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PRESSEKONFERENZ/666: Regierungspressekonferenz vom 18. September 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 18. September 2013
Regierungspressekonferenz vom 18. September 2013

Themen: Kabinettssitzung (Mindestlohnverordnungen, Jahresbericht des Zentrums für Kinderschutz im Internet, 40. Jahrestag des Beitritts der Bundesrepublik Deutschland und der DDR zu den Vereinten Nationen), Kontrolle und Vernichtung von Chemiewaffen in Syrien, Berichterstattung über den Bundeswehr-Panzer Puma, Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung von Managergehältern, Ausbau der Kita-Plätze für unter Dreijährige, Medienbericht über eine angeblich geplante Ablösung des GIZ-Vorstandsmitglieds Tom Pätz, Haltung der Bundesregierung in der Europapolitik

Sprecher: StS Seibert, Paris (BMVg), Schwartz (BMWi), Peschke (AA), Wendt (BMAS), Zimmermann (BMJ), Steegmans (BMFSFJ), Reifschneider (BMZ)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Da dies die letzte Kabinettssitzung vor der Bundestagswahl war, habe ich Ihnen etwas Statistik mitgebracht, weil es immer Freunde der Statistik gibt.

Es war die 158. Sitzung des Bundeskabinetts. 154 dieser Sitzungen hat die Bundeskanzlerin geleitet; die übrigen wurden von den Vizekanzlern Westerwelle und Rösler geleitet. Bis einschließlich letzte Woche wurden dabei 1.863 Kabinettsvorlagen behandelt, davon 491 Gesetzentwürfe, 215 Verordnungen und 36 allgemeine Verwaltungsvorschriften.

Dann kann ich Ihnen noch sagen, dass die Mitglieder der Bundesregierung im Bundestag insgesamt 47 Regierungserklärungen bisher in dieser Wahlperiode abgegeben haben, die Bundeskanzlerin mit 24 Regierungserklärungen die meisten.

So viel für die Freunde der Statistik.

Dann hat sich heute das Bundeskabinett dem Thema Mindestlohnverordnungen in drei verschiedenen Fällen angenommen und die von der Bundesarbeitsministerin vorgelegten Verordnungen zur Kenntnis genommen.

Dabei geht es zunächst einmal um das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk, insgesamt 11.000 Arbeitnehmer. Dort ist nun erstmals eine Entgeltuntergrenze festgelegt worden.

Dann geht es um die Branchen Gebäudereinigung und Baugewerbe. Bei denen gibt es neue tarifliche Mindestlöhne. Das sind Folgeverordnungen. Die tariflichen Mindestlöhne für die Gebäudereiniger werden ab dem 1. November 2013 stufenweise angehoben, die Mindeststundenlöhne für das Baugewerbe ab dem 1. Januar 2014. Ab 2017 wird für ungelernte Arbeiter ein bundesweit einheitlicher Mindestlohn von 11,30 Euro erreicht.

Damit gibt es dann ab dem 1. Oktober dieses Jahres in zwölf Branchen tarifliche Mindestlöhne in Deutschland. Ich füge noch hinzu, dass diese Bundesregierung davon tarifliche Mindestlöhne in sieben Branchen eingeführt hat. Es gab noch keine Bundesregierung, die in so vielen Branchen Mindestlöhne eingeführt hat. Ich will Ihnen die Branchen noch einmal nennen: Das sind die Abfallwirtschaft, Aus- und Weiterbildung, Baugewerbe, Dachdeckerhandwerk, Elektrohandwerk, Gebäudereinigung, Gerüstbauerhandwerk, Maler- und Lackiererhandwerk, Pflegebranche, Sicherheitsgewerbe, Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk - das ist das neue - sowie Lohnuntergrenzen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der Zeitarbeit.

Das war das.

Anschließend hat das Bundeskabinett den Jahresbericht des Zentrums für Kinderschutz im Internet (I-KiZ) zur Kenntnis genommen und die von Bundesministerin Schröder dazu vorgelegte Stellungnahme beschlossen. Ich möchte ein bisschen ausholen: Die Bundesministerin hatte im November 2010 einen Dialog Internet mit allen relevanten Stellen auf diesem Gebiet begonnen. Aus dessen Empfehlungen ist das Zentrum für Kinderschutz im Internet (I-KiZ) hervorgegangen. Das ist eine von der Bundesregierung initiierte Plattform, in der Fachleute aller relevanten Stellen zusammenarbeiten: Vertreter des Bundes, der Länder, der Landesmedienanstalten, des Jugendmedienschutzes, der Strafverfolgung, der Wissenschaft und natürlich auch der Anbieter und ihrer Verbände sowie Selbstkontrolleinrichtungen. Das Ziel ist, Lösungen zu entwickeln, um Risiken für Kinder und Jugendliche im Internet zu begrenzen und um Kompetenzvermittlung zu fördern, Vorsorge und technischen Schutz.

Der Bericht enthält nun erste Ergebnisse und Empfehlungen, wie die nächsten konkreten Schritte aussehen könnten, um Jugendliche und Kinder besser zu schützen. Dabei geht es im Wesentlichen darum, dass die Belange des Kinder- und Jugendschutzes schon bei der Entwicklung von Endgeräten und mobilen Endgeräten beachtet werden sollen. Die Fachleute nennen das "safety by design". Es geht darum, dass ein umfassendes Rat- und Hilfesystem für Kinder und Jugendliche im Netz entwickelt werden soll. Es geht darum, dass wir auf nationaler und internationaler Ebene Kooperationen ausbauen, damit zum Beispiel die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Internet besser verhindert werden kann.

Der Bundesaußenminister hat anschließend kurz daran erinnert, dass heute genau vor 40 Jahren beide deutschen Staaten - die damalige Bundesrepublik und die DDR - als 133. und 134. Mitglied den Vereinten Nationen beigetreten sind. Im Falle der DDR endete die UN-Mitgliedschaft durch ihren Beitritt in den Geltungsbereich des Grundgesetzes am 3. Oktober 1990. Dazu gibt es heute eine Feierstunde im Auswärtigen Amt.

Ich kann Ihnen noch dazu sagen, dass die Bundeskanzlerin aus diesem Anlass der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen gratuliert und unterstrichen hat, dass sich Deutschland in diesen 40 Jahren zu einem engagierten und respektierten UN-Mitglied entwickelt hat. Sie hat betont, dass die UN ein Höchstmaß an Legitimität für die Beantwortung der existenziellen globalen Fragen von Krieg und Frieden und für die Lösungen der zentralen Zukunftsprobleme hat. Deutschland wird auch in Zukunft ein verlässlicher Partner der Vereinten Nationen bleiben und ein starker Verfechter ihrer Ziele. Das zeigt sich auch ganz aktuell an den Beratungen zu Syrien in den Vereinten Nationen. Dazu möchte ich Ihnen jetzt noch kurz etwas sagen.

Wir hatten hier schon am Montag darüber gesprochen, dass die Bundesregierung die Einigung, die zwischen den USA und Russland über die Vernichtung der syrischen C-Waffen ausgehandelt worden ist, ausdrücklich begrüßt. Aktuell finden Gespräche der Sicherheitsratsmitglieder über eine Resolution des UN-Sicherheitsrates statt. Dabei spricht sich die Bundesregierung mit Nachdruck für eine starke Sicherheitsratsresolution aus. Sie muss die Umsetzung dieser amerikanisch-russischen Vereinbarung ermöglichen. Auch die Androhung von Konsequenzen sollte darin enthalten sein für den Fall, dass das Assad-Regime die Vereinbarung nicht einhält. Der UN-Sicherheitsrat muss nach unserer Auffassung dem syrischen Regime ein sehr deutliches Zeichen setzen, nämlich dass Syrien nicht auf Zeit spielen kann, sondern nun, wie vereinbart, umgehend seine Bestände an Chemiewaffen offenlegen und eine internationale Kontrolle und Vernichtung der Waffen ermöglichen muss.

Der am Montag vorgestellte Bericht des UN-Inspektorenteams, der sogenannte Sellström-Bericht, lässt keinen Zweifel daran, dass am 21. August in der Region Ghuta Sarin in großem Ausmaß eingesetzt wurde. Es ist gut, dass dies jetzt von einer unabhängigen, neutralen Seite bestätigt worden ist.

Wie der Außenminister bereits erklärt hat, sprechen die Indizien aus den Untersuchungsergebnissen klar dafür, dass das Assad-Regime hinter diesem Chemiewaffeneinsatz steht. Die Ergebnisse bestätigen damit unsere Annahme, dass nur das Regime über Material und Fähigkeiten für einen derart großflächigen Chemiewaffeneinsatz besaß.

Für uns, für die Bundesregierung, bleibt ganz besonders wichtig, dass der politische Prozess zur Lösung des Syrien-Konflikts jetzt endlich in Gang kommt, damit der syrische Bürgerkrieg, der ja unvermindert fortgesetzt wird, zulasten der Menschen in diesem Land ein Ende findet.

Paris: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ich möchte eine Erklärung zu einer Berichterstattung im "Trierischen Volksfreund" abgeben. In der heutigen Ausgabe wird unter der Überschrift "Bundeswehr-Panzer Puma wird 1,2 Milliarden Euro teurer" ein falscher Sachverhalt ausgeführt.

Der in diesem Artikel vermittelte Eindruck, die Steuerzahler müssen für das Rüstungsprojekt Puma 1,2 Milliarden Euro mehr aufbringen, ist schlichtweg falsch. Der Bericht vergleicht hier Äpfel mit Birnen. Der neu zu entwickelnde Schützenpanzer Puma wurde Anfang des vergangenen Jahrzehnts als Ablösung des damals schon über 30 Jahre alten Schützenpanzers Marder projektiert. Im Jahr 2009 wurde schließlich der Beschaffungsvertrag über die Fahrzeugplattform - in einfachen Worten gesagt: über den "nackten" Panzer - in Höhe von 3,1 Milliarden Euro für 405 Stück Schützenpanzer Puma geschlossen. Das entspricht einem Stückpreis von rund 7 Millionen Euro für den von mir genannten "nackten" Panzer. Schon zu diesem Zeitpunkt, im Jahr 2009, war klar, dass vor allem für die Bewaffnung und für weitere hochwertige Zusatzsysteme bis zur Einführung des Gesamtsystems Puma weitere Haushaltsmittel benötigt werden. Deshalb ist man schon im Jahr 2009 von einem sogenannten Systempreis von rund 4,3 Milliarden Euro ausgegangen. Das entspricht einem Stückpreis von rund 10 Millionen Euro pro Panzer.

Im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr hat das Verteidigungsministerium mit dem Auftragnehmer über die Reduzierung der Stückzahl verhandelt. Im Ergebnis werden nicht mehr 405, sondern nur noch 350 Puma-Panzer abgenommen. Auf dem Papier entspricht diese Reduzierung von 405 auf 350 einem Volumen von rund 340 Millionen Euro. Dies wird sich aber in Bezug auf den schon 2009 absehbaren Gesamtpreis von rund 4,3 Milliarden Euro nur unwesentlich auswirken. Das liegt maßgeblich daran, dass hier die sogenannte Preisgleitklausel zum Inflationsausgleich zum Tragen kommt.

Ich möchte mit der Bemerkung abschließen, dass der Deutsche Bundestag, der Verteidigungsausschuss wie auch der Haushaltsausschuss regelmäßig und umfassend über das Projekt Puma informiert worden sind, zuletzt auch über die Vertragsanpassung, die wir im Sommer 2012 vorgenommen haben. - Vielen Dank.

Frage: Herr Paris, Sie haben die unerwartete Kostenexplosion beim Puma dementiert. Aber was sagen Sie denn zu dem Vorwurf des "Trierischen Volksfreunds" über technische Mängel, das Fahrwerk oder das Getriebe seien zu schwach und es seien veraltete Elektronikteile verbaut worden?

Paris: Dazu sage ich, dass der Puma ja noch in einem Entwicklungsstadium ist. Er wird bald der Bundeswehr zugeführt. Bei jedem Rüstungsprojekt gibt es viel Technik und auch viel Technik im Panzer selbst.

Was die Bewaffnung und die notwendige Zusatzausstattung anbelangt, müssen über die Jahre - das ist ungefähr 2004 das erste Mal projektiert worden - Anpassungen vorgenommen werden. Das liegt an der Komplexität der Materie. Die "Dinger" müssen funktionieren. Dann ist natürlich auch die Industrie aufgefordert, die Leistung zu erbringen, die ihr abverlangt wird. Ich sage es einmal in schlichten Worten: Ein Panzer, der sein eigenes Gewicht nicht richtig tragen kann, muss nachgearbeitet werden. So ist das. Das erleben wir leider auch bei anderen Rüstungsprojekten. Es ist immer der Komplexität und auch dem Umfang dieser Projekte geschuldet, dass wir Nachbesserungen vornehmen lassen müssen.

Zusatzfrage: Das heißt, Sie bestätigen, dass der Panzer sein eigenes Gewicht nicht tragen kann?

Paris: Ich bestätige das nicht. Ich habe das in schlichten Worten ausgedrückt. Ich kann Ihnen bestätigen, dass es im Zuge der Entwicklung des Schützenpanzers Puma verschiedentlich Nachbesserung hat geben müssen. Wir sind auch mit der Industrie dabei, das zu machen. Die Industrie ist hier lieferpflichtig. Wir werden ein Produkt dann abnehmen, wenn es für die Bundeswehr auch funktional eingesetzt werden kann.

Frage: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Sie haben bestätigt, dass in den Jahren 2002 bis 2006 zweimal Genehmigungen erteilt wurden, Chemikalien an Syrien zu liefern, die auch Bestandteil des Kampfgases Sarin sind. In Ihrem Schreiben heißt es, dass geprüft wurde, dass dies nicht zu militärischen Zwecken verwendet werden sollte. Wie ist diese Prüfung denn vonstattengegangen, und hat man versucht, danach Erkenntnisse zu erlangen, ob es militärische Verwendungen gegeben hat?

Schwartz: Es tut mir leid, dazu kann ich Ihnen momentan keine Informationen geben. Diese Bestätigung liegt mir gerade nicht vor.

Zusatz: Mir schon.

Schwartz: Ich kann mich aber gerne erkundigen und würde das dann nachreichen.

Zusatzfrage: Okay. - Dann würde ich gerne Herrn Seibert fragen: Das ist ja zumindest in der zweiten Tranche, in der Zeit der Großen Koalition, passiert. Wissen Sie davon, weiß die Kanzlerin davon, und, wenn ja, wie bewertet sie das?

StS Seibert: Ich glaube, das Sinnvollste ist, dass das Wirtschaftsministerium dazu eine detaillierte Antwort nachreicht. Dann haben Sie eine fundierte Antwort.

Zusatz: Ich habe die Antwort des Wirtschaftsministeriums vorliegen, dass es passiert ist. Ihnen ist das noch nicht bekannt?

StS Seibert: Die Kollegin will das nachreichen, und das ist das zuständige Ressort.

Zusatzfrage: Ich frage ja, ob das im Kanzleramt schon bekannt geworden ist und ob Sie schon Informationen haben.

StS Seibert: Ich habe dazu keine Informationen.

Vorsitzender Mayntz: Dann darf ich davon ausgehen, dass wir heute Nachmittag von Ihnen noch etwas in unseren Verteiler bekommen!

Frage: Herr Seibert, gilt denn die Erklärung, dass Syrien auch mit Gewalt gedroht werden soll für den Fall, dass es nicht kooperiert? Gilt das ganz uneingeschränkt, oder wollen Sie in dem Fall vorher lieber noch einmal die Europäer fragen, ob das so geht?

StS Seibert: Ich habe gesagt, dass die starke Sicherheitsratsresolution, die wir uns wünschen, für den Fall der Nichteinhaltung der Vereinbarung durch Syrien auch Konsequenzen ankündigen muss. Das ist unsere Überzeugung.

Zusatzfrage: Es hat ja vor zwei Wochen in Sankt Petersburg eine ähnliche Situation gegeben. Damals hatte man sich nicht festgelegt, sondern man wollte erst einmal die Europäer konsultieren, in welchen Fällen nun Europa gefragt wird und in welchen Fällen nicht.

StS Seibert: Ich glaube nicht, dass Sie die Situation in Sankt Petersburg richtig darstellen. Es gab nie eine inhaltliche Differenz - das haben wir hier auch sehr ausführlich besprochen - mit dem von den USA vorgelegten Papier. Es gab eine andere Vorstellung von dem richtigen Prozedere. Wir wollten zu einer einheitlichen europäischen Haltung kommen. Die europäischen Außenminister waren damals vollzählig in Vilnius versammelt. Am nächsten Tag stieß auch der US-Außenminister dazu. Das waren für uns der richtige Ort und das richtige Vorgehen. Wir sind froh darüber, dass wir damals eine klare europäische Haltung dazu bekommen haben.

Frage: Ich möchte fragen, ob Frau Schwartz in ihrer Antwort nachher auch noch ausführen könnte, ob die Lieferung solcher Chemikalien an Syrien derzeit möglich wäre oder ob es inzwischen durch eine UN-Resolution oder Ähnliches zu Sanktionen gekommen ist, die so etwas verhindern würden. Vielleicht könnten Sie auch die rechtliche Lage seitdem etwas erklären.

Schwartz: Grundsätzlich gilt mittlerweile ein Exportverbot. Aber ich kann auch dazu noch einmal im Detail nachfragen.

Zusatzfrage: Gibt es ein komplettes Exportverbot aller Materialien?

Schwartz: Ja, ein Waffenexportverbot. Die Details kann ich gerne noch recherchieren.

Vorsitzender Mayntz: Gut, auch das erwarten wir.

Frage: In Ergänzung dieser Frage: Dürfen Chemikalien nach Syrien geliefert werden oder nicht? Das könnten Sie ja wissen.

Schwartz: Wie gesagt: Ich werde das im Detail recherchieren. Grundsätzlich gilt ein Waffenexportverbot. Ich nehme an, dass Chemikalien darunter fallen. Es kann natürlich sein, dass es Chemikalien gibt, die nicht für Waffen gebraucht werden können, bei denen ausgeschlossen ist, dass sie sozusagen dafür eingesetzt werden. Aber wie da die Rechtslage ist, wie gesagt, da würde ich noch einmal im Detail recherchieren.

Zusatzfrage: Aber es ist schon so, dass zumindest Ihr Ministerium die Bedeutung dieser Fragen so richtig einschätzt, dass man das Ganze heute nicht mit Larifari-Antworten beantwortet?

Schwartz: Wie gesagt: Es gilt insofern grundsätzlich ein Exportverbot. Das wurde in Deutschland beibehalten. Auch in der aktuellen Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung ist das noch einmal enthalten. Es ist ganz klar: Die Bundesregierung setzt da ihre verantwortungsvolle Rüstungspolitik, gerade bei Syrien, ihre extrem restriktive Politik fort.

Frage: Herr Seibert, noch einmal zu Ihrer Formulierung, dass die Bundesregierung eine starke Resolution des Uno-Sicherheitsrats zu Syrien befürworten würde. Stärke - schließt das auch die Anwendung militärischer Mittel ein? Würde das die Bundesregierung auch begrüßen? Wenn es so wäre, welche Konsequenzen hätte dies für Deutschland?

StS Seibert: Derzeit finden Gespräche der Sicherheitsratsmitglieder über eine mögliche Resolution statt. Ich habe gesagt, dass wir der Meinung sind, dass diese Resolution eine starke Resolution sein soll und dass es deswegen auch richtig ist, Konsequenzen für den Fall anzudrohen, dass das syrische Regime glaubt, jetzt auf Zeit spielen zu können. Das hielten wir für das Gegenteil von dem, was vereinbart worden ist. Dem müsste man sich natürlich entgegenstellen. Aber ich greife jetzt den Gesprächen der Sicherheitsratsmitglieder über diese mögliche Resolution nicht vor.

Peschke: Wenn ich das ergänzen darf: Über die Konsequenzen hat Herr Seibert gesprochen. Aber jetzt geht es zunächst einmal darum, dass wir die Vereinbarung über eine Vernichtung der syrischen Chemiewaffen, die es zwischen den USA und Russland gab, in eine umsetzbare Form gießen lassen. Da sind die Organisation für das Verbot chemischer Waffen, die OVCW - auf Englisch die OPCW -, und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gefragt.

Es gab die Vereinbarung von Russland und den USA, dass der Sicherheitsrat eine entsprechende Resolution verabschiedet, die die Umsetzung der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen vorschreibt. Darum geht es jetzt. Das ist jetzt das Spiel, in dem wir uns befinden. Wir wollen eine starke Resolution, die die Vereinbarung zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen umsetzt. Das ist das Ziel.

Diese Resolution muss stark sein. Damit sie umgesetzt wird, sollte sie auch aufzeigen, dass eine Nichtkooperation bezüglich der Vorgaben der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen Konsequenzen hat.

Aber erst einmal geht es darum, dass wir eine Resolution wollen und ein entsprechendes Handeln der OVCW, der Organisation für das Verbot chemischer Waffen, die die bisherige Vereinbarung umsetzt. Wir wollen, dass die syrischen Chemiewaffen verschwinden. Das ist das Ziel, an dem wir arbeiten. Zu diesem Ziel finden in New York Gespräche zwischen Sicherheitsratsmitgliedern statt. Zu diesem Ziel finden Gespräche mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen statt. Zu diesem Ziel, Herr Riecker, finden auch Gespräche mit unseren europäischen Verbündeten statt. Das ist also durchaus eine europäische Position, die wir hier vertreten und die ständig im engsten Kontakt mit unseren europäischen Partnern formuliert wird. Das ist im Moment unser Ziel.

Frage: Ich würde gerne vom Wirtschaftsministerium in der nachgereichten Antwort noch hören, ob es nach 2006 noch einmal Genehmigungen gegeben hat, weil uns das noch nicht bekannt ist.

Ich würde gerne Herrn Seibert fragen, ob die Bundesregierung sieht, dass man bei einer Lieferung von Bestandteilen von Kampfgasen in der Nähe von Israel vielleicht ganz besonders sensibel sein müsste.

StS Seibert: Natürlich muss man sensibel sein; das ist absolut richtig. Sensibilität ist der Grundsatz bei allem, was die Bundesregierung in diesem Bereich an Exportgenehmigungen erteilt. Über den konkreten Fall wird Ihnen das Bundeswirtschaftsministerium Auskunft geben. Ansonsten müsste man diejenigen fragen, in deren Regierungszeit das stattgefunden hat.

Zuruf: Ja, das mache ich ja auch, zumindest bezüglich der zweiten Tranche!

StS Seibert: Genau, und deswegen werden wir darauf auch Antwort geben.

Frage: Herr Seibert, von wem hat die Kanzlerin heute (in der Kabinettssitzung) eigentlich Abschied genommen? Fest steht ja, dass Frau Aigner nicht mehr kommen wird, und ich weiß nicht, ob Sie jetzt Herrn Rösler die Hand gedrückt hat.

StS Seibert: Es war kein Tag des Abschiednehmens. Es war ein Tag, an dem sich das Kabinett wichtigen Themen zugewandt hat. Insofern war es eine ziemlich typische Kabinettssitzung in guter Atmosphäre und mit guten Arbeitsergebnissen.

Zusatzfrage: Wollen Sie damit sagen, dass niemand eine ernsthafte oder zumindest scherzhafte Bemerkung über die letzten Stunden im Kanzlersaal losgelassen hat?

StS Seibert: Man war sich einig, dass die Bundeskanzlerin dem heute abwesenden Bundesfinanzminister im Namen aller Kabinettsmitglieder sehr herzlich zum Geburtstag gratulieren soll und wird. Ansonsten habe ich keine feuilletonistischen Einzelheiten für Sie. Es war einfach eine gute Kabinettssitzung mit wichtigen Arbeitsergebnissen.

Zusatzfrage: So wie immer?

StS Seibert: Ja. Aber es freut mich, dass Sie es so sehen.

Zusatz: Das war eine Frage von mir!

StS Seibert: Ich bestätige das.

Frage: Welche Minister außer Herrn Schäuble haben sich heute entschuldigen lassen, weil sie vielleicht schon im Wahlkampf sind?

Zu den Themen, die auf der Tagesordnung standen: Wieso hat man jetzt ausgerechnet diese letzte Sitzung vor der Bundestagswahl gewählt, um noch einmal das Thema der Mindestlöhne aufzurufen?

StS Seibert: Zu den Mindestlöhnen kann Ihnen sicherlich das Arbeits- und Sozialministerium etwas sagen.

Ich gehe es gerade einmal in meinem Kopf durch: Meiner Meinung nach waren alle Minister bis auf Herrn Schäuble anwesend.

Wendt: Sie wissen ja, dass die Mindestlöhne erst noch auf ihre Allgemeinverbindlichkeit hin überprüft werden müssen. Das ist alles vorgenommen worden, und entsprechend ist das jetzt einfach in diesen zeitlichen Rahmen gefallen und heute im Kabinett verabschiedet worden.

Frage: Ich habe auch noch eine Frage zum Mindestlohn. Die beiden Tarifparteien haben sich bei den Steinmetzen und den Bildhauern schon vor eineinhalb Jahren auf diesen Mindestlohn geeinigt und beim Arbeitsministerium die allgemeine Gültigkeit beantragt. Heißt das, Sie brauchen immer eineinhalb Jahre, um einen Mindestlohn festzusetzen, oder wie darf ich diese eingehende Überprüfung verstehen?

Wendt: Deshalb überprüfen wir ja, ob alles erfüllt wurde, was im Rahmen der Allgemeinverbindlichkeitserklärung erfüllt werden muss. Wenn es noch Nachbesserungsbedarf gibt, dann wird von den Tarifparteien nachgebessert werden, und dann, wenn alles korrekt ausgeführt worden ist, wird das entsprechend vollzogen.

Frage: Frau Wendt, gibt es denn eine Frist, innerhalb derer das entschieden werden muss, oder hätte man das auch zu einem früheren oder einem späteren Zeitpunkt entscheiden können?

Wendt: Es gibt keine Fristen. Wichtig ist, dass alle Vorgaben entsprechend erfüllt worden sind, und dann wird das umgesetzt.

Frage: Frau Wendt, kann man sagen, dass Sie es einfach geschickt eingefädelt haben, dass drei Tage vor der Wahl noch einmal so eine Mindestlohnwelle durch das Kabinett schwappt, oder würden Sie sagen "An einen Zufall glaube ich nicht; es geht in der Regierung ja alles planmäßig und gut zu"? Sagen Sie also, dass es ein planmäßiger Akt war, dass kurz vor der Wahl noch einmal das Thema Mindestlohn aufkommt?

Wendt: Wir haben den siebten Mindestlohn in der Branche jetzt entsprechend geprüft und haben ihn heute im Kabinett auf den Weg bringen können.

Zusatzfrage: Ging das nicht eine Woche früher oder eine Woche später, was noch schlechter wäre?

StS Seibert: In der nächsten Woche wird es keine Kabinettssitzung geben.

Zusatzfrage: Dann in der übernächsten Woche, Herr Seibert?

StS Seibert: Ich glaube, Frau Wendt hat das für das Arbeitsministerium sehr korrekt und richtig beantwortet.

Zusatzfrage: Heißt das, es war Absicht, dass es heute vor der Wahl noch einmal eine Mindestlohnrunde gab?

StS Seibert: Erstens entspricht das den notwendigen Prüfungen, die vorgenommen werden müssen. Zweitens habe ich vorhin darauf hingewiesen, dass diese Bundesregierung seit 2009 in nunmehr sieben Branchen Mindestlöhne eingeführt hat. Das heißt, vor heute waren es auch schon sechs.

Frage : Frau Wendt, ich hätte gerne gewusst, wie die Einhaltung der Branchenmindestlöhne überprüft wird. Macht das der Zoll, oder wer macht das? Wie oft passiert das, und wie hoch ist die Quote? Wissen Sie also, wie diese Verordnungen usw. in den zwölf Branchen eingehalten werden?

Wendt: Die Quoten muss ich Ihnen nachreichen, die habe ich jetzt nicht hier. Überprüft wird zusammen mit der BA, und jedes Mal, wenn es irgendwelche Hinweise auf Missbrauch oder Unterschreitung der Mindestlohngrenze gibt, wird dann entsprechend durch die BA geprüft und auch eingeschritten.

Zusatzfrage : Haben Sie vielleicht zumindest eine Tendenz im Kopf? Die Zahlen wären schon interessant, aber können Sie von der Tendenz her sagen, ob es gut oder nicht so gut läuft.

Wendt: Das möchte ich jetzt nicht tun. Ich werde das überprüfen und es Ihnen dann nachreichen.

Frage: Frau Wendt, Sie sprachen jetzt von sieben Branchen, und Herr Seibert hat sie auch noch einmal aufgeführt. In welchen Branchen denkt das BMAS, muss es auch noch Mindestlöhne geben, damit man diesen Flickenteppich dann so weit zusammenfügt, dass die Arbeitnehmer im unteren Bereich in allen relevanten Branchen auch tatsächlich geschützt sind?

Wendt: Sie wissen ja, dass die Branchenmindestlöhne so funktionieren, dass sich die Tarifparteien zusammentun und einen Vorschlag unterbreiten. Wir begrüßen jede Branche, die sich sozusagen zusammentut, einen Mindestlohn auf den Weg bringen und diesen dann bei uns im Haus auf Allgemeinverbindlichkeit hin prüfen lassen möchte. Aber wir unterbreiten nicht die Vorschläge.

Frage: Heute sind ja die Mindestlöhne für Steinmetze und Bildhauer festgelegt worden. Wissen Sie, wie viele Arbeitnehmer davon profitieren?

StS Seibert: 11.000. Zu den anderen Branchen, um die es heute ging: Im Baugewerbe betrifft das 578.000 Menschen und bei den Gebäudereinigern 920.000 Menschen.

Frage : Frau Wendt, können Sie sagen, wie lange die Prüfverfahren bei den anderen Mindestlöhnen gedauert haben?

Wendt: Mehrere Monate. Es gibt also keine feste Frist. Wie gesagt: Wenn bestimmte Punkte in diesem Verfahren oder in den Schriften, die vorgelegt werden, nicht eingehalten worden sind, dann muss das zurückgespielt werden, und das dauert dann drei, sechs, neun oder zwölf Monate.

Zusatzfrage : Aber sind 18 Monate schon die Spitze?

Wendt: Das kann einfach dauern. Es gibt dafür keine Standardvorgabe.

Frage : Frau Wendt, noch einmal zurück zur Einführung für weitere Branchen: Die Ministerin hat heute im "Morgenmagazin" gesagt, Ziel sei es, das in der nächsten Legislaturperiode flächendeckend einzuführen. Jetzt sagen Sie, dass Sie erwarten, dass sich die Branchen bei Ihnen melden. Das bekomme ich jetzt gerade nicht ganz zusammen. Vielleicht können Sie mir das noch einmal erklären.

Wendt: Die Ministerin hat - wie auch immer in den letzten Monaten - von einer allgemein verbindlichen Lohnuntergrenze gesprochen. Sie hat ja auch immer gesagt, diese allgemeine Lohnuntergrenze solle dann über eine Kommission bestimmt werden. In der Kommission sitzen aber Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Verbände, und die legen dann entsprechend diese allgemeine Lohnuntergrenze für die Flickenteppiche fest. Aber natürlich müssen diese Kommissionen erst gebildet werden, in denen die jeweiligen Branchen dann also auch entsprechend vertreten sind. Nur so kann es funktionieren. Es kann nicht die Politik etwas vorgeben, sondern das wird jeweils von den Branchen formuliert.

Frage: Frau Wendt, kann es sein, dass die Ministerin mit dem Flickenteppich unzufrieden ist, den es bisher an Mindestlohnvereinbarungen gibt, und dass sie deswegen eine flächendeckende Lösung erreichen möchte? Ist das das Ziel der Ministerin?

Wendt: Die Ministerin hat sich immer für die allgemein verbindliche Lohnuntergrenze ausgesprochen. Über die eben erwähnte Kommission ist die Lohnuntergrenze zu finden. Das hat sie aber auch in den vergangenen Monaten immer wieder gesagt.

Zusatz: Meine Frage war, ob die Ministerin unzufrieden über den Flickenteppich ist - hier ein Mindestlohn, dort ein Mindestlohn, hier ein kleiner Steinmetz, dort ein Gebäudereiniger.

Wendt: Sie setzt sich für eine allgemein verbindliche Lohnuntergrenze ein.

Frage : Frau Schwartz, wie zufrieden ist denn der Wirtschaftsminister mit der Entwicklung bei den Mindestlöhnen?

Schwartz: Die heute im Kabinett verabschiedeten Regelungen betreffen ja die allgemein verbindliche Erklärung von tariflich ausgehandelten Löhnen, und das liegt voll und ganz auf der Linie, die auch der Minister unterstützt, nämlich dass es Aufgabe der Tarifparteien ist, Löhne auszuhandeln. Insofern entspricht das, wie gesagt, der Haltung des Ministers.

Zusatzfrage : Strebt auch der Minister für die nächste Wahlperiode eine flächendeckende Regelung an?

Schwartz: Die Haltung des Ministers ist bekannt. Er hat sich wiederholt dazu geäußert, dass er einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ablehnt und auf die Tarifautonomie setzt, und zwar in der Form, in der das hier jetzt auch erfolgt.

Frage: Es geht um einen Ausblick auf Freitag, und wenn ich richtig informiert bin, ist es das Justizministerium, das zuständig ist. Es geht um das Gesetz zu den Managergehältern und deren Deckelung im Bundesrat. Es zeichnet sich eine SPD-Mehrheit ab, die Nein sagen wird. Was sagt denn das federführende Justizministerium zu dieser absehbaren letzten Niederlage vor der Wahl?

Zimmermann: Ich werde hier sicherlich keine Prognosen oder Sonstiges bewerten oder beurteilen. Man wird sehen, was am Freitag im Bundesrat passieren wird. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, und der wird wie jedes andere Gesetz auch ganz normal vom Bundesrat beraten werden. Was am Freitag passieren wird, kann ich Ihnen ja jetzt schlecht vorhersagen.

Zusatzfrage: Die Mehrheit der SPD-Länder steht. Insofern ist die Frage: Bedauern Sie das, oder sehen Sie das gelassen?

Zimmermann: Ich kann dem, was ich gerade gesagt habe, nichts hinzufügen. Ich freue mich ja, dass Sie bereits jetzt wissen, was am Freitag passieren wird. Ich weiß es nicht.

Zusatzfrage: Hoffen Sie noch auf eine Gegenbewegung?

Zimmermann: Ich habe dem, wie gesagt, nichts hinzuzufügen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Familienministerium. Herr Steegmans, Sie haben heute Morgen auf die Zahlen vom Statistischen Bundesamt hingewiesen. Es geht um 822.000 Kita-Plätze für unter Dreijährige. Es wurde gesagt, das sei ein starker Anstieg gegenüber den März-Zahlen. Wenn Sie das mit den Zahlen vergleichen, die Sie im Sommer bekannt gemacht haben, dann ist das ja relativ wenig; ich glaube, 1 Prozent mehr. Sind Sie beunruhigt, dass der Ausbau nicht gut vorangeht?

Steegmans: Dann haben Sie, glaube ich, die Pressemitteilung nicht ganz gelesen. Die Zahlen, die wir heute noch einmal veröffentlicht haben, sind die Zahlen vom Sommer, und zwar umgerechnet auf die Betreuungsquote. Eine Differenz stellen Sie nur dadurch fest, dass durch das zinsverbilligte KfW-Programm noch einmal weitere 8.000 Plätze - ganz streng genommen 7.875 Plätze - hinzugekommen sind. Dem, was das Statistische Bundesamt im Sommer als März-Zahlen vorgestellt hat, und dem, was wir am 11. Juli hier in der Bundespressekonferenz an von den Ländern im Sommer gemeldeten Zahlen vorgestellt haben, haben das Statistische Bundesamt und wir heute die Betreuungsquoten gegenübergestellt. Wir sahen jetzt keinen Grund dafür, die 7.875 durch das KfW-Programm neu geschaffenen Plätze in der Statistik zu verschweigen, und dementsprechend haben wir die auch in der Statistik neu aufgeführt. Ansonsten gibt es bei den Platzzahlen keine Differenzen gegenüber dem 11. Juli.

Frage: Ich habe eine Frage an das BMZ. Die "Süddeutsche Zeitung" hat heute gemeldet, dass es bereits eine Vereinbarung zwischen den Aufsichtsräten der GIZ und Herr Beerfeltz darüber gäbe, dass der Leiter der GIZ, Herr Pätz, nach der Wahl abgelöst werden soll. Was ist da dran? Warum hat man das festgelegt? Was verbirgt sich dahinter?

Reifschneider: Zu Personalien der GIZ kann ich mich nicht äußern, zu Personalspekulationen ohnehin nicht.

Frage: Aber es ist doch wohl keine Spekulation, dass Herr Pätz zurückkommt und dass mit ihm eine Rückkehrgarantie vereinbart worden ist? Denn das betrifft ja das GIZ. Ist das zutreffend?

Reifschneider: Ihre Frage ist ja zweiteilig. Darüber, dass er zurückkommt, kann ich keine Aussage machen. Momentan ist er GIZ-Vorstand, und deswegen ist er nicht im BMZ. Dass er zurückkommen kann, ist richtig.

Zusatzfrage: Und das wurde neu vereinbart? Oder gab es diese Rückkehrgarantie schon immer, und sie wurde nur verlängert?

Reifschneider: Nein, das war schon der Stand, bevor er GIZ-Vorstand wurde. Da gibt es also keine neue Entwicklung.

Frage : Herr Seibert, auch wenn das Thema hier vor geraumer Zeit schon einmal zur Sprache gekommen ist: Sie haben sicherlich auch einen Bericht in einer großen deutschen Zeitung gesehen, in dem von einer anstehenden europapolitischen Kurswende der Kanzlerin die Rede ist. Da wird auf einen Regierungsberater verwiesen und auf Unlust, weiterhin den Weg der Integration Europas über neue zentrale europäische Institutionen zu gehen. Mich würde ganz einfach noch einmal die Haltung der Bundesregierung in der Europapolitik interessieren. Hat sich da etwas geändert, und wenn ja, was?

StS Seibert: Die Kanzlerin hat sich ja kurz nach den Sommerferien in einem Interview sehr ausführlich und differenziert zum Thema mehr Europa geäußert. Sie hat dabei die auch schon bekannte Auffassung vertreten, dass mehr Europa nicht nur dadurch entsteht, dass man neue Kompetenzen nach Brüssel überträgt. Es kann also von einer Kehrtwende, wie das "Handelsblatt" schreibt, gar keine Rede sein. Mehr Europa entsteht auch - und darauf hat die Kanzlerin, wie gesagt, zum wiederholten Mal hingewiesen - , wenn die Mitgliedstaaten in den Bereichen ihrer Zuständigkeiten ihre nationalen Anstrengungen so energisch auf ein gemeinsames europäisches Ziel hin ausrichten, wie sie das zum Beispiel bei der Bewältigung der Krise im Euroraum tun.

Insofern tritt die Kanzlerin weiterhin für ein so verstandenes Mehr an Europa ein, zum Beispiel auch durch die Schaffung von verbindlichen Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten und der europäischen Ebene, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Darüber wird ab Herbst weiter beraten. Sie wissen, dass die Regierungen von Deutschland und Frankreich Ende Mai ein gemeinsames Papier über ihre Vorstellungen zur Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion vorgelegt haben. Wir arbeiten da also in der Kontinuität unserer eigenen Überzeugungen, unseres eigenen Handelns, und im Übrigen auch in der Kontinuität der deutsch-französischen Zusammenarbeit.

Frage: Zumindest der CDU-Teil der Bundesregierung hat sich ja durch Parteiprogramme eigentlich darauf festgelegt, dass man darauf hinarbeiten will, eine politische Union zu erreichen, was dann auch mit entsprechenden Änderungen der europäischen Verträge verbunden wäre. Soll das jetzt alles nicht gelten?

StS Seibert: Ich bin hier ja nicht für Parteiprogramme zuständig. Ich habe versucht, die Grundzüge der Überzeugungen, nach denen die Bundesregierung handelt, darzustellen. Ich kann das gerne noch etwas genauer ausführen.

Die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin sind der Auffassung, dass es in Europa darauf ankommt, dass wir all unsere Anstrengungen konzentrieren und priorisieren auf das, was jetzt in der Krise wirklich geleistet werden muss, um die Krise hinter uns zu bringen und stärker aus ihr herauszugehen, als wir in sie hineingegangen sind, also um die dauerhafte Stabilisierung der Wirtschafts- und Währungsunion zu erreichen. "Alle Anstrengungen" beinhaltet auch Anstrengungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit; denn das ist die Grundlage für unser Wachstum, das allein ist die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung der Beschäftigung in den einzelnen Ländern, damit wir unser europäisches Modell von Wirtschaft und Sozialem stärken können. Das ist die Überzeugung, darauf wird hingearbeitet.

Ich glaube, wir sind in einem wirklich anspruchsvollen europäischen Prozess. Auf den beiden kommenden Europäischen Räten wird über das beraten werden, was Deutschland und Frankreich da gemeinsam vorgelegt haben und womit sich auch der Juni-Rat schon beschäftigt hat. Wir sind also in diesem Prozess, und Kontinuität ist das Stichwort.

Frage: Wenn ich vielleicht etwas genereller fragen darf: Beansprucht Deutschland als Gründungsmitglied der EU, als das Land mit der größten Wirtschaftskraft und als das bevölkerungsreichste Land in der EU eigentlich irgendeine Führungsrolle in Europa?

StS Seibert: Nein, so würde ich das nie ausdrücken. Deutschland ist ein wichtiges europäisches Land, ist eine große Wirtschaftskraft in Europa. Es gibt auch große Erwartungen an uns. Deutschland ist aber auch immer das Land, das nicht nur mit den großen, sondern auch mit allen kleinen Staaten zusammen in Europa vorankommen will. Das prägt unsere Zusammenarbeit mit allen 26 Partnern, die wir haben.

Frage : Wenn man ein gemeinsames Haus bauen will, hat man ja immer die Möglichkeit, im Planungsprozess Änderungen vorzunehmen. Hat es bei der Bundesregierung im Hinblick auf die Architektur Europas, im Hinblick auf das Ziel "politische Union", im Hinblick auf Institutionen Veränderungen hinsichtlich des Bilds, was ein vertieftes Europa darstellen soll, gegeben - als Lehre aus den Schwierigkeiten, die man in den letzten Jahren hatte?

StS Seibert: "Ein vertieftes Europa" ist immer ein sehr facettenreicher Begriff. Ich glaube, genau das hat die Bundeskanzlerin darzustellen versucht. Ein vertieftes Europa - man könnte auch sagen: mehr Europa - kann man eben auf sehr unterschiedliche Art und Weise erreichen. Da ist die Abgabe von Kompetenzen auf die europäische Ebene eine Möglichkeit, und da ist die intensivere Zusammenarbeit nationaler Regierungen, die größere Verbindlichkeit dessen, was sie national machen und miteinander absprechen, eine andere Möglichkeit.

Zusatzfrage : Dumm gefragt: Hat sich in dem Bild, das die Bundesregierung verfolgt, etwas verändert oder nicht?

StS Seibert: Ich glaube, wenn Sie sich die letzten Jahre angucken, werden Sie sehen, dass dieses "mehr Europa" in all seinen Facetten - ich habe gerade welche angesprochen - zum Zuge gekommen ist und wir in dieser Kontinuität auch weiterarbeiten wollen.

Frage: Die Kanzlerin hat, glaube ich, in einem Interview auch gesagt, man könnte auch dadurch vorankommen und mehr Integration erreichen, dass einzelne Kompetenzen auch wieder von Brüssel an die Nationalstaaten zurückverlagert werden. An welche Kompetenzen hat sie da gedacht?

StS Seibert: Ich lese Ihnen gerne vor, was die Kanzlerin in dem Interview gesagt hat:

"Mehr Europa ist aber mehr als nur Verlagerung einer Kompetenz vom Nationalstaat nach Europa. ich kann auch mehr Europa haben, indem ich mich in meinem nationalen Handeln strenger und intensiver darauf einlasse, das mit anderen zu koordinieren. Das ist eine andere Form von mehr Europa. Ich kann auch mehr Europa haben, indem ich mich in meinem nationalen politischen Handeln strenger und intensiver darauf einlasse, das mit anderen zu koordinieren. Das ist eine andere Form von mehr Europa.

So werden wir darüber reden: Brauchen wir noch mehr Kompetenzen für Europa? Wir können auch überlegen: Geben wir einmal wieder etwas zurück?"

Das war der für sich stehende O-Ton der Bundeskanzlerin. Darüber wird in Zukunft zu reden sein, und zwar über beide Stoßrichtungen, also sowohl die Stoßrichtung "Wo geben wir mehr Kompetenzen ab?" als auch die Stoßrichtung "Wo nehmen wir im Zusammenarbeiten der nationalen Regierungen größere Verbindlichkeiten auf uns?" - und über das Dritte wird auch zu reden sein.

Frage : Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

StS Seibert: Nein.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 18. September 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/09/20013-09-18-regpk.html;jsessionid=E7016BDEA3E5721356ADDC9501196E4E.s2t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2013