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PRESSEKONFERENZ/703: Regierungspressekonferenz vom 6. Dezember 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 6. Dezember 2013
Regierungspressekonferenz vom 6. Dezember 2013

Themen: Tod von Nelson Mandela, terroristischer Angriff auf das jemenitische Verteidigungsministerium in Sanaa, Termine der Bundeskanzlerin (Empfang des Präsidenten der Republik Mali, Treffen der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs und Regierungschefinnen der Bundesländer), WTO-Konferenz auf Bali, Arbeitstreffen im Finanzministerium zur Vorbereitung der Ecofin-Sitzung, Memoiren des ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Zapatero, Vorstellung des neuen Bundeskabinetts, französischer Militäreinsatz in der Zentralafrikanischen Republik, Treffen von Bundesaußenminister Westerwelle mit Oppositionspolitikern in Kiew, Kleine Anfrage der Linksfraktion zur kalten Progression, Aufnahme syrischer Flüchtlinge in Deutschland

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Rouenhoff (BMWi), Semmelmann (BMF), Paris (BMVg). Spauschus (BMI)



Vors. Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Wir stehen ja alle unter dem Eindruck des Todes von Nelson Mandela. Die Bundeskanzlerin hatte dazu gestern spät abends schon erste Worte der Trauer und der Würdigung dieses großen Mannes herausgegeben. Ich möchte Sie jetzt nur darauf hinweisen, dass sie gleich, um 12.30 Uhr, im Bundeskanzleramt noch einmal vor den Kameras dazu Stellung nehmen wird. Die Kanzlerin hat auch der Witwe Nelson Mandelas, Graça Machel, ein Kondolenztelegramm zukommen lassen. In Abstimmung zwischen dem Innenministerium, dem Außenministerium und dem Kanzleramt ist beschlossen worden, dass am Tage der Trauerfeierlichkeiten für Nelson Mandela die obersten Bundesbehörden in Berlin und Bonn halbmastbeflaggt werden. - Das zunächst zu diesem Thema.

Sie wissen, dass es einen schweren terroristischen Angriff auf das jemenitische Verteidigungsministerium in Sanaa mit einer sehr hohen Zahl von Opfern, darunter auch Deutschen, gegeben hat. Die Bundeskanzlerin ist außerordentlich bestürzt über den Tod der beiden deutschen Entwicklungsexperten der GIZ und ihres einheimischen jemenitischen Kollegen. Die Bundesregierung und die Kanzlerin persönlich verurteilen diesen terroristischen Anschlag, der mehr als 50 Menschen das Leben gekostet hat, auf das Schärfste. Die Kanzlerin spricht den Familien der Angehörigen ihr Beileid und den vielen Verletzten ihre Wünsche auf baldige Genesung aus.

Die Arbeit unserer Entwicklungsexperten im Jemen und auch der beiden, die jetzt ums Leben gekommen sind, soll dazu beitragen, dass Menschen dort ein besseres Leben haben. Der Anschlag zeigt nun wiederum, wie menschenverachtend die Attentäter, die Terroristen, handeln. Sie haben nämlich überhaupt kein Interesse an einer besseren Zukunft ihres Landes, geschweige denn, dass sie Achtung vor Menschenleben hätten. Die internationale Gemeinschaft darf deshalb im Kampf gegen den globalen Terror nicht nachlassen. Wir werden unser entwicklungspolitisches Engagement trotz solcher Anschläge im Interesse der Menschen unbeirrt fortsetzen.

Nun könnte ich noch die beiden öffentlichen Termine für die nächste Woche mitteilen:

Das geht am Mittwoch, 11. Dezember, los. Dann wird im Bundeskanzleramt der Präsident der Republik Mali, Ibrahim Boubacar Keïta, bei der Bundeskanzlerin zu Gast sein. Sie wird ihn um 12 Uhr empfangen. Dann wird es eine Unterredung geben, in deren Mittelpunkt natürlich die aktuelle Lage in Mali, der Stabilisierungsprozess, die Rückkehr zur Demokratie sowie die Versöhnung zwischen dem Süden und dem Norden des Landes stehen. Besondere Beachtung werden natürlich auch die UN-Stabilisierungsmission MINUSMA und die EU-Ausbildungsmission finden. An beiden Missionen sind deutschen Soldatinnen und Soldaten beteiligt. Auch die Lage in der weiteren Sahelzone wird ein Thema sein. Es ist vorgesehen, dass sich die Bundeskanzlerin und Präsident Keïta um 13 Uhr der Presse stelle werden.

Am Donnerstag, 12. Dezember, wird es dann im Kanzleramt um 15 Uhr zu dem regelmäßigen, halbjährlichen Treffen der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs und Regierungschefinnen der Bundesländer kommen. Auf der Tagesordnung stehen diesmal unter anderem europäische Themen - die kommende Sitzung des Europäischen Rates am 19. und 20. Dezember -, die weiteren gemeinsamen Schritte von Bund und Ländern bei der Energiewende sowie der Umsetzungsbericht zur Qualifizierungsoffensive. Es wird um die Steigerung des Anteils der Forschungs- und Entwicklungsausgaben am nationalen Bruttoinlandsprodukt gehen. Diesbezüglich gibt es ja, wie Sie wissen, die Strategie Europa 2020 und das Teilziel des 3-Prozent-Ziels. Es wird um die Bundeswehr-Strukturreform, ihre Konsequenzen, die Verwertung militärischer Liegenschaften und weitere Themen gehen, die sich dann im Laufe des Treffens noch ergeben. Es wird, wie immer danach, um etwa 16.30 Uhr eine Pressekonferenz geben, an der die Bundeskanzlerin sowie die Ministerpräsidenten Lieberknecht, Albig und Kretschmann teilnehmen werden.

Schäfer: Meine Damen und Herren, ich würde gerne über das hinaus, was Herr Seibert gerade gesagt hat, noch folgende Informationen zu Entscheidungen in der Folge der gestrigen Anschläge mitteilen: Bereits gestern Morgen hat auf Veranlassung des Außenministers der Krisenstab im Auswärtigen Amt getagt, und zwar, wie Sie sich denken können, in einer dramatischen, aber noch offenen Lage. Auch jetzt liegen uns noch nicht alle Informationen über die Geschehnisse des gestrigen Tages vor.

Gestern Abend, nachdem der Außenminister den OSZE-Ministerrat etwas verfrüht verlassen hatte, um noch einmal im Auswärtigen Amt eine Lagebesprechung abzuhalten, ist dann folgende Entscheidung getroffen worden: Die Lage im Jemen ist sehr schwierig und hat mit den gestrigen Anschlägen in der Hauptstadt eine neue Stufe der Eskalation erreicht. Deshalb ist im Krisenstab entschieden worden, dass die für den Jemen geltende Sicherheitsstufe, die Krisenstufe, erhöht wird. Das bedeutet, dass alle deutschen Mitarbeiter von Durchführungsorganisationen so schnell wie möglich den Jemen zu verlassen haben. Diese Entscheidung ist im Krisenstab aus Gründen der Fürsorge für diejenigen deutschen Staatsbürger gefällt worden, die sich dort für unsere Interessen und für die Entwicklung des Jemen einsetzen. Diese Entscheidung gilt bis auf Weiteres. Die Deutsche Botschaft in Sanaa wird in einem Notbetrieb mit reduziertem Personal und entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen weitergeführt.

Frage: Ich möchte zunächst einmal das Wirtschaftsministerium befragen. Als ich eben aus dem Büro gegangen bin, lag noch keine Meldung zu irgendeinem Ergebnis der WTO-Konferenz in Bali vor. Wie ist denn Ihr Informationsstand? Gibt es inzwischen eine Einigung? Was würde eine solche Einigung für Deutschland bedeuten?

Rouenhoff: Grundsätzlich ist das Ziel der Ministerkonferenz in Bali die Verständigung auf Teilfragen der Doha-Verhandlungen. Ein solches Bali-Paket soll ein Abkommen zu Handelserleichterungen - das heißt, zum Abbau von Bürokratie bei der Zollabfertigung - mit sich bringen. Daneben wird es auch um einige Agrarthemen sowie um Sonderregeln für Entwicklungsländer gehen. WTO-Generalsekretär Azevêdo hat das Mandat erhalten, seine Konsultationen fortzusetzen, um noch während der Ministerkonferenz auf einen Kompromiss hinzuwirken.

Die Konsultationen in der Nacht zu heute haben einige Annäherungen mit sich gebracht. Es gibt aber noch keine Lösung in Bezug auf das Thema Nahrungsmittelsicherheit; das ist auch bisher noch nicht der Fall. Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen nach Kräften und hat in Abstimmung mit anderen großen EU-Mitgliedstaaten die in dieser Situation möglichen und notwendigen Initiativen in Berlin und Bali ergriffen. Es gibt also, wie gesagt, bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine Einigung.

Frage: Heute wird ja im Finanzministerium ein Treffen zur Bankenunion stattfinden. Können Sie sagen, wer daran teilnehmen wird, was das Ziel ist und ob es danach ein Statement geben wird?

Dr. Semmelmann: Ich kann Ihnen so viel sagen: Es ist ein Arbeitstreffen. Es ist ein Arbeitstreffen von mehreren, die beim letzten Ecofin verabredet wurden. Es gibt keinen Pressetermin. Das Treffen dient der Vorbereitung des Ecofin, der am Dienstag in Brüssel stattfinden wird. Das Ziel ist natürlich - das haben wir auch immer wieder gesagt -, ein Ergebnis noch im Dezember, also noch in diesem Monat, zu finden. Was die Teilnehmer angeht, kann ich Ihnen sagen, dass selbstverständlich der Bundesfinanzminister, Herr Barnier, Frankreich, Italien, Spanien, die litauische Präsidentschaft, Herr Asmussen von der EZB und Herr Dijsselbloemdaran teilnehmen werden.

Frage : Können Sie mir sagen, für wie lange dieses Treffen angesetzt ist?

Können Sie mir zweitens sagen, ob es einen neuen, modifizierten Vorschlag des Finanzministers in Sachen Abwicklung gibt, der dort auf den Tisch gelegt werden wird?

Dr. Semmelmann: Es gibt kein sogenanntes Kompromisspapier, von dem ja in den Medien zu lesen war. Unsere Position ist so weit bekannt; dem habe ich eigentlich auch nichts hinzuzufügen.

Dann fragten Sie ja noch nach der Dauer des Treffens: Das Treffen wird über die Mittagszeit hinweg bis zum frühen Nachmittag dauern.

Zusatzfrage : Noch einmal zur Position Ihres Ministeriums: Hat sich denn irgendetwas an der Bewertung des Finanzministers verändert, dass bei Abwicklungsentscheidungen ein letztes Wort durch die EU-Kommission für ihn eben nicht infrage kommt, weil das rechtlich angreifbar sei? In einem Interview vor wenigen Tagen hat der Minister nämlich eine etwas wolkige Bemerkung dazu gemacht, wer dann am Ende die Entscheidung über Abwicklungen absegnen könnte.

Dr. Semmelmann: Ich kenne natürlich die Äußerungen, die im Interview getätigt wurden, und ich kann nur noch einmal wiederholen: Wir wollen effiziente Entscheidungsprozesse, und es muss sichergestellt sein, dass die Abwicklung großer, grenzüberschreitend tätiger Banken nicht durch nationale Interessen und Konflikte verzögert wird. Deswegen unterstützen wir nach wie vor den Aufbau einer europäischen Abwicklungsbehörde unter Einbindung der Mitgliedstaaten und des Rates. Das ist einfach auch wichtig, um die Budgethoheit der Mitgliedstaaten zu wahren.

Zusatzfrage : Haben Sie schon etwas von Planungen gehört, neben der Ecofin-Sitzung in der nächsten Woche bei Bedarf gegebenenfalls noch eine weitere Ecofin-Sitzung vor Weihnachten anzuberaumen, um, wie Sie auch sagten, eine Lösung noch in diesem Jahr sicherzustellen?

Dr. Semmelmann: Jetzt lassen Sie uns erst einmal den Ecofin am Dienstag in Brüssel abwarten, und dann werden wir weitersehen. Ich bin zuversichtlich, dass wir beim Ecofin ein sehr gutes Stück vorankommen werden.

Frage: Die Holländer haben ja auch schon ein Kompromisspapier oder zumindest einen Kompromissvorschlag vorgelegt, wonach eine Unterteilung hinsichtlich der Rechtsgrundlage vorgenommen werden soll, nämlich dass der Mechanismus eben auf Grundlage von 114 und der Fonds auf Grundlage der von Deutschland anvisierten Rechtsgrundlage realisiert werden sollen. Ist das vielleicht ein Kompromiss, dem sich die Deutschen anschließen könnten?

Dr. Semmelmann: Es gibt verschiedene Vorschläge, die im Vorfeld des Treffens verbreitet werden und zirkulieren, und ich möchte nicht auf jeden Vorschlag eingehen. Lassen Sie uns das Treffen am Dienstag abwarten, und dann werden wir weitersehen.

Frage : Herr Seibert, ich möchte fragen, ob man angesichts der jüngsten und sehr persönlichen Äußerungen von Bundesfinanzminister Schäuble und des Chefs der Deutschen Bank, Herrn Fitschen, zu den Notwendigkeiten weitere Regulierungen von einer atmosphärischen Störungen des Drahtes zwischen Banken und Bundesregierung sprechen muss. Herr Fitschen ist nämlich zugleich auch Präsident des Bankenverbandes. Gibt es da ein Problem? Ist da Abrüstung notwendig?

StS Seibert: Ich will versuchen, zur Sache zu sprechen: Es gehört zu den Aufgaben des Bundesfinanzministers, den Regulierungsbedarf im Bankensektor zu erkennen und entsprechende gesetzgeberische Vorschläge zu machen. Es geht darum, die Stabilität und die Funktionsfähigkeit unseres Bankensystems zu sichern. Die Bundeskanzlerin unterstützt den Bundesfinanzminister darin, dass das Ziel einer Regulierung nur dann sicher erreicht sein wird, wenn Umgehungsmöglichkeiten ausgeschlossen sind. Das liegt im Übrigen auch im Interesse der Gesamtheit der Banken, weil ja sonst Wettbewerbsverzerrungen drohen. Die Bankenverbände wissen wiederum, dass die Bundesregierung inhaltliche Kritik an einzelnen Gesetzgebungsvorschlägen stets sehr gründlich prüft und sehr ernst nimmt, weil der deutsche Bankensektor in unserer Volkswirtschaft eben eine ganz zentrale Rolle spielt.

Zusatzfrage: Was halten Sie denn aber von der Wortwahl in dieser Auseinandersetzung, also davon, dass der eine dem anderen Populismus vorwirft und dieser ihm dann wiederum vorwirft, er habe wohl nicht alles verstanden und sich im Ton vergriffen? Ist das der Stil dessen, wie der Informations- und Meinungsaustausch zwischen so wichtigen Playern abzulaufen hat?

StS Seibert: Auf der Basis der Überzeugungen, die ich jetzt gerade ausgedrückt habe, hat man in der Vergangenheit immer gut zusammenarbeiten können und wird das auch in Zukunft tun.

Frage: Herr Seibert, ich hätte eine Frage zu den Memoiren des ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Zapatero, die vorige Woche erschienen sind. Darin schreibt er, dass er damals unter dem Druck von Herrn Trichet, Herrn Strauss-Kahn und Bundeskanzlerin Merkel war, als es darum ging, unter den Rettungsschirm zu schlüpfen. Präzise sagte er dazu, dass sich Frau Merkel bei einem G8-Treffen in 2011 dazu geäußert hätte und ihm dieses Angebot gemacht hätte. Könnten Sie uns etwas dazu sagen?

StS Seibert: Ich habe dazu auch den spanischen Medien schon vor einigen Tagen etwas gesagt, das wiederhole ich gerne: Die Bundeskanzlerin hat diese Erinnerung nicht.

Frage: Herr Seibert, die SPD wird ihre Mitgliederbefragung übernächstes Wochenende abschließen. Können wir - also die Journalisten und die Öffentlichkeit - dann damit rechnen, dass um darauffolgenden Montag das neue Kabinett vorgestellt wird? Welcher Zeitplan ist zwischen der SPD und der Bundeskanzlerin verabredet?

StS Seibert: Das betrifft die drei in der zukünftigen Regierung vertretenen Parteien, dazu kann der Regierungssprecher heute keine Auskunft geben.

Zusatzfrage : Daran hängt aber doch auch ein bisschen Organisation. Gibt es zumindest schon Vorbereitungen, oder wartet man - was ich mir nicht vorstellen kann - einfach ab? Das ist doch schon in sieben Tagen, da muss doch schon einmal irgendwas stattfinden.

StS Seibert: Ich habe aber alle Zuversicht, dass, wenn die Mitglieder der SPD dem Vertrag zustimmen, dann auch alles Organisatorische gelingen wird, um eine mustergültige Kanzlerinnenwahl durchzuführen.

Frage : Ich habe eine Frage an das Außenministerium und das Verteidigungsministerium. In der Zentralafrikanischen Republik ist es zu neuen Kämpfen gekommen; die Franzosen haben Truppen in der Hauptstadt stationiert, es gab eine UN-Entscheidung. Wie bewertet die Bundesregierung die jüngste Entwicklung? Gibt es konkrete Maßnahmen, konkrete Schritte, den französischen Einsatz irgendwie zu unterstützen?

Paris: Ich fange einmal an, Herr Heller; die Bewertung nimmt dann der Kollege Schäfer vor.

Deutschland erwägt, Frankreich zu unterstützen, und zwar mit sogenannter logistischer Unterstützung in Form des strategischen Lufttransports. Das müssen Sie sich so vorstellen, dass wir bei uns verfügbare Transportmaschinen des Typs A310 für den Personentransport zur Verfügung stellen. Das tun wir, indem wir diese Maschinen beim European Air Transport Command in Eindhoven einmelden. Das ist eine Institution, die es seit September 2010 gibt. Da sind verschiedene Staaten beteiligt, unter anderem auch Frankreich, Belgien, Luxemburg und die Niederlande. Wir beabsichtigen, die Maschinen dort anzumelden, sodass, wenn französisches Interesse daran besteht, diese Maschinen dort abgerufen werden können. Das wird dann aber auch nur so möglich sein, dass ein Transport für französische Truppen von Frankreich aus in ein Nachbarland der Zentralafrikanischen Republik stattfindet. Welches Land das genau sein wird, müssen wir sehen.

Das ist das, was wir, wie andere Länder auch, erwägen. Jetzt ist letztendlich abzuwarten, inwieweit Frankreich auf dieses mögliche Angebot reagieren wird. Das sind wir bereit zu tun.

Zusatzfrage : Darf ich zum Technischen kurz noch fragen: Um wie viele Maschinen geht es da? Wenn Sie sagen "erwägen": Ist das allein abhängig davon, ob Frankreich diese Maschinen anfordert, oder gibt es noch irgendeine andere Bedingung, um das Erwägen zu einer Entscheidung zu machen?

Paris: Nein, das hängt natürlich davon ab, dass Frankreich darauf zurückgreift, wenn diese Kapazitäten aus Sicht der Franzosen erforderlich sind. Weitere Voraussetzungen sind nicht mehr zu erfüllen, beispielsweise auch keine Befassung des Kabinetts und keine Befassung des Bundestages. Das ist ja etwas, was wir weit außerhalb eines bewaffneten Konfliktes tun können; insofern ist das eine Entscheidung, die durch das Verteidigungsministerium getroffen wird - natürlich auch in Abstimmung innerhalb der Bundesregierung und in der jetzigen Zeit natürlich auch in Abstimmung mit dem künftigen potenziellen Koalitionspartner, das ist klar.

Wir verfügen über insgesamt fünf A310, die eine solche Fähigkeit des Personentransports haben. Manche dieser Maschinen können auch etwas mehr, beispielsweise auch Güter transportieren oder Luftbetankung durchführen. Wenn Luftbetankung von französischer Seite nachgefragt würde, wäre es also möglich, das zu machen. Das ist jetzt aber etwas, was seinen normalen Gang gehen wird. Letztendlich ist es von der französischen Seite abhängig, ob die Unterstützungsleistung im logistischen Bereich angefordert wird oder nicht angefordert wird. Das ist ein sehr normaler Vorgang.

Schäfer: Vielleicht noch ganz kurz zur außenpolitischen Einordnung. Wir haben an dieser Stelle schon vor einigen Tagen über die wirklich schwierige, komplexe, aber auch äußerst schlechte Lage in der Zentralafrikanischen Republik gesprochen. Deshalb begrüßt die Bundesregierung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gestern Abend eine Entscheidung getroffen hat, die es nun auf sicherer rechtlicher Grundlage möglich macht, dass Frankreich und die von den Afrikanern geführte afrikanische Mission nun ein robustes Mandat haben, um auf dieser Grundlage die Zivilbevölkerung zu unterstützen und die staatliche Ordnung in der Zentralafrikanischen Republik wiederherzustellen. Wir finden es gut und richtig, dass der Sicherheitsrat Wert darauf gelegt hat, dass diese Maßnahmen auf der Grundlage von Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen dem Ziel dienen, einen politischen Prozess in die Wege zu leiten, der es möglich macht, die politischen Verhältnisse in der Zentralafrikanischen Republik, in Bangui, so herzustellen, dass das Land nachhaltig politisch stabilisiert werden kann.

Frage : Noch eine Frage an das Außenministerium: Der russische Ministerpräsident Medwedew hat relativ deutlich und kritisches auf das Treffen von Herrn Westerwelle mit Oppositionspolitikern in Kiew reagiert. Mich würde interessieren, wie Sie diese Reaktion von Herrn Medwedew einstufen und ob das letztendlich ein weiterer Schritt des Auseinanderdriftens der Beziehungen zwischen Deutschland und Russland ist.

StS Seibert: Vielleicht darf zunächst ich darauf antworten. Die Bundeskanzlerin und der Außenminister hatten nach dessen Rückkehr aus Kiew miteinander Kontakt. Sie sind sich völlig einig in der Überzeugung, dass dort Hunderttausende von Demonstranten ein sehr starkes Signal europäischer Gesinnung und europäischer Werte geben und dass die Tür der EU für die Ukraine, für den Abschluss eines Assoziierungsabkommens offen bleiben soll. Der Besuch des Außenministers auf dem Maidan, auf dem Unabhängigkeitsplatz, bei den Demonstranten entspricht eben der guten Tradition deutscher Außenpolitik, dass wir natürlich mit Regierungen sprechen, aber immer wieder auch das Gespräch mit Vertretern der Opposition suchen. Unter den besonderen derzeitigen Umständen in Kiew führte das den Außenminister eben auf den Maidan-Platz.

Schäfer: Ich würde einfach nur in aller Kürze vielleicht drei Sätze ergänzen.

Aus Sicht des Außenministers ist das in keiner Weise eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine; vielmehr war das ein Besuch eines Europäers bei Europäern. Dieser Besuch ist Ausdruck unserer europäischen Wertegemeinschaft. Deutschland ist kein Partner einer Partei, sondern Deutschland steht auf der Seite der deutschen Werte. Das hat der Außenminister bei all seinen Gesprächen in Kiew - mit der Regierung, mit dem Ministerpräsidenten, mit dem Außenminister, aber auch mit Vertretern der Opposition - in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht.

Im Übrigen war er auf dem Maidan der Unabhängigkeit nicht alleine: Auch andere Außenminister, die aus Anlass des Ministerrats der OSZE nach Kiew gereist waren - etwa der kanadische Außenminister, die französischen und britischen Europaminister und der schwedische Außenminister - haben die Gelegenheit genutzt, genau das Gleiche zu tun wie der deutsche Außenminister.

Vielleicht eine allerletzte Bemerkung: Es ist interessant zu sehen, dass solche Bemerkungen aus Moskau, aber nicht aus Kiew kommen. In den Gesprächen, die der Bundesaußenminister, wie gesagt, unter anderem mit dem Ministerpräsidenten und dem Außenminister geführt hat - diese Gespräche haben nach dem Besuch des Außenministers am Folgetag stattgefunden - ist eine solche Kritik nicht zu vernehmen gewesen.

Zusatzfrage : Ich möchte noch einmal die Frage wiederholen: Ist das ein Ausdruck eines weiteren Auseinanderdriftens von Deutschland und Russland in ihren Beziehungen?

Schäfer: Auch das haben wir hier vor wenigen Tagen in nahezu identischer Weise miteinander besprochen. Es gibt, glaube ich, überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Beziehungen zwischen Deutschland, zwischen der Europäischen Union und Russland von ungemein großer Bedeutung sind. Wir pflegen diese Beziehungen auf allen Ebenen. Da passt es gut, dass gerade in den letzten Tagen erneut der Petersburger Dialog stattgefunden hat, in dem sich auch die Zivilgesellschaften beider Länder eng miteinander ausgetauscht haben. Das wollen wir fortsetzen und das werden wir fortsetzen.

Es gibt Themen, bei denen wir mit Russland und der russischen Führung nicht und nicht immer einer Meinung sind. Es gibt aber auch Themen, bei denen wir mit der russischen Regierung einer Meinung sind. Ich habe bereits vor einigen Tagen das Thema des Umgangs mit syrischen Chemiewaffen angesprochen ebenso den sehr partnerschaftlichen Umgang mit Russland in der Frage des iranischen Atomprogramms.

Wo immer es wichtige internationale oder bilaterale Themen gibt, nehmen wir sie mit der russischen Führung auf. Der Dialog ist eng. Er wird auf allen Ebenen geführt und wird selbstverständlich fortgesetzt, ganz unabhängig davon, dass es hier oder da einmal Meinungsverschiedenheiten gibt.

Frage: Ich hätte eine Frage an das Finanzministerium: Ihr Haus hat ja gerade auf eine Anfrage der Linksfraktion die mutmaßlichen Effekte der sogenannten kalten Progression in der kommenden Legislaturperiode beziffert. Meine Frage ist: Gibt es solche Berechnungen eigentlich auch für die vergangene Legislaturperiode, in der ja das Thema kalte Progression wiederholt eine große Rolle gespielt hat?

Dr. Semmelmann: Ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass Bundesminister Schäuble immer für einen Abbau der kalten Progression geworben hat. Was die letzte Legislaturperiode angeht, haben wir einen entsprechenden Gesetzesentwurf eingebracht, der im Bundesrat leider keine Mehrheit gefunden hat. Man kann dazu auch sagen, dass im Vorfeld beziehungsweise während der Koalitionsverhandlungen Minister Schäuble immer wieder für einen neuen Anlauf geworben hat.

Zusatzfrage: Aber das Werben ist jetzt beendet?

Dr. Semmelmann: Er wirbt auch weiterhin dafür.

Zusatzfrage: Meine eigentliche Frage haben Sie noch nicht beantwortet, ob Sie irgendwelche Angaben machen können, wie der Effekt in der Vergangenheit aussah.

Dr. Semmelmann: Das müsste ich bilateral klären, welche Zahlen es da genau gibt.

Zusatz: Da wäre ich interessiert, wenn Sie da eine Zahl nennen könnten.

Vors. Welty: Das können wir ja dann auch für alle nachreichen.

Dr. Semmelmann: Das können wir machen.

Frage: Ich hätte noch eine Frage an das Innenministerium: Bund und Länder haben sich jetzt darauf verständigt, die Aufnahmezahl für syrische Flüchtlinge von 5.000 auf 10.000 zu verdoppeln. Ihr Minister ist ja in der Vergangenheit nicht müde geworden darauf hinzuweisen, dass auch andere europäische Länder gefordert seien. Können Sie noch einmal die Zahlen nennen, wie denn nun Deutschland im Vergleich zu diesen anderen Ländern dasteht? Offenbar hat Ihr Minister da in der Vergangenheit eine Schieflage gesehen.

Spauschus: In der Tat.

Also ich kann Ihnen einige Zahlen von Ländern nennen, die dem deutschen Beispiel gefolgt sind: Finnland rund 500 Personen, allerdings für das Jahr 2014, Schweden 400 Personen im Jahr 2013 im Rahmen der jährlichen Resettlement-Quote, Österreich 500 Personen, Norwegen 500 Personen, Frankreich 500 Personen, Luxemburg 60 Personen und Ungarn 10 Personen.

Aber wir haben natürlich nach wie vor die Hoffnung, dass weitere Länder dem Beispiel folgen werden oder in den eben genannten Ländern noch größere Kontingente von Flüchtlingen aufgenommen werden.

Zusatzfrage: Nun sind diese Länder ja, wenn man sich die Bevölkerungszahl ansieht, auch deutlich kleiner. Insofern kann man nicht ohne Weiteres absolute Zahlen miteinander vergleichen. Wenn man das jetzt einmal in Bezug zur Bevölkerung setzt, wie sieht das dann aus?

Spauschus: So eine Aufschlüsselung habe ich jetzt hier nicht vorliegen. Aber ich denke schon, dass Deutschland mit der bereits beschlossenen Aufnahme von 5.000 besonders schutzbedürftigen syrischen Flüchtlingen und den nunmehr weiteren 5.000 Flüchtlingen da sicherlich eine Vorreiterrolle einnehmen wird - auch bei einer relativen Betrachtung.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 6. Dezember 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/13/2013-12-06-regpk.html;jsessionid=A6EB0281D999437C9B04DDC2392DFB96.s1t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Dezember 2013