Welcher Ton ist dann tonangebend für die Zusammenarbeit?

Zweitens habe ich eine grundsätzliche Frage: Wann ist aus ihrer Sicht die deutsch-französische Beziehung besonders kreativ - wenn man einer Meinung ist oder wenn die Meinung aus unterschiedlichen politischen Lagern stammt, was eher Reibung, Wärme und Kreativität schafft?

StS Seibert: Ich habe es am Anfang gesagt: Für die Bundesregierung zählt nur das Regierungshandeln. Es zählt die Qualität der Treffen, die Belastbarkeit der Verabredungen mit der französischen Regierung und mit dem französischen Präsidenten. Das ist das, was zählt. Das andere ist Begleitmusik, die wir wohl wahrnehmen, aber die für uns nicht zählt.

Wann, fragen Sie, ist deutsch-französische Politik kreativ? Ich würde es so sagen: Deutschland und Frankreich müssen sich einigen, auch wenn sie bestimmte Themen schon immer aus unterschiedlichen Blickwinkeln angegangen sind. Es ist in der Vergangenheit immer möglich gewesen, in wichtigen Fragen eine Einigung zu erzielen, und das war immer eine Einigung, die Europa an dieser Stelle dann auch das entscheidende Stück vorangebracht hat. Wenn man das weiß, dann weiß man, wie man in solche Treffen geht.

Zusatzfrage: Meine erste Frage war, ob der Ton dieses Papiers den Ton der Regierungszusammenarbeit widerspiegelt oder ob er einen Gegensatz zu der Regierungszusammenarbeit bildet.

StS Seibert: Sie haben den französischen Präsidenten doch auch hier in Berlin und in Paris bei gemeinsamen Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin erlebt. Ich glaube, Sie haben gehört, wie er gesprochen hat und dass das etwas anderes als das ist, was wir in diesem Papier gelesen haben.

Frage: Zu den Diskussionen um die Indikatoren für ein gemeinsames Verständnis von Wettbewerbsfähigkeit: Inwiefern macht die Tatsache, dass die französische Seite anscheinend zerrissen ist, diese Diskussion komplizierter? Wie kann man also mit einer Partei verhandeln, die in sich selbst zersplittert ist?

StS Seibert: Das ist jetzt eine Frage in Richtung der französischen Innenpolitik. Ehrlich gesagt steht mir da gar kein Urteil zu.

Schäfer: Ich möchte und kann gar nicht auf die detaillierten Fragen eingehen, die hier gerade gestellt worden sind. Das Einzige, was ich gerne aus Sicht des Außenministeriums ergänzen möchte, ist, dass auch der enge Besuchsaustausch zwischen Deutschland und Frankreich auf allerhöchster Ebene in den letzten vier, fünf oder sechs Monate eigentlich zeigt, dass das, was die Beziehungen von Deutschland und Frankreich ausmacht, wirklich einmalig ist. So eng, so dicht, so regelmäßig und so breit angelegt pflegt Deutschland Beziehungen wirklich nur mit ganz wenigen Partnern, wenn überhaupt.

Das Gedächtnis im politischen Berlin ist ja immer sehr kurz, aber ich möchte nur daran erinnern, dass es jetzt gerade drei Monate her ist - es war am 22. Januar -, dass der 50. Jahrestag des Élysée-Vertrags gefeiert worden ist. Damals waren nicht nur der Staatspräsident und die gesamte französische Regierung, sondern auch die beiden Kammern des französischen Parlaments anwesend. Ich habe hier die Liste vorliegen, und ich will Sie damit nicht langweilen, aber es gibt - einmal ganz abgesehen von den ständigen Treffen von Gremien der Europäischen Union in Brüssel oder bei internationalen Konferenzen - eine lange Latte von Treffen aller Minister und auf allen Ebenen. Ich sehe hier Minister Rösler, Staatsminister Link und Ministerin Wanka, und die Termine auf der Ebene der Bundeskanzlerin haben Sie ohnehin im Kopf. Auf dieser Ebene gab es in den letzten Monaten eine Menge bilateraler Termine.

Das Einzige, was ich damit sagen möchte, ist: Sie fokussieren sich - aus Ihrer Sicht zu Recht - auf die Meinungsverschiedenheiten, die es zurzeit gibt. Aber ich kann nur bekräftigen: Das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich ist in der Dichte, Breite und Qualität wirklich einmalig. Das gilt auch für den heutigen Tag und womöglich angesichts mancher Meinungsverschiedenheiten auch für den europapolitischen Kurs und Europas Zukunft.

Frage: Es geht um eine Entscheidung des Bundestags zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes. Dabei geht es um die Bestandsdaten von Handybesitzern. Deswegen habe ich eine Frage an das Innenressort - ich hoffe, dass ich dort richtig bin -, denn am Freitag wird der Bundesrat über diese Änderung entscheiden. Im Vorfeld gab es heftige Kritik von Datenschützern daran, dass man damit vonseiten der Sicherheitsbehörden auch schon bei jeder Ordnungswidrigkeit unkompliziert auf sensible Daten wie Adressen, Telefonnummern und Geburtsdaten zurückgreifen kann. Weichen Sie damit den Datenschutz auf?

Beyer-Pollok: Diese Frage richtet sich deswegen nicht an die Regierung oder das Innenministerium, weil die Debatte jetzt im Parlament liegt und sie sich jetzt im Gesetzgebungsverfahren zwischen den beiden Häusern Bundestag und Bundesrat befindet, nicht mehr in dem vorherigen Stand der Ressortabstimmung oder des Kabinettsbeschlusses. Dann können wir ja für den Gesetzentwurf sprechen. Jetzt befindet er sich schon einen Schritt weiter, nämlich im parlamentarischen Verfahren.

Zusatz: Aber es hat ja Auswirkungen, wenn das dann beschlossen wird, und zwar eben auf die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Dann wird das ja wieder an Ihr Ressort zurückgehen.

Beyer-Pollok: Ich wollte das nur zur Einleitung sagen, um das erst einmal so einzuordnen. Deswegen kann ich zu den konkreten einzelnen Punkten relativ wenig sagen, außer eine grundsätzliche Bemerkung zur Vorgeschichte zu machen: Diese Neuregelung der Bestandsdatenauskunft war ja auch ein Auftrag aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dem soll eben auch damit Rechnung getragen werden, dass man die Befugnisse, die es vorher auch schon gegeben hat, jetzt einzelgesetzlich und konkret - zum Beispiel für die einzelnen Sicherheitsbehörden - regelt. Ich habe aus der Debatte nur gelernt, dass sich daraus jetzt keine neue oder weiter gehende Befugnis für die einzelnen Behörden ergibt.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine Frage an das Innenressort, weil es die Meldung vom "Focus" über das BKA gibt, dass es sich bei diesem vermeintlich hochexplosiven Selbstlaborat in dem Brief an Herrn Gauck um ein gebrauchtes Kondom handelt. Stimmt das?

Beyer-Pollok: Ich habe mich heute Vormittag auch erkundigt, wie der Stand der Dinge ist. Der Stand der Dinge ist wie folgt: Nach dem Fund des verdächtigen Briefes hatte zunächst das Bundeskriminalamt die Ermittlungen aufgenommen, weil es, wie wir am vorvergangenen Freitag, als das Thema aufkam, auch immer betont haben, um den Verdacht eines gefährlichen oder sprengstoffhaltigen Inhalts ging. Dieser Verdacht hat dann ja noch am selben Freitagabend insoweit thematisch quasi entschärft werden können, als man sagen konnte: Nein, es ist kein Sprengstoff enthalten.

Inzwischen hat das Bundeskriminalamt die Ermittlungen wieder an das Land zurückgegeben, an das LKA Berlin, und uns ist noch nicht bekannt, dass die Ermittlungen abgeschlossen sind. Insofern gilt immer der Satz, dass man sich zu noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen nicht äußern kann.

Frage: Ich habe eine Frage an das Gesundheitsministerium: Es geht um den "Spiegel"-Bericht von heute bezüglich der Fehldeklarierung von Leistungen in Krankenhäusern. Die Frage wäre: Gibt es dazu noch einen Kommentar des Bundesgesundheitsministeriums? Muss man nicht vielleicht doch noch einmal darüber nachdenken, ob man in diesem Bereich möglicherweise schärfere Gesetze und Strafen einführt, so ähnlich, wie man das jetzt bei den Ärzten im Korruptionsbereich prüft?

Klaus: Sie sollten das Vorgehen in Sachen Ärztekorruption und das Vorgehen hinsichtlich der geplanten Maßnahmen nicht unbedingt miteinander vermengen. Es ist so, dass diese Meldungen über fehlerhafte Krankenhausabrechnungen regelmäßig aufkommen, und zwar von den Kassen selbst und vom Spitzenverband der Kassen publiziert. Es ist auch Aufgabe der Krankenkassen, Falschabrechnungen nachzugehen; schließlich sind es ja Beitragsgelder, die falsch eingesetzt werden.

Es ist so, dass es bereits Sanktionsmechanismen gibt, und zwar über das Strafgesetzbuch, falls eben grob oder bewusst falsch abgerechnet worden ist. Das Gros der fehlerhaften Abrechnungen betrifft aber eher Sachverhalte wie die Frage, welcher Code für eine bestimmte Behandlung anzurechnen ist, oder die Frage, ob nach einer Operation ein zweitägiger Aufenthalt in einer Klinik berechtigt ist oder ob es drei Tage sein müssen. Darüber gibt es regelmäßig Streitigkeiten zwischen den Krankenkassen und den Krankenhäusern.

Deswegen ist momentan eine Änderung im Gespräch, um mehr Verfahrenssicherheit für beide Seiten - sowohl für die Krankenkassen als auch für die Kliniken - herzustellen und auch Ressourcen zu schonen; denn nicht selten gehen solche Verfahren letztendlich vor Gericht. Bei der Vielzahl der Kliniken - das sind 2.000 - und der Vielzahl der Kassen - über 130 - können Sie sich vorstellen, dass manche Verfahren, die einen ähnlichen Sachverhalt betreffen, doppelt, dreifach oder noch öfter vor Gerichten ausgetragen werden. Ziel ist es daher, bessere Verfahren auf den Weg zu bringen, um falsche Abrechnungen von vornherein zu vermeiden. Die Abrechnungen, die von den Kliniken bewusst falsch gemacht worden sind, können auch heute schon nach dem Strafgesetzbuch sanktioniert werden.

Frage: Weil eben von der Zerrissenheit von Regierungsparteien die Rede war, wüsste ich gerne, Herr Seibert: Welche Anstrengungen laufen derzeit in der Regierung zur Modifikation der Selbstanzeige im Steuerrecht, nachdem ja ein wesentlicher Koalitionspartner dieser Bundesregierung gesagt hat, er sei im Prinzip auch auf Oppositionskurs?

StS Seibert: Ich würde gerne noch einmal darauf hinweisen, dass es diese Bundesregierung war, die im Jahre 2011 im Zuge des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes die Regelungen für die Selbstanzeige deutlich verschärft hat. Diese Bundesregierung wird es in Sachen Selbstanzeige, wie bei anderen gesetzlichen Regelungen auch, so halten, dass man natürlich immer bereit ist, die Ausgestaltung einer Regelung auch neu zu betrachten. Ein Schnellschuss aufgrund eines gerade aktuellen Falles, über den ganz Deutschland diskutiert, wäre sicherlich nicht klug.

Zusatzfrage: Interpretiert die Bundesregierung denn die Forderung von Herrn Seehofer, zu Modifikationen zu kommen, als die Forderung nach einem Schnellschuss und lehnt sie es deswegen ab? Oder ergreift das Bundesfinanzministerium oder irgendwer eine Initiative, um Bagatellgrenzen neu einzuführen, und in welchem zeitlichen Rahmen hätte man sich das bis zur Bundestagswahl noch vorzustellen?

Kothé: Die strafbefreiende Selbstanzeige ist geltendes Recht. Von unserer Seite aus gibt es den Hinweis, dass jetzt nicht hektisch irgendwelche Veränderungen vorgenommen werden sollten; das sollte man vielmehr sorgsam abwägen. Im Übrigen verweise ich auch noch auf das, was der Minister dazu letzte Woche in der Aktuellen Stunde im Bundestag ausgeführt hat.

Zusatzfrage: Auf Deutsch: Es wird nichts mit der Anregung von Herrn Seehofer?

Kothé: Das habe ich nicht gesagt. Wir haben nur gesagt: Es ist geltendes Recht. Vor schnellen Lösungen - auch das hat der Minister in der Aktuellen Stunde gesagt; ich bitte Sie, das nachzulesen - warnen wir aber in einer gewissen Weise. Wir sollten diesbezüglich jetzt also nicht hektisch agieren.

Frage: Ich würde gerne ganz konkret wissen: Befasst sich im Finanzministerium - möglicherweise ergebnisoffen - irgendeine Arbeitsgruppe, irgendeine Abteilung damit, ob noch vor der Bundestagswahl Veränderungen vorgenommen werden könnten oder sollten?

Kothé: Wie Sie wissen ist die bei uns dafür zuständige Abteilung die Steuerabteilung. Natürlich verfolgen wir die aktuelle Diskussion, beteiligen uns auch daran und bewerten auch anhand unserer Erfahrungen. Das ist Aufgabe unserer Steuerabteilung. Eine neu gegründete Arbeitsgruppe oder so etwas zu diesem Thema gibt es aber nicht.

Frage: Frau Kothé, was können Sie uns zu der Ankündigung des Bundesfinanzministers sagen, ein bilaterales Investitionsprogramm mit Spanien aufzulegen? Würde das, wie berichtet wurde, den Weg der Europäischen Kommission umgehen? Warum macht man das?

Kothé Zunächst einmal berufen Sie sich hier auf Presseberichte, die ich Ihnen so nicht bestätigen kann. Richtig ist aber auch: Der Bundesfinanzminister ist heute in Spanien und trifft sich im Rahmen eines bilateralen Gespräches auch mit dem spanischen Finanzminister. Er wird auch diskutieren - das ist sowohl bilateral als auch auf europäischer Ebene immer wieder Thema -, wie man den Reformprozess unterstützend flankieren kann. Besonders das Thema Arbeitslosigkeit und die Frage, wie man Investitionen verstärken kann, werden ja immer wieder diskutiert und sind Gegenstand vieler Gespräche, und das werden sicherlich auch heute in Spanien Gesprächsthemen sein. Der Minister beziehungsweise beide Minister werden über ihr Gespräch auch in einer Pressekonferenz informieren. Aber wie gesagt, die von Ihnen angesprochenen Berichte kann ich im Augenblick nicht bestätigen.

Zusatzfrage: Es gibt also keine konkreten Überlegungen zu einem bilateralen Investitionsprogramm?

Kothé: Sie haben vorhin von einer Ankündigung gesprochen. Ich habe gesagt: Man ist im Gespräch darüber, wie man den Reformprozess flankieren kann. Da gibt es immer verschiedene Ideen usw. Natürlich ist man darüber ständig im Gespräch.

Zusatzfrage: Ist man jetzt kurz davor, so ein Programm zu starten? Oder wie muss man dieses "ständig im Gespräch" verstehen?

Kothé: "Ständig im Gespräch" heißt: Die Minister treffen sich und unterhalten sich - so wie sie es zurzeit eben auch in Granada tun -, um sich darüber auszutauschen, mit welchen Maßnahmen man den Reformprozess flankieren kann, verbessern kann, unterstützen kann.

Zusatzfrage: Können wir heute Nachmittag eine Ankündigung erwarten oder nicht?

Kothé: Da möchte ich Sie einfach auf die dortige Pressekonferenz verweisen. Ich werde hier jetzt nicht irgendwelche Erwartungen verkünden. Was das Ergebnis des Gespräches ist, kann ich von hier aus wirklich nicht sehen.

Frage: Ich verstehe das nicht so ganz. Gibt es jetzt eine allgemeine Diskussion - die gibt es wohl immer - oder gibt es eine konkrete Diskussion über Hilfsmöglichkeiten? Unterhält man sich allgemein darüber, was alles möglich ist, oder gibt es vielleicht sogar etwas Vorentwickeltes, was man heute zum Gegenstand der Diskussion macht?

Kothé: Es gibt eine allgemeine Diskussion über diese Themen und man ist im Gespräch. Natürlich sollen die Dinge irgendwann auch konkret werden. Aber wie gesagt, den Ergebnissen des heutigen Gespräches mit dem spanischen Finanzminister kann und möchte ich an dieser Stelle nicht vorweggreifen.

Frage: An das Innen- und an das Verteidigungsministerium: Sie kennen sicherlich den Bericht der "FAZ Sonntagszeitung" von gestern, dass aktive Soldaten und möglicherweise auch Polizisten am Horn von Afrika in ihrer Freizeit auf Piratenjagd gehen, also als bewaffnete Wachleute auf Schiffen anheuern. Sind Sie der Sache nachgegangen? Gibt es solche Fälle aus Ihrer Kenntnis? Das ruft wahrscheinlich nach beamtenrechtlichen Konsequenzen, nehme ich an.

Bauch: Erst einmal: Wir sehen diese Sache sehr ernst. Wer etwas anderes behauptet, liegt falsch. Aber es gilt immer der Grundsatz, das Ganze aufzuklären, um dann natürlich den Mangel abzustellen und daraus Konsequenzen zu ziehen.

Wo stehen wir in diesem Sachverhalt? - Entgeltliche Nebentätigkeiten sind grundsätzlich genehmigungspflichtig und demzufolge auch anzeigepflichtig. Wer das nicht tut, hat damit schon einen Verstoß begangen.

Die Genehmigung wird vom jeweiligen Disziplinarvorgesetzten erteilt. Disziplinarvorgesetzte haben grundsätzlich schon qua Disziplinarordnung jeden Verdacht auf Verstoß gegen das Soldatengesetz oder sonstige Vorschriften nachzugehen beziehungsweise zu prüfen und dann nachzugehen.

Die Disziplinarvorgesetzten sind angehalten, im konkreten Fall den im Rahmen der aktuellen Berichterstattung erhobenen Vorwürfen innerhalb ihrer jeweiligen Einheiten nachzugehen. Weitere Erkenntnisse liegen mir dazu noch nicht vor.

Ich möchte noch eins anschließen: Es wird in der Berichterstattung jetzt durchaus erwogen, wie das sein kann. Ich denke, wir würden über das Ziel hinausschießen, wenn wir hieraus folgerten, dass wir als demokratischer Arbeitgeber unsere Mitarbeiter in der demokratischen Bundeswehr nun in der Freizeit überwachen müssten. Ich denke, dadurch würden wir über das Ziel hinausschießen.

Also nochmals: Schon mit der Nichtanzeige oder der Nichtbitte um Billigung einer entgeltlichen Nebentätigkeit ist hier gegen das Soldatengesetz verstoßen worden.

Beyer-Pollok: Aus dem von Ihnen zitierten Bericht in der "FAS" war zwar auch die Polizei erwähnt. Aber es fanden sich dort keine konkreten Fundstellen, dass es den Bereich des Bundes betrifft. Da war ein Fall von Polizisten aus dem Land NRW benannt, der mir bereits durch frühere Presseveröffentlichungen aus den vergangenen Jahren bekannt vorkam. Jedenfalls können wir das - bezogen auf die Polizei des Bundes - nicht bestätigen. Aber natürlich nehmen wir solche Berichte zum Anlass, dem nachzugehen und das entsprechend zu klären.

Es gilt - ähnlich wie es mein Kollege aus dem BMVg schon gesagt hat - hier eine Anzeige- beziehungsweise Genehmigungspflicht von Seiten des Beamten für eine solche Tätigkeit. Eine solche Tätigkeit wäre aber grundsätzlich nicht genehmigungsfähig.

Zusatzfrage: Noch eine Verständnisfrage an Herrn Bauch: Ich habe es richtig verstanden, dass Ihnen konkret bislang kein einziger Fall bekannt ist?

Bauch: Korrekt.

Frage: Herr Bauch, Sie vergaßen zu sagen, dass eine solche Tätigkeit doch ganz bestimmt nicht genehmigungsfähig ist. Oder gibt es da einen Ermessensspielraum des Disziplinarvorgesetzten? Und sollte es solche Fälle geben, die nicht zur Genehmigung vorgelegt worden sind, handelt es sich dabei für die Betroffenen disziplinarrechtlich um einen minder schweren oder um einen schweren folgenreichen Fall?

Bauch: Da gehen wir ja immer schon relativ tief ins Detail, auch hinsichtlich einer möglichen disziplinären Ahndung solcher Vorfälle. Sie wissen, das muss und wird immer vom konkreten Einzelfall abhängen. Auch nicht jede Nebentätigkeit in einer privaten militärischen Sicherheitsfirma mag die gleiche sein. Es gibt dort unterschiedliche Tätigkeiten. Es ist sicherlich ein Unterschied, ob ich irgendwo bewaffnet eingesetzt werde oder die Kasse mache.

Insofern will ich damit nicht sagen, dass es genehmigungsfähig oder nicht genehmigungsfähig wäre, sondern es ist in jedem Fall einzeln zu prüfen, ob die Nebentätigkeit gegen das Soldatengesetz verstoßen würde oder genehmigungsfähig wäre.

Zusatzfrage: Jetzt habe ich es noch weniger verstanden. Wäre es denn grundsätzlich denkbar, dass ein ungefährlicher Sicherheitsjob - vielleicht beim Krämer um die Ecke - genehmigt würde? Und wenn man mit der privaten Handelsmarine in Aufgaben des Piratenschutzes unterwegs wäre, dann wäre es garantiert nicht genehmigungsfähig?

Sie sagten, nicht jede Tätigkeit sei gleich. Das hat mich jetzt etwas verwirrt. Ich dachte eigentlich grundsätzlich, jede schützende Tätigkeit außerhalb des offiziellen Dienstverhältnisses sei vom Prinzip her nicht genehmigungsfähig.

Bauch: Ich wollte nur darauf hinaus, dass die Facette von entgeltlichen Nebentätigkeiten natürlich immens ist und es nicht nur Nebentätigkeiten in privaten Sicherheitsfirmen gibt. Mein Kollege vom BMI hat ja schon gerade ausgeführt, dass derlei konkrete Nebentätigkeiten nicht genehmigungsfähig wären. Das ist so.

Frage: Noch einmal an Herrn Bauch: Gestern kam der "Deutschlandfunk" mit der Meldung, Staatssekretär Schmidt habe bei einer Veranstaltung von einer bezahlbaren Truppenstärke von 140.000 Dienstposten bei der Bundeswehr gesprochen. Das Dementi aus Ihrem Hause hieß nur - wenn ich das richtig gesehen habe -: "Nein, das planen wir nicht." Dementiert worden ist aber nicht, dass sich der Staatssekretär entsprechend geäußert hat. Vielleicht können Sie das erhellend klären.

Bauch: Der Staatssekretär hat sich auch selber bei "Reuters" dazu geäußert. Insofern gilt es das noch einmal nachzulesen.

Zusatz: Entschuldigung, das habe ich übersehen.

Bauch: Ich kann hier nochmals sagen: Alle Spekulationen und Aussagen über eine weitere Reduzierung der Bundeswehr sind schlicht falsch. Die Neuausrichtung der Bundeswehr ist sicherheitspolitisch begründet. Sie ist demografiefest, und sie ist nachhaltig finanziert.

Frage: Herr Bauch, das heißt, Sie wollten sagen, dass circa 195.000 Dienstposten bei der Bundeswehr und auch die zivilen Posten nachhaltig finanziert sind - Stand jetzt -, sodass es keine Finanzierungslücke und folglich auch keinen demnächst auflaufenden weiteren Reformbedarf mit Blick auf finanzielle Absicherung gibt?

Bauch: Es gibt auch etliche Broschüren zur Neuausrichtung. Im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr wird der Personalumfang zukünftig bei bis zu 185.000 Soldaten liegen, bei zivilen Mitarbeitern reden wir von 55.000 Stellen. - Ja, das ist nachhaltig finanziert.

Zusatzfrage: Sowohl die zivilen als auch die militärischen Stellen sind nachhaltig finanziert? Da gibt es in allernächster Zeit keinen weiteren Handlungsbedarf, richtig?

Bauch: Ich habe es Ihnen doch gerade gesagt. Die Spekulationen sind schlicht falsch.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 29. April 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/04/2013-04-29-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2013