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PRESSEKONFERENZ/889: Regierungspressekonferenz vom 14. November 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 14. November 2014
Regierungspressekonferenz vom 14. November 2014

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Reise nach Neuseeland und Australien, G20-Gipfel in Brisbane, Kabinettssitzung, Reise nach Polen, Verleihung des Walther-Rathenau-Preises an den niederländischen Ministerpräsidenten, Empfang des belgischen Premierministers), Nahost-Reise des Bundesaußenministers, Reise des Bundesaußenministers nach Kiew und Moskau, Ukraine-Krise, iranisches Atomprogramm, Rechtsgutachten bezüglich der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk", Kritik des Musikers Bob Geldof an der Bundesregierung bei der Bekämpfung von Ebola, Frauenquote, Störerhaftung für offene WLANs

Sprecher: SRS'in Wirtz, Schäfer (AA), Gerhartz (BMVg), Braams (BMWi)



Vorsitzender Szent-Iványi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'in Wirtz sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Wirtz: Ich hatte die Reise der Bundeskanzlerin nach Neuseeland und Australien ja schon angekündigt; Sie haben sie auch über die Tickermeldungen verfolgen können.

Die Kanzlerin war in Neuseeland und wird in diesen Minuten in Australien landen. In Kürze beginnt dort in Brisbane der G20-Gipfel, der am 15. und 16. November stattfindet.

Nach dem Gipfel wird sie am Sonntag weiterfliegen nach Sydney und dort bis Montag sein. Montag tritt sie den Rückflug an, und sie wird am Dienstag zurück hier in Berlin erwartet.

Insofern geht es am Mittwoch ganz normal weiter, und zwar um 9.30 Uhr mit dem Kabinett.

Am Donnerstag wird die Kanzlerin dann wieder auf Reisen gehen, und zwar wird sie nach Kreisau in Polen fahren, wo sie an den Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Versöhnungsmesse teilnimmt. Die Ankunft dort ist für 11.15 Uhr geplant. Dann wird die Bundeskanzlerin an einem Festakt der Stiftung Kreisau für europäische Verständigung teilnehmen und eine kurze Rede halten. Danach wird sie mit der polnischen Ministerpräsidentin durch die Freilichtausstellung "Mut und Versöhnung" gehen. Dann gibt es ein Mittagessen. Schließlich wird sie an einem ökumenischen Gottesdienst teilnehmen. Der Rückflug nach Berlin ist für 15.15 Uhr geplant.

Am Freitag geht es weiter um 11 Uhr mit der Verleihung des Walther-Rathenau-Preises an den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte. Die Bundeskanzlerin wird die Laudatio halten, und dann wird es eine Würdigung des außen- und europapolitischen Engagements des niederländischen Ministerpräsidenten geben. Das Ganze wird im Haus der Deutschen Bank Unter den Linden erfolgen. Vor dieser Preisverleihung wird die Kanzlerin den Ministerpräsidenten zu einem kurzen bilateralen Gespräch treffen. Eine Begegnung mit der Presse ist bei diesem Termin nicht vorgesehen.

Anders bei dem Termin mit dem belgischen Premierminister Charles Michel, der mit militärischen Ehren am Freitag um 13 Uhr im Bundeskanzleramt empfangen wird. Es ist der Antrittsbesuch des Premierministers. Nach dem Gespräch wird es um 14.15 Uhr eine gemeinsame Pressebegegnung geben.

So viel zur Woche der Kanzlerin.

Frage (zum G20-Gipfel): Frau Wirtz, der russische Präsident hat heute in einem Interview gesagt, ein Treffen mit der Bundeskanzlerin sei fest geplant. Außerdem sei das Verhältnis zu ihr nicht abgekühlt. Können Sie bestätigen, dass das Treffen definitiv stattfindet? Wie kommentieren Sie seine Einschätzung des persönlichen Verhältnissees mit der Bundeskanzlerin?

SRS'in Wirtz: Zunächst einmal zu dem Treffen: Die Kanzlerin ist in Australien, ist in Brisbane. Der russische Präsident ist dort auch angekündigt. Insofern: Ich halte ein solches Treffen nicht für ausgeschlossen, kann Ihnen das derzeit aber nicht bestätigen.

Was das Verhältnis der Kanzlerin zum russischen Präsidenten anbelangt, so wissen Sie, dass die Bundeskanzlerin seit Wochen und Monaten - im Grunde genommen seit Beginn der Krise - im Gespräch mit dem russischen Präsidenten ist und in diesen Gesprächen auch immer wieder die Interessenlage der deutschen Bundesregierung und der europäischen Partner darlegt und auch hört, was der russische Präsident dazu zu sagen hat. Insofern ist der Bundeskanzlerin insbesondere wichtig, dass dieser Gesprächsfaden nicht abreißt, um auf diese Weise auch einen Teil dazu beizutragen, die Situation an der ukrainisch-russischen Grenze zu entspannen.

Frage: Können Sie bestätigen, dass ein Gespräch zwischen Putin und der Kanzlerin stattfinden wird, und falls ja, in welchem Kontext?

SRS'in Wirtz: Ich sagte ja gerade: Ich halte das nicht für ausgeschlossen, aber ich kann es nicht bestätigen.

Vorsitzender Szent-Iványi: Herr Schäfer hat noch eine Ankündigung.

Schäfer: Herr Steinmeier wird über das Wochenende - am Samstag und am Sonntag - und damit unmittelbar vor dem nächsten Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel zu einer Reise in den Nahen Osten aufbrechen. Sie wissen, dass uns aus der Region in den letzten Wochen immer wieder sehr unschöne Nachrichten über gewalttätige Zusammenstöße erreicht haben und dass der Friedensprozess nicht recht in Gang kommen möchte. Deshalb reist Herr Steinmeier in die Region, um sich vor Ort einen Eindruck der Lage zu verschaffen und Gespräche mit den politisch Verantwortlichen sowohl in Israel als auch in den palästinensischen Gebieten zu führen.

Er wird am Samstag mit den politisch Verantwortlichen in Ramallah - dem palästinensischen Präsidenten Abbas, seinem Außenminister Malki und dem Ministerpräsidenten Hamdallah - zusammentreffen, und er wird am Sonntag - so ist es geplant - in Israel mit Ministerpräsident Netanjahu, mehreren Ministern, darunter Außenminister Lieberman und die Justizministerin Livni, sowie dem israelischen Staatspräsidenten, Herrn Rivlin, zusammentreffen.

Frage: Herr Schäfer, die Reise ist ja überschattet von der Weigerung Israels, ein UN-Team nach Gaza reinzulassen, um über mögliche Kriegsverbrechen nachzuforschen. Dazu hätte ich gern eine Stellungnahme Ihres Hauses.

Schäfer: Ich weiß nicht, ob der Besuch davon überschattet ist. Richtig ist aber, dass es diese Entscheidung der israelischen Regierung gegeben hat, die wir bedauernd zur Kenntnis nehmen. Es wäre aus Sicht der Bundesregierung gut, wenn eine faire, objektive, unparteiische Untersuchung der Ereignisse von Gaza stattfinden könnte.

Frage: Zu den Reisen des Bundesministers: Herr Steinmeier fährt ja nächste Woche Dienstag nach Moskau. Ist davor oder danach auch ein Zwischenstopp in Kiew geplant?

Schäfer: Weil es ja entsprechende Nachrichten aus Kiew und aus Moskau gibt, sage ich vielleicht nur so viel: In der Tat gibt es Pläne, dass Herr Steinmeier in der nächsten Woche - aller Voraussicht nach am Dienstag, also nach der Grundsatzdebatte der Außenminister der Europäischen Union in Brüssel zur Ukraine-Krise und zum Verhältnis mit Russland - aufbrechen wird. Geplant ist, dass der Außenminister am Dienstag, dem 18. November, erst nach Kiew reist - das wäre dann im Wesentlichen der Vormittag - und am Nachmittag und Abend dann in Moskau ist.

Frage: Frau Wirtz, es gab in den letzten zwei, drei Tagen ja Berichte über massive Truppenbewegungen im Osten der Ukraine. Befürchtet die Bundesregierung, dass es dort zu einem militärischen Angriff oder zu größeren militärischen Kampfhandlungen kommt, eventuell zu einem Angriff auf Mariupol? Was tut die Bundesregierung, um das zu verhindern, und welche Konsequenzen könnte das haben?

SRS'in Wirtz: Zunächst einmal kann ich zu der Situation in der Ukraine sagen, dass die Bundesregierung die Entwicklung mit großer Sorge beobachtet. Sie wissen, dass die Bundesregierung immer wieder darauf hingewiesen und darauf hingewirkt hat, dass die Vereinbarungen von Minsk, die aus dem September stammen, eingehalten werden. Sie hat immer wieder an alle beteiligten Kräfte appelliert, diese Vereinbarungen einzuhalten. Auch jetzt kann man den Appell an Russland - den die Bundeskanzlerin ja sehr oft wiederholt hat - noch einmal wiederholen, dass die Einflussmöglichkeiten auf die pro-russischen Separatisten wahrgenommen werden sollten. Die Bundeskanzlerin wird sicherlich die Gelegenheit nutzen - das hat sie gestern beziehungsweise heute Nacht, je nachdem, von welcher Zeitzone aus man das betrachten will, auch noch einmal in einem Pressestatement deutlich gemacht -, auch auf dem G20-Gipfel in Brisbane das Thema Ukraine noch einmal anzusprechen.

Im Übrigen - auch darüber haben wir hier schon am vergangenen Mittwoch gesprochen - gibt es in Bezug auf die Regionalwahlen, die am 2. November stattgefunden haben und die eben nicht in Übereinstimmung mit den Vereinbarungen von Minsk erfolgt sind, Überlegungen in der Bundesregierung, möglicherweise personenbezogene Maßnahmen und Listungen noch auszuweiten. Dazu läuft die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung noch. Alles Weitere muss man jetzt sehr genau beobachten - wie gesagt mit einer großen Sensibilität und der Bereitschaft, notwendigenfalls auch weitere Maßnahmen zu treffen.

Zusatzfrage: Hat die Bundesregierung eigene Daten oder Informationen über diese Truppenbewegungen, die nicht von den Beobachtern der OSZE stammen? Kann die Bundesregierung davon ausgehen, dass die Waffen, die dort wohl konzentriert auftreten, unbedingt aus Russland stammen?

SRS'in Wirtz: Dazu kann Herr Schäfer vielleicht noch ergänzen.

Schäfer: Selbstverständlich hat die Bundesregierung eigene Erkenntnisquellen. Über die möchte ich Sie jetzt aber im Detail gar nicht unterrichten; ich glaube, das gehört auch nicht unbedingt hierher. Ich glaube, das Entscheidende ist - und da kann ich mich nur den Äußerungen von Frau Wirtz anschließen -, dass von hier aus, von Berlin aus, nicht erst heute, aber auch heute wieder der Appell an alle geht, jetzt, in dieser Phase, in der sich die Worte wieder gegenseitig aufschaukeln und in der man auch militärische Bewegungen vermeldet und auch beobachten kann, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht wieder zurück in eine Situation zu geraten, wie wir sie Ende August hatten, als wir nicht weit von einer offenen militärischen Auseinandersetzung entfernt waren. Eine Rückkehr in eine solche Situation wäre eine wirkliche Katastrophe.

Der Waffenstillstand ist seit dem September nie wirklich eingehalten worden, aber er war gleichwohl ein richtiges und von uns unterstütztes Mittel zur Beruhigung der Lage. Auch wenn es hier und da immer wieder militärische Scharmützel gegeben hat, gibt es keine Alternative zu einer Fortsetzung des Waffenstillstandes und gibt es sicherlich keine militärische Lösung für wen auch immer - weder für die ukrainischen Sicherheitskräfte noch für die pro-russischen Separatisten. Deshalb gilt hier unser eindringlicher Appell an alle, mit Worten miteinander zu sprechen - in der Kontaktgruppe oder in anderen Formaten -, aber jedenfalls nicht aufeinander zu schießen.

Frage: Herr Schäfer, ich möchte noch einmal auf die Reise des Bundesaußenministers nach Moskau zurückkommen. Wird das Thema des iranischen Nuklearprogramms auch diskutiert oder werden nur die Ukraine und die bilateralen Beziehungen besprochen?

Schäfer: Das sind jetzt noch ein paar Tage hin. Sie haben aber völlig Recht, dass es vor dem Hintergrund, dass in der nächsten Woche das Enddatum der Verhandlungen der E3+3 mit dem Iran nicht mehr in weiter Ferne ist, womöglich Gesprächsbedarf auch zwischen Deutschland und Russland gibt, die ja, wie Sie alle wissen, beide Teil dieser E3+3-Verhandlungsgruppe gegenüber dem Iran sind. Wenn es da Bedarf gibt, sich in der Endphase der Verhandlungen miteinander abzustimmen, dann wird das dort sicherlich geschehen. Wir sind froh darüber, dass es in diesen Verhandlungen mit Russland ein konstruktives und sehr nützliches Miteinander gibt. Wir hoffen, dass das bis zum Ende der Verhandlungen auch so bleiben wird; denn das ist eine Voraussetzung dafür, dass es überhaupt eine Möglichkeit gibt, eine vernünftige Vereinbarung mit dem Iran abzuschließen, die die Ziele der internationalen Gemeinschaft sicherstellt, die also sicherstellt, dass das iranische Nuklearprogramm nicht für den Bau oder die Nutzung der Kernenergie für militärische Zwecke verwendet werden kann.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, der russische Außenminister hat nicht ausgeschlossen, dass eine Verlängerung der Verhandlungen möglich ist. Wie steht die Bundesregierung dazu?

Schäfer: Das schließen wir auch nicht aus.

Zusatzfrage: Das heißt, der 24. November ist jetzt nicht mehr das Zieldatum?

Schäfer: Naja, das ist ja nicht so einfach. Natürlich ist der 24. November das Zieldatum, und er bleibt auch das Zieldatum. Letztlich müssen sich alle Beteiligten - und da blicken wir in erster Linie nach Teheran - die Frage beantworten, wieso eine weitere Verschiebung der Entscheidungen, die in Teheran getroffen werden müssen, die Wahrscheinlichkeit erhöhen sollte, dass man zu einem guten Verhandlungsergebnis kommt. Es ist doch völlig klar, dass, wenn es am 24. November zu keiner Lösung kommt, der internationale Druck von vielen Seiten wieder größer werden wird, und es ist sicherlich nicht so, dass danach die Wahrscheinlichkeit für eine Einigung steigt.

Die Bundesregierung wird mit aller Kraft darauf hinarbeiten, dass es bis zum 24. November zu einer Lösung, zu einer politischen Vereinbarung mit dem Iran kommt. Die Parameter liegen auf dem Tisch, die Verhandlungen laufen - auch in den letzten Tagen in Oman - ganz konstruktiv. Es gibt bei verschiedenen Themen noch Kluften, die zu überwinden sind. Wir hoffen aber und setzen darauf, dass das in der noch verbliebenen Zeit mit dem notwendigen politischen Willen - wie gesagt insbesondere in Teheran - geschehen kann.

Frage (zur Ukraine-Krise): Herr Schäfer, Deutschland und Frankreich haben vor einiger Zeit den Drohneneinsatz zur Kontrolle der ukrainischen Grenze vorgeschlagen. Das wäre in dieser Situation ein wirksames Mittel, die Truppenbewegungen zu beobachten. Gibt es Bewegung in dieser Frage?

Schäfer: Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die Nutzung solcher Drohnen in der jetzigen Lage ein ganz wichtiger Beitrag zur Entspannung sein könnte. Wir müssen allerdings zur Kenntnis nehmen, dass der Vorschlag, der aus Deutschland ebenso wie aus Frankreich gekommen ist, bislang in den Gremien der OSZE noch immer nicht dazu geführt hat, dass es eine Entscheidung gibt, die das möglich macht. Das hat mit einer Reihe von rechtlichen, aber auch schwierigen politischen Fragen zu tun. Es ist ganz offensichtlich so, dass die Art und Weise, wie Deutschland und Frankreich dieses Angebot gemacht haben - insbesondere einschließlich der militärischen Schutzkomponente -, politische und rechtliche Probleme für den ukrainischen Staat mit sich gebracht hätte.

Es ist leider auch weiter so - und da geht mein Blick dann auch gen Moskau - , dass es bei den Verhandlungen in Wien nicht immer und nicht nur konstruktiv zugeht und wir deshalb bei den "Terms of Reference", also bei den technischen Fragen über die Nutzung und den Einsatz möglicher deutscher oder französischer Drohnen, leider noch nicht zu einer Einigung gekommen sind. Das Angebot liegt weiter auf dem Tisch, aber der Optimismus hier in Berlin, dass es in absehbarer Zeit und gerade mit Blick auf die von Ihnen angesprochene aktuelle Krise vielleicht möglich wäre, diese Drohnen zum Einsatz zu bringen, ist zurzeit leider begrenzt.

Frage: Ich hätte eine Frage an das Verteidigungsministerium. Aus Ihrem Haus gibt es ein Gutachten in Sachen "Euro Hawk", das besagt, dass Ende 2013 die Frist für Schadensersatzansprüche ausgelaufen ist und keine Rechtsmittel eingelegt wurden. Warum hat Ihr Haus etwaige Schadensersatzansprüche gegenüber der EuroHawk GmbH oder den Besitzern EDAS oder Northrop Grumman verfallen lassen und keine Rechtsmittel eingelegt?

Gerhartz: Zunächst einmal möchte ich klarmachen, um welches Rechtsgutachten es sich handelt. Das war das Rechtsgutachten, das in der letzten Legislaturperiode in Auftrag gegeben wurde, um zu klären, ob es mögliche Schadensersatzansprüche des Bundes gegenüber der EuroHawk GmbH geben könnte. Das Gutachten ist uns letztes Jahr im Oktober überreicht worden. In dem Gutachten werden natürlich alle Möglichkeiten und Optionen geprüft. Nach Abwägung aller "pros and cons" - das ist das Wesentliche - kommt das Gutachten zu abschließenden Gesamtbewertung, dass von einer gerichtlichen Geltendmachung wegen ganz erheblicher Prozessrisiken abgeraten wird.

Dieser Gesamtbewertung haben wir uns durch eigene Prüfungen angeschlossen. Ich denke, das zeigt das Rüstungsgutachten. Das Konsortium KPMG ist sehr intensiv in die neuen Projekte eingestiegen, unter anderem auch in das Projekt "Euro Hawk", um es hier einmal so zu nennen. Auch das Gutachten kommt zu keiner anderen Bewertung. Sie wissen selbst, wie hart die Gutachter mit den verschiedenen Projekten ins Gericht gegangen sind.

Es ist wesentlich festzustellen, dass auch bei der Durchsetzung der Ansprüche, wenn sie denn überhaupt möglich gewesen wären, ein direkter Durchgriff auf die Muttergesellschaften - zum Beispiel Northrop Grumman - ohnehin nicht möglich gewesen wäre, weil der Vertrag dementsprechend mit der Dachgesellschaft EuroHawk GmbH abgeschlossen wurde.

Zusatzfrage: Das ist ja alles plausibel, aber letztendlich hätte man durch einen einfaches Schreiben eines Rechtsanwaltes die Frist verlängern können. Warum hat man das nicht getan?

Gerhartz: Wenn Sie zu der Bewertung kommen, dass Sie ohnehin enorme Risiken haben und es wiederum zu erheblichen Mehrkosten führten könnte, diesen Weg zu gehen, wenn zu dieser Bewertung das Gutachten, aber auch wir selber und letztlich ein externer Gutachten kommen, gibt es keine Gründe für uns, den Schritt zu gehen, die Verjährung dementsprechend aufzuheben.

Frage: Herr Gerhartz, das hatte Ihr Ministerium vor einem Monat schon genauso mitgeteilt. Da ging es aber auch ein wenig um die Kosten. Es wurde gesagt, 616 Millionen Euro seien bis dahin für den "Euro Hawk Full Scale Demonstrator" ausgegeben worden und die "ISIS"-Entwicklung sei darin mit 270 Millionen Euro enthalten gewesen. Ich wollte gerne einmal fragen, wie viel Geld denn für diesen "Euro Hawk Full Scale Demonstrator" und für "ISIS" - ich meine dieses "ISIS" und nicht das ISIS von Herrn Schäfer - im Jahr 2015 oder gegebenenfalls für die alternativen Plattformen vorgesehen ist.

Gerhartz: Das Thema "Euro Hawk" ist hier schon öfter erörtert worden. Ich will es noch einmal ganz kurz erklären:

Wir müssen immer sehen, dass das eine die Plattform, das unbemannte Luftfahrzeug, ist, und dass das andere die Sensorausstattung, belegt durch den doppeldeutigen Begriff "ISIS", ist. Die Gesamtkosten setzen sich aus diesen Anteilen zusammen. Diese ca. 616 Millionen Euro, die Sie erwähnt haben, sind die Gesamtkosten. An den Zahlen hat sich, wie sie damals veröffentlicht worden sind, nichts geändert.

Der Weg, den wir jetzt im weiteren Verlauf beschreiten - das ist wiederum vom Rüstungsgutachten bestätigt worden -, ist der, dass wir, bevor wir eine Beschaffungsentscheidung für ein mögliches Muster treffen, wie es durch das "Euro Hawk" Nachfolgersystem "Triton" beschrieben ist, eine Zulassungsstudie vorschalten werden, um dieses Risiko von Anfang an auszuschließen, damit uns das nicht noch einmal passiert. Davon losgelöst ist die Sensorausstattung zu betrachten, die wir hier natürlich entsprechend gut verwenden können.

Das heißt, wenn man sich jetzt die Frage stellt, wo Geld ist, dass irgendwo nicht mehr gut gemacht werden kann - darauf zielt ja Ihre Frage -, betrifft das maximal die Plattform "Euro Hawk" und nicht die Sensorausstattung.

Zusatzfrage: Meine Frage zielte tatsächlich auf etwas anderes und deswegen noch einmal eine Nachfrage dazu. Dieser "Euro Hawk Full Scale Demonstrator" soll - zumindest bislang - für die "ISIS"-Weiterentwicklung weiter benutzt werden, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Es ist so, dass dieser "Euro Hawk Full Scale Demonstrator" gewartet werden muss, wobei natürlich Kosten anfallen. Auch die "ISIS"-Weiterentwicklung wird ja vermutlich nicht kostenneutral sein. Deswegen noch einmal meine Frage, was das im Jahr 2015 aller Voraussicht nach kosten wird.

Gerhartz: Ich kann Ihnen noch keine exakten Zahlen nennen. Das sind ohnehin Kosten, die auf uns zukommen, wenn wir diese Systeme voll nutzen. Dass wir den "Euro Hawk Full Scale Demonstrator" dafür beanspruchen, ist natürlich der Tatsache geschuldet, dass es auch dafür keine Alternative gibt. Wir sind an dem Punkt, dass wir durch diese Zulassungsstudie die Frage vorschalten, ob wir diesen Weg dementsprechend gehen.

Zusatzfrage: Können Sie konkretere Zahlen nachliefern?

Gerhartz: Ich kann Ihnen dazu keine konkreten Zahlen nennen.

Frage: Es gibt eine Neuauflage des Projekts "Band Aid" in Sachen Ebola. Als das gestern hier in Berlin präsentiert wurde, hat einer der Initiatoren, Bob Geldof, die Bundesregierung ganz massiv kritisiert. Sie tue zu wenig, werde ihrer Verantwortung nicht gerecht, halte eigene Zusagen nicht ein. Was halten Sie davon? Könnte so eine Aktion oder auch diese Kritik noch einmal ein Ansporn sein, die Anstrengungen im Kampf gegen Ebola zu verstärken?

SRS'in Wirtz: Da der Ebola-Beauftragte der Bundesregierung im Auswärtigen Amt angesiedelt ist, würde ich an Herrn Schäfer weitergeben.

Schäfer: Es ist immer gefährlich, direkt auf Musiker zu reagieren - das möchte ich ausdrücklich nicht tun -, aber ich sage gerne ganz grundsätzlich etwas dazu.

Vertreter der Bundesregierung - darunter ausdrücklich auch der Bundesaußenminister - haben keinen Hehl daraus gemacht, dass sie der Meinung waren, dass die internationale Gemeinschaft - und damit auch Deutschland - auf diesen massiven Ausbruch von Ebola vor einigen Monaten zu spät reagiert hat. Das ist nicht neu, und das ist auch keine Kritik, die irgendwie überraschend käme. Sondern dieser Selbstkritik haben wir uns selbst gestellt. Ich glaube aber, guten Gewissens sagen zu können, dass die Bundesregierung, nachdem es in Deutschland und auch bei anderen etwas länger gebraucht hat, um zu verstehen, dass dieser Ausbruch von Ebola - es ist ja seit 1976 nicht der erste - größer, gefährlicher und schwieriger zu beherrschen sein wird als alle anderen zuvor, ihren Teil der Hilfe hat anlaufen lassen. Ich glaube, dass wir uns damit ganz gut sehen lassen können.

Ich hoffe, dass die positiven Nachrichten, die es in den letzten Tagen aus der Region gab - ich möchte nur zwei nennen, nämlich erstens, dass die liberianische Präsidentin gestern den Ebola-Notstand in ihrem Land aufgehoben hat und dass zweitens die WHO zuversichtlich ist, dass nach ersten vorläufigen Daten die Infektionsraten nicht mehr in der gleichen Geschwindigkeit fortschreiten -, erstens tatsächlich zutreffen und zweitens eine Folge der jetzt massiv angelaufenen internationalen Hilfe sind.

Unter der Führung von Herrn Lindner hat nicht nur die Bundesregierung, sondern auch das Technische Hilfswerk, die Bundeswehr, das Deutsche Rote Kreuz eine ganze Menge aufs Gleis gesetzt. Inzwischen sind Freiwillige vor Ort, werden Gesundheitsstationen eröffnet und betrieben und die Luftbrücke, die von der Bundeswehr sehr früh auf die Beine gestellt worden ist, funktioniert reibungslos und wird nicht nur von deutschen Hilfsorganisationen, sondern auch von den Vereinten Nationen und vielen anderen eifrig genutzt. Die Verbindungen, die die Bundeswehr über diese Luftbrücke aus Accra und Dakar in die Hauptstädte der drei betroffenen Länder herstellt, sind wichtig, sind sogar lebenswichtig für die anlaufende Hilfe. Wir werden hoffentlich in Kürze auch ein Flugzeug zur Hand haben, mit dem wir höchstinfizierte Fälle behandeln und aus der Region ausfliegen können.

Insgesamt habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich Ihnen sage, dass die Anstrengungen Deutschlands sich sehen lassen können. Wir haben inzwischen über 100 Millionen Euro dafür bereitgestellt, die jetzt sukzessive abfließen, um das alles umzusetzen. Wir sind eigentlich ganz guter Hoffnung, dass wir in den nächsten Monaten wirklich eine Situation in den drei betroffenen Ländern vorfinden, in der die Todesfälle zurückgegangen sind, in der die Infektionsraten zurückgegangen sind und wir dann irgendwann gemeinsam sagen können: Wir waren vielleicht zu spät, aber wir haben es letztlich hinbekommen, die Gefahren, auch die weltweiten Gefahren, die sich aus dieser Epidemie ergeben, tatsächlich zu beherrschen.

Frage: Eine Frage zum Thema Frauenquote zunächst an Frau Wirtz. Wird dieses Vorhaben noch in diesem Jahr auf den gesetzgeberischen Weg gebracht oder zieht sich das noch hin?

SRS'in Wirtz: Der Gesetzentwurf wird derzeit zwischen den Ressorts und zwischen den Fraktionen abgestimmt, wie das jedem Gesetzesvorhaben ist. Ich gehe davon aus, dass der Gesetzentwurf in den nächsten Wochen ins Kabinett geht. Die Bundeskanzlerin hat sich auch ganz ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass dieses Gesetz Wirklichkeit wird. Abgesehen davon gibt es die Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Insofern habe ich gute und sichere Anzeichen dafür, dass das in den nächsten Wochen auch den Weg ins Kabinett findet.

Zusatzfrage: Also noch in diesem Jahr?

SRS'in Wirtz: Es ist sehr gut möglich, dass es noch in diesem Jahr passiert.

Zusatzfrage: Das klingt so, als ob die wichtigsten Hürden in der Ressortabstimmung ausgeräumt sind oder gibt es dort noch Knackpunkte?

SRS'in Wirtz: Nein, es gibt noch Gespräche. Zu den einzelnen Aspekten, die noch besprochen werden, möchte ich mich nicht äußern, weil es gute Übung ist, dass solche Ressortabstimmungen oder Abstimmungen mit der Fraktion durchaus in einem gewissen vertraulichen Rahmen abstimmen. Insofern kann ich Sie leider nur damit vertrösten, dass es gute Anzeichen dafür gibt, dass das Thema demnächst im Kabinett behandelt wird und damit auch für Sie und für alle anderen Journalisten öffentlich ist, wie dieser Gesetzentwurf aussehen wird.

Frage: Meine Frage bleibt ein bisschen in der Reihe, was die Abarbeitung des Koalitionsvertrags angeht. Ich nehme gerne eine Antwort von Frau Wirtz, wenn Sie es mir beantworten können; ansonsten muss wahrscheinlich Frau Braams einspringen. Ich hatte mehrfach zum Thema WLAN-Störerhaftung gefragt. Wie sieht es mit der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Neuregelung aus? Das sollte eigentlich noch dieses Jahr kommen. Wo stehen wir da nun? Ich frage gerne alle zwei Wochen nach.

SRS'in Wirtz: Oder alle zwei Tage. Ich glaube, die Frage hatten wir hier am Mittwoch schon beantwortet. Wir werden aber gerne noch einmal darauf eingehen, Herr Steiner.

Braams: So ist es. Wir haben die Frage schon am Mittwoch beantwortet. Es ist weiterhin so, dass die Gespräche zwischen den betroffenen Ressorts mit Hochdruck laufen. Es gibt dazu einen guten und konstruktiven Austausch. Wichtig ist, noch einmal zu betonen, dass der Koalitionsvertrag die Vorgabe macht und es eine Regelung geben soll, die die Interessen aller Betroffenen - das heißt, sowohl den Schutz des geistigen Eigentums, aber auch die berechtigten Interessen der Netz-Community - ausgewogen berücksichtigt. Dieser Abwägungsprozess ist durchaus komplex und muss daher in den Gesprächen abgestimmt werden. Die Gespräche laufen, wie gesagt, und wir arbeiten mit Hochdruck daran. Wir werden im nächsten Schritt schnellstmöglich die Ressortabstimmung einleiten.

SRS'in Wirtz: Wir freuen uns auf Ihre Fragen!

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 14. November 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/11/2014-11-14-regpk.html;jsessionid=2AF27D1356D854F9FC33EB5404D804A9.s2t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. November 2014