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PRESSEKONFERENZ/780: Regierungspressekonferenz vom 16. April 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 16. April 2014
Regierungspressekonferenz vom 16 April 2014

Themen: Besuch der Bundeskanzlerin beim Deutschen Krebsforschungszentrum, Betriebsgenehmigung für Air Berlin, Lage in der Ukraine, Gütesiegel "Made in Germany", Forderung nach einem hauptamtlichen Vorsitzenden der Eurogruppe, Ausbau des Stromnetzes, Auslieferung des früheren kroatischen Geheimdienstgenerals Mustac an Deutschland, Sonderprogramm MobiPro-EU

Sprecher: SRS Streiter, Strater (BMVI), Rouenhoff (BMWi), Chebli (AA), Roth (BMVg), Kalwey (BMF), Zimmermann (BMJV), Ehrentraut (BMAS)



Vorsitzender Szent-Iványi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS Streiter: Die Bundeskanzlerin wird am kommenden Mittwoch, dem 23. April, das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg auf Einladung der beiden Vorstände Prof. Wiestler und Prof. Puchtau besuchen. Anlass ist das 50. Jubiläum des Deutschen Krebsforschungszentrums. Die Kanzlerin wird auf der offiziellen Auftaktveranstaltung zu diesem Jubiläumsjahr eine Rede halten. Die Veranstaltung ist presseöffentlich. Wer dorthin möchte, der muss sich bitte beim Deutschen Krebsforschungszentrum bis morgen Nachmittag um 15 Uhr akkreditieren. Deshalb sagen wir das heute noch einmal an.

Frage: Ich möchte zunächst das Verkehrs- oder das Wirtschaftsministerium fragen, ob man in jüngster Zeit Post von der EU-Kommission zum Thema Luftverkehr bekommen hat. Es geht darum, die Beteiligungsentwicklungen bei Air Berlin zu erläutern. Zum Zweiten würde mich interessieren, wie die Regierung auf diese Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens reagieren würde, das für den Fall bestimmter Veränderungen im Beteiligungskreis von Air Berlin von Brüssel angedeutet worden ist. Wie sieht dazu die deutsche Position aus?

Strater: Das Schreiben, von dem Sie sprechen - Sie meinen wahrscheinlich das Schreiben von Herrn Kallas -, ist meines Wissens an das Wirtschaftsministerium adressiert, das es aber zur Beantwortung an uns weitergeleitet hat. Es ist also bei uns eingegangen. Darin wird eine Überprüfung gefordert, ob die Unternehmensstruktur noch den Kriterien entspricht, denen sie nach den EU-Verordnungen entsprechen muss, um eben eine Betriebsgenehmigung für eine europäische oder in diesem Fall deutsche Airline zu haben. Das ist der eine Aspekt. Auf dieses Schreiben gibt es aber noch keine Antwort. Die wird derzeit in Zusammenarbeit mit dem Luftfahrtbundesamt, dem LBA, erarbeitet. Das ist die für diese Fragen zuständige Aufsichtsbehörde.

Das Zweite, das Sie ansprechen, sind im Moment spekulative Fragen dazu, wie sich die Unternehmensstruktur von Air Berlin ändern könnte. Dabei, sich diesbezüglich aufzustellen, liegt der Ball im Moment im Feld des Unternehmens. Wenn solche Entscheidungen unternehmerischer Art, die wir im Moment nicht bewerten, getroffen worden sein werden, dann wird das Unternehmen auch zum Luftfahrtbundesamt gehen, und es wird sozusagen überprüft werden, ob die Betriebsgenehmigungen, die für die Erteilung der Luftverkehrsrechte notwendig sind, noch Bestand haben oder nicht. Dafür ist es aber noch zu früh. Wir haben hierzu noch keine Erkenntnisse.

Rouenhoff: Das möchten wir nicht ergänzen.

Zusatzfrage: Gibt es denn vonseiten der Bundesregierung - in diesem Falle dann vonseiten des Verkehrsministeriums - schon aktuelle Kontakte mit dem Unternehmen, im Rahmen derer nach Erläuterungen gefragt wird und möglicherweise schon ein Diskussionsprozess in Gang gekommen ist?

Strater: Soweit ich weiß, nicht.

Frage: Herr Streiter, ich habe eine Frage zu dem gestrigen Telefonat von Frau Merkel mit Herrn Putin. Die russischen Medien zitieren recht ausführlich, was Herr Putin gesagt hat. Was Frau Merkel in diesem Telefonat gesagt hat, bleibt unerwähnt. Können Sie etwas näher ausführen, was Frau Merkel gesagt hat?

SRS Streiter: Ich kann nicht viel mehr sagen. Sie haben gestern länger miteinander telefoniert und über die aktuelle Lage gesprochen. Bei aller unterschiedlichen Bewertung der aktuellen Ereignisse stand der Blick nach vorne im Mittelpunkt, nämlich der Blick auf das für morgen geplante Treffen der Außenminister von Russland, der Ukraine, der USA sowie von Frau Catherine Ashton zum Einstieg in eine diplomatische Lösung. Das war aus Sicht der Bundeskanzlerin das Wesentliche an diesem Gespräch.

Zusatzfrage: Zumindest eine russische Agentur zitierte den Kreml-Sprecher so, dass die beiden wohl die Lage erklärt hätten, die durch das verfassungswidrige Handeln der ukrainischen Seite in der Ostukraine entstanden sei. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Maßnahmen, die die ukrainische Armee oder die Sondereinheiten im Moment ergreifen, verfassungswidrig und rechtswidrig sind?

SRS Streiter: Nein, überhaupt nicht. Das ist ja auch durch die Quelle dieser Nachricht zu erklären. Das ist ja eine russische Agentur beziehungsweise ein russischer Sprecher. Aus unserer Sicht hat sich die Regierung in Kiew bisher sehr besonnen und sehr zurückhaltend verhalten. Ministerpräsident Jazenjuk war ja am Wochenende in Donezk und hat den Dialog mit dem gesprächsbereiten Teil der Opposition gesucht. Völlig klar ist, dass die ukrainische Führung die gewaltsame Übernahme zum Beispiel von Polizeistationen oder anderer kritischer Infrastruktur durch bewaffnete Gewalttäter natürlich nicht unbegrenzt hinnehmen kann.

Frage: Heißt das, die Bundesregierung unterstützt diese sogenannte Anti-Terror-Aktion gegen diese pro-russischen Separatisten?

SRS Streiter: Ich habe Ihnen dazu das gesagt, was ich Ihnen dazu sagen wollte.

Zusatzfrage: Dann habe ich noch einmal eine andere Frage zu diesem Telefonat von gestern Abend. Laut dieser einen russischen Nachrichtenagentur hat der russische Präsident dabei ja auch vor einem drohenden Bürgerkrieg in der Ukraine gewarnt. Können Sie denn bestätigen, dass er das gesagt hat?

SRS Streiter: Das kann ich nicht bestätigen. Ich gehe aber einfach einmal davon aus, dass natürlich beide Gesprächspartner ihre jeweilige Sichtweise dargelegt haben.

Zusatzfrage: Zuletzt noch einmal eine technische Frage: Wie kann man sich das eigentlich vorstellen? Ist die Bundeskanzlerin in ihrem Urlaub jetzt permanent für irgendwelche Anrufe und neue Meldungen erreichbar? Hat sie dort ein Büro? Wie läuft das eigentlich ab? Telefoniert man nach dem Abendessen noch einmal kurz mit dem russischen Präsidenten? Wie kann man sich das vorstellen? Ist sie jetzt also richtig im Urlaub, oder telefoniert sie eigentlich die meiste Zeit?

SRS Streiter: Der Urlaub der Bundeskanzlerin unterscheidet sich von Ihrem Urlaub und meinem Urlaub dadurch, dass sie ständig erreichbar ist. Sie ist auch ständig im Dienst. Deswegen reist sie ja auch mit der Flugbereitschaft dorthin. Selbstverständlich hat sie dort ein voll funktionsfähiges Büro.

Zusatzfrage: Können Sie noch kurz sagen, wann sie wieder zurückkommen wird, also wann sie eigentlich wieder in Berlin sein wird?

SRS Streiter: Ich haben Ihnen ja eben schon einen Termin in der nächsten Woche genannt. Spätestens am Mittwoch wird sie wieder da sein. Ich kann Ihnen aber unter der Hand anvertrauen, dass sie schon etwas früher wieder da sein wird.

Frage: Ich nehme an, dass sich die Bundeskanzlerin im Gespräch mit Herrn Putin nicht dessen Einschätzung angeschlossen hat, dass in der Ukraine ein Bürgerkrieg droht. Oder hat sie es getan?

SRS Streiter: Grundsätzlich bestehen halt unterschiedliche Auffassungen. Aber es ist halt das Ziel der Bundeskanzlerin, und das steht bei ihr an oberster Stelle, dass es eben auf politischem Wege gelingt, die Lage in der Ukraine zu stabilisieren und in der Ukraine eine geordnete Situation herzustellen, die von allen Beteiligten sowohl akzeptiert als dann auch unterstützt wird. Das ist das, was sie umtreibt.

Zusatzfrage: Befürchtet sie, dass es in der Ukraine einen Bürgerkrieg geben könnte?

SRS Streiter: Die Bundeskanzlerin hat kein Interesse an eskalierender Wortwahl, jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit. Das unterscheidet auch, sage ich einmal, teilweise Ihre Interessen von unseren Interessen. Wir brauchen keine Dramatik.

Frage: Gibt es hinsichtlich der morgigen Konferenz mit der Besetzung, von der Sie noch einmal besprochen haben, kein Abrücken von irgendeiner Seite? Ist Ihnen nichts davon bekannt, dass die Konferenz irgendwie in Gefahr wäre? Das ist die eine Frage.

Die zweite Frage betrifft Verbindungen mit dem Erdgasgeschäft des RWE-Konzerns mit der Ukraine. Ich würde gerne wissen, ob es bei diesem Geschäft vorher Kontakte des Unternehmens mit der Bundesregierung gegeben hat. Mich würde auch interessieren, ob das Geschäft in irgendeiner Weise staatlich abgesichert ist, also über Hermes-Bürgschaften oder so etwas.

SRS Streiter: Der morgige Termin steht nach heutigem Stand nicht infrage. Wir gehen stark davon aus und hoffen sehr, dass er zustande kommen wird.

Was das Erdgasgeschäft betrifft, muss ich Ihnen ehrlich sagen: Ich habe davon keine Ahnung. Vielleicht kann das Wirtschaftsministerium etwas mehr dazu sagen.

Rouenhoff: Grundsätzlich handelt es sich auch hierbei um eine unternehmerische Entscheidung. Sie können sich aber sicher sein, dass das Wirtschaftsministerium und die Bundesregierung in engem Kontakt mit der Gaswirtschaft stehen. Von einer Absicherung möglicher Geschäfte durch die Bundesregierung beziehungsweise durch eine Hermes-Deckung ist mir nichts bekannt.

Zusatzfrage: Gibt es denn vonseiten der Bundesregierung eine Bewertung? Findet die Bundesregierung es also gut, dass ein solches Geschäft, das der Ukraine auch privatwirtschaftlich weiterhilft, angegangen wird? Gibt es womöglich vonseiten der Bundesregierung gar den Wunsch, dass vielleicht noch andere Unternehmen - es gibt ja noch einen großen deutschen Gaskonzern - diesem Beispiel nacheifern?

Rouenhoff: Grundsätzlich ist es so, dass natürlich alle stabilisierenden Maßnahmen zu begrüßen sind. Aber zu diesem konkreten Geschäft wie auch zu anderen möglichen konkreten Geschäften möchte ich mich an dieser Stelle auch nicht äußern.

Frage: Ich habe zwei andere kurze Fragen zu dem morgigen Treffen in Genf. Erste Frage: Was erwartet die Bundesregierung eigentlich als Ergebnis dieses Treffens?

Die zweite Frage richtet sich an das Auswärtige Amt: Wird ein deutscher Vertreter dabei sein - nicht offiziell, aber zumindest irgendwo auf dem Korridor oder wie auch immer -, sodass das deutsche Außenamt auch dabei sein wird?

SRS Streiter: Ich kann mich da nur wiederholen: Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung erwarten nicht, sondern hoffen, dass dieses morgige Treffen ein erster Schritt dazu sein wird, wieder eine geordnete Situation in der Ukraine herzustellen, und zwar auf diplomatischem Wege.

Chebli: Das können wir natürlich nur ergänzen: Es ist ja das erste Mal, dass die beiden, die Ukraine und Russland, an einem Tisch sitzen. Das ist schon ein wichtiger und ein zentraler Schritt in Richtung einer Deeskalation. Der Minister hat aber auch unterstrichen, dass wir das natürlich als eine Chance ansehen, nicht als Durchbruch und schon gar nicht als Lösung der Krise. Es ist wichtig, dass sie jetzt zusammensitzen und gemeinsam schauen. Dabei wird es um die Fragen gehen: Wie können wir die Lage in der Ostukraine stabilisieren? Wie können wir verhindern, dass die Ukraine wirtschaftlich kollabiert? Auch viele andere Fragen werden sicherlich auf der Tagesordnung stehen.

Herr Streiter hat schon gesagt, wer an dem Treffen teilnehmen wird. Die Europäer sind durch Frau Ashton vertreten. Für uns ist das ein ganz klares Signal dafür, dass sich Europa in dieser Frage nicht auseinanderdividieren lässt und mit einer Stimme spricht. Das ist ganz wichtig.

Zusatzfrage: Heißt das, es wird dort in Genf keine deutschen Diplomaten geben?

Chebli: An dem Gespräch werden Russland, die Ukraine, die Amerikaner und Lady Ashton teilnehmen.

Frage: Herr Streiter, ich habe noch eine Nachfrage zur Regierungspressekonferenz am Montag. Da hatte Frau Wirtz gesagt, man habe recht konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Russland die Ausschreitungen und die pro-russischen Kräfte in der Ostukraine unterstütze. Ist man da weiter gekommen? Gibt es dafür konkretere Anhaltspunkte, auf die sich die Äußerung stützte, oder waren es möglicherweise auch Erkenntnisse der OSZE oder der amerikanischen Geheimdienste?

SRS Streiter: Da fließt alles zusammen. Ich meine, an dieser Einschätzung hat sich grundsätzlich nichts geändert. Wir bekommen Berichte unserer Botschaft in Kiew, wir bekommen Berichte des Generalkonsulats in Donezk, und es gibt OSZE-Beobachter. Es gibt also mannigfaltige Informationen. Die werten wir halt aus und machen uns daraus ein Bild. Sie können schon einigermaßen sicher sein, dass wir wissen, worüber wir da sprechen.

Frage: Herr Streiter, Sie sagten eben, das Ziel sei, wieder geordnete Verhältnisse in der Ukraine herzustellen. Was würde denn die Bundesregierung als "geordnete Verhältnisse" definieren?

SRS Streiter: Dass in den Straßen nicht geschossen wird, dass Verwaltungsgebäude nicht besetzt werden und dass keine Barrikaden brennen.

Zusatzfrage: Staats- oder völkerrechtliche Fragen?

SRS Streiter: Wir befinden uns doch jetzt am Anfang einer Entwicklung. Wir haben morgen einen Termin, von dem wir alle hoffen, dass er uns auf diplomatischem Wege weiterführt. Ich glaube, es wäre nicht sinnvoll, wenn man vorher Dinge als Erwartungen äußert, die man vielleicht gar nicht einhalten kann. Warten wir doch einmal das morgige Treffen ab. Wir hoffen, dass es stattfinden wird. Wir hoffen, dass es eine gute Grundlage dafür sein wird, dass es möglichst weitere Treffen geben wird und dass wir uns jetzt wirklich auf den diplomatischen Weg begeben.

Frage: Ich habe eine Frage, vielleicht an das Auswärtige Amt. Reuters hat nach dem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg berichtet, dass Europa zwar mit einer Stimme spreche, aber im Hinblick auf die Verschärfung der Sanktionen ungefähr in drei Gruppen auseinanderzudividieren sei. Es gebe eine Gruppe der Mitte, angeführt von Deutschland, die dafür sei, einmal abzuwarten, und eine dritte Gruppe, die eher dagegen wäre. Stimmt das, oder stimmt das nicht?

Chebli: Das kann ich natürlich nicht verifizieren, und das kann ich nicht bestätigen. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn Sie sich anschauen, wie sich Europa in den letzten Wochen zur Ukraine verhalten hat - vor allem, was diese Sanktionsfrage angeht -, dann werden Sie sehen, dass wir mit einer Stimme gesprochen haben und dass sich Europa nicht hat auseinanderdividieren lassen, auch nicht in der Sanktionsfrage. Ich glaube, das Ergebnis spricht ganz klar für sich.

Frage: Ich habe eine eigentlich ganz platte formale Frage: Das, was wir dort morgen erleben werden, sieht doch ein bisschen so aus, als wäre das die Kontaktgruppe, die Deutschland immer angemahnt hat. Verbindet sich damit also die Erwartung, dass aus diesem morgigen Treffen ein Zyklus wird, sodass das quasi der Geburtsort einer fest installierten Kontaktgruppe wäre?

Als Zweites: Vonseiten Frankreichs kam die Möglichkeit eines weiteren EU-Gipfels zu diesem Thema in der nächsten Woche ins Spiel. Hat die Bundesregierung dazu irgendwelche Informationen? Wäre die Bundesregierung offen für ein solches Treffen?

Chebli: Vielleicht zu der ersten Frage: Es gilt das, was Herr Streiter auch gesagt hat. Ich glaube, wir sollten unsere Erwartungen an das Treffen nicht überfrachten. In diesem Zusammenhang würde ich auch die Frage verstehen, ob das jetzt ein festes Format werden wird oder nicht.

Aber Sie haben es schon richtig festgestellt: Der Minister hat sich von vornherein für eine Kontaktgruppe eingesetzt, und wir betrachten das schon als eine Form einer Kontaktgruppe. Egal, wie man das am Ende nennen wird, ob Vierer-Gipfel oder Vierer-Gespräch, wobei wir "Kontaktgruppe" gesagt haben - das ist in der Tat das, was wir uns von Anfang an gewünscht haben, nämlich dass wir in einem Format zusammenkommen, bei dem die Ukrainer gemeinsam mit den Russen an einem Tisch sitzen. Das sehen wir schon als einen ersten Schritt und als einen kleinen Erfolg in Richtung einer hoffentlich erfolgenden Deeskalation an. Auch hier können wir nur wiederholen, dass wir die Erwartungen dämpfen. Hoffentlich wird es zu dem Treffen kommen, und hoffentlich wird es morgen auch ein erfolgreiches Treffen werden.

SRS Streiter: Was die andere Frage betrifft, gibt es bisher keine Einladung. Die müsste ja von Herrn Van Rompuy ausgehen. Das ist möglich, ist aber auch nicht möglich. Darüber wissen wir nichts oder haben keine eigenen Erkenntnisse.

Zusatzfrage: Wäre die Bundesregierung dafür offen?

SRS Streiter: Ich meine, wenn Herr Van Rompuy zu einem europäischen Gipfel einlädt, dann wird die Bundeskanzlerin diesen Termin wahrscheinlich wahrnehmen.

Frage: Ich wollte einmal das Thema Panzer ansprechen. Der Vizekanzler hat am Montag bei einer Veranstaltung davon gesprochen, dass Russland offensichtlich bereit wäre, Panzer über europäische Grenzen rollen zu lassen. Ich wollte fragen, ob das auch die Einschätzung der Bundeskanzlerin ist.

SRS Streiter: Ich kann nicht für Herrn Gabriel sprechen. Ich kann nur sagen: Die Bundeskanzlerin hat in ihrem Gespräch gegenüber Präsident Putin sehr deutlich gemacht, dass sie Russland in der Hauptverantwortung sieht, zu einer Deeskalation beizutragen. Die andauernde starke Präsenz russischen Militärs an der ukrainischen Grenze und die anhaltende aufrührerische Berichterstattung in den auch in der Ostukraine konsumierten russischen Staatsmedien sind bereits Faktoren, die zur Destabilisierung der Ostukraine beitragen und von bewaffneten Separatisten als russische Rückendeckung verstanden werden.

Ein Rückzug des russischen Militärs von der Grenze und eine Mäßigung der russischen Rhetorik sowie die Distanzierung von gewaltsamen Aktionen prorussischer Kräfte wäre deshalb schon ein sehr wichtiger Beitrag zur Entschärfung der Lage.

Zusatzfrage: Und das war alles in dem Gespräch gestern Abend?

SRS Streiter: Das war meine Antwort auf Ihre Frage. Das war aber auch in dem Gespräch gestern Abend, ja.

Zusatzfrage: Gut, ich wollte da nur sichergehen. - Ich habe noch eine zweite Frage, die auch mit Panzern zu tun hat, aber diejenigen Panzer betrifft, die schon in Deutschland sind, nämlich die zwei Panzer, die am russischen Ehrenmal stehen. Es hat ja Vorschläge gegeben, dass die Bundesregierung die Wegschaffung dieser Panzer unterstützen solle, weil die vielleicht nicht mehr angebracht seien. Was ist Ihre Reaktion darauf?

SRS Streiter: Die Bundesrepublik Deutschland hat sich im deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrag von 1990 ausdrücklich verpflichtet, das sowjetische Ehrenmal im Tiergarten zur Erinnerung in die gefallenen Soldaten der Roten Armee "zu achten, zu erhalten und zu pflegen". Die Bundesregierung kommt dieser Verpflichtung nach und die Bundesregierung respektiert diese besondere Form des Gedenkens an die aufseiten der Roten Armee Gefallenen des Zweiten Weltkrieges.

Frage: Vor kurzem hat sich ein Vertreter der US-Regierung in Berlin dahingehend geäußert, dass die US-Regierung auch Waffenlieferungen an die Ukraine in Erwägung ziehe. Wie sieht das die Bundesregierung? Gehört das mit zu der einheitlichen Position des Westens oder ist das eine Sonderposition der USA?

Chebli: Ich äußere mich natürlich nicht zu dem, was ein Vertreter der US-Regierung gesagt hat, aber für uns - und ich glaube, auch für die Amerikaner und alle Partner - ist ganz klar, dass der Konflikt nicht mit militärischen Mitteln zu lösen ist, sondern wir alles daransetzen sollten, den Konflikt politisch zu lösen. Das morgige Gespräch ist ein Schritt auf diesem Weg.

Zusatzfrage: Das heißt, der Westen hat da offenbar schon eine ganze Bandbreite von Meinungen? Denn so ganz einheitlich ist die Position zu solchen Themen offenbar nicht.

Chebli: Das ist die Schlussfolgerung, die Sie daraus ziehen. Ich habe vorhin ja schon zu der Sanktionsfrage gesagt, dass Sie, wenn Sie sich die Ergebnisse anschauen, feststellen können, dass wir schon mit einer Stimme sprechen, dass Europa mit einer Stimme spricht und dass wir uns auch eng mit den amerikanischen Partnern abstimmen, wenn es um die Frage geht, wie wir uns vorstellen, die Ukraine zu stabilisieren, und wie wir versuchen, die Lage zu deeskalieren. Ich sehe da also nicht den Twist, den Sie da sehen. Es gibt eine ganz enge Abstimmung, der Minister spricht oft mit John Kerry und man stimmt sich eng ab. Genauso läuft das auf der Ebene der Kanzlerin mit Obama. Ich sehe diesen Twist, den Sie da sehen, ganz klar nicht.

Frage: An das Verteidigungsministerium: Der ehemalige Generalinspekteur Kujat hat sich sehr kritisch über die Positionierung der Nato geäußert. Er hat unter anderem vorgeschlagen, dass die Nato, da es in Moskau große Bereitschaft zu Gesprächen mit der Nato in der Ukraine-Frage gebe, doch endlich Gespräche mit Moskau aufnehmen solle. Wie positioniert sich die Verteidigungsministerin da, und was ist die Haltung der Verteidigungsministerin zu einer möglichen Nato-Mitgliedschaft der Ukraine?

Roth: Ich glaube, die Verteidigungsministerin hat sich dazu schon geäußert und auch gesagt, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine zurzeit nicht zur Debatte steht. Das war dort auch ihre Botschaft. Bezüglich dessen, was Herr Kujat gesagt hat, müssen Sie ihn bitte selbst fragen, wie er das meint und wie er dazu steht. Die Nato hat sich dazu auch eingelassen, hat sich positioniert und gesagt: Wir stehen weiterhin auch zu Gesprächen mit Russland offen. Sie wissen aber auch, dass die militärische Kooperation der Nato mit Russland zurzeit ausgesetzt ist.

Frage: Frau Chebli, ist die türkische Minderheit auf der Krim zu dem Gipfel in Genf eingeladen worden? Unterhält die Bundesregierung mit dieser Minderheit Kontakte?

Chebli: Ich habe vorhin ja schon gesagt, wer Teilnehmer des Treffens ist, und auch Herr Streiter hat das unterstrichen. Dabei würde ich es belassen.

Ob es Gespräche mit der Minderheit gibt, weiß ich jetzt ehrlich gesagt nicht. Unser Menschenrechtsbeauftragter hat Gespräche zu Minderheiten in der Ukraine geführt. Ob da konkret auch die Krim-Tataren, von denen Sie ja sprechen, dabei waren, weiß ich nicht. Aber wir haben ja immer wieder wiederholt und unterstrichen: Die Krim ist völkerrechtswidrig besetzt worden, das war ein völkerrechtswidriger Akt, und die Krim ist für uns Ukraine. Wenn wir mit der Ukraine sprechen und den Dialog mit der Ukraine führen, dann bezieht sich das insofern auch auf Minderheiten in der Krim; die sind für uns Teil des ukrainischen Volkes.

Frage: Ich habe noch eine Frage an das Wirtschaftsministerium: In der EU gibt es Pläne zur Schärfung der Ursprungslandbezeichnung bei Produkten und es gibt inzwischen auch ein Votum des Europäischen Parlaments dafür. Die Bundesregierung sah das bislang kritisch. Wie sieht jetzt das weitere Vorgehen der Bundesregierung aus? Ist die Bundesregierung bestrebt, diese Veränderung in irgendeiner Weise zu blockieren, oder was unternimmt sie, um das, was sie für negativ hält, abzuwenden?

Rouenhoff: Der Minister hat sich gestern ja bereits zum Thema Gütesiegel "Made in Germany" beziehungsweise "Made in ..." geäußert. Die Federführung liegt in dieser Frage beim Bundeslandwirtschaftsministerium, insofern würde ich da auch an das Bundeslandwirtschaftsministerium verweisen. Grundsätzlich kann ich im Vorfeld aber sagen, dass wir hier an einem Strang ziehen und die klare Auffassung haben, dass wir das Gütesiegel auf europäischer Ebene erhalten wollen. Hier sind wir ja d'accord mit zahlreichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wir wollen neue bürokratische Hemmnisse, wie der Minister gestern auch gesagt hat, vermeiden. Das Gütesiegel hat sich in den letzten Jahrzehnten als Qualitätszeichen herausgestellt, und dabei soll es auch zukünftig bleiben.

Frage: Eine Frage an Herrn Streiter: Der Spitzenkandidat der europäischen Konservativen, Herr Juncker, hat sich heute dafür ausgesprochen, ab Mitte nächsten Jahres einen Vollzeit-Eurogruppenchef zu installieren. Wie steht die Bundeskanzlerin zu diesem Vorschlag aus ihren Parteireihen?

SRS Streiter: Das kann ich Ihnen ehrlich gesagt nicht sagen, weil ich sie danach nicht gefragt habe - ich weiß es nicht.

Zusatzfrage: Wie steht das Finanzministerium zu dem Vorschlag, einen Vollzeit-Eurogruppenchef einzuführen?

Kalwey: Da muss man jetzt schauen, wie die Diskussionen laufen. Mehr kann ich Ihnen dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

SRS Streiter: Das stand jetzt nicht so im Fokus.

Frage: Herr Rouenhoff, eine große süddeutsche Zeitung berichtet heute, dass es im Wirtschaftsministerium eine gewisse Verwunderung über die bayerische Politik in Sachen Energiewende gibt - Stichwort Stromtrassenplanung. Können Sie das bestätigen, zurückweisen, präzisieren oder ergänzen?

Rouenhoff: Ich kann das sagen, was wir in den vergangenen Monaten immer wieder klar gemacht haben, nämlich dass der Netzausbau natürlich ein wesentlicher Teil der Energiewende ist und dass sich mit dem Gesetzentwurf zum EEG die Grundlage dafür auch nicht geändert hat. Die Grundlage für den Netzausbau ist nach wie vor der Bundesbedarfsplan, der vom Gesetzgeber verabschiedet und am 27. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Dabei bleibt es auch.

Zusatzfrage: Bahnt sich da ein Konflikt an, sehen Sie da einen Konflikt mit bayerischen Plänen, alle Trassen noch einmal zu überprüfen und weitgehende Autarkie in Bayern herzustellen? Steht das nicht in einem gewissen Widerspruch?

Rouenhoff: Den Begriff, den Sie hier verwenden - "Konflikt" -, mache ich mir und macht sich das Wirtschaftsministerium nicht zueigen. Punkt ist, dass der Netzausbau auf Basis des Bundesbedarfsplans erfolgt. Das wird auch zukünftig so sein.

Frage: An das Justizministerium: Laut Medienberichten hat das oberste Gericht Kroatiens gestern Abend entschieden, dass der frühere Geheimdienstgeneral Mustac an Deutschland ausgeliefert wird. Können Sie das bestätigen und gibt es dafür schon einen Termin? Ich nehme an - er wird in München beziehungsweise in Bayern gesucht -, er würde dann in Bayern erwartet?

Zimmermann: Ich kann noch nichts Offizielles bestätigen. Die Meldung, dass er ausgeliefert werden soll, haben wir natürlich auch zur Kenntnis genommen. Vom Verfahren her läuft es dann so: Wenn er dann tatsächlich nach Deutschland überstellt würde, dann würde er dem Haftrichter beim Generalbundesanwalt - weil dort das Verfahren geführt wird - zugeführt, und der würde dann über den Haftbefehl entscheiden, so wie das auch in anderen Verfahren läuft. Aber offiziell kann ich Ihnen zu den Meldungen noch nichts bestätigen.

Frage: Herr Streiter, es soll in Rostock junge Leute geben, die sich zu dem Förderprogramm "The Job of my Life" angemeldet haben, und es ist gesagt worden, dass diese Leute kein Geld mehr bekommen. Können Sie das bestätigen, haben Sie Daten dazu?

SRS Streiter: Ich muss Ihnen gestehen: Ich habe davon keine Ahnung, ich habe davon noch nie etwas gehört.

Zusatz: Das wurde in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vor zwei Tagen öffentlich gemacht.

SRS Streiter: Wo sind diese jungen Menschen?

Zusatz: In Rostock.

SRS Streiter: In Rostock?

Zusatz: Genau.

SRS Streiter: Vielleicht kann der Kollege vom BMAS etwas dazu sagen; er hat sich schon gemeldet.

Ehrentraut: Sie sprechen wahrscheinlich das Programm MobiPro-EU an, das hier schon am Montag Thema war.

Zusatz: Genau.

Ehrentraut: Es geht darum, dass offenbar 40 junge Menschen in Rostock keine Unterstützung bekommen. Dazu hat sich meine Kollegin in dieser Stelle schon geäußert. Offenbar handelt es sich bei diesen Personen um Personen, die keine Bewilligung durch die ZAV, also die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung, bekommen haben und durch Dritte nach Deutschland vermittelt wurden. Man muss dazu wissen, dass bei diesen Förderprogrammen immer eine Zusage der ZAV vorhanden sein muss und dass die ZAV auf Förderversprechen, die durch Dritte gegeben werden, keinen Einfluss hat.

Frage: Macht die Bundesregierung denn irgendetwas, um diesen Leuten jetzt kurzfristig dabei zu helfen, entweder zurück nach Spanien zu kommen oder hier doch noch einen Job zu bekommen?

Ehrentraut: Es gilt weiterhin das, was wir auch am Montag schon gesagt haben: Alle jungen Menschen, die sich in einer bewilligten Maßnahme befinden, werden natürlich auch weiterhin bis zum Ende der Förderkette gefördert. Man muss immer wissen, dass auf dieses Programm kein Rechtsanspruch besteht. Deshalb habe ich noch einmal erwähnt: Wenn keine Bewilligung der ZAV vorhanden ist, kann die ZAV dort auch nicht tätig werden.

Grundsätzlich kann man noch sagen, dass das Programm ja schon aufgestockt wurde: Wie im zweiten Regierungsentwurf zum Haushalt deutlich geworden ist, hat man das Programm für den Zeitraum von 2014 bis 2018 noch einmal um insgesamt 140 Millionen Euro aufgestockt, was eine nicht unbedeutende Summe ist.

Zusatzfrage: Also muss ich Sie so verstehen, dass diese jungen Leute selbst den Fehler gemacht haben, hierhin zu kommen, und dass sich die Bundesregierung nicht verantwortlich fühlt?

Ehrentraut: Falls diese jungen Menschen, die in Rostock sind, Anträge gestellt haben, werden diese Anträge natürlich überprüft und gegebenenfalls bewilligt. Man muss aber sehen, ob die überhaupt Anträge gestellt haben; das muss die ZAV prüfen.

Vorsitzender Szent-Iványi: Weitere Fragen? - Das ist nicht der Fall. Dann wünsche ich von hier aus schon einmal frohe Ostern!

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 16. April 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/04/2014-04-16-regpk.html;jsessionid=D8758FC5DB63D64CA52F9E6A6F304139.s1t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2014