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PRESSEKONFERENZ/987: Kanzlerin Merkel und der ukrainische Präsident Poroschenko, 13.5.2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut Mitschrift der Pressekonferenz im Bundeskanzleramt - Mittwoch, 13. Mai 2015
Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)


BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass Präsident Petro Poroschenko heute zum wiederholten Male in Berlin ist, und heiße ihn hier herzlich willkommen.

Wir haben, wie Sie wissen, einen sehr intensiven Austausch über die Fragen der Beziehungen zwischen Deutschland und der Ukraine. Ich glaube, ich darf sagen, dass die bilateralen Beziehungen exzellent sind. Wir versuchen als Bundesrepublik auch, bei dem wirtschaftlichen Umbau der Ukraine, bei den notwendigen wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen und auch in humanitären Fragen hilfreich zu sein. Vor kurzem war ja auch der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk bei uns. So können wir diesen Austausch sehr intensiv fortsetzen.

Ich glaube, es ist gut, dass wir uns treffen; denn auf der Grundlage der Minsker Abmachungen vom Februar müssen wir feststellen, dass wir noch nicht da sind, wo wir hin wollen. Wir haben noch keine vollständige Waffenruhe; insbesondere in Schyrokyne und auch am Donezker Flughafen gibt es immer wieder verletzte und auch tote Soldaten zu beklagen. Ich will insgesamt der OSZE für ihre Arbeit danken, insbesondere auch Herrn Hug, der hier sehr intensiv arbeitet. Allerdings müssen wir es schaffen, auch an diesen beiden Stellen den Waffenstillstand hinzubekommen. Das wird gleich ein Thema unserer Gespräche sein.

Ein Zweites ist, dass wir vier Arbeitsgruppen eingesetzt haben. Diese Arbeitsgruppen sollen die politischen Punkte der Minsker Abmachungen Schritt für Schritt umsetzen. Es ist ganz wichtig, dass diese Arbeitsgruppen jetzt nicht nur eingesetzt sind, sondern auch zum Arbeiten kommen. Es bleiben die Themen, die für die Ukraine aus verständlichen Gründen von großer Wichtigkeit sind, nämlich der Austausch von Gefangenen, der auch noch nicht das Niveau erreicht hat, das wir uns vorgestellt haben und das eigentlich verabredet worden ist.

Für mich gilt: Die Minsker Abmachungen sind die Plattform, auf der wir agieren müssen. Deutschland wird versuchen, hier gemeinsam mit Frankreich alles zu tun. Ich habe natürlich auch am Sonntag mit Präsident Putin über die Minsker Abmachungen gesprochen. Wir wollen die Dinge auch im sogenannten Normandie-Format weiter vorantreiben. Es ist mühselig, es ist mühsam, aber die Ukraine hat alle Unterstützung auf einem wirtschaftlich erfolgreichen Weg und auf einem Weg zum Frieden verdient, und Deutschland wird diese Unterstützung fortsetzen.

Herzlich willkommen, Petro!

Präs. Poroschenko: Sehr verehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr verehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei dem großen Freund und auch verlässlichen Partner der Ukraine und bei Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel für die stetige Unterstützung, die wir in der Ukraine von Deutschland in dieser nicht leichten Zeit erhalten, sehr bedanken. Die Hand der Unterstützung aus Deutschland ist für die Ukraine sehr bedeutend. Das gilt sowohl für die konkreten Schritte bei der humanitären Hilfe, die die deutsche Regierung uns gibt, als auch für die Unterstützung zur Wiederherstellung der Infrastruktur in Donbas und auch zur Überwindung der wirtschaftlichen Krise, die durch den Krieg zustande kam. Deutschland ist nicht nur ein verlässlicher Partner in den bilateralen Beziehungen, sondern auch ein Leader in der Europäischen Union, die der Ukraine gegenüber Solidarität zeigt. Auch dafür möchte ich der Frau Bundeskanzlerin danken.

Eine entscheidende Rolle zur Unterstützung der Ukraine auf dem europäischen Weg spielt auch das Assoziierungsabkommen, das ich am 27. Juni letzten Jahres unterschrieben hatte. Dieses Abkommen wurde inzwischen durch den Bundestag und den Bundesrat ratifiziert, und es ist am heutigen Tage bereit zur weiteren Ratifizierung. Das Tempo bei der Ratifizierung des Assoziierungsabkommen - 18 Staaten haben es bereits ratifiziert - bezeugt noch einmal die Unterstützung, die man der Ukraine in der Europäischen Union entgegenbringt.

Ich möchte auch unterstreichen, dass die Rolle von Deutschland und der Frau Bundeskanzlerin bei der Ausarbeitung und der Zeichnung des Minsker Abkommens vor drei Monaten wirklich einmalig war. 18 Stunden lang haben wir in diesen wirklich komplizierten Verhandlungen verbracht und haben ein Abkommen formuliert, das heutzutage unter "Minsk II" bekannt ist. Die Ukraine möchte sämtliche 13 Punkte der Minsker Abkommen erfüllen. Wir möchten natürlich die Waffenruhe erreichen und möchten auch die Militärkräfte zurückziehen. Auch die Arbeitsgruppen sollen nun tätig werden. In der letzten Woche hat es eine Sitzung gegeben, und die besten Fachleute sind nun Teilnehmer dieser Arbeitsgruppen. Sowohl die Fragen der Sicherheit als auch die politischen Fragen, die wirtschaftlichen Fragen und die humanitären sind in der Arbeit dieser Arbeitsgruppen sehr wichtig.

Leider müssen wir auch konstatieren, dass es derzeit keinen Waffenstillstand gibt. Die Ukraine verliert mit jedem Tag seine besten Söhne. Auch die Freilassung der Gefangenen können wir noch nicht bestätigen - derzeit befinden sich über 30 Ukrainer in der Russischen Föderation in Gefangenschaft. Wir möchten betonen: Die Minsker Abkommen müssen ausgeführt werden und unsere Bürger müssen freigelassen werden. Das schließt auch Nadija Sawtschenko ein, die Abgeordnete der Ukraine und Delegierte der Parlamentarischen Versammlung des Europarats.

Wir möchten auch betonen, dass die Artillerie und die schweren Waffen abgezogen werden müssen. Wir hatten dazu ein Telefonat im Normandie-Format durchgeführt. Wir haben auch entsprechende Pflichten und auch die Garantien aufgelistet. In Schyrokyne, am Donezker Flughafen und den anderen Bereichen, in denen derzeit noch Gefechte stattfinden, müssen die OSZE-Beobachter postiert werden und die entsprechenden Bereiche müssen demilitarisiert werden. Leider sehen wir in dieser Richtung noch keinen Fortschritt.

Ich möchte auch die Aussage von Herrn Hug von der OSZE unterstützen, der betont hat: Alle politischen und alle wirtschaftlichen Prozesse, die einer Lösung bedürfen, müssen dann beginnen, wenn wir einen Waffenstillstand erreicht haben, die schwere Artillerie abgezogen ist, die Inspektoren der OSZE die Möglichkeit haben, sämtliche Militärstützpunkte zu überprüfen, und auch eine Kontrolle an der Grenze zu Russland stattfinden kann, damit die Kämpfer keine Waffen und auch keine militärische Unterstützung aus der Russischen Föderation bekommen.

Die heutigen Gespräche mit der Frau Bundeskanzlerin werden sich auch dem Minsker Prozess widmen. Wir hoffen sehr, dass wir in diesem Prozess Fortschritte machen können. Wir werden auch über die Ergebnisse des Besuchs der Frau Bundeskanzlerin in Moskau sprechen. Wir sind überzeugt, dass es keine Alternative zum Minsker Abkommen gibt. Ich als Präsident der Ukraine betone, dass es friedliche Prozesse und eine friedliche Regulierung der Aggressionen im Osten der Ukraine geben muss.

Mittwoch, 13. Mai 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 13. Mai 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/05/2015-05-13-merkel-poroschenko.html;jsessionid=078497DA9DE32E38DD0A01FDFC79B476.s1t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Mai 2015

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