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PRESSEKONFERENZ/934: Regierungspressekonferenz vom 9. Februar 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 9. Februar 2015
Regierungspressekonferenz vom 9. Februar 2015

Themen: Personalien, Lage in der Ukraine, Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Banken, Lage in Griechenland, Anstieg der Zahl der Asylbewerber aus dem Kosovo, NSA-Untersuchungsausschuss, Gespräche über iranisches Nuklearprogramm, Besuch des griechischen Außenministers

Sprecher: SRS Streiter, Simon (BMZ), Teschke (BMEL), Schäfer (AA), Rülke (BMJV), Kothé (BMF), Dimroth (BMI), Ewert (BMVI)


Vorsitzender Szent-Ivanyi: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlich willkommen in der Bundespressekonferenz zur montäglichen Regierungspressekonferenz. Die Kanzlerin ist in den USA, aber das Leben geht auch in Berlin weiter. Insofern begrüße ich den stellvertretenden Regierungssprecher Georg Streiter und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Als Erstes haben wir eine erfreuliche und eine weniger erfreuliche Nachricht. Wir haben nämlich eine neue Kollegin im BMZ, Frau Simon. Vielleicht könnten Sie sich kurz vorstellen.

Simon: Schönen guten Morgen! Ramona Simon mein Name. Ich bin seit September vergangenen Jahres im BMZ im Pressereferat. Zuletzt war ich als Pressesprecherin bei der Heinrich-Böll-Stiftung und noch beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, also beim BUND, komme daher eher aus der zivilgesellschaftlichen Ecke und freue mich jetzt ab sofort auf Ihre Fragen.

Vorsitzender Szent-Ivanyi: Dann freuen wir uns auf die gemeinsame Zusammenarbeit. Herzlichen Dank.

Dann haben wir noch eine eher bedauerliche Nachricht: Jens Teschke als Sprecher des BMEL verlässt uns. Er sagt vielleicht auch noch, warum.

Teschke: Genau. - Ich möchte mich verabschieden, meine Damen und Herren. Ab sofort bin ich nicht mehr Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministers und des -ministeriums, sondern ich habe mich aus persönlichen Gründen entschieden, ein neues Referat im Ministerium zu übernehmen, auch eines, was mit Kommunikation zu tun hat, nämlich der Kommunikation von Forschung, und mache ein bisschen strategische Begleitung der schwierigen Themen Gentechnik und neue Technologien.

Es ist ziemlich genau sechs Jahre her, seitdem ich in die politische Kommunikation eingetreten bin; am 11. Februar 2009 bin ich Pressesprecher der CSU-Landesgruppe geworden. Danach ging es für mich weiter zum Bundesinnenministerium und jetzt am Schluss zum Bundeslandwirtschaftsministerium. Das waren sechs spannende, schöne, anstrengende, witzige Jahre.

Ich möchte mich für die Zusammenarbeit mit Ihnen bedanken. Sie hat Spaß gemacht, sie war interessant. Sie wissen, dass ich ursprünglich aus dem Journalismus komme. Deswegen habe ich auch immer dieses Denken und Ihr Arbeiten verstanden. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg, viele gute Fragen und vielleicht auch manche gute Antwort hier in der Regierungspressekonferenz. Danke und Tschüs!

Vorsitzender Szent-Ivanyi: Dann möchte ich mich von dieser Stelle bei Ihnen ganz herzlich für die Zusammenarbeit der letzten Jahre bedanken. Danke schön.

Wir haben keine Ankündigungen hier vorne vom Podium. Insofern kommen wir gleich in die Fragerunde. Der erste Fragesteller kann dann auch das Thema setzen. - Herr Kollege.

Frage: Ich würde gerne zu Minsk am kommenden Mittwoch etwas fragen. Es war die letzte Woche die Rede davon, dass das Treffen im "Normandie-Format" in Astana sein soll. Mich würde interessieren, warum jetzt Minsk ins Spiel gekommen ist. Ist das ein Zugeständnis an Putin, der wohl diesen Vorschlag gemacht hat?

Schäfer: Wieso sollte das ein Zugeständnis an Putin sein?

Zusatz: Weil er ja den Vorschlag gemacht hat, zumindest laut Presse.

Schäfer: Aber worin würde das Zugeständnis bestehen?

Zusatz: Früher war ja immer von Astana die Rede.

Schäfer: Ja, ja, aber weshalb "Zugeständnis"? Ich kann es nur beantworten, wenn Sie mir erklären, worin Sie dabei das Zugeständnis sehen. Ich kann das nicht erkennen. Vielleicht kann Herr Streiter das beantworten.

Zusatzfrage: Gut. Also: Warum wurde jetzt statt Astana als Ort für dieses Treffen Minsk gewählt?

SRS Streiter: Ehrlich gesagt, kann ich Ihnen dazu gar keine Antwort geben, aber vielleicht liegt es nahe, wenn man sich vergegenwärtigt, worüber gesprochen wird: Es geht irgendwie immer um die Umsetzung der Vereinbarung von Minsk. Vielleicht macht es ja Sinn, das in Minsk weiter zu besprechen. Aber, wie gesagt, das ist jetzt so aus der Hüfte gesagt. Ich glaube nicht, dass größere Dinge dahinterstecken, wie Sie vermuten.

Zusatzfrage: Es ist also eine rein technische Entscheidung, wie ich das hier sehe?

SRS Streiter: Man redet in Minsk über Minsk.

Zusatzfrage: Bedeutet es denn eine Veränderung der Haltung der Bundesregierung zu dem Regime in Minsk, das ja hierzulande als die letzte Diktatur Europas bezeichnet wird?

SRS Streiter: Das glaube ich auch nicht. Ich glaube, da steht einfach das Ziel im Vordergrund. Man hätte sich auch in Castrop-Rauxel treffen können, aber man hat sich jetzt für Minsk entschieden.

Frage: Heute sind ja auch in Berlin Gespräche von Spitzendiplomaten, wie es heißt. Findet das wieder auf der Ebene der Technischen Direktoren statt? Wann ist das? Wer ist dabei? Wo wird es sein? Und wird man über Ergebnisse informieren?

Schäfer: Herr Seibert hat gestern für die Bundesregierung ja bereits angekündigt, dass heute auf Einladung der Bundesregierung Vertreter der drei Staaten Russland, Ukraine und Frankreich nach Berlin eingeladen worden sind. Ich denke, die Gespräche werden heute im Laufe des Nachmittags im Auswärtigen Amt aufgenommen werden. Wer da dann tatsächlich aus den Hauptstädten entsandt wird, das kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen; das werden wir sehen, wenn die dann da sind und ins Auswärtige Amt kommen.

Von deutscher Seite werden die Verhandlungen zunächst von Staatssekretär Ederer geführt. Presseöffentliche Einlassungen sind nicht geplant. Das wäre für diese Art von Verhandlungen nicht nur unüblich, sondern womöglich auch schädlich. Letztlich geht es darum - auch das hat Herr Seibert Sie ja bereits gestern wissen lassen -, dass die vier Staats- und Regierungschefs ein gemeinsames Treffen in Minsk anstreben.

Das Ziel der Bundesregierung ist klar: Wir wollen da Fortschritte bei der Umsetzung von Minsk erreichen, insbesondere über den Weg eines Waffenstillstandes, damit das Blutvergießen vor Ort ein Ende hat und damit Raum entsteht und Zeit entsteht für politische Gespräche, die dann die Konfliktparteien weiterbringen. Aber es wäre alles andere als gut, wenn man regelmäßig "Wasserstandsmeldungen" über den Stand der Verhandlungen zwischen Beamten verkündete. Sie können fest davon ausgehen, dass dann, wenn es etwas gibt, was sich zu berichten lohnt, wir Sie das auch wissen lassen würden.

Frage: Was soll denn in Minsk jetzt besprochen werden, was in Minsk nicht schon besprochen wurde? Inwiefern soll das über das hinausgehen, was wir von Minsk kennen?

Schäfer: Warum soll es über Minsk hinausgehen? Die Vereinbarungen von Minsk vom 5. und vom 19. September enthalten im Grunde alle wesentlichen Parameter einer politischen Lösung. Auf dem Weg der Umsetzung ist es bereits ab Oktober - eigentlich schon eher, eigentlich schon im September - zu Widerständen und Verhärtungen gekommen.

Es sind zahlreiche Versuche unternommen worden, unter anderem von der deutschen Außenpolitik, unter anderem vom deutschen Außenminister, etwa bei diversen Berliner Außenministertreffen, diese Verhärtungen und Erschwerungen im direkten Kontakt zwischen den Konfliktparteien aufzulösen und Umsetzungsschritte gen Minsk zu gehen.

Es geht jetzt gar nicht darum, dass man neue Parameter erfindet, sondern es geht darum, dass man das, was auf der Hand liegt, nämlich dass wir jetzt erst mal zu einem Ende der Kämpfe kommen müssen - und alles, was damit zusammenhängt, ist etwas komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint -, so miteinander politisch zu verknüpfen, dass es für alle Beteiligten, insbesondere für Kiew, für die Separatisten und für Moskau, politisch machbar ist.

Alle die Parameter, die Sie von Minsk kennen, nämlich die Fragen des Grenzregimes, die Fragen des Umgangs mit dem Rückzug schwerer Waffen, die Frage der Demarkationslinie, das Überwachungsregime durch internationale Organisationen wie die OSZE, aber auch längerfristig angelegte Fragen wie Fragen der Autonomie, Fragen der Abhaltung von Wahlen in den von den Separatisten besetzten Gebieten und vieles mehr spielen da hinein und werden irgendwie miteinander so verknüpft werden sollen, wenn es zu einem guten Ausgang kommen soll, dass es ein gutes Ergebnis gibt.

Aber wir können da für die Bundesregierung nur noch einmal bekräftigen: Wir wissen nicht, ob das gutgehen wird. Wir wissen nicht, ob es gelingen kann, zwischen Kiew und Moskau einen politischen Deal zu erreichen. Was wir wissen, ist, dass das unser Ziel ist und dass darauf alle unsere Kräfte gerichtet sind, die der gesamten Bundesregierung, ein solches gutes Ergebnis hinzubringen, das, wie gesagt, Raum und Zeit schafft für eine dann längerfristig angelegte politische Lösung.

Frage: Welche Bedeutung misst die Bundesregierung denn den jüngsten Äußerungen von Herrn Putin in einer ägyptischen Zeitung zu?

SRS Streiter: Dazu möchte ich gar nicht Stellung nehmen. Das ist ein Zeitungsinterview, und uns geht es darum, dass wir in Minsk vorankommen.

Zusatzfrage: Würden Sie es denn als ein ermutigendes oder eher entmutigendes Zeichen sehen?

SRS Streiter: Das ist ja nicht neu. Alles, was er da gesagt hat, ist ja sozusagen bekannt. Darin findet ja auch das Treffen vom Freitag gar keine Erwähnung. Ich würde dem jetzt nicht zu viel Bedeutung beimessen.

Frage: Herr Schäfer, Sie haben jetzt gesagt, wir streben ein Treffen in Minsk an. Bedeutet das, dass es nicht sicher ist und dass alles jetzt davon abhängt, was heute Abend und vielleicht auch morgen im Auswärtigen Amt verhandelt wird? Gestern schien es jedenfalls so zu sein, dass das Treffen geplant ist und stattfinden soll, also nicht irgendwie infrage steht. Wie ist es da jetzt?

Schäfer: Ich entnehme Ihrer Zeitung, dass es Bedingungen gibt, die aus Sicht von Moskau noch erfüllt sein müssen, damit es zu einer solchen Begegnung kommt. Das kann ich nur zur Kenntnis nehmen, aber nicht bewerten. Unser Ziel ist es, dass ein solches Treffen in Minsk stattfinden wird und stattfinden kann. Ich kann nur noch mal wiederholen: Wir werden alles dafür tun, dass das gelingt.

Frage: Herr Schäfer, inwiefern sind bei den Diplomatengesprächen heute die Positionen um die Separatisten beteiligt, oder inwiefern hat man deren Intention dort mit auf den Tisch zu legen?

Mir scheint ein Knackpunkt zu sein, dass sich Herr Poroschenko nicht mit Separatisten an einen Tisch setzen will. Ist denn das aus deutscher Sicht bei dem Treffen am Mittwoch notwendig und geplant, wenn es denn stattfinden wird?

Schäfer: Die Choreografie einer Begegnung der Staats- und Regierungschefs im "Normandie-Format" in Minsk ist offen. Dazu kann ich Ihnen hier und jetzt noch gar nichts sagen, aber sagen kann ich Ihnen, dass bei den heutigen Verhandlungen in Berlin sicher nicht die Separatisten mit am Tisch sitzen. Das sind für die Bundesregierung keine Verhandlungspartner.

Die Frage, die Sie da angesprochen haben, ist in der Tat eine ganz wichtige, im Wesentlichen eine wichtige Frage für die ukrainische Regierung. Aus absolut nachvollziehbaren verfassungsrechtlichen und politischen Gründen ist es ja doch nicht recht vorstellbar, dass der legitim und demokratisch gewählte Präsident des Völkerrechtssubjekts Republik Ukraine sich an einen Tisch setzt mit Namensschildern, auf denen auf der einen Seite "Präsident Poroschenko" und auf der anderen Seite "Präsident Sachartschenko", "Präsident Plotnitsky" von irgendwelchen selbsternannten Republiken steht. Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass so etwas geschieht.

Aber ich denke, Sie würden nicht total falsch liegen, wenn Sie davon ausgingen, dass Befindlichkeiten und Meinungen von Separatisten in anderer Weise in den Verhandlungsprozess Eingang finden. Ich denke, Sie können sich denken, was ich damit meine.

Frage: Herr Streiter, inwiefern fühlt sich die Bundeskanzlerin unter Druck gesetzt, dass es in Minsk zu einer Einigung kommt? Ich frage auch mit Blick auf US-Forderungen nach Waffenlieferungen.

SRS Streiter: Zum Thema Waffenlieferungen hat sich die Bundeskanzlerin ja sehr eindeutig geäußert. Ich glaube, der einzige Druck, den die Bundeskanzlerin verspürt, ist, dass sie das Gefühl hat, es muss jetzt zu einer friedlichen Lösung in der Ostukraine kommen, und dass das Töten dort ein Ende hat. Das ist der Druck, den Sie verspürt.

Zusatzfrage: Sehen Sie die Verhandlungen in Minsk als eine Reihe von Verhandlungen, oder geht es aus Ihrer Sicht darum, dass es in Minsk zu einer Einigung kommen muss und dann erst einmal keine Verhandlungen mehr stattfinden?

SRS Streiter: Sie machen immer den zweiten Schritt schon vor dem ersten. Wir wären schon froh darüber und sind auch starker Hoffnung, dass dieses Treffen in Minsk zustande kommt.

Schäfer: Man kann auch nur davor warnen, zu glauben, dass, nur weil vier Staats- und Regierungschefs zusammenkommen, sozusagen das ganze Knäuel an unglaublich komplizierten politischen Fragen einfach so entwirrt würde. Worum es geht, ist, einen Schritt in die richtige Richtung zu tun. Wenn das mittels eines Waffenstillstandes und damit verknüpfter politischer Vereinbarungen gelingen kann, dann wäre das schon mal ein wichtiger Schritt angesichts der drohenden militärischen Eskalationsspirale. Die Stichworte dazu - Debalzewo, Mariupol und andere - kennen Sie, die wirklich in der Luft liegen.

Frage: Herr Schäfer, wird Präsident Lukaschenko bei den Gesprächen irgendeine Rolle spielen, da sie ja nun einmal in Minsk stattfinden?

Wie sieht es mit der Position der USA aus? Wird die Bundeskanzlerin da irgendwie eine Vertreterrolle spielen, oder sind die bei den Gesprächen vollkommen außen vor?

Schäfer: Eine Rolle von Präsident Lukaschenko bei den Verhandlungen der vier kann ich mir jetzt nicht vorstellen. Aber Herr Streiter hat gerade schon ausgeführt, dass der weißrussische Präsident bereit ist, ein solches Treffen in Minsk auszurichten. Das begrüßen wir. Dafür sind wir ihm dankbar. Und ich bin sicher, er wird die ganze Gastfreundschaft Weißrusslands seinen Gästen angedeihen lassen.

Zur zweiten Frage: Die deutsche Außenpolitik vertritt deutsche und europäische Interessen, aber berücksichtigt dabei selbstverständlich auch die Belange, Meinungen und Wünsche von anderen. Das Wochenende in München war eine exzellente Gelegenheit, aus allernächster Nähe und im direkten Kontakt mit unseren amerikanischen Freunden und Partnern sich zum Thema Ukraine auszutauschen. Herr Streiter kann das vielleicht für die Bundeskanzlerin ausführen.

Der deutsche Außenminister hat sich - ich weiß gar nicht, wie viel mal - zweimal unter vier Augen mit John Kerry getroffen, darüber hinaus noch in größerem Rahmen mehrfach. Nicht das einzige, aber das Kernthema dieser Beratungen, auch dieser Gespräche unter vier Augen war natürlich die Lage in der Ukraine, und die Äußerungen, die da von amerikanischer Seite gefallen sind, ebenso wie die Ihnen ja bekannten öffentlichen Äußerungen von Vertretern der Vereinigten Staaten von Amerika bei den Reden in der Münchner Sicherheitskonferenz sollten Ihnen eigentlich gezeigt haben, dass es da bei der Einschätzung der Lage ein sehr, sehr hohes Maß an Übereinstimmung gegeben hat.

Wir fühlen uns bei den Bemühungen der deutschen Außenpolitik, die Ukrainekrise wenigstens ein wenig zu entschärfen, auch mit den deutschen Initiativen, die hoffentlich am Mittwoch zu Minsk führen, mit großer politischer Rückendeckung versehen.

Frage: Noch einmal zu der Position der deutschen Bundesregierung zu Weißrussland: Sind denn die Sanktionen gegen Weißrussland, die immer noch in Kraft sind, auch ein Thema? Oder hat sich die Position der Bundesregierung in dieser Hinsicht in der letzten Zeit irgendwie verändert?

Schäfer: Aus Anlass der Begegnungen, die in Minsk stattgefunden haben, gibt es für die Bundesregierung keinen Grund, an der bisherigen Haltung, auch der bisherigen Haltung der Europäischen Union, irgendetwas zu verändern. Aber was die Zukunft bringt und bei dem, wie sich das in einem für die weißrussische Innenpolitik womöglich schwierigen Jahr entwickelt - Sie wissen, da stehen Ende des Jahres Präsidentschaftswahlen an, und in Jahren von Präsidentschaftswahlen weiß man nie so genau, was passiert -, muss man schauen, was weiter passiert.

Ich kann Ihnen versichern, dass wir die politische Lage in Minsk und die Verhältnisse in Weißrussland mit allergrößter Aufmerksamkeit verfolgen. Weißrussland ist ein großes und wichtiges Land mitten in Europa. Wir würden uns sehr wünschen, dass das, was Europa ausmacht, nämlich Werte, die wir gemeinsam teilen, dann auch irgendwann von der weißrussischen Führung geteilt wird. Wenn wir Schritte erkennen, die das unter Beweis stellen, dann, denke ich, ist alles möglich. Aber wir sprechen jetzt wirklich über Zukunftsmusik. Es gibt kein mir bekanntes - das ist auch, ehrlich gesagt, nicht vorstellbar - Junktim zwischen der Rolle Weißrusslands als Gastgeber von möglichen Minsker Gesprächen im "Normandie-Format" einerseits und irgendwie gearteten Konzessionen, Vereinbarungen mit Weißrussland im bilateralen Verhältnis zu Deutschland oder zur Europäischen Union andererseits.

Frage: Eine Frage an Herrn Streiter und an Herrn Schäfer: Sie haben gerade die deutsch-amerikanischen Abstimmungen sehr lobend hervorgehoben. Wie sind denn in diesem Zusammenhang die Äußerungen von Herrn McCain zu bewerten, der das ja nun ein bisschen anders sieht und für wesentliche Teile der Republikanischen Partei spricht und da auch einen historischen Zusammenhang zu München 1938 aufgemacht hat und dabei auch direkt eigentlich die Kanzlerin angegangen ist?

SRS Streiter: Ich kann Ihnen gerne dazu sagen: Die Haltung der Bundeskanzlerin ist völlig unzweideutig, genauso wie die des deutschen Außenministers, was Waffenlieferungen betrifft. Wenn Herr McCain sich geäußert hat, dann zeigt das, dass in Amerika halt diskutiert wird, wie auch bei uns diskutiert wird, aber das ändert nichts an der Haltung der deutschen Bundesregierung.

Die Bundeskanzlerin wird ihre Argumente sicherlich auch heute dem amerikanischen Präsidenten noch einmal erläutern. Ich möchte jetzt auch gar nicht direkt auf Herrn McCain eingehen. Er ist halt nur einer von vielen, die sich da geäußert haben.

Schäfer: Vielleicht ergänze ich nur einen Satz, in aller Vorsicht: Die Verantwortlichen aufseiten der Bundesregierung sind Verantwortliche im buchstäblichen Sinne, tragen Verantwortung als Verantwortliche der deutschen Bundesregierung und empfinden diese Verantwortung auch für unser Land und für Europa. Herr McCain ist ein sehr exponierter und zu Recht sehr angesehener Politiker, aber er ist etwas weiter weg als wir. Wenn ich es richtig sehe, trägt er zurzeit jedenfalls auch keine exekutive Verantwortung.

Frage: Herr Streiter, ich hätte gern gewusst, unter welchen Bedingungen Frau Merkel bereit wäre, am 9. Mai nach Moskau zu fahren, um dort die Parade zum Sieg über Nazideutschland abzunehmen, oder ob sie sich da schon anderweitig entschieden hat. Wie ist der Stand der Dinge dort?

SRS Streiter: Ehrlich gesagt, erwischen Sie mich da völlig auf dem falschen Fuß. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich glaube, auch die Planungen sind noch nicht so weit, dass man dazu irgendetwas sagen kann.

Bei den Fragen fällt mir auf: Ich würde jetzt auch nicht versuchen, den Prozess, der hoffentlich am Mittwoch zu diesem Treffen führt, irgendwie noch mit anderen politischen Diskussionen zu vermischen. Das halte ich für unklug.

Zusatzfrage: Ist denn die Frage, ob sie nach Moskau fährt, komplett unabhängig davon zu sehen?

SRS Streiter: Das ist im Mai, und jetzt haben wir Montag, und wir möchten gerne am Mittwoch ein wichtiges Treffen in Minsk zustande bringen. Das ist das Entscheidende.

Frage: Eine Frage an das Justizministerium: Es gibt heute Berichte über die HSBC, dass sie im großen Stil geholfen hat, Steuern zu hinterziehen. Vor diesem Hintergrund hätte ich gerne gewusst: Sehen Sie Anlass, irgendwelche Konsequenzen daraus zu ziehen? Es gab ja zum Beispiel auch von SPD-geführten Länder im vergangenen Jahr den Antrag, Banken, die bei so etwas helfen, auch hierzulande die Lizenz zu entziehen.

Rülke: Ich muss Sie um Verständnis bitten. Ich habe die Berichte heute Morgen auch gelesen. Es ist jetzt zunächst einmal Sache der Steuerbehörden, auch der Staatsanwaltschaften, das aufzuklären, sofern Deutsche überhaupt davon betroffen sind. Das ist jetzt der erste Schritt. Den sollten wir jetzt alle gemeinsam erst einmal abwarten.

Zusatzfrage: Sind denn Deutsche davon betroffen? Können Sie das sagen? Laut Berichten sollen 2.000 Deutsche dabei sein. Was wissen Sie über Verfahren, die da eventuell angestoßen wurden? Wenn Sie darüber vielleicht nichts wissen, was ich ja eher glaube, dann können Sie vielleicht sagen, warum Sie nichts wissen.

Kothé: Vielleicht noch mal zur Einordnung des Hintergrundes: Die Fälle, über die heute berichtet wird, sind aus Sicht der Steuerbehörden auch in Deutschland nicht ganz neu. Die französischen Finanzbehörden haben uns im Jahr 2010 Daten übermittelt. Sie sind an das Bundeszentralamt für Steuern übergeben worden.

Wie Sie eben auch richtig angedeutet haben: Der Steuervollzug ist in Deutschland ja Ländersache, und daher wurden diese Daten an die zuständigen Länderbehörden weitergegeben. Dort werden sie ausgewertet und auch die entsprechenden Maßnahmen ergriffen.

Zusatzfrage: Das heißt, im Moment haben Sie keinen Rücklauf von den Ländern. Sie erfahren nicht, was da eventuell ermittelt wurde und ob es zu Zahlungen an den Staat geführt hat, dass dort ermittelt wurde.

In diesem Zusammenhang bringen jetzt die Grünen wieder ihre Forderung, dass man die Steuerermittlungen auf Bundesebene konzentrieren sollte. Vielleicht können Sie etwas dazu sagen, warum Sie das für sinnvoll halten würden oder auch nicht.

Kothé: Die Zuständigkeiten sind bei uns ja grundgesetzlich klar geregelt, auch was die Steuern angeht. Natürlich ist die Bundesregierung in Sachen Bekämpfung von Steuerhinterziehung nicht untätig; das Gegenteil ist der Fall. Um nur zwei Beispiele zu nennen: National haben wir im letzten Jahr zusammen mit den Ländern die strafbefreiende Selbstanzeige deutlich verschärft und international - Sie erinnern sich vielleicht auch - ein Abkommen zum automatischen Informationsaustausch mit 50 Staaten abgeschlossen. Das nur einmal exemplarisch zu dem ganzen Thema. Wir setzen uns intensiv für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung ein, sowohl national als auch international.

Frage: Frau Kothé, vor fünf Jahren sind die Daten von den französischen Behörden zu den deutschen Behörden gekommen, und ich bin jetzt bass erstaunt, dass da offenbar nichts erfolgt ist, also wir nicht wissen, ob es da deutsche Beteiligte gibt, die möglicherweise Schwarzgeld gebunkert haben, oder nicht. Können Sie mir das noch etwas genauer ausführen?

Ist dieser Fall, der möglicherweise nicht ganz so neu ist, eigentlich eine Bekräftigung, oder konterkariert er die Bemühungen, dass man jetzt auf internationaler Ebene versucht, Steuern dort zu zahlen, wo sie auch anfallen? Es gibt ja verschiedenste Ebenen, auf denen das gespielt wird.

Kothé: Ich fange mal von hinten an: Das ist ein Thema, wie Sie wissen, für das wir uns international sehr einsetzen. Ich habe eben noch vergessen, die sogenannte BEPS-Initiative zu erwähnen. Das ist eines der Themen, für das sich Deutschland im Bereich der G20 und der G7 sehr intensiv einsetzt.

Zu dem konkreten Fall: Der Schluss, dass nichts passiert ist, seit diese Daten übermittelt worden sind, ist, glaube ich, unzulässig. Die Daten wurden, wie gesagt, vom Bundeszentralamt für Steuern unverzüglich an die örtlich und sachlich zuständigen Finanzbehörden der Länder weitergeleitet. Natürlich wurden die Daten dort ausgewertet, und es wurden entsprechende Verfahren eingeleitet. Aber wir können Ihnen natürlich keine Auskunft über genaue Zahlen geben, wie viele Strafverfahren eingeleitet wurden beziehungsweise zu welchen Steuermehreinnahmen das geführt hat.

Zusatzfrage: Können Sie denn sagen, wie viele Personen in Deutschland es betroffen hat, unabhängig davon, ob da Strafverfahren eingeleitet wurden oder nicht?

Kothé: Was meinen Sie jetzt mit "betroffen"?

Zusatzfrage: Sie haben doch Daten von den französischen Behörden bekommen.

Kothé: Wir haben verschiedene Datensätze. Eine genaue Zahl, wie viele Personen, also Steuerpflichtige, davon betroffen sind, kann ich Ihnen nicht sagen.

Zusatzfrage: Die Zahl 2.000 ist also von Ihnen nicht zu bestätigen, oder?

Kothé: Das kann ich Ihnen so nicht bestätigen, nein.

Frage: Jetzt wüsste ich von Ihnen, Frau Kothé, gern noch, warum Sie diese Zahlen nicht nennen können. Sie müssen die Zahlen doch haben. Das verstehe ich nicht.

In anderen Ländern wird ja nicht nur gegen die Steuerflüchtigen ermittelt, sondern auch gegen die Bank wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung. Ist das auch in Deutschland der Fall? Wenn nein, warum nicht?

Kothé: Die Aufsicht - in diesem Fall die BaFin - wird gegen eine Bank tätig, wenn strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Wir haben die Diskussion über den Entzug der Banklizenz ja schon gehabt. Das ist in Deutschland bei schwerwiegenden Fällen auch schon heute möglich.

Zusatzfrage: Und ist gegen die Bank wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermittelt worden oder nicht?

Kothé: Die Berichterstattung von heute bezieht sich ja nicht auf eine deutsche Bank. Unsere Aufsicht bezieht sich auf deutsche Banken. Ob das in der Geschichte je schon passiert ist, kann ich Ihnen im Augenblick nicht sagen, müsste ich nachprüfen.

Zusatzfrage: Es war noch die Frage offen: Warum können Sie die Zahl der Betroffenen nicht nennen? Die muss doch aus den Unterlagen hervorgehen.

Kothé: Ich habe diese Zahl jetzt nicht vorliegen. Wie gesagt, es ist Sache der Länder, das auszuwerten. Es müsste dann eine Abfrage gemacht werden. Wir haben diese Zahl nicht vorliegen und können das als Bundesfinanzministerium nicht bestätigen. Das ergibt sich einfach aus der Zuständigkeit für Steuerfragen in Deutschland.

Frage: Sie haben ja eben gesagt, dass der Entzug der Banklizenz auch heute schon möglich ist, wenn es sich um einen besonders schweren Fall handelt. Wie schätzen Sie das denn ein? In den Berichten lese ich, dass in Frankreich Tests gemacht wurden, wonach 0,2 Prozent der Konten bei den Behörden angemeldet waren. Also scheint das ja doch in einem etwas größeren Umfang am Staat vorbeigegangen zu sein.

Können Sie das aus deutscher Sicht beurteilen? Ist das jetzt ein Fall unter diesen möglicherweise 2.000 Leuten? Ist das eigentlich alles kein Problem; die sind legal hier mit den Konten angemeldet, haben es auch versteuert? Können Sie das von der Schwere her irgendwie einordnen, oder sind Sie dazu nicht in der Lage?

Kothé: Kann ich und möchte ich auch im Augenblick nicht bewerten.

Frage: Noch kurz, Frau Kothé, zu diesen Zahlen: Würde es denn in Ihren Zuständigkeitsbereich fallen, diese Zahlen von den Ländern einzuholen, oder will das BMF mit diesen Zahlen lieber gar nichts zu tun haben?

Kothé: Das mag für Sie alles unbefriedigend sein, aber die Zuständigkeiten in Deutschland sind nun einmal, wie sie sind. Wir als Bundesfinanzministerium sind dafür einfach nicht zuständig.

Frage: Auch eine Frage an das Finanzministerium, zu Griechenland: Am Freitag hat Herr Jäger gesagt, man erwartet von der neuen griechischen Regierung, dass sie im Parlament eine klare Aussage zum Reformkurs macht. Jetzt hat Herr Tsipras sich im Parlament allerdings etwas anders geäußert und hat das Rettungsprogramm für gescheitert erklärt. Muss aus Ihrer Sicht letztendlich das Rettungsprogramm weiterhin abgeschlossen werden und auch eine Verlängerung beantragt werden, sollten Hilfen fließen, oder ist diese gewünschte Brückenfinanzierung eine Option?

Kothé: Es ist, glaube ich, nicht an mir, jetzt die Äußerungen von Herrn Tsipras zu kommentieren und zu bewerten. Wir haben zu Griechenland, zu dem weiteren Vorgehen ja hinlänglich und oft und besonders auch der Minister gesagt, was unsere Position in der Frage ist, dass wir meinen, dass das Programm so, wie es vereinbart ist, abzuschließen ist.

Was jetzt die genauen Vorstellungen der griechischen Seite sind, darüber wird in der Eurogruppe und auf europäischer Ebene zu reden sein. Da wird die griechische Regierung wahrscheinlich detailliert mit ihren Vorschlägen die Partner in der Eurogruppe informieren. Das warten wir jetzt erst einmal ab. Aber sonst hat sich an unserer Position in der Sache nichts geändert.

Frage: Ich habe auch eine Frage zur Regierungserklärung; ich weiß nicht, wer sie beantworten kann, Herr Schäfer oder Frau Kothé. Herr Tsipras hat wiederholt darauf hingewiesen, dass er in Sachen Reparationszahlungen einen Ausgleich möchte. Die Bundesregierung hat da immer wieder die Haltung eingenommen: Das ist längst erledigt. Könnten Sie noch einmal darstellen, inwiefern das erledigt ist? Welche Zahlungen hat es in welchem Umfang schon in dieser Richtung gegeben? Vielleicht können Sie Herrn Tsipras da aufklären.

Schäfer: Wir haben dem, was dazu hier schon so häufig gesagt worden ist, nichts hinzuzufügen. Das ist letzte Woche hier vom Vertreter des Finanzministeriums gemacht worden. Es gibt keinen Grund, dass wir das jetzt noch einmal tun. Das können Sie im Protokoll nachlesen.

Kothé: Genau. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Da gibt es keinen neuen Stand.

Frage: Es gibt in der Regierungserklärung von Herrn Tsipras einen zentralen Teil, was seine Vorstellungen in Bezug auf die Weiterführung oder Nichtweiterführung des Programms betrifft. Er hat erklärt, er betrachtet das Programm als gescheitert. Zugleich hat er aber um ein Übergangsprogramm ersucht. Die Frage ist, ob über dieses Übergangsprogramm verhandelt werden kann oder ob von Berlin ein eindeutiges Nein zu erwarten ist.

Eine zweite Frage in Bezug auf die Zwangsanleihen und die Reparationen: Es heißt, die Position der Bundesregierung ist bekannt. Aber wie ist das praktisch zu verstehen? Heißt das, die Bundesregierung sagt Nein und lässt die griechische Regierung sozusagen abblitzen, oder wäre sie bereit, über dieses Thema zu sprechen, zu verhandeln?

Kothé: Zu dem Überbrückungsprogramm: Wir haben wiederholt gesagt, dass auch über dieses Thema zuerst einmal in der Eurogruppe zu sprechen sein wird. Details, in welchem Rahmen das stattfinden soll, was da genau die Vorstellungen der griechischen Regierung sind, wird jetzt erst einmal in der Eurogruppe darzulegen sein und dann dort auch zu erörtern sein. Daher muss ich Sie da jetzt einfach etwas vertrösten und bitten, abzuwarten, was diese Woche in Brüssel das Ergebnis sein wird.

Sie kennen unsere Haltung, was den Abschluss des Programmes und die bisher eingegangenen Verpflichtungen anbetrifft. Da sind wir unverändert - ich kann mich hier nur wiederholen - der Meinung, dass das Programm wie vereinbart abgeschlossen werden sollte.

Zusatzfrage: Gibt das, was Minister Schäuble geäußert hat, auch die Regierungslinie an, oder verfolgt das Bundeskanzleramt seine eigenen Vorstellungen dazu?

SRS Streiter: Nein, da haben wir die gleichen Vorstellungen. Partner in Sachen Programme ist die Eurogruppe, und wenn Griechenland etwas von der Eurogruppe möchte, wäre es ja sinnvoll, dies in der Eurogruppe zu sagen. Die Eurogruppe hat, glaube ich, am Mittwoch eine Tagung. Es wäre eine günstige Gelegenheit, sich dort zu äußern. So sind die normalen Abläufe.

Zusatzfrage: Dazu hat sich ja Herr Schäuble geäußert. Niemand könnte Frau Merkel daran hindern, sich auch dazu zu äußern. Ich frage, ob sie dazu eine Position hat, die bekannt werden könnte.

SRS Streiter: Ihre Position ist, dass Griechenland Gelegenheit hat, in der Eurogruppe seine Vorschläge zu konkretisieren.

Zusatzfrage: Ich hatte vorhin noch eine zweite Frage zu den Reparationen, zu den Zwangsanleihen gestellt.

SRS Streiter: Da sage ich gerne noch einmal das Gleiche, was Herr Schäfer gesagt hat: Das haben wir jetzt hier schon dreimal hoch und runter diskutiert. Das ist die Haltung der Bundesregierung.

Es gibt bisher ja auch nur, sage ich mal, Meinungsäußerungen dazu. Es ist ja ein Unterschied, ob ich in einer Regierungserklärung, die sich hauptsächlich an das griechische Volk richtet, etwas mitteile oder ob ich international tätig werde.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt oder das BMI zu Berichten vom Wochenende, dass die deutsche Botschaft in Pristina ein Schreiben an das Auswärtige Amt geschickt hat mit der Sorge, dass so viele Kosovaren nach Deutschland kommen, dass echt eine Hauruckaktion nötig wäre, mal eine Warnung auszusprechen: "Kommt nicht! Nehmt nicht die Sozialleistungen in Anspruch!", sodass klar ist, sie werden ganz schnell wieder zurückgebracht. Gibt es dieses Schreiben?

An das BMI: Was ist denn zu den Zahlen zu sagen?

Schäfer: Sie können von mir jetzt nicht wirklich erwarten, dass ich über interne vertrauliche Berichterstattung zwischen einer deutschen Auslandsvertretung im Kosovo oder sonst wo und der Zentrale des Auswärtigen Amtes oder der Bundesregierung detailliert Auskunft gebe. Wenn wir das Ziel verfolgen würden, solche Dinge öffentlich zu machen, dann würden wir das tun. Das haben wir hier jetzt nicht getan. Ich habe gelesen, was da gestern geschrieben worden ist. Ich muss es offen lassen und Ihrer Wertung überlassen, was Sie davon halten. Ich kann das weder bestätigen noch dementieren - das ist nicht nur in diesem Fall so, sondern das machen wir grundsätzlich nicht.

Dimroth: Wir haben heute die Asylstatistik für den Januar dieses Jahres veröffentlicht. Daraus ergibt sich für den Kosovo im Vergleich zum Vormonat auch ein nicht unerheblicher Zuwachs der Zahlen. Insofern beobachten wir sehr genau, was dort passiert. Man kann da also einen gewissen Trend erkennen, von dem wir auch ausgehen, dass er sich zumindest in den Februar hinein fortsetzen wird. - Das war, glaube ich, die Frage nach den Zahlen.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, man könnte jetzt ja auch eine Art Kommunikationsstrategie konstruieren - könnte es womöglich sein?

Schäfer: So etwas liegt uns grundsätzlich fern.

Frage: Herr Dimroth, könnten Sie den "nicht unerheblichen Zuwachs" vielleicht noch beziffern? Denn ich bin mir nicht sicher, ob in Ihrer monatlichen Pressemitteilung die Kosovaren extra aufgeführt sind.

Dimroth: Sie sind extra aufgeführt, insofern darf ich darauf verweisen. Ich kann die Zahlen aber auch gerne nennen: Es sind für Januar 3.630 Asylanträge aus dem Kosovo, während es im Dezember des letzten Jahres 1.956 waren.

Schäfer: Ich kann gerne auch noch einen Satz aus außenpolitischer Sicht ergänzen: Wenn es tatsächlich - und es gibt ja gewisse Anhaltspunkte dafür - verstärkte Ausreisebewegungen aus dem Kosovo in den Schengen-Raum hinein, in die Europäische Union hinein und auch nach Deutschland hinein geben sollte und dann der Weg des Asyls gegangen würde, dann ist das sozusagen eine Facette - zu der Sie gerade die Fragen an den Vertreter des Bundesinnenministeriums gerichtet haben.

Die Facette, die mehr im Zuständigkeitsbereich und im Blickfeld des Auswärtigen Amtes ist, ist die Facette: Welche Folgen hat es für ein ohnehin mit großen sozioökonomischen und auch politischen Problemen zu kämpfendes Land wie das Kosovo, wenn sich da Leute aufmachen und Beruf und Perspektiven - die bestimmt besser sein könnten, als sie tatsächlich sind - aufgeben, um irgendwo anders Asylanträge zu stellen und zu glauben, dass auf diese Art und Weise ihr Lebensschicksal ein besseres sein könnte, dann gibt uns das auch mit Blick auf die weiteren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen im Kosovo Anlass zur Sorge. Deshalb kann ich Ihnen auch sagen, dass die Bundesregierung auch zu dieser Frage bereits mit Verantwortlichen in Pristina und der relativ neu ins Amt gekommenen kosovarischen Regierung im Gespräch ist. Es gibt eigentlich auch gar keinen Interessengegensatz darüber, dass es vernünftig wäre, die Menschen, die sich dort offenbar aufmachen, davon zu überzeugen, dass es soziale und wirtschaftliche Perspektiven in ihrem Heimatland gibt. Daran wollen wir auch mitarbeiten, das ist ja völlig selbstverständlich.

Zusatzfrage: Herr Dimroth, wissen Sie auch noch, wie hoch die Anerkennungsquote ist?

Dimroth: Ja, für 2014 sprechen wir von einer sogenannten Schutzquote für Anträge aus dem Kosovo von 1,1 Prozent.

Frage: Herr Streiter, ich habe eine Frage zu der Berichterstattung in der "Welt am Sonntag" von gestern über den Rückzug von Herrn Kiesewetter aus dem NSA-Untersuchungsausschuss, der offensichtlich andere Gründe hatte als in der Öffentlichkeit zunächst genannt. Mich würde erstens interessieren, seit wann das Kanzleramt über die tatsächlichen Rückzugsgründe von Herrn Kiesewetter informiert war und wie Sie diesen Vorgang bewerten. Können Sie sozusagen die Irritationen von Herrn Kiesewetter über die BND-Leute in seinem Reservistenverbandsumfeld verstehen?

SRS Streiter: Ich fürchte, ich muss Sie jetzt enttäuschen: Die Bundesregierung wird zum Sachverhalt in den zuständigen Gremien des Deutschen Bundestages berichten. Sie unterstützt die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses in vollem, auch verfassungsrechtlich gegebenem Umfang. Mehr kann ich Ihnen dazu eigentlich nicht sagen.

Frage: Herr Streiter, wie sehen Sie denn das Bild, das der BND, die Bundesregierung und das Bundeskanzleramt in dieser Hinsicht im Moment in der Öffentlichkeit abgeben, wie schätzen Sie das ein? Ist das ein zufriedenstellendes Bild für Sie, machen der BND und die Bundesregierung da alles richtig? Sind Sie als Bundesregierung da sozusagen mit sich im Reinen?

SRS Streiter: Wenn ich ganz ehrlich bin, sage ich, dass Bildbesprechungen nicht meine Aufgabe sind.

Frage: Ist es denn normal oder gewöhnlich, dass im Reservistenverband der Bundeswehr BND-Leute sitzen?

SRS Streiter: Das müssen Sie den BND fragen. Ich glaube, der BND-Präsident hat sich gestern dazu geäußert.

Zusatzfrage: Es ist also normal? Sie sind ja für den BND mitverantwortlich.

SRS Streiter: Was ich dazu zu sagen habe, habe ich gesagt. Wenn es da Fragen gibt, dann werden die in den zuständigen Gremien des Deutschen Bundestages beantwortet. Ich weiß nicht, ob Sie 2013 schon hier waren, deshalb sage ich es noch einmal: Geheimdienste heißen Geheimdienste, weil sie geheim arbeiten. Deswegen gibt es Gremien, die diese Geheimdienste kontrollieren. Dort wird Auskunft gegeben, und nicht hier.

Zusatzfrage: Der Punkt ist ja: Es wird darüber diskutiert, ob das gewöhnlich oder ungewöhnlich ist. Das würde ja begründen, warum Herr Kiesewetter zurücktritt. Dazu gibt es derzeit ja unterschiedliche Interpretationen. Deshalb war nur die Wissensfrage: Ist das ein Aufregerthema, muss man davon ausgehen, dass der BND natürlich mit in allen Organisationen sitzt? Jetzt mal nur so gefragt: Ist das eigentlich normal?

SRS Streiter: Nur mal so geantwortet: Die Bundesregierung gibt in den dafür zuständigen Gremien darüber Auskunft.

Vorsitzender Szent-Ivanyi: Dann nur mal so weitergefragt:

Frage: Nur mal so weitergefragt: Bestätigen Sie damit, dass die Bundesrepublik Deutschland einen Geheimdienst hat? Ich dachte immer, wir hätten Nachrichtendienste.

SRS Streiter: Ja, sehr schön, danke für den Hinweis.

Frage: Herr Schäfer, Bundesaußenminister Steinmeier hat sich am Wochenende mit seinem iranischen Kollegen getroffen. Wie bewerten Sie die Gespräche?

Schäfer: Das Thema Iran war hinter den Kulissen - weniger in den Medien - ein durchaus wichtiges Thema am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Das lag nicht nur daran, dass der iranische Außenminister dort präsent gewesen ist. Ich kann Ihnen bestätigen, dass es am Freitagabend zu einer bilateralen Begegnung des deutschen mit dem iranischen Außenminister gekommen ist, die etwa eine Dreiviertelstunde gedauert hat. Da ging es neben regionalen Fragen sehr intensiv um den aktuellen Stand der Verhandlungen um das iranische Atomprogramm. Ich meine, dass Herr Sarif auch andere Gespräche unter anderem mit dem amerikanischen Außenminister geführt hat, aber das werden Sie sicherlich aus anderen Quellen wissen.

Das war insofern eine gute Gelegenheit, sich auf politischer Ebene einmal gemeinsam zuzuwenden und sich gegenseitig zu sagen, wo man steht. Die Sicht des deutschen Außenministers, der deutschen Außenpolitik ist: Da ist immer noch ein Weg zu gehen, und da muss noch eine politische Kluft überwunden werden. Die kann gegangen werden, weil es technisch alles möglich ist und letztlich die Entscheidungsparameter auf dem Tisch liegen. In den verbleibenden Wochen bis zu einer hoffentlich im März erfolgenden politischen Grundsatzeinigung muss dann noch Bewegung entstehen, damit es zu einem Deal kommen kann.

Zusatzfrage: Sie hatten sich ja in den vergangenen Wochen zuversichtlich geäußert, dass es zu einer Grundsatzentscheidung kommen kann. Sind Sie nach diesen Gesprächen weiterhin zuversichtlich?

Schäfer: An der generellen Einschätzung der politischen Machbarkeit hat sich nichts geändert. Das heißt aber überhaupt nicht, dass das ein einfacher Gang wäre. Da muss es politische Kompromisse geben, die hier oder da wehtun.

Frage: Herr Schäfer, war bei den Gesprächen zwischen Herrn Sarif und Herrn Steinmeier auch der Haltung des Irans in Bezug auf die Bekämpfung des sogenannten Islamischen Staates ein Thema?

Schäfer: Darüber ist nur sehr kursorisch gesprochen worden. Das Hauptthema war der letzte Stand des iranischen Atomprograms.

Zusatzfrage: Was bedeutet konkret "kursorisch"? Nur, dass es das als Thema gibt oder was man da macht, oder wie?

Schäfer: Kursorisch heißt kursorisch - nicht in der Intensität, in der man darüber hätte sprechen können. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wie das bei solchen Konferenzen läuft: Da ist ein Gespräch an das andere getaktet, und da konzentriert man sich dann auf das, was zunächst einmal am wichtigsten war. Das war aus unserer Sicht und auch aus Sicht des iranischen Kollegen das "stock-taking", das Sich-gegenseitig-Klarmachen, wo man bei den Iranverhandlungen steht.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium: Können Sie etwas zur Personalie Katharina Reiche sagen? Mit anderen Worten: Ist sie inzwischen von ihrem Amt als Parlamentarische Staatssekretärin entbunden worden, und wie wird die Nachfolge geregelt?

Ewert: Dazu kann man immer noch nichts sagen, weil diese Personalie sozusagen mit dem Terminkalender des Bundespräsidenten in Einklang gebracht werden soll. Dieser war wohl bis zum Wochenende auf Auslandsreise. Wir rechnen mit einer zügigen Umsetzung dieses personellen Wechsels, können mit Stand jetzt - kurz vor halb eins - aber noch nichts dazu sagen.

Zusatzfrage: Kommt sie denn noch ins Büro?

Ewert: Sie ist ja noch im Amt.

Frage: Steht nicht Herr Barthle als Nachfolger von Frau Reiche fest?

Ewert: Er selber hat das Medien zufolge wohl bestätigt. Wir können das hier offiziell noch nicht bestätigen. Frau Reiche ist nach wie vor im Amt.

Frage: Herr Schäfer, können Sie mir bestätigen, dass Herr Kotzias, der griechische Außenminister, morgen nach Berlin kommt?

Schäfer: Die beiden Außenminister haben sich ja bereits am Rande des Sonder-Außenrats der Europäischen Union vor zehn Tagen das erste Mal in ihrer Funktion als Außenminister getroffen, sind sich begegnet, und haben bereits zu diesem Zeitpunkt vereinbart, dass man sich kurzfristig treffen wolle und dass Herr Kotzias zu einem Antrittsbesuch in Berlin sehr herzlich eingeladen ist. Inzwischen gibt es tatsächlich einen Termin, einen Tag für eine solche Begegnung: Sie können davon ausgehen, dass es morgen zu einem Besuch des griechischen Außenministers im Auswärtigen Amt bei Außenminister Steinmeier kommen wird. Wir haben noch ein paar Fragen zum genauen Zeitpunkt zu klären. Ich gehe davon aus, dass Sie auch alle zu einer Pressekonferenz aus Anlass dieser Begegnung eingeladen werden.

Frage: Herr Schäfer, ich muss noch einmal zur Ukraine zurückkommen - eventuell haben Sie sich auch an anderer Stelle schon einmal dazu geäußert - : Am Wochenende gab es einen Bericht, dass die Zahl der Toten deutlich höher ist als bislang angenommen, nämlich dass es 50.000 sind. Gibt es dazu Erkenntnisse in Ihrem Haus?

Schäfer: Die Unterschiede zwischen dem, was die Vereinten Nationen sagen, und dem, was gestern in einer großen deutschen Sonntagszeitung berichtet wurde, sind eklatant - da ist ja eine Null mehr dran gegenüber dem, was bisher gesagt wurde. Ich habe dazu aber leider nichts beizutragen. Jedes Menschenleben, das im Osten der Ukraine diesen kriegerischen Auseinandersetzungen zum Opfer fällt, ist eines zu viel; insofern macht es für die Anstrengungen der Bundesregierung mit Blick auf Minsk am Mittwoch keinen Unterschied. Sie haben aber natürlich Recht: Es macht einen riesigen Unterschied, wie viele es tatsächlich sind. Das eine sind offizielle Zahlen, das andere sind Mutmaßungen. Ich kann leider konkret nichts weiter beitragen.

Montag, 9. Februar 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 9. Februar 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/02/2015-02-09-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2015

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