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PRESSEKONFERENZ/622: Regierungspressekonferenz vom 21. Juni 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 21. Juni 2013
Regierungspressekonferenz vom 21. Juni 2013

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Kabinettssitzung zur Bewältigung der Folgen der Flutkatastrophe, Mitgliederversammlung der Türkisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer, Regierungserklärung zur Hochwasserkatastrophe, Treffen mit dem niederländischen Ministerpräsidenten, Kabinettssitzung, Gespräch mit dem isländischen Staatspräsidenten, Deutscher Bauerntag, Jahrestagung des Markenverbandes, Empfang des tschechischen Staatspräsidenten, Regierungserklärung zum G8-Gipfel und bevorstehenden Europäischen Rat, Europäischer Rat), Teilnahme des Bundesaußenministers an dem Treffen der Kerngruppe der "Freunde des syrischen Volkes", freiwilliger Wehrdienst, Einbestellung des türkischen Botschafters in das Auswärtige Amt, Gerichtsurteil zur Abfindung von ehemaligen Aktionären der Hypo Real Estate, direkte Kapitalhilfen für Banken aus dem ESM, Lage in Griechenland, Pkw-Maut, Proteste in der Türkei

Sprecher: SRS Streiter, Peschke (AA), Paris (BMVg), Dr. Semmelmann (BMF), Bethge (BMVBS)



VORS. WEFERS eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS STREITER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS STREITER: Die nächste Woche beginnt mit einer Sitzung des Bundeskabinetts, die sich der Bewältigung der Folgen der Flutkatastrophe widmen wird. Auf der Tagesordnung stehen ein Gesetzentwurf zur Errichtung eines Sondervermögens "Aufbauhilfefonds" und zur Änderung weiterer Gesetze, ein Gesetzentwurf über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2013 sowie der Entwurf einer Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Bundesagentur für Arbeit zur Durchführung des Sonderprogramms zur "Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen bei Kurzarbeit im Zusammenhang mit Hochwasserschäden aus dem Sommer 2013" nebst einer dazugehörigen Richtlinie.

Nachmittags, ab 17 Uhr, nimmt die Bundeskanzlerin an der Mitgliederversammlung der Türkisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin teil. Sie wird dort eine Rede halten. Bei der Mitgliederversammlung wird unter anderem ein neuer Präsident der Türkisch-Deutschen IHK gewählt.

Auch der Morgen des Dienstags, 25. Juni, steht noch ganz im Zeichen der Hochwasserkatastrophe. Die Bundeskanzlerin wird ab 9 Uhr im Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung mit dem Titel: "Bewältigung der Hochwasserkatastrophe - Rasche Soforthilfe und zügiger Wiederaufbau" halten. Es schließt sich eine etwa zweistündige Debatte an.

Am Abend, etwa um 20.30 Uhr, trifft die Bundeskanzlerin den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte zu einem kurzen Gespräch im Bundeskanzleramt. Das Gespräch findet im Anschluss an die gemeinsame Teilnahme beim CDU-Wirtschaftsrat statt, zu dem sich Ministerpräsident Rutte in Berlin aufhält. Die Bundeskanzlerin nimmt dort in ihrer Eigenschaft als CDU-Vorsitzende teil.

Das Treffen dient der Vorbereitung des bevorstehenden Europäischen Rats am 27. und 28. Juni in Brüssel. Schwerpunkte werden voraussichtlich auf der Fortentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion und der Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Wachstum liegen. Hier stehen vor allem Initiativen zur Verbesserung der Jugendbeschäftigung im Vordergrund. Eine Begegnung mit der Presse ist danach nicht vorgesehen.

Am Mittwoch, dem 26. Juni, findet wie immer um 9.30 Uhr die Kabinettssitzung statt.

Ab 11 Uhr ist der isländische Staatspräsident Ólafur Ragnar Grímsson zu Gast im Kanzleramt. Vor Beginn dieses Gesprächs mit der Bundeskanzlerin gibt es einen Fototermin.

Am Mittwochnachmittag, um 14.15 Uhr, redet die Bundeskanzlerin auf dem Deutschen Bauerntag im Hotel Maritim ProArte hier in Berlin. Sie wird sich insbesondere zu aktuellen agrarpolitischen Fragestellungen äußern. Auch die Reform der Europäischen Agrarpolitik und gegebenenfalls die Ergebnisse des Agrarministerrates, der bis zum 25. Juni in Luxemburg tagt, werden dabei eine Rolle spielen.

Um 15.30 Uhr hält die Bundeskanzlerin auf der Jahrestagung des Markenverbandes im Gasometer in Berlin-Schöneberg eine Rede.

Am späten Nachmittag, um 16.45 Uhr, empfängt die Bundeskanzlerin den tschechischen Staatspräsidenten Milos Zeman im Bundeskanzleramt. Themen des Gesprächs sind die bilateralen Beziehungen, europäische Themen sowie die innenpolitische Lage in beiden Ländern. Der Staatspräsident hält sich auf Einladung von Bundespräsident Gauck zu seinem Antrittsbesuch in Berlin auf.

Am Donnerstag, dem 27. Juni, gibt es eine weitere Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zum gerade beendeten G8-Gipfel sowie zum bevorstehenden Europäischen Rat.

Dieser findet am 27. und 28. Juni in Brüssel statt. Am Donnerstag treffen die Staats- und Regierungschefs um 17 Uhr mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, zu einem Meinungsaustausch zusammen. Die erste Arbeitssitzung des Rates beginnt um 17.40 Uhr, an die sich dann um 20.15 Uhr ein Arbeitsessen anschließt.

Das Briefing zu diesem Europäischen Rat findet am 26. Juni um 15 Uhr mit Herrn Meyer-Landrut hier in diesem Raum statt.

Die Beratungen des Europäischen Rats werden am Freitag um 10 Uhr mit der zweiten Arbeitssitzung fortgesetzt.

Das waren die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der kommende Woche.

PESCHKE: Ich wollte Ihnen mitteilen, dass Bundesaußenminister Westerwelle heute Abend nach Doha in Katar reist, um dort an einem Treffen der Kerngruppe der "Freunde des syrischen Volkes" teilzunehmen.

Auf dem Gipfeltreffen der G8-Staaten in der letzten Woche hat es eine Einigung auf eine internationale Syrien-Konferenz mit dem Ziel der Bildung einer Übergangsregierung gegeben. Jetzt geht es darum, die weiteren Voraussetzungen für eine erfolgreiche Syrien-Konferenz zu schaffen. Dem soll das Treffen der Kerngruppe der "Freunde des syrischen Volkes" dienen. Ein entscheidender Punkt dabei ist die weitere Stärkung der nationalen Koalition der syrischen Opposition, damit diese auf Augenhöhe mit dem Assad-Regime verhandeln kann. Danke.

PARIS: Ich möchte auf die Berichterstattung von heute Morgen in der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" Bezug nehmen, die sich dann auch später in verschiedenen Agenturmeldungen wiedergefunden hat. Dabei geht es um das Thema des freiwilligen Wehrdienstes.

Ich möchte der Darstellung in der Medienberichterstattung deutlich widersprechen, und zwar aus folgendem Grund: Es werden hier einzelne Zahlen genannt, und aufgrund dieser einzelnen Zahlen werden Meldungen generiert, die lauten, die Zahl der freiwillig Wehrdienstleistenden sei auf einem Rekordtief. Andere Meldungen lauten: "Nur wenige melden sich freiwillig zur Bundeswehr."

Wenn man so vorgeht, nur einzelne Zahlen betrachtet und diese auch noch in einen Vergleich setzt, greift das deutlich zu kurz und entspricht in keiner Art und Weise letztendlich dem sehr erfolgreichen Werben um freiwillige Wehrdienstleistende wie auch dem sehr erfolgreichen Werben um Zeit- und damit auch um Berufssoldaten. Wir sind mit beiden Bewerberlagen sehr zufrieden. Insbesondere im Bereich des freiwilligen Wehrdienstes liegen wir deutlich über dem, was wir auch hinsichtlich der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr in der Planung veranlagt haben.

Sie müssen sich bitte daran erinnern, dass die Größe der Bundeswehr im Zuge der Neuausrichtung auf 170.000 Soldaten und darüber hinaus auf 5.000 freiwillig Wehrdienstleistende festlegt ist. Jetzt zu behaupten, wir hätten keine gute Bewerberzahl und wir hätten insbesondere zu wenig Bewerber, ist einfach schlichtweg falsch. Die Zahlen stellen sich sehr positiv dar. Wir haben im Jahr 2012, also im vergangenen Jahr, insgesamt 20.000 Bewerber für den freiwilligen Wehrdienst gehabt. Davon haben wir 9.800 Einstellungen vorgenommen. Das sind also 4.800 über dem, was wir als Wert von 5.000 Freiwilligen veranschlagt haben. Im Moment sieht es sehr gut aus. Wir haben im Moment 8.700 freiwillig Wehrdienstleistende, die ihren Dienst in der Truppe leisten.

Insofern sind wir zufrieden. Der Bedarf ist hinreichend gedeckt. Auch die Bewerberzahlen und die Interessenszahlen, die wir haben, lassen uns durchaus optimistisch in die Zukunft blicken. Das möchte ich noch einmal klarstellen.

Ich bitte darum, nicht einzelne Werte für einzelne Einzugsquartale zu nehmen und darauf zu schließen, dass die Bewerberlage gut oder schlecht ist. Man muss auf das gesamte Jahr schauen. Man muss darauf schauen, wie viele Leute wir im Mittel haben verpflichten können. Damit sind wir so habe ich Ihnen die Zahlen gerade dargelegt zufrieden. Das wollte ich hier noch einmal deutlich machen. Vielen Dank, Frau Vorsitzende.

FRAGE: Meine Frage an das Außenministerium: Ist es richtig, dass der türkische Botschafter zu Fragen hinsichtlich der Demonstrationen einbestellt worden ist?

PESCHKE: Erstens ist es richtig, dass der türkische Botschafter auf Veranlassung von Außenminister Westerwelle zu einem Gespräch in das Auswärtige Amt einbestellt worden ist. Das Gespräch findet heute Mittag statt.

Zweitens. Der Anlass für dieses Gespräch sind Äußerungen von türkischer offizieller Seite in Richtung Deutschland im Zusammenhang mit der Frage des weiteren Fortgangs der EU-Beitrittsgespräche. Das sind Äußerungen, die hier auf großes Unverständnis gestoßen sind. Das geht so nicht. Deswegen wurde der türkische Botschafter einbestellt. Ihm wird auf offiziellem Wege, auf dem Wege zwischen den Regierungen, unsere Haltung dazu in aller notwendigen Klarheit dargelegt werden. Das ist der Sachverhalt.

FRAGE: Zur Sicherheit nachgefragt: Ist es richtig, dass die Bundesregierung eines der Länder war, das den Fortgang der neuen Runde im Zusammenhang mit den Beitrittsverhandlungen letztendlich gestoppt hat? Wenn ja, mit welcher Begründung ist das geschehen?

PESCHKE: Das kann ich gleich weiterführen.

Der Stand, den Sie gerade dargestellt haben, ist etwas untechnisch beschrieben. Es geht darum, dass zurzeit in Brüssel besprochen wird, eine Beitrittskonferenz einzuberufen, um das Kapitel 22 der Beitrittsverhandlungen das ist das Kapitel "Regionalpolitik"; ein eher technisches Kapitel zu eröffnen. Dazu gab es gestern in Brüssel eine Aussprache im Ausschuss der ständigen Vertreter; das ist das regelmäßige Treffen der EU-Botschafter in Brüssel.

Bei dieser Aussprache wurde deutlich, dass noch kein Konsens bezüglich der Einberufung der Beitrittskonferenz besteht. Das muss einstimmig entschieden werden. Aus Sicht der Bundesregierung ist diese Frage auch noch nicht entschieden, weil wir weiter offene technische Fragen sehen.

FRAGE: Was sind die konkreten offenen technischen Fragen, wenn ich fragen darf?

Zweite Frage an Herrn Streiter: In der Türkei wurde Frau Merkel stark kritisiert. Eine Seite sagt, es sei ein innenpolitischer Schritt, dass Deutschland die Fortschritte blockiert. Zweitens ist Deutschland nicht mit dem zufrieden, was in Istanbul passiert ist. Was sind von deutscher Seite die genauen Gründe dafür, dass man diese Fortschritte blockiert hat?

PESCHKE: Zu der zweiten Frage: Die Äußerungen, die Sie erwähnen, sind der Anlass, warum Außenminister Westerwelle die Einbestellung des türkischen Botschafters veranlasst hat. Das habe ich gerade schon gesagt.

Zu der ersten Frage: Die Eröffnung eines Beitrittskapitels, noch dazu eines eher technischen Beitrittskapitels, nämlich des Kapitels 22/Regionalpolitik, ist im Wesentlichen eine technische Frage, die natürlich in dem politischen Gesamtkontext steht. Aber für unsere Haltung ist ausschlaggebend, dass es weiter offene technische Fragen gibt. Das sind Fragen, die auf Expertenebene besprochen werden. Das kann ich Ihnen hier nicht im Einzelnen darlegen. Das war auch gestern Thema der Besprechung bei den EU-Botschaftern.

Das muss man aber in der Tat dahinziehen, wo es hingehört, nämlich in einen technischen Bereich auf Expertenebene. Außenminister Westerwelle hat auch deutlich gemacht, dass die eigentlich wichtigen Kapitel im Dialog mit der Türkei im Rahmen der Beitrittsverhandlungen die Kapitel 23 und 24 sind, nämlich die Kapitel, wo es um Fragen der Rechtsstaatlichkeit, der Justiz, der Menschenrechte usw. geht, also Kapitel, die die Fragen der europäischen Wertegemeinschaft im engeren Sinne betreffen, zu der sich ja die Türkei bekennen möchte.

Da sind die Kapitel, über die eigentlich politisch gesprochen werden muss. Diese Kapitel sind im Moment von einigen EU-Mitgliedstaaten nicht von uns noch weiter blockiert. Aus unserer Sicht ist es eigentlich wichtiger, über diese Fragen zu sprechen, als über eher technische Kapitel wie Kapitel 22. Wir sollten unsere Aufmerksamkeit vor allem auf diese wichtigen zentralen Kapitel des Beitrittsprozesses lenken.

SRS STREITER: Ich kann nur ergänzend sagen, weil Sie mich angesprochen haben, dass weder die Bundeskanzlerin noch die Bundesregierung den Beitrittsprozess in irgendeiner Weise infrage stellen. Es geht ja nicht um das "Ob", sondern es geht nur um das "Wie" der Fortführung des Beitrittsprozesses. Das hat Herr Peschke noch einmal sehr deutlich ausgeführt.

Die Mitgliedstaaten der EU und die Türkei haben sich auf die Einhaltung der gleichen Werte verpflichtet. Hierzu gehören unter anderem eben auch die Menschenrechte und freie Meinungsäußerung. Vor allem in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sollten wir dabei mit der Türkei eng zusammenarbeiten.

FRAGE: Herr Peschke, hat diese Meinungsäußerung der Bundesregierung zu Kapitel 23 nichts mit der Kritik der Bundesregierung an dem zu tun, was derzeit Demonstranten in der Türkei passiert?

Gibt es zweitens Deutschland hat die Position, dass es offene Fragen gibt, die der Eröffnung von Kapitel 23 entgegenstehen noch andere Länder, die diese Position vertreten, oder ist Deutschland dabei der alleinige Blockierer?

PESCHKE: Zu der ersten Frage: Das haben wir, wenn ich mich recht erinnere, hier in der Regierungspressekonferenz auch schon verschiedentlich diskutiert. Zunächst einmal gibt es keinen formalen Zusammenhang zwischen der politischen Frage der Reaktion auf die Proteste, die wir kritisiert haben, und der technischen Frage der Eröffnung technischer Kapitel im Rahmen der Beitrittsgespräche. Dazwischen besteht kein direkter Zusammenhang.

Natürlich, wie immer im Leben, hängt alles mit allem zusammen. Auch die Beitrittsgespräche finden in einem politischen Kontext statt. Es ist natürlich schon so, dass sich die Frage der Einhaltung europäischer Werte und des Bekenntnisses zur europäischen Wertegemeinschaft im Rahmen der Beitrittsgespräche insbesondere dann, wenn wir an die wirklich politischen Kapitel herangehen, also an die Kapitel 23 und 24, was ja im Moment noch nicht möglich ist sehr grundsätzlich stellen wird. Das ist das eine.

Zur konkreten Verhandlungssituation: Nein, wir waren nicht die einzigen, die noch einen Prüfvorbehalt angemeldet haben. Sie wissen ja, dass es darüber auch eine Debatte im niederländischen Parlament gegeben hat und gibt. Es gibt also andere Partner, die ebenfalls noch Fragen hatten.

FRAGE: Herr Peschke, wird dieser Prozess aus Sicht des Außenministeriums in Kürze weitergeführt werden, oder wird er auf längere Zeit verzögert? Wann könnte man die technischen Probleme lösen und den Prozess fortführen?

PESCHKE: Wir gehen Schritt für Schritt vor. Es war ja ein sehr langer Prozess, überhaupt dahin zu kommen, wo wir jetzt stehen, nämlich dass über die Eröffnung eines wenn auch nur technischen Beitrittskapitels diskutiert wird. Das ist übrigens Kapitel 22, Herr Heller. Das war schon einmal ein sehr langer Weg, den wir bis hierhin gegangen sind.

Das sind eben schwierige Fragen, die man mit einem so wichtigen Partner wie der Türkei besprechen muss und die auch innerhalb der Europäischen Union gründlich erörtert werden. Insofern kann ich Ihnen keine Prognosen nennen. Wir sind jetzt dabei, diese Fragen zu besprechen und, wenn möglich, einer Lösung zuzuführen. Dazu, wann das möglich sein wird, kann ich keine Vorhersage treffen.

FRAGE: Waren die Bemerkungen, die zur Einberufung des Botschafters geführt haben, die Bemerkungen von Herrn Bagis von gestern, oder waren es die, die er heute gemacht hat?

PESCHKE: Die Einbestellung findet ja erst noch statt, und das, was zu sagen ist, werden wir auf dem angemessenen Weg von Regierung zu Regierung und nicht öffentlich übermitteln. Ich will es dabei belassen zu sagen: Es handelt sich um Äußerungen von türkischer offizieller Seite in den letzten 24 Stunden, die Anlass der Einbestellung sind.

FRAGE: Gibt es vielleicht explizit ein Wort der Sympathie oder der Unterstützung für die Bevölkerung oder für die Teile der Bevölkerung, die für demokratische Rechte in der Türkei kämpfen, wie es die Bundesregierung auch im Falle Syriens gewählt hat?

PESCHKE: Der Vergleich zwischen Syrien und der Türkei, den Sie hier implizit gemacht haben, ist völlig fehl am Platz. Das sind grundsätzlich völlig verschiedene Sachverhalte und grundsätzlich verschiedene Ländersituationen. Die Türkei ist ein Partner im Rahmen der NATO, der sich zur europäischen Wertegemeinschaft bekennen möchte. Syrien ist ein von einer Diktatur beherrschtes Land, das von dieser Diktatur in einen sehr blutigen Bürgerkrieg verwickelt wurde. Das sind also völlig verschiedene Fälle.

Dies gesagt habend gibt es sehr viele öffentliche Äußerungen seitens der Bundesregierung bezüglich der Situation in der Türkei. Vonseiten des Außenministers, für den ich hier spreche, kann ich sagen, dass er immer wieder gesagt hat, dass friedliche Proteste und friedliche Meinungsäußerungen in einer reifen Demokratie möglich sein müssen und dass die Reaktionen der türkischen Seite auf diese Proteste sozusagen nicht mit einer Reaktion im Einklang standen, die man von einem Partner erwarten kann, der sich zur europäischen Wertegemeinschaft bekennen möchte. Das ist die klare Position. Die haben wir verschiedentlich vertreten. Außenminister Westerwelle und andere auch die Bundeskanzlerin haben immer wieder deutlich gemacht, dass jetzt aus unserer Sicht Deeskalation das Gebot der Stunde ist, dass man im Gespräch konstruktive Lösungen hinsichtlich der berechtigten Anliegen der Demonstranten zu finden versucht und dass man auf Deeskalation setzt. Das ist unsere Position. Die haben wir verschiedentlich und immer wieder klar deutlich gemacht. Dabei bleibt es auch.

FRAGE: Herr Streiter, ich habe eine Frage zu der heutigen Reise der Kanzlerin nach St. Petersburg: Was wollte die Frau Bundeskanzlerin denn bei der Ausstellungseröffnung sagen? Warum wird sie daran nicht teilnehmen? War es ihre Entscheidung, nicht teilzunehmen, oder gab es Gegenwind von der russischen Seite? Was ist da falsch gelaufen?

SRS STREITER: Zunächst einmal wollen wir einmal festhalten, dass Schwerpunkt der heutigen Reise der Bundeskanzlerin nach St. Petersburg die Teilnahme am Internationalen Wirtschaftsforum ist, und dabei gibt es auch ein bilaterales Gespräch mit Staatspräsident Putin sowie ein gemeinsames Abendessen.

Die Eröffnung der Ausstellung "Bronzezeit - Europa ohne Grenzen" durch Staatspräsident Putin und die Bundeskanzlerin wäre ein schöner Moment gewesen, um auch die enge kulturelle Zusammenarbeit zu würdigen. Diese Ausstellung mit ihrem besonderen Hintergrund hätte aber auch einer Einordnung durch eine eröffnende Rede erfordert, und das war für den Gastgeber leider zeitlich nicht möglich. Daher wurde auf russischen Vorschlag hin auf diesen Programmpunkt verzichtet.

ZUSATZFRAGE: War das ein russischer Vorschlag, dass die Kanzlerin daran nicht teilnimmt?

SRS STREITER: Dass dort nicht gesprochen wird! Staatspräsident Putin hatte also offenbar zeitlich keine Gelegenheit, dort eine Öffnung zu veranstalten, bei der auch gesprochen wird, und dann hat sich das sozusagen erledigt.

ZUSATZFRAGE: Das heißt, die Kanzlerin hat ihre Teilnahme dann abgesagt. Ist das richtig?

SRS STREITER: Das geschah gegenseitig. Das ist ja kein Gefecht, sondern man hat diesen Programmpunkt dann im gegenseitigen Einvernehmen abgesetzt.

ZUSATZFRAGE: Ich erinnere noch einmal ganz kurz an meine Anfangsfrage: Was wollte die Kanzlerin denn in der Eröffnungsrede sagen?

SRS STREITER: Sie hätte vielleicht versucht, das ein bisschen einzuordnen, und hätte vielleicht noch einmal den deutschen Standpunkt zum Thema "Beutekunst" erwähnt.

FRAGE: Herr Streiter, die Eröffnung war ja ursprünglich mit den Reden von Putin und Merkel angekündigt worden. Wann ist die Bundeskanzlerin denn damit konfrontiert worden, dass Herr Putin doch keine Zeit hat? Wann hat er sich das überlegt?

SRS STREITER: Das muss irgendwann gestern gewesen sein. Das Programm ist ja relativ kurzfristig noch einmal geändert worden.

ZUSATZFRAGE: Wie hat die Kanzlerin darauf reagiert? Mit welcher Gemütsverfassung hat sie das zur Kenntnis genommen?

SRS STREITER: Darüber ist mir persönlich nichts bekannt.

ZUSATZFRAGE: Das wird zurzeit als Eklat bezeichnet. Würden Sie diese Einschätzung teilen?

SRS STREITER: Das Schöne an meiner Position ist ja, dass ich das nicht einschätzen muss.

FRAGE: Herr Streiter, aus dem Bundespresseamt kamen heute Morgen sehr verschiedene Äußerungen dazu. Erst wurde bestätigt, dass Frau Merkel selbst abgesagt habe, und dann wurde das wieder zurückgezogen. Können Sie sich diese kleine Verwirrung erklären?

SRS STREITER: Ich glaube, aus dem Bundespresseamt haben Sie heute Morgen gar keine Auskunft bekommen, sondern die Auskunft bekommen: Warten Sie einmal auf 11.30 Uhr!

ZUSATZ: Doch, wir haben die Auskunft bekommen, dass es Frau Merkel sei, die abgesagt habe.

SRS STREITER: Nein. Ich sitze ja hier, Sie haben mich gefragt, und Sie haben von mir eine Antwort bekommen.

FRAGE: Können Sie denn vielleicht noch einmal die deutsche Position zu der sogenannten Beutekunst ausführen?

SRS STREITER: Ja. Die Bundeskanzlerin und auch die gesamte Bundesregierung vertreten hierzu nach wie vor die durch das Völkerrecht gestützte Auffassung, dass die kriegsbedingt nach Russland verbrachten Objekte zurückzugeben sind. Russland hat eine davon abweichende Ansicht. Aber deshalb ist es halt wichtig, dass man auf politischer und fachlicher Ebene im Gespräch bleibt.

ZUSATZFRAGE: Gibt es darüber im Moment Gespräche?

SRS STREITER: Es gibt schon sehr lange Gespräche darüber, zuletzt im November 2012 in Moskau, wenn ich das richtig sehe. Darüber wird also schon sehr lange gesprochen, und wie es sich so anlässt, wird das vielleicht auch noch ein bisschen dauern.

ZUSATZFRAGE: Wissen Sie, ob das auch bei dieser Reise ein Thema sein sollte?

SRS STREITER: Nein, diese Reise ist ja eine Reise zur Teilnahme am Internationalen Wirtschaftsforum, und wie ich vorhin schon erwähnt hatte, wäre diese Ausstellungseröffnung sozusagen eine schöne Gelegenheit gewesen, um zusätzlich auch noch auf die enge kulturelle Zusammenarbeit einzugehen.

ZUSATZ: Aber es gibt ja noch das bilaterale Treffen und das Abendessen.

SRS STREITER: Ja, aber die Bundeskanzlerin nimmt, wie gesagt, am Internationalen Wirtschaftsforum teil. Worüber sonst noch gesprochen werden wird, kann ich ja gar nicht sagen, schon gar nicht, bevor darüber gesprochen wird.

FRAGE: Herr Streiter, diese kurzfristige Absage muss ja irgendwie als Affront aufgefasst werden. Heißt das, das ist jetzt ein weiterer Tiefpunkt in den deutsch-russischen Beziehungen?

SRS STREITER: Sie versuchen, mich zu einer Wertung hinzureißen. Das ist ein sehr dicht gedrängtes Programm. Da gibt es immer wieder einmal Änderungen. Eine Eröffnung, die nur daraus bestanden hätte, kurz durch die Ausstellung zu hetzen, wäre dieser besonderen Ausstellung auch nicht angemessen gewesen.

FRAGE: Ist der ursprüngliche Plan in Kenntnis der deutschen Position durch die russische Seite und in Kenntnis der Tatsache verabredet worden, dass die deutsche Seite diese Position dabei auch noch einmal vertreten wird?

SRS STREITER: Davon gehe ich aus. Solche Treffen werden ja vorbereitet. Die russische Seite kennt die deutsche Position schon lange, und wir kennen auch die russische Position schon lange.

FRAGE: Haben Sie irgendeinen Hinweis darauf, warum die russische Seite das jetzt abgesagt hat, abgesehen von den angeblichen Terminschwierigkeiten, die selbst Sie, glaube ich, der russischen Seite nicht abnehmen wollen?

Zweite Frage: Kann man die Rede, die Frau Merkel gehalten hätte, bekommen?

SRS STREITER: Wie ich schon erwähnte, war das den Gastgebern zeitlich nicht möglich, und für uns besteht auch kein Grund, jetzt daran zu zweifeln.

Eine nicht gehaltene Rede ist schlecht zu veröffentlichen. Sie ist dann eben nicht gehalten worden. Die Frage, was darin eventuell gesagt worden wäre, habe ich Ihnen ja schon beantwortet, als Sie mich noch einmal nach der deutschen Position gefragt hatten.

FRAGE: Sie haben gesagt, die russische Seite kennt die deutsche Position zum Thema Beutekunst und Sie kennen die russische. Können Sie uns beschreiben, wo diese Positionen nicht deckungsgleich sind und wo die Probleme liegen?

SRS STREITER: Ehrlich gesagt bin ich nicht so tief in dem Thema drin. Aber es gibt auf jeden Fall unterschiedliche Meinungen. Das kommt schon einmal vor.

VORS. WEFERS: Kann vielleicht ein Fachministerium helfen? Ich weiß nicht, welches.

SRS STREITER: Das bin ich.

VORS. WEFERS: Sie sind das Fachministerium? Sie verhandeln die Beutekunst?

SRS STREITER: Nein, der BKM. - Unsere Haltung ist, dass das zurückzuführen ist, und die russische Haltung ist, dass das nicht zurückgeführt wird.

FRAGE: Wie lange wäre der Beitrag denn ausgefallen, der verabredet war? Hätte es sich um einen halbstündigen oder einen fünfminütigen Vortrag gehandelt?

SRS STREITER: Nein, das wären ja zwei relativ kurze Grußworte gewesen. Man wollte sich die Ausstellung einfach anschauen. Wenn ein Präsident und eine Bundeskanzlerin gemeinsam eine Ausstellung eröffnen, dann wäre es ja schön, wenn man dazu etwas sagen könnte. Das war der russischen Seite leider nicht möglich, und so ist es dann halt gekommen.

ZUSATZFRAGE: Aber wäre es rein theoretisch der Bundeskanzlerin möglich gewesen, allein etwas dazu zu sagen?

SRS STREITER: Da es nicht stattfindet, ist es ihr auch nicht möglich.

FRAGE: Aber findet die Eröffnung der Ausstellung als solche doch statt?

SRS STREITER: Ja, nur nach jetzigem Stand ohne prominenten Besuch.

FRAGE: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium. Die Altaktionäre der Hypo Real Estate sind ja heute vor dem Landgericht in München mit ihrer Klage gescheitert. Wie beurteilen Sie die Entscheidung? Haben Sie Verständnis für die Enttäuschung der Anleger?

DR. SEMMELMANN: Das Gerichtsurteil hat das Vorgehen im Rahmen der Rettung der HRE bestätigt.

ZUSATZFRAGE: Haben Sie Verständnis für die Enttäuschung der Anleger?

DR. SEMMELMANN: Ich kann zwar nachvollziehen, dass sich Einzelne stärker betroffen sehen als andere, aber ich kann es nur noch einmal wiederholen: Das Gericht hat die Rettung der HRE als korrekt bestätigt.

FRAGE: Ich habe auch eine Frage an Herrn Semmelmann, und zwar dazu, was gestern in Brüssel von den Euro-Finanzministern an Regeln für direkte Kapitalhilfen aus dem ESM verabredet worden ist: Was für gesetzliche Regelungen müssen denn nun verändert werden, die der Zustimmung des Bundestags bedürfen?

Zum Zweiten: Was hat denn die Bundesregierung dazu bewogen, ihre doch relativ deutlich ablehnende Haltung in Sachen Altfallintegration beim ESM aufzugeben und jetzt doch die Tür dafür aufzumachen, dass Altfälle im ESM geregelt werden können?

DR. SEMMELMANN: Wie Sie wissen, haben wir keinen großen Spielraum für eine rückwirkende Anwendung der direkten Bankenrekapitalisierung.

Was Details der Einigungen in Luxemburg angeht, muss ich Sie allerdings auf die Pressekonferenz heute Abend oder Nacht mit Minister Schäuble in Luxemburg verweisen.

ZUSATZFRAGE: Aber können Sie mir nicht sagen, was jetzt an gesetzlichen Neuregelung nötig wird und ob zum Beispiel der ESM-Vertrag als Ganzes geändert wird?

DR. SEMMELMANN: Ich meine ganz generell: Sie wissen, dass wir die Bankenunion wollen. Wir wollen sie schnell, aber wir wollen sie auf einer sicheren Grundlage. Deswegen müssen wir sehen, was innerhalb der bestehenden Verträge machbar ist. Aber noch einmal: Ich will den Beschlüssen nicht vorgreifen.

ZUSATZFRAGE: Noch eine andere Frage zum gleichen Komplex: Können Sie mir erklären, wie diese Regelung zu verstehen ist, dass man zwar eine Deckelung der Bankenhilfen verfügt, aber dass gleichzeitig gesagt wird, dass das später wieder verändert werden kann? Ist das eine Absichtserklärung? Was für Prozesse müssen dann anlaufen, wenn man diesen Betrag in Höhe von 60 Milliarden Euro abheben will?

DR. SEMMELMANN: Das Einzige, das ich Ihnen dazu sagen kann, ist: Wir sehen uns von Fall zu Fall an, was möglich ist. Aber ich verweise wieder auf die Pressekonferenz von heute Abend.

FRAGE: Zur Lage in Griechenland: Herr Peschke, können Sie eine Einschätzung abgeben, wie sich die Lage dort aus Ihrer Sicht gerade entwickelt, was die Stabilität der Regierung angeht, und welche Auswirkungen das auf die weiteren Verhandlungen in Sachen EU, Euro etc. hat?

PESCHKE: Dazu ist es, glaube ich, noch zu früh. Wir beobachten die Ereignisse in Griechenland und auch die Beratungen innerhalb der Regierungskoalition natürlich sehr aufmerksam. Wie das weitergeht, welches Ergebnis sich daraus ergibt, welche Konsequenzen sich daraus auch für die griechische Innenpolitik ergeben, kann man jetzt noch nicht abschätzen. Insofern kann ich hier keinen weiteren Kommentar abgeben.

FRAGE: Herr Streiter, die Bundeskanzlerin und der griechische Premier waren gestern in Wien. Haben sie sich dort getroffen und über die Krise in Griechenland gesprochen?

SRS STREITER: Darüber ist mir nichts bekannt.

ZUSATZFRAGE: Wann ist die Bundeskanzlerin vom griechischen Premier zum letzten Mal über die Lage in Griechenland informiert worden, wissen Sie das?

SRS STREITER: Darüber ist mir auch nichts bekannt. Ich weiß es nicht.

FRAGE: An das Finanzministerium: Gibt es angesichts der Entwicklung, von der wir gerade sprechen, die Sorge, dass neue Unsicherheiten an die Kapitalmärkte zurückkommen können und dass möglicherweise die Euro-Staatsschuldenkrise wieder Tempo aufnimmt?

DR. SEMMELMANN: Wie Sie wissen, haben sich die Risiken stark stabilisiert, sprich die Lage ist besser geworden. Ich sehe auch keinen Grund, von dieser Einschätzung abzurücken.

FRAGE: Teilt die Bundesregierung die Ansicht von hohen Würdenträgern in Brüssel, dass, falls es zu einer weiteren Destabilisierung Griechenlands kommt, keine Gelder mehr nach Griechenland fließen werden?

DR. SEMMELMANN: Ich werde hierzu keine Spekulationen anstellen. Griechenland hat eine bisher sehr erfolgreiche Haushaltskonsolidierung durchgeführt. Dementsprechend gibt es da keinen Grund zu kritischen Spekulationen.

FRAGE: Ich habe eine etwas generelle Frage: Gilt immer noch die Unterstützung der Bundesregierung für Ministerpräsident Samaras?

SRS STREITER: Selbstverständlich, ja.

FRAGE: Die Bundesregierung hat sich bisher geweigert, sich zu der Schließung des öffentlichen griechischen Rundfunks zu äußern. In ähnlicher Weise haben auch andere Regierungen keine Position bezogen und sich nicht zu diesem Thema geäußert, aber ihre Staatssekretäre oder Minister für die Kultur haben es doch getan. Ich möchte daher gerne wissen, ob das Kulturministerium der Bundesregierung oder wie auch immer das heißt zu diesem Thema eine Position vertritt.

SRS STREITER: Da bin ich jetzt überfragt. Ich habe Ihnen diese Frage aber schon ich glaube, letzte Woche war es insofern beantwortet, als ich gesagt habe, dass wir zu dieser wirklich innergriechischen Angelegenheit wirklich gar nichts zu sagen haben. Entscheidend ist das hat die Bundeskanzlerin letztens auch in einem Telefon mit Samaras ausgedrückt , dass Griechenland sein Programm umsetzt, seine Reformen umsetzt. Wie es das macht, ist die alleinige Entscheidung von Griechenland; da haben wir nicht hineinzureden.

FRAGE: Herr Streiter, wir haben jetzt eine Situation, in der durch eine Regierungskrise in Griechenland auch die Gefahr besteht, dass diese Regierung nicht mehr existiert. Wenn diese Regierung nicht mehr existierte, würde es in Griechenland Neuwahlen geben. Diese Neuwahlen würden natürlich auch die Umsetzung des Reformprogramms verzögern oder beeinflussen.

Ich möchte also noch einmal fragen: Erstens. Sieht die Bundesregierung durch die Regierungskrise in Griechenland die Umsetzung des Programms in Gefahr?

Zweitens. Wenn Sie sagen, dass die Bundesregierung den griechischen Premier unterstützt, beinhaltet diese Unterstützung dann auch eine Unterstützung des Führungsstils des Premiers? Denn diese Regierungskrise ist ausschließlich dadurch ausgelöst worden, dass der Regierungschef ohne Absprache mit den zwei anderen Parteien die Schließung des Senders ERT angeordnet hat.

SRS STREITER: Ich versuche es noch einmal mit anderen Worten: Die Bundesregierung hat keinerlei Einfluss auf Regierungsstile. Die Bundesregierung arbeitet mit jeder rechtmäßig gewählten Regierung zusammen. Unser Verhandlungspartner ist Griechenland, und Griechenland wird für uns vertreten von der griechischen Regierung. Es gibt eine griechische Regierung. Sollte es irgendwann eine andere griechische Regierung geben, werden wir auch mit dieser griechischen Regierung zusammenarbeiten. Es steht uns aber nicht an, das innenpolitische Geschehen in Griechenland in irgendeiner Weise zu bewerten oder zu beurteilen. Für uns ist entscheidend, dass Griechenland, vertreten durch seine Regierung, die Programme umsetzt. Das ist das Einzige, was für uns entscheidend ist.

FRAGE: Sie haben eben das Telefon zwischen Merkel und Samaras erwähnt. Ist das Ihres Wissens das letzte Mal gewesen, dass die beiden miteinander gesprochen haben?

SRS STREITER: Ich weiß es jedenfalls nicht besser. Ich weiß, dass es einen relativ regen Austausch gibt es ist ja auch schon eine Weile her. Ich weiß es nicht. Die beiden werden sich vielleicht begegnet sein oder auch nicht. Ich weiß es einfach nicht.

FRAGE: Der griechische Präsident berichtet, dass es gestern in Wien zu einem Austausch zwischen Frau Merkel und Herrn Samaras gekommen sei. Wenn Sie das nicht wissen, kann man das nicht weiter besprechen. Die Frage des Kollegen Pappas vorhin war aber, wie sich die Bundesregierung im Falle der Gefährdung des Reformprogrammes verhalten wird. Ist das für Sie kein Thema? Es ist ein ja existenzielles Thema in dem Sinne, dass die Umsetzung dieses Programms von der politischen Stabilität in Griechenland abhängt.

SRS STREITER: Wir sind interessiert an der Umsetzung dieses Programms. Wenn es so gewesen sein sollte ich weiß es nicht , dass sich Herr Samaras und die Bundeskanzlerin ausgetauscht haben, dann haben sie ihre Meinungen ausgetauscht aber nicht hier, sondern unter sich.

FRAGE: Eine Frage an das Verkehrsministerium: Am Wochenende beschließen CDU und CSU ihr Wahlprogramm und wollen sich da auf ein 25-Milliarden-Euro-Paket für die Verkehrsinfrastruktur verständigen. Bleibt der Verkehrsminister daraufhin bei seiner Position, die Pkw-Maut einzuführen, und wenn ja, mit welcher Begründung?

BETHGE: Das, was Sie gerade zitiert haben bzw. worauf Sie sich beziehen, sind ja in erster Linie parteipolitische Erwägungen. Die möchte ich für das Ressort jetzt eigentlich nicht kommentieren.

Die Forderung des Ministers bezieht sich in erster Linie darauf, dass die Infrastruktur nicht weiter auf Verschleiß gefahren werden kann. Deswegen kam einer seiner Vorschläge zustande, der sich auf die Einführung einer Maut bezieht. Für den Minister ist wesentlich, dass der Infrastrukturhaushalt gestärkt wird.

FRAGE: Herr Streiter, Sie haben vor ein paar Minuten etwas über Griechenland gesagt und betont, das sei eine innenpolitische griechische Angelegenheit und deswegen könne die Bundesregierung das nicht kritisieren. Sieht die Bundesregierung nicht auch das, was gerade in der Türkei passiert, als innenpolitisches Problem, das in der Türkei selbst gelöst werden muss?

Zweite Frage: Wir wissen aus Medienberichten, wie Polizisten in Griechenland und zum Beispiel auch in Frankfurt bei den "Occupy"-Protesten gegenüber Demonstranten agiert haben. Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhalten griechischer Polizisten und das Verhalten von Polizisten gegenüber "Occupy"-Demonstranten?

SRS STREITER: Sie vermischen da jetzt zwei Sachen, die besser nicht miteinander vermischt werden sollten. Wir diskutieren ja über die Türkei im Zusammenhang mit den Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union. Die Türkei ist nicht Mitglied in der Europäischen Union, Griechenland ist Mitglied in der Europäischen Union. Es gibt, glaube ich, auch keinen Mangel an Stellungnahmen zu Ereignissen. Ich leite daraus aber keinen Drang ab, mich jetzt zum griechischen Rundfunk und anderen Dingen zu äußern. Sie vermischen da einfach Sachen, die nicht zusammengehören.

ZUSATZFRAGE: Darf man die Türkei also nur kritisieren, solange sie nur Beitrittskandidat, aber noch kein Mitglied ist?

SRS STREITER: Sie werden mich jetzt nicht auf das Glatteis führen, hier einen griechisch-türkischen Konflikt auch noch in der Bundespressekonferenz zu diskutieren.

FRAGE: Herr Peschke, ich möchte noch einmal zum Thema Syrien zurückkommen. Der französische Präsident François Hollande hat sich dafür eingesetzt, dass der neue iranische Präsident auch an der Syrien-Konferenz teilnimmt. Teilt die Bundesregierung diese französische Position?

PESCHKE: Das Thema Syrien-Konferenz haben wir hier ja verschiedentlich diskutiert. Es gibt bezüglich der Syrien-Konferenz eine Sache, die klar ist, und zwei Sachen, die nicht klar sind. Klar ist, dass die Konferenz in Genf stattfinden soll. Unklar ist der Termin der Konferenz und unklar ist auch der Teilnehmerkreis der Konferenz. Das ist eine Frage, die weiter besprochen gehört. Das war Thema beim G8-Gipfel und wird jetzt Thema beim Freundesgruppen-Treffen in Doha sein. Insofern kann ich Ihnen hier keine letztendliche Antwort geben. Es ist eine schwierige, komplexe Frage, wer da neben den Konfliktparteien vertreten sein muss, um an einer Lösung des Syrien-Konfliktes mitzuwirken. Insofern kann ich Ihnen keine abschließende Antwort geben.

Was den Iran betrifft, so wünschen wir uns seitens der Bundesregierung so hat es der Außenminister auch schon des Öfteren zum Ausdruck gebracht , dass der Iran, gerade auch jetzt nach der Präsidentschaftswahl, eine konstruktive Rolle in der Region spielt. Das betrifft natürlich zuallererst die Lage in Syrien. Wir werden sehen müssen, wie man eine konstruktive Einbindung des Iran wenn er sich konstruktiv verhält in die Lösung des Syrien-Konfliktes hinbekommt und in welchem Rahmen das möglich ist. Das ist aber eine Frage, die weiter diskutiert werden muss.

FRAGE: Eine Nachfrage zum Besuch in Sankt Petersburg: Was hat die Kanzlerin denn in der Zwischenzeit gemacht mit ihrer freien Zeit sozusagen?

SRS STREITER: Die Ausstellungseröffnung wäre ja, glaube ich, erst am Abend gewesen. Insofern kann sie einfach ein bisschen früher zurück.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 21. Juni 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/06/2013-06-21-regpk.html;jsessionid=193DD2A6CB9A6415357D77D5D2273E47.s1t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2013