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PRESSEKONFERENZ/896: Regierungspressekonferenz vom 19. November 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Mittwoch, 19. November 2014
Regierungspressekonferenz vom 19. November 2014

Themen: Anschlag auf Gläubige in einer Synagoge in Jerusalem, Kabinettssitzung (Fortschrittsbericht Afghanistan 2014, Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Resolute Support Mission sowie an der Operation Active Endeavour, Umsetzung der europäischen Richtlinie über Einlagensicherungssysteme, Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften, Senkung des Rentenbeitragssatzes, Rentenversicherungsbericht 2014, Bericht über die Lage der älteren Beschäftigten, deutsche G7-Präsidentschaft), Reise des Bundesaußenministers nach Südafrika, Teilnahme der Bundeskanzlerin am EINEWELT-Zukunftsforum, Tarifeinheit, Eröffnung "Showroom der Bundeswehr" in Berlin, Studie des Deutschen Instituts zur Wirtschaftsforschung zur verminderten Kohleverstromung, Bericht zu Beteiligungen des Bundes, Verletzung des Luftraums durch russische Militärflugzeuge, gestriges Treffen des Bundesaußenministers mit dem russischen Präsidenten

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Niggemeier-Groben (BMVg), Westhoff (BMAS), Alemany (BMWi), Schroeren (BMUB)



Vorsitzender Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Bevor ich zum Kabinett komme, erlauben Sie mir, dass ich ein paar Worte zum Thema Israel sage. Wir alle sind ja schockiert über die Berichte und Bilder, die uns gestern aus Jerusalem erreicht haben. Ich kann für die Bundesregierung sagen, dass sie mit großem Nachdruck diesen gestrigen furchtbaren Angriff auf Gläubige in einer Synagoge in Jerusalem verurteilt. Bei diesem Angriff sind fünf Menschen ums Leben gekommen. Eine solche Tat an einem Ort des Gebets, das ist - wie auch gestern der Außenminister schon gesagt hat - eine weitere entsetzliche Grenzüberschreitung in einer Region, in der ohnehin schon von den Menschen beider Seiten viel zu viel Leid zu ertragen ist. Unsere Gedanken sind bei den Familien der Opfer dieses gestrigen Anschlags.

Die jetzt extrem angespannte Situation in Ostjerusalem ist für die Bundesregierung ein Grund zu äußerster Sorge. Dass Präsident Abbas den Anschlag sofort mit klaren Worten verurteilt hat - so wie es der israelische Präsident Rivlin auch schon getan hat -, möchten wir ausdrücklich begrüßen. In dieser Situation fordert die Bundesregierung beide Seiten, Israel und die Palästinenser, zu äußerster Zurückhaltung und zu Mäßigung in einer aufgeladenen Situation auf.

Das Kabinett hatte heute eine sehr volle Tagesordnung.

Ich beginne mit dem Fortschrittsbericht Afghanistan 2014. Es gibt solche Fortschrittsberichte ja seit 2010. Sie sind jeweils Bestandsaufnahme und auch Kursbestimmung des deutschen Engagements in Afghanistan. Dieser jetzt vorliegende Bericht deckt den Zeitraum Januar bis Oktober 2014 ab. Das Besondere in diesem Jahr ist, dass im Anhang zu diesem Bericht auch eine Zwischenbilanz des Afghanistan-Engagements seit dem Jahr 2001 enthalten ist, die von der Bundesregierung zur Kenntnis genommen wurde. Verfasser dieser Zwischenbilanz ist der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Afghanistan und Pakistan, Botschafter Michael Koch.

Das Jahr 2014 wird ja aufgrund des zu Ende gehenden ISAF-Kampfeinsatzes vielfach als eine Zäsur des Afghanistan-Engagements angesehen. Dieses Engagement geht natürlich keineswegs damit zu Ende. Es tritt vielmehr in eine neue, in eine durch zivile Unterstützung geprägte Phase der Transformation ein; aus dem Kampfeinsatz wird also ein Unterstützungseinsatz. Für Afghanistan war 2014 ein politisch bedeutsames Jahr. Seit Ende September hat das Land mit Ashraf Ghani einen neuen Präsidenten, mit Abdullah Abdullah einen neuen Regierungsvorsitzenden. Die Regierung der Nationalen Einheit stellt eine große Chance dar, weil sie auf einer breiten Basis steht und weil damit die anstehenden Entscheidungen von diesen politischen Kräften auch geschlossen und entschlossen angegangen werden können.

Das hat sich bereits bei der Unterzeichnung des Nato-Afghanistan-Truppenstatusabkommens gezeigt. Einen Tag nach Übernahme der Amtsgeschäfte hat die neue Regierung die Nato durch diesen Vertrag gebeten, weiter mit einer Nato-Ausbildungsmission unterstützend tätig zu sein. Das ist die RSM, die Resolute Support Mission. Die Bundesregierung hat daher heute vorbehaltlich der konstitutiven Zustimmung des Bundestages die Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Beteiligung an dieser Ausbildungsmission ab dem 1. Januar 2015 beschlossen - ich komme gleich noch zu den Details.

Ich will aber hervorheben, dass Deutschland und die internationale Gemeinschaft Afghanistan auch in anderen Bereichen weiter unterstützen werden. Das zivile Engagement, das Deutschland leistet, wird auf dem bisherigen hohen Niveau - bis zu 430 Millionen Euro pro Jahr bis 2016 - fortgesetzt. Zu diesem deutschen Engagement gehören auch Themen wie die Stärkung guter Regierungsführung, Rechtsstaatsförderung, Aufbau der Polizei, Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung, Gesundheit, Wasser und Energie.

In der Gesamtschau ist für die Bundesregierung klar: Wir haben viel erreicht, aber wir sind noch lange nicht am Ziel.

Ich will nur noch ganz kurz zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Resolute Support Mission etwas sagen. Das ist die Nachfolgemission der internationalen Schutztruppe ISAF, deren Mandat Ende 2014 abläuft. Die Bundesregierung hat heute also die Beteiligung an Resolute Support beschlossen, und zwar bis zum 31. Dezember 2015. Es geht bei dieser neuen Mission um Ausbildung, um Beratung und um Unterstützung der nationalen afghanischen Sicherheitskräfte. Die Mission hat also einen ganz anderen Charakter als der bisherige ISAF-Einsatz, sie ist kein Kampfeinsatz mehr.

Wir werden als Rahmennation in Masar-e-Scharif weiter die Hauptverantwortung im Norden Afghanistans übernehmen, zusammen mit unseren amerikanischen Partnern und mit anderen Nationen. Die Personalobergrenze der deutschen Beteiligung an Resolute Support liegt bei 850 Soldatinnen und Soldaten.

Zu einem anderen Einsatz, an dem die Bundeswehr beteiligt ist - ein Einsatz, der ebenfalls infolge des Terroranschlags des 11. Septembers 2001 begonnen wurde -: Deutsche Soldaten werden sich auch weiterhin an der Nato-geführten Operation Active Endeavour im Mittelmeer beteiligen. Diese Operation wurde durch die Nato-Mitgliedstaaten beschlossen, um im Mittelmeerraum einen Beitrag zur maritimen Terrorismusabwehr zu leisten. Derzeit und auch weiterhin wird die Bedrohung der Allianz in dieser Region jedoch als abstrakt bewertet. Vor diesem Hintergrund beschränkt sich Active Endeavour auch auf Seeraumüberwachung und Lagebildaustausch. Das ist es, was die derzeitigen Einsatzregeln vorsehen. Dazu werden Schiffe und Luftfahrzeuge eingesetzt. Die Präsenz dieser Einsatzverbände wirkt präventiv wie ein Ordnungsfaktor. Damit trägt die Operation Active Endeavour über die Terrorismusbekämpfung hinaus grundsätzlich und grundlegend zur Verbesserung der maritimen Sicherheit im Mittelmeer bei.

Nach Auffassung der Bundesregierung wird die ursprüngliche Ausrichtung von Active Endeavour dieser heutigen Einsatzrealität nicht mehr gerecht. Deswegen setzen wir uns schon seit 2012 im Bündnis dafür ein, das Einsatzprofil von Active Endeavour weiterzuentwickeln. Unser Ziel ist es, dass wir diesen Auftrag zeitgemäß ausgestalten und dass wir ihn von Artikel 5 des Nato-Vertrages entkoppeln. Das erfordert allerdings intensive diplomatische Anstrengungen. Wie Sie wissen, ist eine solche Änderung im Operationsplan nur im Einverständnis aller 28 Nato-Staaten möglich.

Bis dahin soll also der Bundeswehreinsatz unverändert fortgesetzt werden. Wir haben weiterhin eine Obergrenze von bis zu 500 Soldatinnen und Soldaten. Dieses Mandat läuft nun bis zum 31. Dezember 2015. Dem Beschluss der Bundesregierung müsste zunächst aber natürlich der Deutsche Bundestag zustimmen.

Ein ganz anderes Thema: Der Bundesfinanzminister hat dem Kabinett einen Gesetzentwurf zum Thema gesetzliche Einlagensicherungssysteme vorgelegt. Es geht darum, diese Einlagensicherungssysteme auf eine verbesserte Grundlage zu stellen und vor allem auch den Zugang derjenigen, die Einlagen haben, zu einer Entschädigung zu vereinfachen. Solche Einlagensicherungssysteme tragen nach Überzeugung der Bundesregierung entscheidend dazu bei, dass die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in unser Bankensystem haben und dass dieses Vertrauen erhalten bleibt. Vor diesem Hintergrund wurde heute also beschlossen, den Entwurf dieses Gesetzes anzunehmen. Es dient der Umsetzung der neu gefassten europäischen Einlagensicherungsrichtlinie, die aus dem April dieses Jahres stammt. Das heißt, es gibt jetzt ein einheitliches Mindestschutzniveau für die Einlagen in der gesamten Europäischen Union, wobei die etablierten Strukturen der Einlagensicherung, wie wir sie in Deutschland kennen, erhalten bleiben.

Ganz kurz zu den Kernelementen dieses Gesetzentwurfs: Die Deckungssumme in Höhe von 100.000 Euro für Einleger bleibt bestehen. Nach den neuen Vorschriften sind darüber hinaus besonders schutzwürdige Einlagen bis zu einem Betrag von 500.000 Euro gesetzlich abgesichert. Das können beispielsweise Einlagen aus einem Immobilienverkauf oder aus sozialrechtlichen Abfindungen sein.

Es geht zweitens um das Thema schnellere Auszahlung. Im Entschädigungsfall gilt bisher eine Frist von 20 Werktagen, innerhalb derer die Einleger ihre geschützten Einlagen zurückerhalten sollen. Das wird künftig auf sieben Werktage reduziert, und die Entschädigung erfolgt grundsätzlich antragslos.

Das dritte Kernelement ist die bessere Information: Die Banken müssen ihren Kunden bestätigen, dass es sich um erstattungsfähige Einlagen handelt. Auch auf Kontoauszügen muss das zu erkennen sein. Mindestens einmal jährlich müssen die Kunden mit einem Informationsbogen über das einschlägige Einlagensicherungssystem informiert werden.

Letzter Punkt: die verbesserte Finanzierung. Jedes Land in der EU muss seinen eigenen Einlagensicherungsfonds aufbauen. Diese Fonds müssen bis Mitte 2014 ein Mindestvermögen von 0,8 Prozent der jeweils gesicherten Einlagen aus Beiträgen der Institute aufbauen. - Zu weiteren Details sagt sicherlich gerne das Bundesfinanzministerium etwas.

Der Bundesfinanzminister hat dem Kabinett den Entwurf eines 9. Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vorgelegt. Worum geht es? Es geht darum - das ist der Ausgangspunkt für diese gesetzgeberische Maßnahme - , dass es bei der Zulassung neuer Bahnanlagen, neuer Schienenfahrzeuge, in der Vergangenheit immer wieder zu erheblichen Verzögerungen gekommen ist. Um nun das Zulassungsverfahren im Einklang mit den EU-rechtlichen Vorgaben zu beschleunigen, hat die Bundesregierung heute diesen Gesetzentwurf beschlossen. Danach werden sich künftig unabhängige private Stellen an den Zulassungsverfahren beteiligen. Die privaten Stellen sollen die Prüfaufgaben übernehmen, die bisher das Eisenbahn-Bundesamt wahrgenommen hat. Für das Eisenbahn-Bundesamt ergibt sich daraus die neue Aufgabe, diese privaten Stellen anzuerkennen und in ihrer Tätigkeit zu überwachen. Es bleibt im Übrigen weiterhin für die abschließende Erteilung einer Genehmigung zur Inbetriebnahme zuständig.

Dann gab es noch eine ganze Reihe von Beschlüssen rund um die Rente. Zunächst einmal das für jeden und jede konkret Spürbare: Der Beitragssatz für die Rentenversicherung wird für das Jahr 2015 auf 18,7 Prozent festgesetzt. Er sinkt damit gegenüber 2014 von 18,9 auf 18,7 Prozent um 0,2 Prozentpunkte. Diese Senkung ist möglich, weil die Nachhaltigkeitsrücklage in der Rentenkasse nach den Schätzungen im kommenden Jahr so hoch wie nie wäre. Sie liegt zum Jahresende geschätzt bei 33,5 Milliarden Euro. Das ist mehr als das 1,5-fache einer monatlichen Rentenzahlung. Wenn die Nachhaltigkeitsrücklage voraussichtlich auch im Folgejahr 1,5 Monatsausgaben übersteigt, dann ist der Beitragssatz abzusenken. Er ist so abzusenken, dass am Ende des Folgejahres diese Rücklage eben nicht mehr diese 1,5 Monatsausgaben übersteigt. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heißt diese Absenkung 2015 eine Entlastung um rund 1 Milliarde Euro. Die Arbeitskosten der Wirtschaft sinken ebenfalls um rund 1 Milliarde Euro. Das ist für beide Seiten ein gutes Signal.

Turnusgemäß legt die Bundesregierung immer im November eines Jahres den gesetzlich geforderten Rentenversicherungsbericht vor. Dieser gibt Auskunft über Einnahmen, Ausgaben, Nachhaltigkeitsrücklage und eben auch den Beitragssatz in den kommenden Jahren. Im Ergebnis ist kurz festzuhalten: wir haben 33,5 Milliarden Euro Nachhaltigkeitsrücklage zum Jahresende 2014. Das sind 1,82 Monatsausgaben, daher die Absenkung. Es gibt dann eine ganze Reihe von Modellrechnungen - Rentenversicherungsberichte fußen immer auf Modellrechnungen -, wie sich die Rentenentwicklung in den nächsten Jahren gestalten wird. Ich will jetzt nicht alle Details hier aufblättern, ich will nur kurz sagen: Es wird auch aus diesem Rentenversicherungsbericht wieder deutlich, dass die gesetzliche Rente die zentrale Säule der Altersversorgung bleibt. Um aber den Lebensstandard des Erwerbslebens im Alter fortführen zu können, ist es notwendig, daneben eine zusätzliche Vorsorge aufzubauen. Dafür gibt es vom Staat verschiedene Förderungen, zum Beispiel Riesterrente, Wohnriester und auch die betriebliche Altersvorsorge.

Ein dritter und letzter Punkt in diesem Zusammenhang: Die Bundesregierung ist verpflichtet, alle vier Jahre einen Bericht über die Lage der älteren Beschäftigten abzugeben. Diese Verpflichtung entstand im Zusammenhang mit der Einführung der Rente mit 67. Es gab den ersten Bericht 2010; jetzt gibt es also einen neuen Bericht für 2014. Kurz zu den Ergebnissen, die bemerkenswert sind: Die Erwerbstätigenquote der Altersgruppe 55 bis 64 ist seit dem Jahr 2000 in Deutschland stärker gestiegen als in allen anderen EU-Ländern. Sie hat jetzt fast 50 Prozent erreicht. Zum Vergleich: Im Jahre 2000 betrug die Erwerbstätigenquote 20 Prozent. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei den 60- bis 64-Jährigen ist seit 2000 um rund eine Million auf 1,6 Millionen gestiegen, davon allein um fast 500.000 Menschen seit dem Jahr 2010. Ältere Beschäftigte sind heute gesünder, sie sind heute besser ausgebildet als früher, sie nehmen auch erheblich häufiger an Weiterbildungsmaßnahmen in den Betrieben teil. Untersuchungen zeigen: Sie sind auch zufriedener als Menschen in den mittleren Lebensjahren und sind sozial gut eingebunden. Das sollte uns Hoffnung geben - ich sehe Sie lächeln. Insgesamt muss man diese Zahlen aber schon ein bisschen auf sich wirken lassen und sagen, dass da im Interesse der Menschen in unserem Land etwas Großartiges in Gang gekommen ist und dass das ein großer Erfolg für die Menschen in diesem Land ist.

Das wollte ich nur sagen. Zusammenfassend: Gegenüber dem ersten Bericht im Jahr 2010 noch mehr ältere Beschäftigte erwerbstätig; ihre Erfahrungen, ihr Wissen sind gefragt. Die soziale Lage älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat sich weiter verbessert - wie gesagt, ein großer Erfolg. Die Bundesregierung hält die Entscheidung aus dem Jahr 2007, die damals beschlossene schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze, weiterhin für notwendig und für vertretbar. Die Bundesregierung steht also zur Rente mit 67 - sie ist notwendig, sie ist vertretbar und sie ist auch machbar.

Zuletzt - dann bin ich auch fertig mit den Punkten des Kabinetts - hat die Bundeskanzlerin über das geplante Programm für die deutsche G7-Präsidentschaft gesprochen. Wie Sie wissen, findet der G7-Gipfel im kommenden Jahr am 7. und 8. Juni in Schloss Elmau statt. Wie bei jedem G7-Gipfel werden zentrale Fragen der Weltwirtschaft sowie der Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik im Mittelpunkt stehen. Die G7 wird sich gemeinsam für langfristig stabile Rahmenbedingungen einsetzen, die ein nachhaltiges, dynamisches Wirtschaftswachstum und eine positive Entwicklung der Arbeitsmärkte fördern. Es wird um stabile Finanzen, um offene Weltmärkte, ein investitionsfreundliches Umfeld und einen funktionierenden Arbeitsmarkt gehen. Man wird gemeinsam für eine Stärkung des internationalen Handels eintreten. Angesichts der zahlreichen politischen Krisenherde, die es derzeit auf der Welt gibt, wird es sicherlich auch um das gemeinsame außen- und sicherheitspolitische Engagement der G7 gehen.

Im nächsten Jahr stehen in der internationalen Politik zwei große UN-Konferenzen im Mittelpunkt: Das wird zum einen die Konferenz über den internationalen Klimaschutz in Paris sein und zum anderen die große UN-Konferenz über die Post-2015-Agenda, die in der zweiten Jahreshälfte des nächsten Jahres stattfinden wird. Der G7-Gipfel gilt auch der Vorbereitung dieser Gipfel, damit sie zu einem - von uns allen benötigten - guten Erfolg kommen können.

Als besondere Schwerpunktthemen neben dem, was ich Ihnen hier genannt habe, erwähnte die Bundeskanzlerin Themen aus dem Bereich Umwelt - dabei wird es um Meeresumweltschutz und Ressourceneffizienz gehen -, Themen aus dem Bereich Gesundheit - Antibiotikaresistenzen, das weite Feld der sogenannten vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten; Ebola oder zumindest die Konsequenzen aus dem Auftreten dieser entsetzlichen Epidemie in diesem Jahr werden möglicherweise immer noch eine Rolle spielen -, es wird über Standards in Handels- und Lieferketten gesprochen werden - ein Thema, das ja auch dem Bundesentwicklungsminister seit geraumer Zeit sehr am Herzen liegt - und es wird um die Stärkung der Rolle von Frauen gehen. Wie jedes Mal wird die G7 auch im sogenannten Outreach-Verfahren die afrikanischen Staaten in ihren Reformbestrebungen unterstützen und so die Grundlagen für Frieden und Sicherheit sowie eine nachhaltige Entwicklung in Afrika zu stärken versuchen. Ein Baustein dafür ist die sogenannte CONNEX-Initiative.

Die Bundeskanzlerin wird zu den Themen des G7-Gipfels einen umfassenden Dialog mit der Zivilgesellschaft führen. Sie wird sich im Vorfeld mit Repräsentanten der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Gewerkschaften, mit Nichtregierungsorganisationen und auch mit Jugendlichen aus den G7-Staaten treffen.

Danke, dass Sie so geduldig waren.

Schäfer: Ich würde Ihnen gerne mitteilen, dass der Bundesaußenminister heute Abend zu einer zweitägigen Reise nach Südafrika aufbrechen wird. Anlass der Reise ist die im zweijährigen Turnus stattfindende Binationale Kommission, die die Regierungen Deutschlands und Südafrikas zusammenbringt. Die Plenarsitzung dieser Binationalen Kommission findet am Freitag statt. Aus Anlass dieser Sitzung sind bereits auch Vertreter von insgesamt acht Ressorts der Bundesregierung in Südafrika, um die gemeinsame Sitzung vorzubesprechen. Die Binationale Kommission ist ein Gremium der Steuerung bilateraler Beziehungen, die die Bundesregierung auf dem afrikanischen Kontinent nicht nur mit Südafrika, sondern etwa auch mit Nigeria und Angola unterhält. Ziel ist es, das gesamte Spektrum der bilateralen Zusammenarbeit mit einem so wichtigen Partner wie Südafrika zu koordinieren, zu steuern und zukunftsgewandt, zukunftsgerichtet zu gestalten.

Das ist bereits die dritte Reise des Außenministers nach Afrika im laufenden Jahr. Das allein zeigt Ihnen das große Interesse, das Deutschland an guten und nachhaltigen Beziehungen mit einem Kontinent im Aufbruch hat. Südafrika ist ja nicht zuletzt auch ein wichtiger Partner beim Umgang mit globalen Fragen. Südafrika ist G20-Mitglied, es ist die zweitgrößte Volkswirtschaft Afrikas, und auch deshalb als ein Investitions- und Wirtschaftsstandort für die deutsche Wirtschaft von großem Interesse. Es wird bei der Reise deshalb auch darum gehen, gemeinsam mit den südafrikanischen Partnern, insbesondere dem südafrikanischen Präsidenten, Jacob Zuma, und der Amtskollegin von Herrn Steinmeier aktuelle Fragen auf der internationalen Agenda zu besprechen. Herr Steinmeier wird auf seiner Reise begleitet von einer großen und hochrangigen Wirtschaftsdelegation sowie einigen Vertretern der Kultur. - Vielen Dank.

StS Seibert: Ich muss leider noch einen Punkt nachreichen, aber das ist in Ihrem Interesse, weil es um eine auslaufende Akkreditierungsfrist geht. Und zwar möchte ich auf einen Termin am 24. November, also am kommenden Montag, hinweisen. Bundesentwicklungsminister Müller hat das sogenannte EINEWELT-Zukunftsforum initiiert, das hier in Berlin in der Station Berlin stattfinden wird. Die Bundeskanzlerin wird dieses Zukunftsforum besuchen und sie wird dort die Hauptrede halten. Das Forum wird den ganzen Tag dauern. Die Übergabe der Erklärung - der sogenannten Zukunftscharta - an die Bundeskanzlerin und die sich anschließenden Reden finden im Zeitraum zwischen 14 und 16 Uhr statt. Die Bundeskanzlerin wird einen Ausblick geben, wie es im EU-Entwicklungsjahr 2015 mit den Schwerpunkten der Zukunftscharta weitergeht. Es wird mehrere Foren geben, auf denen auch andere Minister - Frau Hendricks, Frau Nahles, Staatsministerin Böhmer - teilnehmen werden. Ich sage das alles, weil die Akkreditierungsfrist heute Abend abläuft.

Frage (zur deutschen G7-Präsidentschaft): Ich wüsste gerne, ob auf der Liste auch noch das Thema Finanzmarktregulierung steht. In Brisbane wurde ja beschlossen, zumindest zum Schattenbankenbereich noch weiterzuarbeiten, es wurde also eine neue Roadmap beschlossen. Vielleicht haben dazu noch etwas Genaueres?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat heute natürlich nicht in allem Detail vorgestellt, was bei der deutschen G7-Präsidentschaft eine Rolle spielen wird, sondern hat eher Überschriften genannt. Aber als ich gesagt habe, dass es darum gehen wird, sich für langfristig stabile Rahmenbedingungen für die internationale Wirtschaft einzusetzen, gehören dazu selbstverständlich auch Finanzen. Dazu gehört auch das Feld der Finanzmarktregulierung. Ich möchte dem jetzt aber nicht weiter vorgreifen. Dass dieses Thema der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung insgesamt aber weiterhin ein großes Anliegen bleibt, hat die Kanzlerin in Brisbane sehr klar formuliert. Sie hat dort auch gesagt, dass sie überzeugt ist, dass da noch Manches zu leisten ist, obwohl wir bereits einigen Regulierungsfortschritt erreicht haben. Gerade im Bereich des Schattenbanksektors muss weiterer Regulierung internationale Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Frage: Herr Seibert, Sie sagten, dass auf dem G7-Gipfel wahrscheinlich auch über die weltweiten Krisenherde gesprochen werde. Mutmaßlich wird zum Zeitpunkt des Gipfels die Ukraine-Krise immer noch ein Thema sein. Auf dem G20-Gipfel in Brisbane hat man ja gesehen, dass man ohne Putin eigentlich schlecht über die Ukraine-Krise beraten kann. Wie stellt sich die Bundeskanzlerin eine Beratung über die Ukraine-Krise vor, an der der russische Präsident nicht teilnimmt? Wer würde dort dann die russische Seite vertreten?

StS Seibert: Ich kann hier nicht vorhersagen, welche internationalen Krisen im Juni 2015 die drängendsten sein werden. Dass die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung - auch der Bundesaußenminister gerade gestern wieder - im intensiven und regelmäßigen Gespräch mit der russischen Führung sind, weiß jetzt, glaube ich, jeder. Das werden wir selbstverständlich - G7 oder nicht - auch fortsetzen.

Frage: Dazu noch eine Verständnisfrage: Ist der Gipfel im Juni dann der Gipfel, der bis jetzt immer im November stattgefunden hat? Jetzt war doch gerade ein Gipfel in Brisbane; das war doch der Abschlussgipfel der Staats- und Regierungschefs der Präsidentschaft?

StS Seibert: Der Gipfel in Brisbane war ein G20-Gipfel.

Zusatz: Entschuldigung, ich bin auf der falschen Baustelle. - Danke.

StS Seibert: Es wird auch weiterhin G7 und G20 geben.

Frage: Herr Seibert, wie bewertet die Bundesregierung die Sicherheitslage in Afghanistan momentan?

Der grüne Außenpolitiker Tom Koenigs hat sich dafür ausgesprochen, dass sich Deutschland ganz aus Afghanistan zurückzieht und auch damit argumentiert, dass diese paar hundert Soldaten nicht dazu beitragen könnten, dass die Lage in Afghanistan stabiler wird. Was sagen Sie dazu?

StS Seibert: Sehr viel genauer können Sie das natürlich dem Bericht entnehmen, auch der Zwischenbilanz des Afghanistan-Beauftragten, die ich erwähnt habe, die im Anhang zu finden sein wird. Die Sicherheitslage bleibt angespannt. Die regierungsfeindlichen Kräfte sind weiterhin in der Lage, Anschläge zu verüben. Die afghanischen Sicherheitskräfte gewährleisten aber eine ausreichend kontrollierbare Sicherheitslage in den wesentlichen Bereichen des Landes. Sie haben beispielsweise erfolgreich zwei Wahltage gesichert, an denen immerhin Millionen Afghanen den Drohungen der Taliban getrotzt haben und zur Wahl gegangen sind.

Zusatzfrage: Und was sagen Sie zur Forderung von Herrn Koenigs?

StS Seibert: Die Antwort ist heute im Bundeskabinett gegeben worden, und zwar durch den Beschluss, Resolute Support mit einer deutschen Mission von bis zu 850 Soldatinnen und Soldaten zu unterstützen. Die Bundesregierung ist überzeugt, dass es richtig ist, den Kampfeinsatz ISAF Ende dieses Jahres auslaufen zu lassen. Sie ist ebenso überzeugt, dass es richtig ist, den militärischen Teil der Unterstützung Afghanistans - weit über das Militärische hinaus ist das ja auch eine zivilgesellschaftliche, entwicklungspolitische Unterstützung - weiterlaufen zu lassen. Das ist die Ausbildungs- und Unterstützungsmission Resolute Support, und die halten wir für richtig.

Frage: Herr Seibert, Sie hatten gesagt, es sei schon viel erreicht, aber man sei noch nicht am Ziel. Ist das sozusagen ganz grob das Fazit der Bundesregierung aus diesem Bericht?

Wie lange soll denn idealerweise die Resolute Support Mission bleiben?

StS Seibert: Ich glaube, es ist nicht möglich, das heute hier zu benennen. Das wird sicherlich sehr viel von den weiteren Ereignissen, der weiteren hoffentlich positiven Entwicklung in Afghanistan abhängen; deswegen werde ich mich dazu heute nicht in irgendeiner Weise mit einer Zeitfrist äußern. Das würde möglicherweise auch den ganz falschen Leuten Informationen geben, die sie dann auf die falsche Art und Weise nutzen würden.

Ich glaube, wenn man etwas so Komplexem wie der Situation in Afghanistan und den Wirkungen des Einsatzes, der dort seit 2001 läuft, überhaupt eine Überschrift geben kann, dann ist das natürlich immer sehr vereinfachend die Überschrift "Es ist viel erreicht, aber wir sind noch lange nicht am Ziel". Der Fortschrittsbericht macht, glaube ich, anhand vieler Indikatoren - sozialer Indikatoren, Bildungsindikatoren, Sicherheitsindikatoren - auch klar, was erreicht worden ist und wo noch Fortschritte zu erhoffen sind.

Schäfer: Ich möchte noch etwas ergänzen: Die Zwischenbilanz ist ja aus der Feder des Afghanistan-Beauftragten der Bundesregierung, Herrn Koch, der ja bereits seit einigen Jahren nicht nur der Afghanistan-Beauftragte der Bundesregierung ist, sondern auch die internationale Gemeinschaft gegenüber Afghanistan vertritt. Er ist ausgewiesener Experte für alles, was in Afghanistan in den letzten Jahren - gerade in den letzten beiden Jahren, in denen er selber Verantwortung getragen hat - geschehen ist. Diese Zwischenbilanz ist ein eher ungewöhnliches Regierungsdokument, das ich Ihnen zur Lektüre anbieten kann, weil es nicht nur - wie es vom Bundestag gewollt und beabsichtigt ist - im Rahmen des Fortschrittsberichts die letzten zehn Monate zusammenfasst, sondern sich dem Versuch widmet, die letzten 12 oder 13 Jahre deutschen Engagements in Afghanistan einer kritischen Bewertung - und ich sage ausdrücklich kritischen und damit auch selbstkritischen Bewertung - zu unterziehen. Nicht alles, was die internationale Gemeinschaft, nicht alles, was Deutschland in Afghanistan versucht hat, ist uns gelungen, aber vieles ist doch gelungen und wir können guten Gewissens sagen, dass wir heute ein Land vor uns haben und als Partner begreifen, in dem in ganz vielen Aspekten die Lage besser ist, als sie vor zwölf Jahren war.

Alles andere hat Herr Seibert bereits gesagt: Das ist nicht das Ende der Fahnenstange, wir werden unsere Anstrengungen für ein friedliches, sich entwickelndes Afghanistan fortsetzen. Die Zahlen sind von Herrn Seibert genannt worden. Es ist aber wahnsinnig schwierig, einen 30-seitigen Bericht in einem Satz zusammenzufassen, so wie Sie das gerade von Herrn Seibert verlangt haben. Wenn Sie die Lust und die Zeit haben, sich mit diesem Thema zu befassen, würde ich Ihnen wirklich empfehlen, sich der Lektüre dieser Zwischenbilanz einmal zuzuwenden.

Frage: Eine technische Frage, was die Mission Resolute Support für die Bundeswehr bedeutet. Wie hoch ist der geplante Anteil von Ausbildern und Sicherungskräften? Kann man dazu schon irgendetwas sagen?

Wird es in Zukunft eine Ausbildung geben, die, wie bisher oder wie unter ISAF, sozusagen im Felde stattfindet oder findet das alles innerhalb der Resolute-Support- Stützpunkte oder innerhalb der Stützpunkte der afghanischen Sicherheitskräfte statt?

Wenn man den größten Stützpunkt im Rahmen von ISAF betrachtet, also Masar-e-Scharif betrachtet, waren dort bisher tausende von Soldaten aus verschiedenen Nationen stationiert. Wie viele werden in Zukunft eigentlich noch da sein?

Niggemeier-Groben: Ich kann natürlich nur für die Bundeswehr sprechen und das tue ich auch.

Das, was die Bundeswehr dort im Rahmen von Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte einbringt, die für uns Ansprechpartner sind, wird vornehmlich erst einmal auf höheren Führungsebenen - Chorstäbe -, aber auch auf niederen Führungsebenen der afghanischen Spezialkräfte sowie im Verteidigungsministerium und auf national-institutioneller Ebene stattfinden.

Es findet eine weitere Truppenstellerkonferenz Ende November statt, wo wir nochmals mit den anderen Nationen die Fähigkeiten und die einzelnen Kontingentstärken multinational abstimmen. Deshalb kann ich Ihnen heute hier noch nicht ganz konkret sagen, mit wie vielen Soldaten wir uns wo und in welchen Bereichen engagieren.

Allgemein bleibt es dabei, dass wir sagen: Wir haben Soldatinnen in Soldaten in Masar-e-Scharif und in Kabul und werden dort Verantwortung übernehmen. Die einzelne Auflistung dazu kann ich Ihnen heute noch nicht nennen, weil es noch konkretere Abstimmungen gibt.

Zusatzfrage: Ich frage unter anderem deshalb, weil in Ihrer Pressemitteilung eine Gesamtzahl von Soldaten genannt ist, die im Rahmen der Mission Resolute Support eingesetzt werden sollen. Deswegen nehme ich an, dass es eine Vorstellung davon gibt, wie die eigentlich verteilt sind. Vielleicht können Sie es doch noch ein bisschen genauer sagen.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie schon beantwortet hatten, wo die Ausbildung stattfindet, ob zum Beispiel die Ausbildung der Spezialkräfte in Stützpunkten oder gegebenenfalls außerhalb stattfindet.

Wie muss man sich technisch die Übergabe von ISAF zu Resolute Support vorstellen? Wird es eine Zeremonie geben? Gibt es einen alten und einen neuen Kommandeur? Heißt das, was jetzt RC North heißt, in Zukunft "RC Mass" oder Resolute Support? Gibt es ein "handover" oder schleicht das von dem einen Mandat in das andere?

Niggemeier-Groben: Ich verweise natürlich auf die Mandatsobergrenze von bis zu 850, die auch heute Thema war. Diese Formulierung "bis zu" ist in der Flexibilität begründet, die wir uns damit offen lassen. Sie wissen von allen Mandaten, dass dieses "bis zu" in Abstimmung mit den anderen Partnern häufig aufgrund der Flexibilität, die wir haben, gar nicht ausgeschöpft wurde.

Noch einmal: Wo und wie das genau stattfindet, werden wir, wenn es so weit ist, bekanntgeben. Es ist im Moment noch zu früh, um Ihnen "dort auf dem Stützpunkt", "außerhalb" oder "nicht außerhalb" zu sagen. Es gibt Ende November noch einmal eine intensive Abstimmung mit den anderen Partnern und das möchte ich jetzt noch nicht vorwegnehmen.

Zusatzfrage: Wie läuft die Übergabe ab?

Niggemeier-Groben: Ich nenne es einmal - diese Formulierung darf ich so verwenden - einen sanften Übergang. Es gibt eine Übergabe, einen Übergang. Es müssen natürlich Kräfte aus Afghanistan verlegt werden. Zurzeit sind noch ca. 1.500 Soldatinnen und Soldaten vor Ort und von diesen wird ein Teil rückverlegt und ein Teil wird in bestimmten Bereichen ausgetauscht. Sie wissen, dass es eine sogenannte Übergabe und einen Austausch von Kräften gibt. Wenn es so weit ist, wird es natürlich dafür Datum und auch umfangreiche Informationen geben. Teilweise ist das ja schon erfolgt. Das alles - da wiederhole ich mich - erfahren Sie von uns detailliert dann, wenn wir es genau benennen können.

Frage: Ich hätte eine Frage zum Thema Tarifeinheit an das Arbeitsministerium. Kern des Entwurfs, der derzeit erarbeitet wird, ist, dass im Konfliktfall nur ein Tarifvertrag gelten soll, und zwar der der größten Gewerkschaft in einem Betrieb. Die Frage ist, wie man feststellt, wer die größte Gewerkschaft ist. Dazu hat es gestern ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts gegeben, in dem der Antrag der Lokführergewerkschaft GDL, wenn ich das als juristischer Laie richtig verstehe, zwar aus formalrechtlichen Gründen zurückgewiesen wurde, aber festgestellt wurde, dass das Ansinnen eines Arbeitgebers, die Beschäftigten nach ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit zu fragen, nicht rechtmäßig ist und gegen einen Artikel der Koalitionsfreiheit verstoßen oder diesen unzulässig einschränken kann. Ich frage mich jetzt, wie Sie diesen Kernpunkt regeln wollen, nämlich feststellen, wer die größte Gewerkschaft ist.

Westhoff: Man muss sicherlich sehen, dass das Bundesarbeitsgericht gestern nicht ein ganz eindeutiges Urteil gefällt hat. Wie das genau auszulegen ist, wird man noch sehen. Es gibt auch andere Deutungen, die besagen, dass das Bundesarbeitsgericht durchaus offen gelassen hat, dass ein Arbeitgeber - nicht unbedingt im Streikfall, aber durchaus generell - nicht alle Arbeitnehmer, alle Beschäftigten nach ihrer Zugehörigkeit fragen darf, aber vielleicht doch diejenigen auffordern darf, sich zu melden, die der Gewerkschaft angehören, die dem Tarifvertrag zugestimmt hat, also nicht zu fragen "Seid ihr nicht Mitglied?", sondern zu fragen "Wer ist Mitglied?"; so zum Beispiel bei ver.di, wenn ver.di, wie in dem Fall ja geschehen, dem Tarifvertrag zugestimmt hat. Das ist die eine Möglichkeit.

Es ist noch einmal etwas anderes, wenn ein Arbeitgeber in einem akuten Tarifkonflikt, wo man eventuell kurz vor dem Streik steht oder sich im Arbeitskampfmodus befindet, fragt und wenn er, wie in diesem Fall konkret, alle fragt. Es ist etwas anderes, wenn ein Gericht im Laufe eines Prozesses notariell erkunden möchte, wer als Gewerkschaft die Mehrheit im Betrieb repräsentiert. Das ist durchaus ein Unterschied.

Insofern sehen wir aus dem gestrigen Entscheid keine direkten Rückwirkungen und schon gar keine negativen Rückwirkungen auf die Möglichkeiten, die das Tarifeinheitsgesetz, wie es jetzt steht, festschreiben will, um Mehrheiten zu klären.

Zusatzfrage: Es war in der letzten Zeit spekulativ zu hören, dass der Termin, wann das im Kabinett behandelt wird - der 3. Dezember war vorgesehen - nach hinten rutschen könnte. Ist der Termin geklärt?

Westhoff: Wenn wir hier sagen, dass ein bestimmter Termin in Aussicht steht, dann ist das immer unter Vorbehalt und ohne Gewähr. Wir legen nicht die direkten Kabinettstermine auf eine Frist von einem oder zwei Monaten in die Zukunft fest. Es kann immer noch einmal Verschiebungen geben. Zum Beispiel war der 10. Dezember als ein möglicher Termin nach dem 3. Dezember zu hören, aber da findet gar keine Kabinettssitzung statt, sondern einen Tag später, nämlich am 11. Dezember. Wenn es der 3. Dezember nicht wird, wie wir hier einmal angedeutet haben, dann hat das prozedurale Ursachen und es mag auch Zusammenhänge mit anderen Themen geben, die schon am 3. Dezember auf der Tagesordnung des Kabinetts stehen und die gewissen Vorrang haben und schneller entschieden werden müssen.

Kurzum: Ob es der 3. oder der 11. Dezember wird, kann ich hier und heute nicht mit Bestimmtheit sagen. Wir streben auf jeden Fall den Dezember an.

Frage: Ich habe zwei Fragen an das Verteidigungsministerium.

Ich wollte erstens eine Wissensfrage zur Truppenstellerkonferenz nachschieben. Findet diese Konferenz in Brüssel statt? Wissen Sie das zufällig?

Niggemeier-Groben: Da muss ich passen.

Zusatz: Das können wir ja bestimmt noch klären.

Niggemeier-Groben: Ja, wir können Ihnen nachreichen, wo die Konferenz stattfindet.

Zusatzfrage: Zweite Frage: Frau von der Leyen hat heute einen Showroom in der Friedrichstraße eröffnet. Können Sie sagen, ob es noch weitere solcher Showrooms in Großstädten geben wird? Das ist ja schon ein neues Format, wo sich die Bundeswehr offenbar an einem sehr publikumswirksamen Platz positioniert.

Können Sie auch etwas zu den Kosten dieses Modells sagen? Wie teuer ist das eigentlich?

Niggemeier-Groben: Ich kann gerne zur Eröffnung des Showrooms durch die Ministerin heute Mittag ergänzen.

Die Bundeswehr verfügt im Rahmen der Karriereberatung bundesweit verteilt über 16 Karrierecenter, wie wir sagen, sowie über bis zu 100 Karriereberatungsbüros. Dieser Showroom ist bisher ein einzigartiger. Natürlich steht dort einmal, wie auch in den Karrierecentern, über die wir verfügen, die Karriereberatung im Mittelpunkt. Wer dort war, wird es gesehen haben: Er ist öffentlich zugänglich, es gibt dort keinen Kasernenzaun, es ist keine Barriere vorhanden, er ist offen und zugänglich für jedermann. Das ist so, um sich einmal über die Bundeswehr, über Bundeswehrthemen an sich zu informieren, aber auch über Auslandseinsätze und darüber hinaus über die Karrierechancen beziehungsweise die einzelne Berufsmöglichkeiten bei der Bundeswehr. Diese Kombination ist neu und ist sonst so in dieser Form nicht gegeben.

Außerdem befindet sich der Showroom an einer zentralen Stelle und jeder kann dort hingehen und sich informieren. Deshalb haben wir das unter dem Begriff "Showroom" gefasst, dass wir also sagen, dass das für jedermann an dem zentralen Ort in der Hauptstadt eine Anlaufadresse ist, um sich über die Bundeswehr zu informieren.

Ja, dieser Showroom ist bisher einzigartig. Wir werden einfach einmal schauen, wie sich das entwickelt. Es gibt Überlegungen, dass man solch eine Beratung oder Anlaufstelle gegebenenfalls noch vielleicht in Landeshauptstädten einrichtet. Das sind aber bisher nur Überlegungen. Das ist erst einmal ein Projekt in dem Bereich, und zwar in Verbindung mit dem sogenannten Hauptstadtbüro für Karriereberatung. Wir haben ja auch ein Karrierecenter in Berlin und dieses hat in der Nähe dieses Showrooms offiziell ein Hauptstadtbüro für Karriereberatung, wie wir sagen, eingerichtet.

Das noch als Ergänzung. Die Ministerin hatte sich dort schon heute Morgen geäußert und einige Fakten über diese neuartige Anlaufstelle der Bundeswehr gegeben.

Zusatz: Das konnte man nur nicht verstehen, weil die Proteste so laut waren.

Vorsitzender Detjen: Die Frage nach den Kosten war noch offen.

Niggemeier-Groben: Wie viel der Showroom gekostet hat, (kann ich nicht sagen). Das ist in dem großen Pool der Personalwerbungskosten enthalten, die alles umfassen, von Anzeigenschaltung über Messestände und dergleichen.

Frage: Sie haben die Frage nach den Kosten jetzt wieder nicht richtig beantwortet. Die ist vorhin dort auch schon gestellt worden. Vielleicht können Sie nachliefern, was dieser Flagship-Store und die dazugehörigen Büros eigentlich an Miete kosten.

Niggemeier-Groben: Das können wir gerne machen. Die Frage, was der Showroom konkret kostet, ist aufgelistet. Das kann ich nachliefern. Die Summe habe ich gerade nicht parat.

Frage: Frau Alemany, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat eine Studie zum Thema "Klimaziel 2020" vorgelegt. 40 Prozent CO2-Reduktion lautete ja jahrelang das Ziel dieser Regierung beziehungsweise auch anderer Regierungen vorher. Frau Kemfert kommt jetzt zu der Einschätzung, dass dieses Ziel auf keinen Fall mehr einzuhalten ist, wenn nicht signifikant die Kohleverstromung zurückgeführt wird und mehrere Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Mich würde interessieren, wie Herr Gabriel das sieht, der ja sich in der vergangenen Woche positioniert und gesagt hat, dass man die Kohleverstromung in Deutschland weiterführen kann. Oder ist er zu der Einschätzung gekommen, dass in den kommenden Jahren doch Kohlekraftwerke abgeschaltet werden sollen?

Alemany: Sie weisen zu Recht darauf hin, dass sich unser Minister dazu klar und deutlich geäußert hat. Die Ziele stehen, das 40-Prozent-Minderungsziel steht. Er hat auch deutlich gemacht, dass man nicht gleichzeitig aus der Atomkraft und aus der Kohleenergie aussteigen kann, dass sich die konventionellen Kraftwerkparks im Zuge des Ausbaus den erneuerbaren Energien anpassen werden und sich einfach der Kohleenergiemix verändern wird. Aus seiner Sicht ist es Sache der Unternehmen und nicht des Staates, zu entscheiden, wie man wann aussteigt. Es gibt auf jeden Fall keinen parallelen Ausstieg zwischen Atomkraft und Kohle.

Zusatzfrage: Aber auf welcher Grundlage tut er das, wenn die Experten - nicht nur Frau Kemfert, sondern auch alle Klimaforscher - sagen, dass es nur noch geht, wenn man Kohlekraftwerke abschaltet? Darauf zu hoffen, dass Kohleproduzenten freiwillig ihre gut laufenden Kohlekraftwerke abschalten, ist doch ein bisschen naiv, oder nicht?

Alemany: Es gibt zu dem Thema eine breite wissenschaftliche Expertise, auf die wir uns auch berufen. Sie finden auf unserer Homepage mehrere Studien. Ich kann zu der Aussage von Frau Kemfert, die ich speziell nicht gehört habe, nichts sagen. Ich darf aber vielleicht noch einmal darauf hinweisen, dass wir Anfang Dezember ein Energiekabinett haben - ich nenne es einmal so -, unseren Nationalen Aktionsplan zur Energieeffizienz vorlegen werden und das Umweltministerium den Klimaaktionsplan vorlegen wird. Dann werden sich viele Dinge klären, die Sie jetzt ansprechen.

Zusatzfrage: Herr Schroeren, fühlt sich Ihr Haus durch diese Studie bestätigt? Können Sie nachvollziehen, warum das Wirtschaftsministerium da zu ganz anderen Einschätzungen kommt?

Schroeren: Wir haben, wie Frau Alemany gerade ganz richtig gesagt hat, den Entwurf eines Aktionsprogramms Klimaschutz in der vergangenen Woche in die Ressortabstimmung gegeben. Dazu finden jetzt innerhalb der Bundesregierung Gespräche statt. Es ist so üblich, dass wir diese Ressortabstimmung da machen, wo sie hingehört, und nicht in dieser Bundespressekonferenz. - Danke!

Frage: Ich wollte fragen, ob im Kabinett über die genannte Tagesordnung hinaus auch der Beteiligungsbericht Thema war, nachdem er vergangene Woche noch nicht fertiggestellt war.

StS Seibert: Der Beteiligungsbericht war Teil der Vorlagen, die das Kabinett ohne Aussprache beschlossen hat. Das Kabinett hat diesem Bericht heute zugestimmt. Es befasst sich ja routinemäßig im Zwei-Jahres-Rhythmus mit diesem Bericht, der die Steuerung der Privatisierungspolitik des Bundes unterstützt. Mit diesem Bericht sind keine konkreten Privatisierungsaktivitäten etwa bei Deutscher Bahn, Deutscher Post oder der Telekom verbunden. Missverständliche Formulierungen in dem Entwurf, die den Eindruck einer Privatisierungsaktivität in dem Bereich der Deutschen Bahn hätten vermitteln können, wurden durch klare Aussagen ersetzt. Diese klaren Aussagen besagen, dass unter Bezugnahme auf den Koalitionsvertrag die Voraussetzungen für Privatisierungsschritte derzeit nicht gegeben sind.

Frage: Eine Frage zu Russland und den Luftraumverletzungen in west- oder mitteleuropäischen Staaten, die es in den letzten Monaten gegeben hat. In Schweden, Finnland, Estland ist das ja der Fall gewesen. Hat es auch Verletzungen des deutschen Luftraums durch russische Militärflugzeuge gegeben?

StS Seibert: Ich habe darüber keine Informationen.

Zusatzfrage: Heißt das nein oder wissen Sie es nicht?

StS Seibert: Ich habe darüber keine Informationen.

Niggemeier-Groben: Ich ebenfalls nicht.

StS Seibert: Wir müssten das noch einmal klären.

Frage: Herr Schäfer, können Sie etwas zum Verlauf oder zur Stimmung sagen, was das gestrige Gespräch des Außenministers mit Herrn Putin angeht?

Schäfer: Das Gespräch fand am Ende eines langen Reisetages des Bundesaußenministers in Moskau statt. Er ist ja zunächst in Kiew gewesen und hat dort mit Außenminister, Premierminister und Präsident beraten. Dann ist er nach Moskau weitergeflogen und hat sich dort mit dem russischen Außenminister erst zu einem Delegationsgespräch und dann zu einem Abendessen im Delegationskreis getroffen, um dann am späten Abend vor seinem Rückflug gestern Nacht nach Berlin in den Kreml zu einem Gespräch mit dem russischen Präsidenten eingeladen zu werden.

Das Thema war überwiegend die Lage in der Ukraine, und auch die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland sind zur Sprache gekommen. Die Gesprächsatmosphäre war ernsthaft und offen. Das Gespräch hat deutlich länger als eine Stunde gedauert, ungefähr bis 22 Uhr Moskauer Zeit. Das ist alles, was ich Ihnen dazu sagen kann.

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 19. November 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/11/2014-11-19-regpk.html;jsessionid=FE2757FA16D0FD4FA6F8E71D83106B6E.s1t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. November 2014