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PRESSEKONFERENZ/642: Regierungspressekonferenz vom 31. Juli 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 31. Juli 2013 Regierungspressekonferenz vom 31. Juli 2013

Themen: Kabinettssitzung (erster Energieforschungsbericht, Bericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Behinderung, Änderungen zum Energiewirtschaftsrecht, Abfallvermeidungsprogramm des Bundes unter Beteiligung der Länder, Verordnung zum Fonds "Aufbauhilfe"), Reise des Bundesaußenministers nach Ägypten, Medienberichte über eine Vereinbarung zwischen den USA und Deutschland hinsichtlich einer Gewährung von Vergünstigungen gegenüber privaten Unternehmen, die technisch-militärische Dienstleistungen für die in Deutschland stationierten Truppen der Vereinigten Staaten erbringen, EZB, Schuldenschnitt für Griechenland, Verurteilung des mutmaßlichen Wikileaks-Informanten Manning, Wechsel des Vorstandsvorsitzenden von Siemens

Sprecher: SRS Streiter, Roth (BMVg), Fischer (AA), Schlienkamp (BMWi), Teschke (BMI), Kotthaus (BMF)



Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Roth: Schönen guten Tag, meine Damen und Herren! Mein Name ist Uwe Roth. Ich bin seit 2011 Angehöriger des Presse- und Informationsstabes des Verteidigungsministeriums und habe mich bislang mit Themengebieten aus dem Bereich der Streitkräftebasis beschäftigt. Dies ist heute meine Premiere in der Bundespressekonferenz, und auch in diesem Gremium freue ich mich auf die Zusammenarbeit. Danke schön!

SRS Streiter: Ich berichte kurz von der 152. Kabinettssitzung, die heute unter der Leitung von Vizekanzler Philipp Rösler stattgefunden hat.

Das Bundeskabinett hat heute den ersten Energieforschungsbericht beschlossen. Dieser Bericht gibt Auskunft darüber, wie die Erforschung von Energietechnologien im Zeitraum 2006 bis 2012 gefördert wurde. Die Bundesregierung setzt damit ihr Ziel um, Transparenz in der Förderpolitik herzustellen und über geförderte Technologielinien zu informieren. Dieser Bericht zieht eine positive Bilanz der Energieforschungspolitik der Bundesregierung in den Jahren 2006 bis 2012. Er fächert die umfassenden Maßnahmen der Bundesregierung im Bereich der Energieforschung auf. Themenschwerpunkte in diesem Zeitraum waren die Steigerung der Energieeffizienz und der Ausbau erneuerbarer Energien.

Dann hat das Kabinett den Bericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Behinderung beschlossen. Für die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist schon viel erreicht worden. Sie können so unterschiedlich leben wie Menschen ohne Behinderung. Einige von ihnen haben schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen und nehmen trotzdem weitgehend unbehindert am gesellschaftlichen Leben teil. Das ist eine erfreuliche Nachricht. Der Teilhabebericht stellt aber auch gleichzeitig fest, dass es noch viel zu tun gibt. Etwa ein Viertel erlebt große Einschränkungen.

Ein weiterer Kabinettsbeschluss betrifft Änderungen zum Energiewirtschaftsrecht. In der Verordnung geht es um die Befreiung energieintensiver Unternehmen von Netzentgelten. Entgegen dem bisherigen Verfahren wird es keine generelle Netzentgeltbefreiung mehr geben. Für die Wirtschaft und den Erhalt der Arbeitsplätze ist jedoch wichtig, dass energieintensive Unternehmen vor zu großen Belastungen zu schützen sind. Es wird deshalb kein Unternehmen vollständig befreit, sondern es gibt eine Staffelung, je nach Verbrauch.

Dann hat das Bundeskabinett heute auch das Abfallvermeidungsprogramm des Bundes unter Beteiligung der Länder beschlossen. Damit erfüllt die Bundesregierung eine Vorgabe der europäischen Abfallrahmenrichtlinie, nach der alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet sind, bis zum 12. Dezember 2013 nationale Abfallvermeidungsprogramme zu erstellen.

Zum Abschluss der Kabinettssitzung hat Vizekanzler Philipp Rösler noch auf Folgendes hingewiesen: Das Bundeskabinett wird in seiner nächsten Sitzung am 14. August, also in zwei Wochen, die Verordnung zum Fonds "Aufbauhilfe" beschließen, also den rechtlichen Rahmen für die Hilfeleistungen für die Opfer des Hochwassers. Der Bundesrat wird diese Verordnung bereits zwei Tage danach, am 16. August, in einer Sondersitzung abschließend beraten. Dies bedeutet, und darauf hat Vizekanzler Rösler hingewiesen, dass nach den bereits erfolgten Auszahlungen der Soforthilfe noch im August die ersten Gelder für die Opfer der Flutkatastrophe fließen können. Die Bundesregierung lässt die Opfer der Flutkatastrophe nicht allein. Sie können sich auf die Bundesregierung verlassen. - Das war der Bericht aus dem Kabinett.

Fischer: Guten Tag! Ich möchte Ihnen eine Reise von Außenminister Westerwelle ankündigen. Außenminister Westerwelle wird heute Nachmittag zu einer Reise nach Ägypten aufbrechen. In Kairo wird er unter anderem Gespräche mit Außenminister Fahmy, Vertretern der Übergangsregierung sowie Vertretern aller politischen Kräfte führen. Die Reise findet in enger Abstimmung mit unseren Partnern statt, insbesondere auch in enger Abstimmung mit der Hohen Vertreterin Lady Ashton, die, wie Sie alle wissen, in den vergangenen Tagen in Kairo Gespräche geführt hat.

Außenminister Westerwelle möchte sich in dieser kritischen Phase persönlich ein Bild von der Lage vor Ort machen. Er wird auf seiner Reise gegenüber allen Gesprächspartnern und allen politischen Kräften für die rasche Wiederherstellung demokratisch legitimierter Verhältnisse und die Wiederaufnahme eines inklusiven Reform- und Transformationsprozesses werben. Eine wichtige Botschaft ist auch, dass es jetzt für alle Beteiligten darauf ankommt, auf Kooperation, Gewaltverzicht und Dialog zu setzen. Der Außenminister wird am Freitagvormittag wieder in Berlin eintreffen.

Frage: Herr Schlienkamp, ich möchte wissen, ob der alleinige Anlass für diese Netzentgeltregelung die Bedenken der EU-Kommission waren oder ob es sonst noch einen Anlass für diesen Schritt gab. Quantitativ ist das ja nämlich eine etwas vernachlässigbare Größe.

Schlienkamp: Es sind, glaube ich, zwei Gründe oder mehrere Gründe gewesen. Zum einen wissen Sie, dass es natürlich eine intensive Diskussion über die Komplettbefreiung gegeben hat, die 2011 neu eingeführt worden ist. Insofern hat die Bundesregierung, glaube ich, mit dem heutigen Ergebnis auch den richtigen Entschluss getroffen. Aber natürlich hatten wir auch eine Debatte im Zusammenhang mit der EU-Kommission; Sie kennen die Diskussion ja. Insofern ist auch der heutige Beschluss, glaube ich, ein starkes Signal des Entgegenkommens gegenüber der Europäischen Kommission.

Zusatzfrage: Ich würde gerne wissen, ob sich Herr Westerwelle im Rahmen seiner Reise wie auch Lady Ashton um ein Gespräch mit Herrn Mursi bemüht hat, wie diese Frage im Zweifelsfall beschieden worden ist und wen Herr Westerwelle aufseiten der Mursi-Fraktion treffen wird.

Fischer: Ich glaube, ich kann nicht in die genauen Details der Reiseplanung einsteigen. Aber nach meinem derzeitigen Kenntnisstand gibt es derzeit keine entsprechenden Planungen für ein Gespräch mit Herrn Mursi. Der Außenminister wird, wie ich gesagt habe, Gespräche mit Vertretern aller politischen Kräfte führen. Hierzu gehören auch Vertreter der Muslimbrüder.

Frage: Ich habe Fragen zur gestrigen Berichterstattung von "Frontal21", zunächst an das Auswärtige Amt. Darin wurde eine Verbalnote von 2003 gezeigt, die sich auf eine Vereinbarung, also ein "arrangement", von 2001 zwischen der US-Regierung und der Bundesrepublik bezieht. Die erkennt Ausnahmeregelungen und Vorteile zu, nämlich für Unternehmen, die Leistungen im Bereich analytischer Aktivitäten für amerikanische Streitkräfte in der Bundesrepublik erbringen. Das klingt nach einer Spionage-Sondererlaubnis. Jetzt wäre die Frage an das Auswärtige Amt: Was sind "analytische Aktivitäten"? Was sind "Ausnahmeregelungen und Vorteile"? Ist dieses "arrangement" noch in Kraft?

Fischer: Ich glaube, ich muss dazu ein bisschen ausholen. Die Rechtsgrundlage für eine Gewährung von Vergünstigungen an private Unternehmen, die technisch-militärische Dienstleistungen für die in Deutschland stationierten Truppen der Vereinigten Staaten erbringen, sind das Nato-Truppenstatut aus dem Jahr 1951, das Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut aus dem Jahr 1959 und eine Rahmenvereinbarung aus dem Jahr 2001, auf die Sie angespielt haben und die 2005 noch einmal geändert worden ist. All diese Regelungen sind im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und jedermann jederzeit zugänglich. Eine Gewährung von Vergünstigungen erfolgt auf der Grundlage dieser gesetzlichen Regelungen und Vereinbarungen seit Jahrzehnten vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren fortschreitenden Privatisierung von technisch-militärischen Aufgaben der US-Streitkräfte auch in Deutschland.

Die nach diesen Regelungen vorgesehenen Vergünstigungen sind ausschließlich solche, die auch den US-Streitkräften oder ihrem Personal nach den Regeln des Truppenstatuts und seines Zusatzabkommens eingeräumt werden. Im Kern geht es dabei um die Befreiung von gewerberechtlichen Genehmigungen durch Behörden der Länder und Kommunen. Das Nato-Truppenstatut - das wissen Sie aus der vergangenen Diskussion - sieht ausdrücklich vor, dass all diese Tätigkeiten unter Beachtung des deutschen Rechts erfolgen müssen.

Zusatzfrage: Können Sie noch sagen, was in diesem Zusammenhang "analytische Aktivitäten" sind?

Fischer: Ich müsste mich noch einmal schlau machen, aber letztlich ist es so, dass es hierbei um technisch-militärische Dienstleistungen geht, die im Rahmen des Truppenstatuts möglich sind.

Zusatzfrage: Herr Streiter, die Bundeskanzlerin hatte noch einmal angekündigt, sie wolle das Auswärtige Amt auffordern, nach Vereinbarungen zu suchen, die Sonderrechte für befreundete Staaten in Deutschland gewähren. Ist das geschehen?

Eine Frage an das Auswärtige Amt: Gibt es inzwischen ein Ergebnis?

SRS Streiter: Ganz offensichtlich ist das Auswärtige Amt ja da tätig. Wir hatten dieses Thema ja auch schon am letzten Montag angesprochen, und der Kollege hat Ihnen hier schon sehr sachkundig Auskunft zu einem Fernsehbericht von gestern gegeben.

Zusatzfrage: Ist das also geschehen? Ist die Prüfung abgeschlossen?

Fischer: Wir haben diese Dinge geprüft, und in der Diskussion gab es auch immer die Frage der Aufhebung der alten Vorbehalte aus dem Jahr 1968. An diesen Dingen sind wir weiterhin dran und gehen ihnen sozusagen in der Tiefe nach.

Frage: Herr Streiter, Herr Fischer, können Sie sagen, ob die Verbalnote noch in Kraft ist? Die hat ja die Nummer 503-554.60/7 USA. Die ist mit dem deutschen Stempel vom 11. August 2003 versehen. Ist diese Regelung noch in Kraft? Was hat man sich unter "analytical activities" wirklich vorzustellen? Was umfasst das, bitte?

SRS Streiter: Ich kann Ihnen dazu gar nichts sagen, weil, wie die Kollegin ja eben schon richtig gesagt hat, die Bundeskanzlerin das Auswärtige Amt gebeten hatte, diesen Dingen nachzugehen, und das Auswärtige Amt ist ja offensichtlich dabei, dies zu tun. Deshalb kann ich Ihnen ein Ergebnis noch gar nicht nennen, weil es noch gar kein Ergebnis gibt.

Zusatzfrage: Herr Streiter, wie kann es sein, dass eine Regelung, die man innerhalb von wenigen Sekunden im Internet finden kann, der Bundesregierung nach fast zweiwöchiger Prüfung immer noch nicht bekannt ist beziehungsweise Sie nicht sagen können, was diese Regelung eigentlich regelt? Wie verträgt sich das mit der Aussage der Bundeskanzlerin vom 19. Juli hier, dass es das ihres Wissens gewesen sei, wenn die Verbalnoten aus dem Jahr 1968, die Herr Fischer ja auch erwähnt hat, dann aufgehoben wären? Mit anderen Worten: Weiß die Bundeskanzlerin nichts über den Verbalnotenaustausch aus dem Jahr 2001 und möglichen Erneuerungen? Ist sie nach wie vor nicht über die Rechtsgrundlagen oder die Vertragsgrundlage informiert, an die sich die Amerikaner hierzulande zu halten haben?

SRS Streiter: Ich verstehe Ihre Frage überhaupt nicht, weil sich die Bundeskanzlerin hier ja eindeutig geäußert hat und mitgeteilt hat, dass das Auswärtige Amt all diese Dinge prüft und all diesen Dingen nachgeht. Das Auswärtige Amt tut das und hat Ihnen hier ja schon erste Auskünfte gegeben. Deshalb verstehe ich das Problem also gar nicht.

Zusatz: Dann ist mein Problem, Herr Fischer, dass ich Sie vielleicht bei der Erklärung dessen, was das bedeutet, nicht verstanden habe.

Fischer: Zum einen geht es sozusagen um technisch-militärische Dienstleistungen - das hatte ich ja erwähnt -, und dabei geht es vor allem um die Befreiung von gewerberechtlichen Genehmigungen durch Behörden der Länder und Kommunen.

Zusatzfrage: Trifft es denn zu, dass das Auswärtige Amt allein in den Jahren 2009 bis 2013 ein gutes Dutzend Ausnahmegenehmigungen auf der Basis des Art. 72 - meistens des Abs. 4 - des Nato-Truppenstatuts gewährt hat, in denen es auch um nachrichtendienstliche Tätigkeiten auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geht? Worum handelt es sich dabei?

Fischer: Sehen Sie es mir nach, dass ich Ihnen an dieser Stelle keine genaue Zahl von Ausnahmeregelungen nennen kann. Ich kann immer nur noch einmal wiederholen: Es geht hierbei um technisch-militärische Dienstleistungen. Ich glaube, all die anderen Dinge, nach denen Sie gefragt haben, müssten wir dann gegebenenfalls noch einmal bilateral aufnehmen.

Zusatz: Das ist ja im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden.

Fischer: Genau. Aber das Bundesgesetzblatt liegt mir in dieser Form derzeit nicht vor.

Zusatzfrage: Was sind "militärisch-technische Dienstleistungen"? Umfasst das Spionage, Gegenspionage, Kryptiergeräte oder Dechiffriergeräte? Was ist das?

Fischer: Darüber müsste ich mich, wie gesagt, schlau machen, und dann würde ich mich noch einmal bei Ihnen melden.

Vorsitzender Leifert: Vielleicht können wir so verbleiben, Herr Fischer, weil das Interesse nicht nur bei Herrn Brodbeck besteht und weil das auch andere Kollegen interessiert, dass Sie das dann auch über unseren Verteiler laufen lassen.

Frage: Ich habe noch einmal eine Standardfrage an Herrn Fischer. Die Bundeskanzlerin hatte am 19. angekündigt, die Verhandlungen über die Aufhebung der letzten alliierten Vorbehaltsrechte, was das Lauschen angeht, also die Note aus dem Jahr 1968 zum G-10-Gesetz, schnellstmöglich abzuschließen. Was heißt "schnellstmöglich"? Wie weit sind Sie dabei gekommen? Wie ist Ihr Zeithorizont?

Fischer: Ich kann ihnen dazu sagen, dass die Gespräche noch andauern. Ich kann Ihnen heute keinen genauen Zeitpunkt nennen, an dem die Gespräche beendet sein werden. Aber natürlich gilt für uns weiterhin "so schnell wie möglich", und deshalb bleiben wir in dieser Frage auch am Ball.

Zusatzfrage: Rechnen Sie mit einem Abschluss noch vor der Bundestagswahl?

Fischer: Wenn ich "so schnell wie möglich" sage, dann meine ich auch "so schnell wie möglich".

Frage: Herr Fischer, Sie sagten, es handele sich bei dieser Verbalnote vor allem darum, dass die Firmen von gewerberechtlichen Bestimmungen befreit werden. Aber schließen Sie denn aus, dass auch - vielleicht nur ein paar - Befreiungen von irgendwelchen strafrechtlichen Bestimmungen dabei sind, beispielsweise Spionage?

Fischer: Wie gesagt: Das findet alles auf Grundlage des Nato-Truppenstatuts statt, das Sie auch kennen und das für die Nato-Streitkräfte in Deutschland gilt. Was diese Privatunternehmen angeht, geht es vor allen Dingen um gewerberechtliche Genehmigungen.

Frage: Stellt das die Firmen also praktisch den Soldaten gleich, damit sie dann nicht wie Privatfirmen behandelt werden?

Fischer: Zum Beispiel.

Frage: Gibt es denn jenseits des Nato-Truppenstatuts, und zwar dieses Art. 72 Abs. 4 - Abs. 3 und Abs. 5 wurden, glaube ich, auch häufiger genutzt -, sowie der Verbalnote von 1968, um deren Aufhebung sich die Bundesregierung ja bemüht, weitere Regularien im auch wirklich weiteren Sinne, die die Arbeitsbedingungen amerikanischer Geheimdienste auf bundesdeutschem Gebiet regeln? Gibt es bilaterale Memoranda of Understanding zwischen deutschen und amerikanischen Diensten, zwischen der Bundesregierung und der US-Regierung, die Derartiges regeln?

Was ich immer nicht verstanden habe: Ist diese viel zitierte Verbalnote noch in Kraft?

Fischer: Was die Geheimdienste angeht, müssten Sie wahrscheinlich das zuständige Ministerium ansprechen.

Was die Verbalnote aus dem Jahr 1968 angeht, haben wir häufiger gesagt: Sie gilt noch, aber - - -

Zusatzfrage: Entschuldigung, da habe ich mich unklar ausgedrückt. Ich meine die aus dem Jahr 2001. Ist die noch in Kraft? Frau Geuther hatte das ja auch angesprochen.

Fischer: Ja, nach meiner Kenntnis.

Zusatzfrage: Herr Streiter, gibt es Ihrerseits mittlerweile Kenntnis über weitere Vereinbarungen jenseits der 68er-Verbalnote?

SRS Streiter: Nein, das ist mir nicht bekannt.

Teschke: Wir wären dann ja nur hinsichtlich des BfV betroffen, und dazu ist mir ebenfalls nichts bekannt.

Ansonsten kann ich nur darauf verweisen, dass uns Frau Monaco im Gespräch mit dem Minister gesagt hat, dass sie sich für die Aufhebung des 68er-Abkommens einsetzen wird.

Frage: Nur noch einmal, um sicherzugehen: Es hieß in der Diskussion um die Vereinbarungen aus den 60er-Jahren, das zuständige Ministerium sei das Auswärtige Amt. Da es im Zweifel um Verbalnoten oder um Memoranda of Understanding geht, noch einmal die Frage: Haben Sie Kenntnis von weiteren solchen Vereinbarungen?

Fischer: Ich persönlich habe davon keine Kenntnis.

Frage: Nur zum Verständnis: Können Sie uns erklären, warum es so lange dauert, herauszufinden, welche Verträge, Vereinbarungen die Bundesrepublik Deutschland mit den Amerikanern auf diesem Feld hat?

Fischer: Ich habe nicht das Gefühl, dass das lange dauert.

Zusatzfrage: Was wäre für Sie "zeitnah"?

Fischer: Wie gesagt: Wir sind zeitnah an der Aufklärung der Dinge und sind durchaus vorangekommen, was zum Beispiel die Verbalnoten aus dem Jahr 1968 angeht, wo wir im engen Gespräch mit unseren Partnern sind.

Zusatzfrage: Das heißt also, acht Wochen ist noch nicht lange? So lange läuft ja die Affäre insgesamt.

Fischer: Ich will hier jetzt keine Wertung vornehmen. Es sind hochkomplexe Prozesse, zu denen wir mit unseren Partnern und Freunden im Gespräch sind.

Frage: Ich würde gerne von Ihnen, Herr Streiter, oder von Ihnen, Herr Kotthaus, gerne wissen, ob die Bundesregierung eine Haltung zu der inzwischen auch in der Politik diskutierten Frage einer größeren Transparenz bei der EZB in Sachen Veröffentlichung von Sitzungsprotokollen und Ähnlichem hat. Hintergrund ist, dass die Politik durchaus mit der EZB bei der Bewältigung der Staatsschuldenkrise Hand in Hand arbeitet und von daher durchaus auch daran interessiert sein muss, was vonseiten des anderen großen Handelnden geschieht.

SRS Streiter: Da Herr Kotthaus am Montag schon so nett war, Ihnen diese Frage zu beantworten - - -

Zuruf: Montag war ich nicht da! Da hat er sie nicht beantwortet.

SRS Streiter: Dann war es ein Kollege. Ich bitte um Entschuldigung!

Kotthaus: Am Montag habe ich so schön gesagt, dass wir einen hohen Respekt vor der Unabhängigkeit der EZB haben. An diesem Respekt hat sich auch am Mittwoch nichts geändert. Das führt dazu, dass wir uns gerade bei solchen internen Regelungen, was wo wie veröffentlicht wird, einfach außen vor halten, das nicht kommentieren und nicht begleiten.

Frage: Ich möchte gerne von Herrn Kotthaus oder vielleicht auch von Herrn Streiter wissen, ob es eine Reaktion auf den Bericht des IWF über Griechenland gibt. Dieser Bericht von heute besagt, dass Griechenland in den nächsten Jahren einen Schuldenschnitt braucht und Geld benötigt. Bis jetzt war die Haltung der Bundesregierung so, dass ein solcher Schuldenschnitt nicht nötig ist.

SRS Streiter: Ich kann nur sagen: Die Bundeskanzlerin sieht einen Schuldenschnitt nicht. Weiter kann Ihnen auch bestimmt in diesem Falle Herr Kotthaus helfen.

Kotthaus: Dazu hat sich auch der Minister am Wochenende in mindestens zwei Interviews geäußert. Sie kennen seine Position. Es gibt die klare Verabredung, dass wir nach Ablauf des Programms prüfen, ob Griechenland weitere Hilfen braucht. Das hat der Minister auch schon in der Debatte im Bundestag gesagt, als es um die Zustimmung des neuen Griechenland-Programms ging. Dafür sind bestimmte Bedingungen erforderlich, nämlich die Griechen müssen ihre Programm erfüllt haben und Ähnliches mehr. Das muss man prüfen. Ob das notwendig sein wird, muss man dann sehen, wenn das Programm so weit ist.

Der Minister sieht aber gleichzeitig - das haben Sie in der "BamS" lesen können - einen zweiten Schuldenschnitt genauso wenig wie die Kanzlerin.

Wenn Sie sich die Mühe gemacht haben, heute auch noch die zahlreichen anderen Äußerungen zu Griechenland zu lesen - zum Beispiel die des griechischen Finanzministers, der wiederum sagt: Das ist alles gut. Das läuft schön. Das haben wir alle im Griff. -, dann muss man auch einmal sagen: Das Programm entwickelt sich. Es gibt regelmäßige Überprüfungen Wir haben jetzt gerade festgestellt, dass die Meilensteine positiv erreicht worden sind.

Den Bericht, den Sie zitieren, kenne ich nicht. Wie gesagt: Die Frage des Schuldenschnitts hat diese Bundesregierung, glaube ich, mehrfach eindeutig beantwortet.

Zusatzfrage: Der IWF scheint zu wissen, dass sich die anderen Mitgliedstaaten schon entschieden haben, dass Griechenland in diesem Herbst noch Geld brauchen wird. Sie sprechen von vier Prozent des BIP. Es gibt also eine Lücke.

Kotthaus: Auch zu der Lücke hat sich gerade der griechische Finanzminister geäußert, der gesagt hat, dass es keine Lücke gibt. Es gab in der Vergangenheit - das können Sie heute alles selber in den Zeitungen nachlesen - immer wieder Situationen, wo es scheinbar Lücken gab. Es ist in dem Programm klar verabredet, dass Griechenland den Weg sucht, diese Lücken zu schließen. Das ist auch bis jetzt jedes Mal gelungen. Ich kann daher nicht erkennen, warum ich an einem Tag, an dem die Subtranche ausgezahlt wurde, aufgrund der Tatsache, dass die Griechen ihr Programm erfüllt haben, schwer darüber spekulieren muss, was eventuell kommt.

Noch einmal: Die "milestones" sind erreicht. Das bedeutet auch, dass das Programm, da die Troika grünes Licht gegeben hat, aus deren Perspektive durchfinanziert ist. Mehr ist dazu momentan nicht zu sagen.

Frage: Herr Kotthaus, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, war ein wesentliches Argument Ihres Ministers gegen einen weiteren Schuldenschnitt die Rechtslage, die es, wenn einmal ein Schuldenschnitt eingetreten ist, quasi für unmöglich hält, zum Beispiel Griechenland weiter Geld zur Verfügung zu stellen oder Garantien für Programme zu übernehmen, die dieses tun. Habe ich das richtig verstanden?

Kotthaus: Es gibt verschiedene Aspekte. Ein wesentliches Argument, das der Minister gerade letzte Woche noch einmal ausdrücklich genannt hat, ist, dass ein zweiter Schuldenschnitt auch dazu führen würde, dass das gerade wiedergewonnene Vertrauen in die Eurozone dadurch nicht wirklich gestärkt wird. Sie kennen die Grundannahme, dass wir es in den letzten anderthalb Jahren durch zahlreiche Maßnahmen, durch harte Reformen und klares Konsolidieren geschafft haben, tatsächlich das Vertrauen in die Eurozone wieder zu stärken. Die Investoren kommen zurück. Das können Sie an den Staatsanleihen, an den Preisen und Ähnlichem mehr erkennen.

Der Minister hat gerade in der letzten Woche auch als Argument genannt, dass ein zweiter Schuldenschnitt genau dieses Vertrauen wieder unterminieren würde. Es gibt also viele Gründe, die dagegen sprechen.

Noch einmal: Die Positionierung der Bundesregierung zu dieser Frage ist glasklar. Das hat der Minister in Athen klargemacht, das hat er hier mehrfach klargemacht. Es macht, glaube ich, keinen Sinn, wie ein Flummi immer wieder vor die Wand zu titschen und das Gleiche zu hören. Es ist klar, dass diese Bundesregierung einen solchen zweiten Schuldenschnitt nicht sieht.

Zusatz: Ich versuche es trotzdem noch einmal mit dem Titschen: Wenn ich die juristische Argumentation richtig verstanden habe, teilen Sie die Auffassung, dass mit dem Erreichen eines Primärüberschusses dieses Argument hinfällig wäre.

Kotthaus: Die Frage des Primärüberschusses ist deswegen wichtig, weil in dem Programm vereinbart worden ist, dass man sich für den Fall, dass Griechenland einen Primärüberschuss erreicht, dass Griechenland das Programm ansonsten auch komplett absolviert, abarbeitet und für den Fall, dass weitere Hilfen notwendig sein könnten, darüber beugen und gucken würde, was man tun kann. Da endet es aber dann auch.

Das Argument, das wir schon einmal vor mehreren Monaten diskutiert haben - Was würde es für den Fall bedeuten, dass ein Schuldenschnitt erfolgen würde, respektive dadurch die Problematik entstehen würde, dass Sie Garantien eines Staates nicht mehr geben können, weil dadurch die Gewährleistung nicht mehr gegeben ist, dass das Geld zurückgezahlt wird - wenn das Geld nicht zurückgezahlt werden kann, können Sie keine Garantien geben; das ist rechtlich so vorgegeben -, ist eines der vielen Argumente. Aber es ist nur eines von vielen. Die Frage des Primärüberschusses ist vor allen Dingen bei der Frage relevant, ob die Griechen ihr Programm dementsprechend erreichen und ob man dann schauen muss, ob es nach 2014 weiteren Bedarf gibt.

Zusatzfrage: Löst jetzt der Primärüberschuss dieses eine Argument auf? Ja oder Nein?

Kotthaus: Das kann man so verkürzt nicht sagen. Was heißt Primärüberschuss? Wie dauerhaft ist das? Was ist passiert? Was ist umgesetzt? Welche weiteren Sachen sind erforderlich? Ich kann einfach nicht spekulativ über irgendwelche Szenarien nachdenken, die doch ab jetzt erst in einem gewissen längeren Zeitraum zu erwarten sind. Die Frage des Primärüberschusses wird sich erst in einem gewissen Zeitraum - wir haben jetzt gerade erst einmal Juli 2013 - ergeben. Wir reden hier von Mitte 2014. Ich weigere mich, ein Szenario festzuhämmern, das ab jetzt zwölf Monate plus vor uns liegt.

Wie gesagt, der Primärüberschuss wird gerade ausdrücklich in dem Bereich des zweiten Programms bei der Frage formuliert, ob eventuell weitere Hilfen möglich sind. Dafür ist eine der Bedingungen, dass ein Primärüberschuss erreicht wird.

Frage: Herr Kotthaus, würden Sie sagen, dass dieser IWF-Bericht zurzeit nicht hilfreich ist?

Kotthaus: Da ich den Bericht nicht einmal kenne, kann ich einen Bericht, den ich nicht kenne, schlecht als hilfreich oder wenig hilfreich bezeichnen. Ich habe nur versucht, Ihnen darzustellen, dass es offensichtlich, wenn dieser Bericht so ist, wie Sie ihn geschildert haben, heute in der Presse verschiedene Stimmen zu der gleichen Sachlage gibt. Sie können dann trefflich abwägen, welche Ihnen besser gefällt.

Wenn man sich auf die Fakten zurückzieht: Es hat gerade einen Bericht der Troika gegeben, der gesagt hat, dass die "milestones" erreicht sind und dass das Programm durchfinanziert ist. Deswegen hat heute der EFSF die nächste Tranche an Griechenland ausgeschüttet. Deshalb habe ich hier wirklich Schwierigkeiten, heute über die Frage "Was wäre, wenn?" zu spekulieren.

Frage: Ich wollte Herrn Streiter fragen, ob die Bundesregierung irgendeinen Kommentar zu der Verurteilung von Bradley Manning in den Vereinigten Staaten von Amerika abgeben kann. Es gibt doch eine gewisse Parallele zu dem Fall Snowden, über den die Bundesregierung ja ausgiebig gesprochen hat.

SRS Streiter: Da muss ich Sie enttäuschen: Leider nein.

Zusatzfrage: Eine Frage zum neuen Chef bei Siemens. Sie hatten auch Montag von "ruhigem Fahrwasser" gesprochen. Erwarten Sie das jetzt?

SRS Streiter: Wir hoffen das.

Zusatzfrage: Sie haben keinen Kommentar zu der speziellen Personalie?

SRS Streiter: Nein, den kann ich Ihnen nicht geben.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 31. Juli 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/07/2013-07-31-regpk.html;jsessionid=303C82E843B30720EE259E0D553FD133.s2t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2013