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PRESSEKONFERENZ/992: Regierungspressekonferenz vom 20. Mai 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 20. Mai 2015
Regierungspressekonferenz vom 20. Mai 2015

Themen: Kabinettssitzung (Konzept zur IT-Konsolidierung des Bundes, Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2015, Reise des Bundesaußenministers in den Libanon und nach Jordanien), Fracking, nachrichtendienstliche Aktivitäten in Deutschland, EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Anwendung des deutschen Mindestlohngesetzes im Verkehrssektor, finanzielle Lage Griechenlands, Hackerangriff auf den Bundestag, Streik der GDL, Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, Äußerungen des Bundesinnenministers anlässlich des 14. Deutschen IT-Sicherheitskongresses, bevorstehender Besuch des ägyptischen Präsidenten in Berlin, Kohleabgabe, Berliner Mietspiegel, mögliche Entschädigung für noch lebende sowjetische Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges, Verhandlungen über iranisches Nuklearprogramm

Sprecher: StS Seibert, Haufe (BMUB), Dimroth (BMI), Schäfer (AA), Daldrup (BMAS), von Tiesenhausen-Cave (BMF), Strater (BMVI), Malachowski (BMJV)


Vors. Szent-Ivanyi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Das Kabinett hat sich zunächst mit seiner eigenen Informationstechnik, also der Informationstechnik der Bundesregierung, befasst. Es geht darum, diese Informationstechnik flexibel und zukunftssicher aufzustellen. Deswegen hatte das Kabinett ein Grobkonzept zur IT-Konsolidierung des Bundes beschlossen, das der Bundesinnenminister vorgelegt hat. Es geht darum, dass uns klar ist: Unsere Sicherheit und unsere Handlungsfähigkeit als Bundesregierung hängen davon ab, dass die staatliche IT mit höchster Kompetenz weiterentwickelt wird und dass sie auch in Zukunft qualitativ hochwertig und sicher betrieben wird. Wir haben eine gewachsene und daher auch zersplitterte Informationstechniklandschaft des Bundes, die diesen Anforderungen auf Dauer nicht gewachsen sein wird. Deshalb ging es also heute um das Grobkonzept zur IT-Konsolidierung des Bundes.

Ich will nur wenige Stichpunkte nennen: Es wird darum gehen, dass der IT-Betrieb in wenigen Rechenzentren konzentriert wird, dass die IT-Anwendungen harmonisiert und auch gemeinsam entwickelt werden und dass die IT-Beschaffung in wenigen Stellen der Bundesverwaltung gebündelt wird. Das ist ein großes Vorhaben, das uns über die nächsten Jahre hinweg beschäftigen wird.

Anschließend hat der Bundeslandwirtschafts- und -ernährungsminister dem Kabinett seinen einmal in der Legislaturperiode vorzulegenden Bericht zur Agrarpolitik vorgelegt. Er hat ihn ja hier gerade auch den interessierten Journalisten erklärt und dargelegt.

Ich will für die, die jetzt erst hinzugekommen sind, nur ganz kurz wesentliche Punkte nennen. Die letzten vier Jahre machen deutlich, und das macht auch dieser Bericht deutlich: Die deutsche Landwirtschaft ist leistungsfähig. Es sind etwa 4,6 Millionen Menschen, die sozusagen rund um unsere Lebensmittel beschäftigt sind, wobei die Einkommensentwicklung der deutschen Landwirte in diesem Berichtszeitraum der letzten vier Jahre günstiger als im EU-Durchschnitt verlaufen ist. Insgesamt ist das eine Bruttowertschöpfung der Land- und der Ernährungswirtschaft von mehr als 160 Milliarden Euro; das sind fast 6,5 Prozent der Wertschöpfung aller Wirtschaftsbetriebe hier in Deutschland. Das langfristige Wachstum der Agrarexporte hat sich fortgesetzt. Die Landwirtschaft erlöst jeden vierten Euro im Export; in der Ernährungswirtschaft ist es sogar jeder dritte Euro. Deutschland ist, was vielleicht nicht so viele wissen, nach den USA und den Niederlanden der weltweit drittgrößte Agrarexporteur.

Die Bundesregierung wird sich auch in Zukunft für den Erhalt und die Weiterentwicklung einer wirtschaftlich tragfähigen, nachhaltigen und vielseitigen Landwirtschaft einsetzen. Wir vermitteln zwischen den Anforderungen der Verbraucher, den Erfordernissen des Umwelt- und des Naturschutzes und natürlich den Belangen der Landwirtschaft. Schwerpunkte für die kommenden Jahre, wie der Bericht sie aufzählt, sind die Entwicklung der ländlichen Räume, in denen immerhin rund die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands leben, außerdem, die neuen Regelungen zur Reform der gemeinsamen Agrarpolitik auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen und sie gegebenenfalls zu verbessern und weiterzuentwickeln, die Haltungsbedingungen für Nutztiere weiter zu verbessern, die Pflanzenerzeugung und den Pflanzenschutz nachhaltig zu stärken, den Hochwasserschutz auszubauen, den Herausforderungen auf den Bodenmärkten zu begegnen und mit Forschung und Innovation die Grundlagen dafür zu schaffen, dass nachwachsende Ressourcen, also Bioökonomie, noch vielfältige r als bisher genutzt werden, wobei klar ist, dass die Ernährungssicherung dabei stets und immer Vorrang vor der Erzeugung von Rohstoffen für die Industrie oder für die Energie hat. - So weit die kurzen Ausführungen zum Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung 2015.

Anschließend - das wollte ich doch noch erwähnen - hat der Bundesaußenminister seine Kollegen und Kolleginnen im Kabinett von seiner zurückliegenden Reise in den Libanon und nach Jordanien berichtet, also zwei Länder, die ganz besonders stark von Krieg und Krisen in Syrien und im Irak betroffen sind und die durch den Flüchtlingszustrom in ihre Länder enorme Herausforderungen zu schultern haben. Eines, was man dazu sagen kann und was der Minister hinsichtlich dieser Reise auch positiv hervorheben konnte, ist: Deutschland hat diesen beiden Ländern in den letzten drei Jahren rund 1 Milliarde Euro für die Betreuung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Wir unterstützen sehr viele Projekte, vor allem im Bereich der Bildung und Schulbildung für Flüchtlingskinder. 60 Prozent der Flüchtlingskinder, die im Aufnahmeland eine Schule besuchen können, tun dies, weil deutsche Finanzierung das möglich gemacht hat. - So weit noch ganz kurz zum Bericht des Bundesaußenministers.

Frage: Herr Seibert, ich habe eine Frage oder auch zwei Fragen zu einem anderen Thema aus dem Kabinett, das Sie jetzt nicht erwähnt haben, nämlich zum Fracking. Ist das gestattet?

StS Seibert: Gestattet ist das auf jeden Fall.

Zusatzfrage: Soweit ich weiß, hat das Kabinett die Gegenäußerung zum Beschluss des Bundesrates, der sich ja vor zwei Wochen kritisch mit dem Fracking-Gesetzentwurf der Regierung auseinandergesetzt hat, beschlossen. Ist es richtig, dass die Bundesregierung diesen Bundesratsbeschluss im Wesentlichen zurückgewiesen hat?

StS Seibert: Da das in der Zuständigkeit des Bundesumweltministeriums liegt, wäre es schön, wenn sich der Kollege aus dem Bundesumweltministerium vielleicht dazu äußern könnte. Ich suche gerade noch einmal die Unterlagen, denn das gehörte nicht zu den Tagesordnungspunkten, die vom Kabinett diskutiert wurden.

Haufe: Ja, ich kann dazu Stellung nehmen. Die Gegenäußerung ist in den meisten Punkten von der Bundesregierung abgelehnt worden, aber nicht in allen Punkten. Das betrifft zum Beispiel die Definition von Einzugsgebieten um Seen und Talsperren. Hierzu hat der Bundesrat einen neuen Vorschlag gemacht, dem wir auch zustimmen. Das Weitere betrifft die Länderöffnungsklausel. Die Länder möchten, dass nicht nur in Gebieten, in denen Steinkohlebergbau stattfindet, sondern auch in anderen Gebieten, in denen Bergbau stattfindet, also generell, Fracking als nicht zulässig eingestuft wird. Auch dieser Forderung beziehungsweise diesem Vorschlag des Bundesrats stimmen wir zu.

Es ist so, dass es noch weitere Vorstellungen des Bundesrats gibt, die wir derzeit noch prüfen. Es ist also quasi noch nicht jeder Punkt komplett von uns durchdekliniert worden. Aber hinsichtlich der meisten Punkte stimmen wir dem Bundesrat nicht zu. Generell möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass das Bundesumweltministerium der Auffassung ist, dass das Gesetz, das wir vorgelegt und eingebracht haben, nicht zustimmungspflichtig ist, was den Bundesrat angeht.

Zusatzfrage: Wasservorranggebiete will der Bundesrat auch ausschließen. Haben Sie dazu etwas beschlossen?

Haufe: Dazu, was die Wasservorranggebiete betrifft, kann ich Ihnen im Moment keine weitere Auskunft geben, weil genau dafür eben noch unterschiedliche Definitionen vorliegen. Das ist auch ein Punkt, der noch geprüft wird.

Frage: Sie haben jetzt nur aufgelistet, wo zugestimmt wird. Können Sie denn die drei wichtigsten Punkte benennen, denen die Bundesregierung nicht zustimmt?

Haufe: Die drei wichtigsten Punkte wollen Sie wissen. Es geht zum Beispiel um die 3.000-Meter-Grenze. Die 3.000-Meter-Grenze wurde gesetzt, um rechtssicher zwischen konventionellem und unkonventionellem Fracking zu differenzieren. Der Bundesrat wollte, dass sie fällt. Dem stimmen wir nicht zu, wobei wir natürlich auch durchaus sehen, dass die Definition von konventionellem und unkonventionellem Fracking auch durchaus ihre Schwäche hat. Aber die 3.000-Meter-Grenze behalten wir bei. Das ist weiterhin so in unserem Gesetzentwurf vorgesehen.

Des Weiteren ist einer der herausragenden Punkte - lassen Sie mich ganz kurz schauen, wenn Sie die drei wichtigsten wissen wollen- - -

Vors. Szent-Ivanyi: Wir können auch so verfahren, dass Sie das nachliefern.

Haufe: Genau, ich kann das auch noch nachliefern. Es sind sehr, sehr viele Punkte. Ich würde das nachher noch einmal kurz nachliefern.

Frage: Herr Seibert, hat Herr Altmaier oder hat ein anderes gewichtiges Kabinettsmitglied denn etwas zum aktuellen Debattenstand der NSA/BND-Affäre erklärt? Gab es in dem traditionellen Vorgespräch zwischen dem Vizekanzler und der Kanzlerin keine Verständigung über einen Geheimdienstkontrollbeauftragten?

StS Seibert: Teil 1 Ihrer Frage kann ich mit Nein beantworten.

Zusatzfrage: Das war kein Thema?

StS Seibert: Teil 1 Ihrer Frage kann ich mit Nein beantworten.

Zu Teil 2 Ihrer Frage: Das Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem Wirtschaftsminister ist - traditionell, wie Sie sagten - vertraulich. Darüber kann ich keine Auskunft geben. Ich kann Ihnen aber grundsätzlich zu diesem ganzen Sachverhalt sagen, dass es keinen neuen Sachstand gibt. Wie ich hier am Montag genau vorgetragen habe, dauert das Konsultationsverfahren noch an. Sobald es Entwicklungen in diesem Zusammenhang geben wird, werden zum schnellstmöglichen Zeitpunkt dann auch die parlamentarischen Gremien darüber unterrichtet werden. An der Diskussion über einen möglichen Ausgang dieses Verfahrens oder dieser Entscheidung werde ich mich nicht beteiligen.

Frage : Herr Seibert, heute Morgen hat sich die SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Lambrecht dahin gehend geäußert, dass es jetzt Zeit sei, dass die Bundesregierung einen Vorschlag zum Umgang mit der Offenlegung auf den Tisch lege. Würden Sie dem widersprechen? Gestern hat zum Beispiel auch Fraktionschef Oppermann den Eindruck erweckt, dass durchaus eine zeitlich nahe liegende Lösung möglich sei. War er da falsch informiert?

StS Seibert: Ich kann ja hier nicht für Abgeordnete des Deutschen Bundestags oder die SPD-Fraktionsspitze im Deutschen Bundestag sprechen. Ich möchte das auch nicht kommentieren. Für die Bundesregierung kann ich das sagen, was ich gesagt habe: Das Konsultationsverfahren dauert an.

Zusatzfrage : Würden Sie also auch nicht sagen "Es ist jetzt Zeit, der SPD eine konkrete Initiative vonseiten der Bundesregierung zu präsentieren"?

StS Seibert: Das würde ich nicht.

Zusatzfrage : Würden Sie diese Aufforderung zurückweisen?

StS Seibert: Das Konsultationsverfahren dauert an. Sie wissen: Wir sind dazu per Abkommen verpflichtet. Sobald das zu seinem Ende gekommen sein wird, wird auf deutscher Seite eine Entscheidung zu treffen sein. Sobald es Entwicklungen in diesem Zusammenhang geben wird, werden die parlamentarischen Gremien - darum geht es - natürlich unterrichtet werden.

Zusatzfrage : Rechnen Sie noch vor Pfingsten mit einer Antwort der Amerikaner?

StS Seibert: Ich habe hier schon am Montag keine Zeitvorstellungen äußern können, und das kann ich auch heute nicht tun.

Frage: Herr Seibert, ist denn absehbar, ob und wann Herr de Maizière nach bestem Wissen und Gewissen dem NSA-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen wird? Es war ja für diese Woche Freitag beantragt worden, eine entsprechende Sitzung durchzuführen.

StS Seibert: Vielleicht kann Ihnen der Kollege aus dem Innenministerium helfen.

Dimroth: Diese Frage, ob und wann der Bundesminister des Inneren als Zeuge geladen wird, müssten Sie zunächst einmal an das zuständige Gremium stellen, und zwar den NSA-Untersuchungsausschuss. Das ist ein laufender Prozess. Nach meinem Kenntnisstand wird es diese Woche nicht zu diesem Termin kommen. Aber noch einmal: Herr des Verfahrens ist in diesem Fall eindeutig der Untersuchungsausschuss. Der Bundesminister des Inneren wird einer entsprechenden Einladung Folge leisten und selbstverständlich die Gelegenheit nutzen, seine Sicht der Dinge noch einmal darzustellen. Aber einen konkreten Termin kann ich Ihnen nicht ankündigen. Das könnte auch tatsächlich nur der Untersuchungsausschuss tun.

Frage : Herr Seibert, Sie haben uns ja dargelegt, dass Sie nicht verpflichtet sind, wenn eine Antwort der Amerikaner auf die Anfrage zur Herausgabe der Selektoren-Liste kommen sollte, dem nachzukommen; Sie haben am Ende die Hoheit. Sind Sie denn verpflichtet, auf die Antwort zu warten? Müssen Sie also so lange warten, bis eine Antwort kommt, oder können Sie irgendwann sagen "Hier ist eine Deadline, und bis dahin habt ihr Zeit; ansonsten werden wir das Ding veröffentlichen"?

StS Seibert: Das Konsultationsverfahren dauert an. Die Bundesregierung wird dieses Konsultationsverfahren zusammen mit den amerikanischen Partnern zum Ende führen, und dann wird zum rechten Zeitpunkt eine Entscheidung getroffen werden.

Zusatzfrage : Die Frage war: Müssen Sie warten, bis es eine Antwort gibt? Es kann ja auch sein, dass die Amerikaner sagen "Wir geben einfach nie eine Antwort". Dann würde das Konsultationsverfahren ja nie enden.

StS Seibert: Wir befinden uns aber im Konsultationsverfahren, und das dauert an. Wir werden es bis zum Ende führen, um dann wird die Entscheidung auf deutscher Seite zu treffen sein.

Frage: Einmal unabhängig davon, ob darüber heute vertraulich gesprochen wurde: Wie weit sind denn die Pläne der Bundesregierung gediehen, einen solchen Ermittlungsbeauftragten oder Sonderbeauftragten einzurichten, der dann stellvertretend für das Parlament diese Listen einsehen kann? Ist das eine Idee, die die Bundesregierung verfolgt? Wie könnte das aussehen? Wann könnte das passieren?

StS Seibert: Ich bitte um Ihr Verständnis dafür, dass ich noch einmal sagen muss, dass ich mich an der Diskussion über einen möglichen Ausgang der Entscheidungen nach Ablauf oder Durchführung des Konsultationsverfahrens nicht beteiligen werde.

Zusatz: Das ist ja kein Teil des Konsultationsverfahrens mit den Amerikanern. Das ist ja eine reine Verfahrensfrage zwischen der Bundesregierung und dem Parlament.

StS Seibert: Das, was sich aus dem Konsultationsverfahren ergeben wird und was dann die deutsche Entscheidung sein wird, wird den parlamentarischen Gremien zum richtigen Zeitpunkt mitgeteilt werden. An Spekulationen darüber, wie das aussehen könnte oder welche Form das annehmen könnte, werde ich mich hier nicht beteiligen.

Frage: Herr Seibert, gibt es eine Vereinbarung innerhalb des Kabinetts, also eine, die die Kabinettspartner beinhaltet, wonach man erst die endgültige Antwort aus den USA abwartet, ehe man sich in der Frage des eigenen Umgangs mit den Fakten eine Meinung bildet?

StS Seibert: Ich verweise noch einmal auf das, was ich neulich gesagt habe: Die Bundeskanzlerin wird den geeigneten Weg für eine auch in der Form angemessene Entscheidung der Bundesregierung finden. Im Kabinett war das heute kein Thema.

Zusatzfrage: Bestimmt die Bundeskanzlerin also den Gang des Verfahrens?

StS Seibert: Sie findet den geeigneten Weg für eine auch in der Form angemessene Entscheidung der Bundesregierung.

Zusatzfrage: Genau, und deswegen stelle ich noch einmal meine Frage. Die Bundeskanzlerin bestimmt den Gang des Verfahrens, wenn sie es ist, die den geeigneten Weg findet. Verstehe ich Sie damit richtig?

StS Seibert: Ich glaube, der Satz, den ich gesagt habe, ist ganz klar.

Zusatzfrage: Habe ich Sie mit meiner Schlussfolgerung, dass die Bundeskanzlerin den Gang des Verfahrens bestimmt, richtig verstanden?

StS Seibert: Für Ihre Schlussfolgerungen übernehme ich nie irgendwelche Gewähr. Ich sage Ihnen: Die Bundeskanzlerin - - -

Zusatz: Deswegen frage ich ja auch nach und bitte Sie hier um Interpretation!

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin wird den geeigneten Weg für eine auch in der Form angemessene Entscheidung der Bundesregierung finden.

Frage : Herr Seibert, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dauert das Konsultationsverfahren ja noch an. Gleichzeitig fragt die Bundesregierung offensichtlich schon nach geeigneten Persönlichkeiten für dieses Amt des Sonderermittlers, des Beauftragten. Das sind ja offensichtlich zwei parallel verlaufende Verfahren. Wie ist das zu erklären? Wenn Sie uns einerseits sagen, wenn ich Sie da richtig verstanden habe, das Konsultationsverfahren dauere an, und wenn andererseits die Regierung aber eben schon nach einem Sonderermittler sucht und potenzielle Kandidaten fragt, wie passt das zusammen?

StS Seibert: Was Ihnen da offensichtlich ist, ist mir nicht offensichtlich. Das Konsultationsverfahren dauert an, und ich werde mich, wie ich jetzt mehrfach gesagt habe, nicht an Spekulationen darüber beteiligen, wie das ausgehen könnte und mit welcher Entscheidung der Bundesregierung sich die Bundesregierung dann an die parlamentarischen Gremien wenden kann. Alles, was damit zu tun hat, werde ich auch nicht kommentieren.

Zusatzfrage : Heißt das, dass Berichte darüber, dass nach einem Sonderermittler gesucht wird beziehungsweise dass geeignete Kandidaten gefragt werden, falsch sind?

StS Seibert: Ich weiß nicht, wer da sucht und wer fragt. Es ist ganz grundsätzlich vieles, was man in der Zeitung liest, stimmig und lehrreich, aber nicht alles.

Zusatzfrage : Die Frage war jetzt nur noch, weil Sie sagten, dass Sie nicht wissen, wer da sucht und wer da fragt: Kann es sein, dass Sie nicht wissen, wer da sucht und wer da fragt? Diese Frage geht jetzt sozusagen an den Regierungssprecher: Sind Sie über diese Vorgänge nicht informiert?

StS Seibert: Was ich weiß, ist, dass die Bundesregierung oder das Bundeskanzleramt das Konsultationsverfahren mit den USA durchführt. Darauf konzentrieren wir uns. Daraus werden in Abwägung der Argumente, wie wir sie hier ja auch schon mehrfach aufgeführt haben, Schlüsse zu ziehen sein, und darüber werden dann rechtzeitig das Parlamentarische Kontrollgremium und natürlich auch der Untersuchungsausschuss informiert. Das ist es, worauf sich die Bundesregierung derzeit konzentriert.

Frage : Herr Schäfer, vielleicht können Sie helfen, weil Herr Seibert die Frage nicht beantworten muss. Sie als Auswärtiges Amt haben die völkerrechtlichen und diplomatischen Implikationen ja geprüft. Muss die Bundesregierung auf ein Ende des Konsultationsverfahrens warten oder nicht?

Schäfer: Das, was ich dazu zu sagen habe, habe ich vorgestern gesagt. Das können Sie im Protokoll nachlesen.

Zusatzfrage : Da haben Sie diese Frage nicht beantwortet, sonst würde ich ja nicht fragen.

Schäfer: Dann kann ich sie nicht beantworten.

Frage : Bleiben wir gleich bei Herrn Schäfer. Hat der Außenminister schon ein Gespräch mit der Kanzlerin geführt im Zusammenhang mit dem Umgang mit den NSA-Spählisten?

Schäfer: Das ist mir nicht bekannt. Aber die Bundeskanzlerin und der Außenminister pflegen einen engen Austausch, den sie nicht in jedem Fall mit dem Sprecher des Auswärtigen Amtes abstimmen oder nachher Bericht erstatten.

Insofern: Mir ist das nicht bekannt. Ansonsten gilt hier die generelle Regel, dass wir über diese Art von Gesprächen grundsätzlich nicht berichten.

Frage: Herr Seibert, alles scheint ja an diesem Konsultationsverfahren zu hängen. Können Sie denn etwas über Art und Weise sagen? Telefoniert man da? Trifft man sich physisch? Werden Briefe ausgetauscht? Wie funktioniert das?

StS Seibert: Das funktioniert so, dass man kommuniziert. Diese Kommunikation kann unterschiedliche Formen annehmen, über die ich hier im Einzelnen nicht berichte. Aber das ist natürlich eine Mischung aus mündlich und schriftlich.

Frage : Aber wer kommuniziert da, Herr Altmaier oder Frau Merkel einmal persönlich?

StS Seibert: Genau an dieser Stelle waren wir neulich schon. Ich habe gesagt, dass ich zum genauen Ablauf dieses Konsultationsverfahrens hier nicht weiter ausführen werde.

Frage: Eine Frage an das Arbeitsministerium: Die Europäische Kommission hat gestern ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Es geht um die Mindestlohnregelung. Ich wollte fragen: Wie wollen Sie jetzt agieren, und wie bewerten Sie die Tatsache, dass ein Verfahren eingeleitet worden ist?

Daldrup: Ja, das ist richtig. Die Kommission hat gestern ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Anwendung des Mindestlohngesetzes auf bestimmte Fälle des internationalen Straßenverkehrs eingeleitet. Zugleich hat die Kommission aber auch noch einmal ausdrücklich in ihrer Presseerklärung deutlich gemacht, dass sie die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ausdrücklich begrüßt. Aus dem Schreiben der Kommission erfährt die Bundesregierung erstmals konkret, welche Regelungen des Mindestlohngesetzes die Kommission in welchen Fallkonstellationen und in welchem Umfang für unvereinbar mit dem Recht der Europäischen Union hält. Die Bundesregierung wird jetzt dieses Schreiben auswerten und danach über das weitere Vorgehen entscheiden.

Die Kommission hat für die Beantwortung eine Frist von zwei Monaten gesetzt. Diese Zeit werden wir auch brauchen, da hier die Komplexität der anstehenden Fragen und gerade die zahlreichen Besonderheiten des Verkehrsrechts berücksichtigt werden müssen.

Zu dem weiteren Verfahren kann ich Ihnen darüber hinaus erst einmal nichts weiter sagen. Das ist vertraulich. Aber wir werden uns jetzt zügig und sorgfältig mit diesem Schreiben auseinandersetzen.

Zusatzfrage: In einer Meldung von gestern schreibt die Europäische Kommission: Nach Ansicht der Kommission lassen sich im Besonderen die Anwendung der deutschen Vorschriften auf den Transitverkehr und auf bestimmte grenzüberschreitende Beförderungsleistungen nicht rechtfertigen. - Welche sind die bestimmten Beförderungsleistungen? Wissen Sie das oder dürfen Sie das sagen?

Daldrup: Ich kann Ihnen zumindest sagen, dass diesem Verfahren ein Pilotverfahren vorangegangen ist und wir bereits mit Einsetzung oder Öffnung dieses Pilotverfahrens die Kontrollen durch die staatlichen Behörden begrenzt auf den reinen Bereich des Transitverkehrs ausgesetzt haben. Diese Aussetzung gilt nur für diesen Transitbereich und nicht für den Bereich der sogenannten Kabotagebeförderung und auch nicht für den grenzüberschreitenden Straßenverkehr mit Be- und Entladung in Deutschland. Also wir haben da bereits im Vorfeld reagiert. Das ist sozusagen eine Interimslösung. Sie gilt, bis wir auf europäischer Ebene die Fragen in diesem Zusammenhang geklärt haben.

Zusatzfrage: Könnte man das so verstehen, dass Deutschland akzeptieren wird, dass im Transitverkehr Mindestlohnregelungen nicht angewendet werden sollten und sie in anderen Bereichen doch zulässig sind?

Daldrup: Das kann ich Ihnen hier noch nicht bewerten.

Zusatzfrage: Die Äußerung von Frau Ministerin Nahles im Januar, dass die Mindestlohnregelung doch mit dem EU-Recht konform ist, ist immer noch aktuell?

Daldrup: Die Äußerung ist natürlich immer noch aktuell. Wie gesagt, wir haben jetzt erstmals konkret die Kritik der Europäischen Kommission erfahren und werden uns damit auseinandersetzen. Das ist aber noch in einem Stadium, in dem ich Ihnen inhaltlich nicht mehr sagen kann.

Frage : Eine Frage an Herrn Seibert: Die Bundeskanzlerin hat gestern beim gemeinsamen Presseinterview mit Herrn Hollande zu Griechenland gesagt, dass sie den griechischen Premierminister in Riga treffen wird. Wie weit sind die Planungen bis jetzt? Werden Frau Merkel und Herr Hollande zusammen Herrn Tsipras treffen? Oder wird jeder einzeln mit ihm sprechen? Wie sieht es aus?

Eine Frage zu dem Inhalt der Gespräche: Die Bundeskanzlerin hat gesagt, die Abmachung von Februar heißt, dass bis Ende Mai ein Programm stehen soll. Das ist auch notwendig, weil die Verlängerung Ende Juni ausläuft. Was ist mit diesem Programm bis Ende Mai genau gemeint? Soll das ein neues Programm sein? Ist das der Abschluss des bestehenden Programms? Denn bis jetzt haben wir nur vom Abschluss des bestehenden Programms gehört.

StS Seibert: Die Kanzlerin hat tatsächlich gestern bei der Pressekonferenz mit Präsident Hollande ihre Bereitschaft erklärt, in Riga am Rande des Gipfels zur Östlichen Partnerschaft mit Ministerpräsident Tsipras zusammenzutreffen. Diese Bereitschaft gibt es. Ich weiß jetzt nicht, ob schon ein Termin ausgemacht ist. Aber ich denke, wenn der Wille auch auf griechischer Seite da ist, werden die beiden einen Weg finden, sich zu treffen. Auch Präsident Hollande hatte dieses Interesse ja sehr klar benannt. Also gehen wir einmal davon aus, dass das auch irgendwie klappen wird.

Zweitens. Die Kanzlerin hat tatsächlich gesagt, dass die Abmachung vom 20. Februar in der Eurogruppe, die ja die Basis für so vieles ist, vorsieht, dass bis Ende Mai das griechische Reformprogramm mit den Institutionen, mit der Brüssel-Gruppe - früher hätte man mit der "Troika" gesagt -, so weit besprochen werden muss, dass das dann auch der Eurogruppe zur Entscheidung vorgelegt werden kann. Das ist in der Tat der geplante Ablauf, an den die Bundeskanzlerin gestern noch einmal erinnert hat.

Zusatzfrage : Wieso hat sie dann nichts von dem bestehenden Programm gesagt und einfach nur von einem Programm gesprochen?

StS Seibert: Es gab nie einen Zweifel, dass wir uns immer noch im zweiten Hilfsprogramm, im erfolgreichen Abschluss des zweiten Programms, bewegen. Von keinem anderen Programm war die Rede.

Frage: Herr Seibert, ist das ein Ultimatum in Richtung Athen?

Zweitens. Wie wichtig ist die geopolitische Lage Griechenlands für die Bundesregierung und die Nato?

StS Seibert: Die Bundesregierung stellt natürlich keine Ultimaten. Die Bundeskanzlerin hat an das erinnert, was alle Beteiligten miteinander in der Eurogruppe am 20. Februar beschlossen und schriftlich niedergelegt haben und was die Grundlage unserer Zusammenarbeit ist, um das zweite Hilfsprogramm zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Das ist wiederum die Voraussetzung für die Auszahlung der noch ausstehenden Tranchen. Daran hat die Bundeskanzlerin erinnert - nichts anderes.

Davon unabhängig hat Griechenland - wie jedes andere Nato-Mitgliedsland - natürlich eine strategische Bedeutung. Ich sehe jetzt nicht, welchen Zusammenhang das mit den derzeit laufenden Gesprächen mit den Institutionen hat.

Zusatzfrage: Frau Tiesenhausen, Herr Filis, ein Politiker aus der Syriza-Partei, droht mit Zahlungsverweigerung am 5. Juni. Haben Sie einen Kommentar?

von Tiesenhausen-Cave: Nein.

Frage : Frau von Tiesenhausen, der griechische Finanzminister Varoufakis wirft unserem Minister Schäuble vor, dass er seine politischen Gespräche lediglich auf die politische Macht Deutschlands beziehe und sich nicht auf Argumente einlasse. Ist das so?

Außerdem wirft Herr Varoufakis Herrn Schäuble Denkfehler vor. Macht Herr Schäuble tatsächlich einen Denkfehler?

von Tiesenhausen-Cave: Ich kenne dieses Interview nicht. Ganz grundsätzlich würde ich sagen, dass ich mich zu Äußerungen von Herrn Varoufakis in diesem Zusammenhang jetzt nicht äußern möchte. Ich glaube nicht, dass dem Denken und Handeln des Ministers Denkfehler zugrunde liegen.

Frage : Frau Tiesenhausen, können Sie uns etwas Grundsätzlicheres über die Zielsetzung der Gespräche sagen, die Griechenland momentan mit den Partnern führt? - Erstens.

Zweitens. Vorausgesetzt wird eine Einigung zwischen Griechenland und den Partnern. Wird diese Einigung dann in den Bundestag gebracht? Muss der Bundestag darüber abstimmen?

von Tiesenhausen-Cave: Ganz grundsätzlich - auch das ist hier ja schon vielfach referiert worden - ist die Zielsetzung der derzeit laufenden Gespräche, vor allem in Brüssel, der erfolgreiche Abschluss des zweiten Hilfsprogramms. Es geht - das ist hier auch schon mehrfach erklärt worden - darum, erst einmal ein Staff-Level Agreement zu bekommen.

Wenn Sie das alles nachlesen möchten, (verweise ich auf die Mitschriften der Regierungspressekonferenz). Ich habe Ihnen das, glaube ich, bereits von dieser Stelle gesagt. Die Verfahren, wie dann die weiteren Beteiligten in der Eurogruppe konsultiert werden, sind auch klar. Es wird zu einer Beteiligung des Bundestags kommen. Ja.

Zusatzfrage : Habe ich richtig verstanden? Die Einigung, die getroffen wird, wird dann ins Parlament gebracht?

von Tiesenhausen-Cave: Über die ganz exakten Modalitäten, ob es zu einer Befassung des Haushaltsausschusses kommt, (kann ich Ihnen noch nichts sagen). Das hängt auch von dem Inhalt ab. Aber die grundsätzlichen Schritte sind erklärt, nämlich Staff-Level Agreement und dann der übliche Fortgang über die Mitgliedsländer der Eurozone.

Vors. Szent-Ivanyi: Dann liefern wir jetzt das Thema Fracking nach.

Haufe: Danke dafür, dass Sie mir kurz Zeit gegeben haben, das zu überprüfen.

Der zentrale Punkt war bei der Vorlage des Bundesrates, dass generell das hydrologische Aufbrechen von Tiefengesteinen nicht mehr erlaubt werden sollte. Genau das ist der zentrale Punkt. Dem stimmen wir nicht zu - aus folgenden Gründen:

Erstens ist das hydrologische Aufbrechen - Fracking wird es genannt; es gibt auch verschiedene Formen des Frackings - auch dazu da, Geothermie, also Erdwärme, zu fördern. Wir würden damit also jede Form der Technologie ausschließen. Das macht aber keinen Sinn, weil das Verfahren zum Beispiel bei der Geothermie durchaus sicher ist und bei der Umweltverträglichkeit eher außer Frage steht.

Zweitens haben wir nicht das Interesse, eine Technologie zu verbieten, die noch gar nicht richtig erforscht ist. In welcher Weise das hydrologische "fracturing", das Fracking, im Kohle-, Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein wirklich umweltgefährlich ist, ist ja bisher noch gar nicht klar. Dafür müssen erst einmal Probebohrungen gemacht werden. Auch deshalb lehnen wir an dieser Stelle den Vorschlag des Bundesrates ab.

Das Dritte betrifft einen Punkt: Wenn das Fracking durchgeführt wird und es ein Problem gibt, zum Beispiel eine Verunreinigung des Grundwasser-Vorkommens, dann möchte der Bundesrat, dass jede weitere Arbeit ausgeschlossen ist. Auch dem stimmen wir nicht zu. Denn wenn jede weitere Arbeit ausgeschlossen ist, kann auch nicht eine Arbeit durchgeführt werden, die eben den möglichen Schaden verhindert. Die Formulierung, die der Bundesrat vorgeschlagen hat, ist deshalb aus unserer Sicht nicht rechtssicher. Es müssen weiter Arbeiten möglich sein, nämlich solche, die dann den Schaden für das Grundwasser abwenden.

Das sind aus meiner Sicht die drei zentralen Punkte.

Frage: Eine Frage an das Innenministerium: Gibt es einen neuen Erkenntnisstand über den Hackerangriff auf den Bundestag? Stimmt es zum Beispiel, was zu lesen ist, dass auch Rechner von Regierungsmitgliedern befallen gewesen sind? Wurden Administratoren, Passworte erbeutet? Muss das IT-System des Bundestages in großen Zügen neu aufgesetzt werden?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. All das müssten Sie allerdings die dafür zuständige Stelle, nämlich die Verwaltung des Deutschen Bundestages, fragen. Der Deutsche Bundestag ist als unabhängiges Verfassungsorgan nicht unter dem Dach des BSI-Gesetzes und damit auch nicht in der engen Betreuung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Somit ist er eigenständig für Fragen der IT-Sicherheit der dort betriebenen IT-Systeme verantwortlich. Insofern kann ich Ihnen zu all diesen Fragen leider keine Antwort geben, sondern kann allein auf das dafür zuständige Gremium oder die zuständige Institution, nämlich die Verwaltung des Deutschen Bundestages, verweisen.

Frage : Nur noch einmal zur Klarstellung: Das BSI ist dort doch offensichtlich seit Tagen vor Ort. Sie unterstehen jetzt sozusagen Ihrem Geschäftsbereich. Die Frage richtete sich ja auch danach, ob Regierungsmitglieder betroffen sind.

Also gibt es jetzt - das ist jetzt sozusagen der zweite Versuch - von Ihrer Seite oder von Seiten des BSI gar nichts zu sagen?

Dimroth: Die Frage, ob Regierungsmitglieder - wenn ich das aus der Zeitung richtig verstanden habe -, sozusagen in Form als Abgeordnete, soweit sie beide Hüte aufhaben, betroffen sind, ist ebenso wie die eben genannten Fragen an die zuständige Institution innerhalb des Bundes, nämlich an die Verwaltung des Deutschen Bundestages, zu richten.

Was Ihre eingangs gestellte Frage betrifft: Das ist richtig. Das BSI unterstützt. Das BSI ist auch gern bereit - sozusagen im Rahmen von Amtshilfe -, bei der Aufarbeitung des Vorgefallenen zu helfen und seine Expertise einzubringen. Das geschieht. Selbstverständlich geschieht das.

Die Schlüsse, die daraus zu ziehen sind - mögliche Veränderungsbedarfe und mögliche Rückschlüsse auf die präventiven IT-Sicherheitsvorkehrungen innerhalb des Deutschen Bundestages -, all das obliegt dann aber der verantwortlichen Bundestagsverwaltung. Das BSI ist sozusagen nur Hilfe leistend unterwegs, um bei der möglichst abschließenden und umfassenden Aufarbeitung dessen zu unterstützen, was geschehen ist, und wird diese Erkenntnisse dann der Bundestagsverwaltung zur Verfügung stellen, die dann dazu berufen ist, entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen oder auch nicht. Insofern obliegt es auch nicht mir, jetzt Zwischensachstände zu geben, sondern das BMI unterstützt die verantwortliche Bundestagsverwaltung, die auch berufen wäre, Ihre Fragen zu beantworten.

Frage : Herr Seibert, der "Focus" berichtete gestern, dass die Kanzlerin hinter den Kulissen versuche, Druck auf die Bahn zu machen, damit der Bahnstreik, der ja sehr viele Menschen interessiert, noch vor Pfingsten beendet wird. Ist das so?

Die zweite Frage dazu: Wie beurteilt denn die Kanzlerin als Privatperson den Bahnstreik über Pfingsten?

StS Seibert: Ich spreche ja hier für die Kanzlerin als Kanzlerin. Sie hat sich mehrfach geäußert, und zwar ganz klar in der Form, dass das Streikrecht in Deutschland ein verbrieftes Grundrecht ist, das unter die grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie fällt und ein hohes Gut ist. Unabhängig davon muss natürlich allen Beteiligten bei einem solchen Streik in einem so sensiblen Bereich wie dem Bahnverkehr zu einer solchen Zeit wie kurz vor und während der Pfingstferien ihre besondere Verantwortung bewusst sein.

Natürlich wissen alle Mitglieder der Bundesregierung, welche Belastung dieser Streik für viele Menschen, für Unternehmen, für die Wirtschaft mit sich bringt. Daher haben sie die Hoffnung, dass es bald möglich sein wird, zu einer Einigung zu kommen, und dass es bald eine Lösung geben wird. Die Kanzlerin hat gesagt: Der Weg einer Schlichtung wäre ein möglicher und gangbarer Weg, aber als Bundesregierung mischen wir uns da mit Blick auf die Tarifautonomie nicht ein.

Zusatzfrage : Herr Strater, ich habe eine Zusatzfrage an den Bund als Eigentümer der Bahn: Hat Herr Dobrindt heute oder gestern möglicherweise Gespräche mit Bahn-Vorständen geführt, um dort etwas zu beschleunigen?

Strater: Zu internen Gesprächen kann ich hier nichts sagen. Es gilt das, was der Minister gestern vor der Fraktionssitzung öffentlich zum Thema Streik geäußert hat, und das gilt auch heute noch, nämlich dass die Tarifautonomie, die hier auch Herr Seibert beschrieben hat, dazu verpflichtet, dass man die Bereitschaft zum Kompromiss hat, dass ein Schlichtungsverfahren unumgänglich ist und dass die Beteiligten ein großes Maß an Verantwortung tragen, der sie auch gerecht werden müssen. Es geht dem Minister vor allem um eine verantwortungsvolle Tarifpartnerschaft und am Ende um eine Lösung am Verhandlungstisch.

Frage : Herr Seibert, können Sie kurz erläutern, warum sich die Bundesregierung da nicht einmischt? Die Bundesregierung sitzt doch quasi mit am Tisch und ihr gehört die Bahn.

StS Seibert: Ich glaube, dazu hat der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums nun schon viele Male gesprochen; das müssen wir hier nicht wiederholen.

Die Tarifautonomie ist grundgesetzlich geschützt, auch vor einem Regierungseingriff. Deswegen muss es, wie ich es hier dargelegt habe, natürlich eine gewisse Zurückhaltung geben. Trotzdem hoffen wir, dass dieser Konflikt zwischen Bahn und GDL möglichst schnell beigelegt werden kann. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Frage : Herr Dimroth, in der SPD gibt es die Anregung, dass man das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung zeitlich befristet auflegt. Ist das für Ihr Haus eine Möglichkeit?

Dimroth: Federführend für dieses Dossier innerhalb der Bundesregierung ist - das nur sozusagen vor die Klammer gezogen - das BMJV, wie Sie wissen.

Es gibt einen zwischen BMJV und BMI abgestimmten Gesetzentwurf, der jetzt in der Ressortabstimmung ist und eine Befristung nicht vorsieht. Jetzt warten wir einmal die Ressortabstimmung ab. Weitere Fragen zu einem zusätzlichen Änderungsbedarf, zu einem möglichen dann folgenden parlamentarischen Verfahren, wo solche Dinge möglicherweise diskutiert werden, stellen sich heute nicht. Es gibt einen Gesetzentwurf, der zwischen BMI und BMJV abgestimmt ist, der jetzt in der Ressortabstimmung ist und hoffentlich zeitnah im Kabinett beschlossen wird. Alles Weitere ist Zukunftsmusik.

Zusatzfrage : Wenn ich Sie richtig verstanden habe, schließen Sie das aber auch nicht aus?

Dimroth: Ich schließe nicht aus, ich bestätige nicht. Ich habe den Sachstand geschildert. Für zukünftige Entwicklungen möchte ich jetzt sozusagen ungerne als Belastungszeuge zur Verfügung stehen. Es gibt einen Gesetzentwurf, der abgestimmt und nicht befristet ist. Alles Weitere bleibt abzuwarten.

Zusatzfrage : Eine Frage an Ihren Nachbarn. Fände Ihr Haus eine zeitliche Befristung toll?

Malachowski: Wie gesagt, wir sind gerade innerhalb der Bundesregierung in der Abstimmung. Das ist ein Vorschlag aus dem parlamentarischen Raum, den ich hier nicht kommentieren kann; tut mir leid.

Frage : Herr Dimroth, Ihr Minister hat sich gestern über die "digitale Sorglosigkeit" der Menschen beschwert. Warum traut sich der Innenminister eigentlich, von "digitaler Sorglosigkeit" in Bezug auf Dinge zu reden, die wir öffentlich posten, wenn er gerade jemand ist, der selbst die Dinge wissen will, die wir nicht öffentlich posten?

Dimroth: Den darin von Ihnen konstruierten Widerspruch sehe ich so nicht. Ich würde auch empfehlen, sich das, was er gesagt hat, noch einmal im Kontext anzusehen. Das hat sich jedenfalls meines Wissens nicht auf Dinge gerichtet, die Sie posten, sondern es ist allgemein schon lange ein Anliegen des Innenministers, darauf hinzuweisen, dass bei der Nutzung von IT-basierten Angeboten auch gewisse Gefahren schlummern und man sich insgesamt als Privatnutzer - nicht als Journalist - immer wieder fragen sollte: Welche Dinge stelle ich wie online und wie sichere ich sie? Welche Folgen hat es, wenn ich Dritten personenbezogene Daten zur Verfügung stelle?

All das ist gemeint, wenn der Innenminister von "digitaler Sorglosigkeit" spricht. Da kann ich den von Ihnen konstruierten Widerspruch nun fürwahr nicht erkennen.

Zusatzfrage : Er beklagt auch, dass die Menschen die zur Verfügung stehenden Schutzmittel, wie zum Beispiel die Verschlüsselung, ignorieren. Hört er sich eigentlich selbst zu, wenn er gleichzeitig davon spricht, dass der Staat entschlüsseln können muss?

Dimroth: Das haben wir ja auch schon mehrfach besprochen. Es gibt die sogenannten Krypto-Eckpunkte der Bundesregierung, an denen niemand - auch nicht der Bundesinnenminister - rütteln will. Auch wenn das von Ihnen in Ihren Fragen immer wieder insinuiert wird, wird es dadurch nicht richtiger. Insofern ist auch dieser Widerspruch nicht existent.

Zusatzfrage : Können Sie einmal erläutern, wann es für die Arbeit zum Schutz der Bevölkerung notwendig ist, verschlüsselte Kommunikation zu entschlüsseln?

Dimroth: Es ist immer dann erforderlich und angemessen, auf Telekommunikationsinhalte zuzugreifen, wenn die dafür vorgesehenen gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind. Das ist heute schon so, das war gestern schon so und das ist morgen genauso richtig. Es ist völlig unabhängig davon richtig, ob diese Kommunikation über das althergebrachte Festnetztelefon oder über Online- oder Handy-Kommunikation stattfindet. Daran ändert sich weder etwas für die Voraussetzungen, die gesetzlich festgelegt sind, noch für die Frage, wann das angemessen und erforderlich ist.

Frage : Eine Frage an das Auswärtige Amt zum Besuch des ägyptischen Staatspräsidenten in Berlin. Herr Lammert hat dem Staatspräsidenten abgesagt. Eingedenk der Tatsache, dass Herr Steinmeier Ägypten kürzlich bei seinem Besuch dort als einen der wichtigsten Partner in der arabischen Welt bezeichnet und gesagt hat, es gebe keine Alternative zum politischen Dialog, die Frage: Wie schädlich ist dieser Vorgang für den Dialog mit Ägypten und der arabischen Welt?

Schäfer: Die Entscheidung des Präsidenten des Deutschen Bundestages kommentiere ich von hier aus nicht; die steht für sich. Es wäre Ihre Aufgabe und nicht meine, sie zu kommentieren.

Ansonsten hat der Außenminister von dem, was er vorgestern, vor zwei Wochen in Kairo, zuvor und danach zu der wichtigen Rolle Ägyptens in der arabischen Welt und für die Bewältigung der Krisen in der arabischen Welt gesagt hat, nichts zurückzunehmen. Dessen ungeachtet - auch das hat er während seiner Reise und danach wiederholt und bekräftigt - gibt es in unserem Dialog, dem Dialog der Bundesregierung mit dem Präsidenten Ägyptens und seiner Regierung, eine ganze Reihe von Dossiers, bei denen wir nicht einer Meinung sind. Das wird vertraulich hinter den Kulissen besprochen, aber das erfolgt auch öffentlich.

Es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass der Außenminister sich für die Bundesregierung vor einigen Tagen von Jordanien aus kritisch zur Verhängung von Todesurteilen gegen den ehemaligen Staatspräsidenten Mohammed Mursi und mehr als 100 seiner Gefolgsleute der Muslimbrüder durch die ägyptische Justiz eingelassen hat. Es ist auch öffentlich bekannt, dass es zwischen Deutschland und Ägypten durchaus Meinungsverschiedenheiten beim Umgang mit den bürgerlichen Rechten, auch beim Umgang mit deutschen politischen Stiftungen gibt. Wir werden nicht müde, zu wiederholen, dass aus Sicht der Bundesregierung ein möglichst inklusiver innenpolitischer Prozess, der möglichst viele Teile der ägyptischen Gesellschaft mit auf die Reise in eine hoffentlich gedeihliche und friedliche Zukunft nimmt, aus unserer Sicht der richtige Weg ist.

Insofern steht das alles völlig unabhängig von den Entscheidungen, die der Präsident des Deutschen Bundestages gestern Abend getroffen hat.

Zusatzfrage : Ich kenne das Besuchsprogramm nicht. Trifft sich der Bundesaußenminister auch mit dem Präsidenten?

Herr Seibert, die Bundeskanzlerin trifft sich, Stand gestern, mit ihm. Gilt das immer noch?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hatte Präsident al-Sisi schon im September nach Deutschland eingeladen. Die Einladung hat Bestand, sie steht. Wie immer werden wir einen genauen Besuchstermin kurz vorher bekanntgeben.

Schäfer: Zu Ihrer technischen Frage. Herr Steinmeier hatte vor 16 Tagen in Kairo in einem sehr kleinen Kreis ein langes Gespräch mit Staatspräsident al-Sisi. Wie und mit welchen Gesprächspartnern der Besuch von Präsident al-Sisi Anfang Juni hier in Berlin erfolgt, kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen und auch nicht bestätigen, weil die Vorbereitungen derzeit noch laufen.

Ich kann Ihnen aber sagen, dass vor etwa einer Viertelstunde der deutsche Außenminister mit seinem ägyptischen Amtskollegen Schukri telefoniert und dabei all die Punkte zur Sprache gebracht hat, die ich Ihnen gerade erläutert habe, einschließlich der gerade von Herrn Seibert geschilderten Reisevorbereitungen.

Frage : Herr Seibert, ist es eigentlich üblich, dass sich die Kanzlerin mit dem Kopf einer Militärjunta trifft oder ihn empfängt?

StS Seibert: Herr Schäfer hat es ja gerade sehr klar gesagt: Ägypten ist ein unheimlich wichtiger Akteur im ganzen arabischen Raum. Es ist ein Volk mit einer größeren Bevölkerung - die Bevölkerungszahl geht in Richtung von 90 Millionen Menschen - als in Deutschland. Es ist ein wichtiger Faktor bei allen Bemühungen in diesem Raum, Stabilität und zum Beispiel im Nahost-Konflikt Frieden zu bringen. Es ist richtig - trotz aller Meinungsverschiedenheiten, trotz unserer klaren Ablehnung der Todesurteile, die wir hier am Montag auch geäußert haben -, den Gesprächsfaden weiter zu spinnen.

Zusatzfrage : Herr Schäfer, wie definieren Sie denn die Regierungsform in Ägypten?

Schäfer: Ich glaube, sophistische Interpretationen à la politikwissenschaftlichem Proseminar helfen uns hier nicht weiter. Dass die Verhältnisse in Ägypten schwierige sind, nachdem es seit dem Frühjahr 2011 mit dem, was wir damals den "Arabischen Frühling" genannt haben, zu gesellschaftlichen, auch politischen und verfassungsrechtlichen Umbrüchen in Ägypten - im Übrigen auch in anderen Ländern der arabischen Welt - gekommen ist, ist völlig offensichtlich. Dass die Bundesregierung Wert darauf legt, dass all das geschieht, was in Richtung Rückkehr zu einer wirklichen Demokratie erforderlich ist, dessen können Sie gewiss sein. Dazu gehört zum Beispiel auch der Umstand, dass es bald an der Zeit ist - dabei werden wir auch unsere Gesprächspartner in der ägyptischen Regierung beim Wort nehmen -, ein neues ägyptisches Parlament zu wählen, das die verfassungsmäßigen Rechte eines Parlaments übernimmt.

Zusatzfrage : Wenn Sie von einer Rückkehr zur Demokratie sprechen, was ist es denn jetzt?

Schäfer: Wir haben es mit Zuständen zu tun, in denen der ehemalige Oberbefehlshaber der militärischen Streitkräfte Ägyptens zum Staatspräsidenten auf der Grundlage von neuen verfassungsrechtlichen Regelungen gewählt worden ist. Alles andere werden wir mit unseren ägyptischen Gesprächspartnern besprechen, einschließlich des Wunsches der Bundesregierung, so weit und so schnell wie möglich zu den gewünschten Verhältnissen zurückzukehren, die ein hohes Maß an demokratischer Beteiligung der Bevölkerung vorsehen. Im Übrigen ist der ägyptische Präsident in Wahlen zum Staatsoberhaupt gewählt worden.

Frage : Herr Seibert, Herr Schäfer, wird es auch bei diesem Besuch bleiben, sollte das höchste ägyptische Gericht das Todesurteil gegenüber Mursi bestätigen? Sollte er bis Anfang Juni hingerichtet werden, wird es dann bei dem Treffen bleiben?

StS Seibert: Es wird bei unserer ganz klaren Haltung zur Todesstrafe bleiben, wie wir sie hier geäußert haben. Ich habe keine Gründe, die Planungen für den Besuch hier irgendwie infrage zu stellen.

Zusatzfrage : Das heißt, wenn er hingerichtet wird oder das Todesurteil bestätigt wird, wird al-Sisi trotzdem nach Deutschland kommen?

StS Seibert: Ich beantworte jetzt keine hypothetische Fragen. Unsere Haltung zur Todesstrafe in diesem speziellen Fall wie ganz grundsätzlich ist bekannt, ist öffentlich genannt worden, wird auch in Gesprächen mit der ägyptischen Seite - sei es durch den Außenminister, sei es durch die Bundeskanzlerin - immer angesprochen werden. Ich habe aber keinen Grund, die Planungen für den Besuch, dessen genauen Termin wir dann rechtzeitig bekanntgeben werden, hier infrage zu stellen.

Frage : Herr Schäfer, bewertet die Bundesregierung den Sturz von Mursi als Militärputsch?

Schäfer: Wie gesagt, lassen Sie uns hier nicht auf Phrasen und einzelne Begriffe eingehen.

Zusatz : Das ist doch ein wichtiger Begriff.

Schäfer: In der Tat sind im Zuge dessen, was damals Arabischer Frühling genannt wurde, im Zuge der politischen, gesellschaftlichen und auch sozialen Umwälzungen, die es in Ägypten und anderswo gegeben hat, Dinge passiert, die sich nicht einfach so sozusagen nach den Regeln des deutschen Verfassungsrechtes subsummieren lassen, das ist völlig richtig.

Im Umgang mit dem ehemaligen Staatspräsidenten Ägyptens, mit Mohammed Mursi, gibt es zahlreiche Meinungsäußerungen der Bundesregierung, die insbesondere die ägyptische Justiz, aber auch die ägyptische Politik auffordern, nach Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit vorzugehen und im Strafprozess rechtsstaatliche Grundsätze zu wahren. Ich wiederhole das, was ich vor einigen Minuten bereits gesagt habe: Wir halten es für eine richtige politische Strategie, all diejenigen Kräfte - auch politischen Strömungen und gesellschaftlichen Strömungen - Ägyptens mit auf den Weg in eine inklusive politische und gesellschaftliche Landschaft mitzunehmen, die bereit sind, das ohne Anwendung von Gewalt zu tun.

Frage : Herr Seibert, nach dem Kabinett heute hat es ja ein Gespräch der Kanzlerin mit Herrn Gabriel und anderen zur umstrittenen Kohleabgabe gegeben, das wohl relativ lang dauerte. Können Sie aus diesem Gespräch denn schon irgendwelche Ergebnisse berichten?

StS Seibert: Ohne zu bestätigen, was Sie gerade behaupten, kann ich nur grundsätzlich sagen, dass die Kanzlerin ständig Gespräche, Treffen, Unterredungen mit Ministerinnen und Ministern hat. Das sind ganz normale Arbeitsabläufe innerhalb einer Regierung, über die ich im Einzelnen grundsätzlich nicht berichte. Dafür bitte ich erneut um Ihr Verständnis.

Zusatz : Dann spare ich mir die Nachfrage an Herrn Toschev.

Frage : Eine Frage an das Justizministerium zum Thema Mietspiegel: Durch das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg hier in Berlin ist ja wieder Bewegung in die Debatte gekommen. Wenn ich Ihren Minister richtig verstanden haben, hat er - in einer Diskussion auf n-tv war es, glaube ich - gesagt, es solle eine weitere Mietrechtsreform geben, innerhalb derer dann auch das Thema Mietspiegel angepackt wird. Jetzt hätte ich gerne gewusst: Gibt es dafür schon einen Zeitrahmen? Soll es dann nur um das Thema Mietspiegel gehen, oder werden dann auch noch weitere Mietthemen mit angepackt? Es gibt auch eine Forderung aus der Union, das Thema Mietspiegel gesondert zu behandeln. Welchen Weg will Ihr Haus da gehen?

Malachowski: Vielen Dank für die Frage. Es ist unabhängig von der Mietpreisbremse und dem Bestellerprinzip tatsächlich noch eine zweite Tranche in Arbeit; das ist auch im Wesentlichen so im Koalitionsvertrag vereinbart. Dabei wird es unter anderem darum gehen, gesetzlich festzulegen, wie Mietspiegel zu bemessen sind. Wir stehen da aber noch am Anfang der Arbeit; ich kann Ihnen zu diesem Zeitpunkt also noch keinen zeitlichen Horizont und keine inhaltlichen Details nennen, tut mir leid.

Frage: Herr Seibert, die Presseagentur Reuters hat heute unter Berufung auf Koalitionskreise berichtet, dass die Große Koalition angeblich den überlebenden sowjetischen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges eine Entschädigung auszahlen möchte. Es wurde sogar eine Summe genannt: Es geht angeblich um 10 Millionen Euro. Könnten Sie das bitte bestätigen oder dementieren?

StS Seibert: Der Sprecher des Auswärtigen Amtes wird das übernehmen.

Schäfer: Ich kann das nicht bestätigen, weil es sich dabei ja um eine Entscheidung des Deutschen Bundestags handelt. Ich kenne die Meldungen aber, und ich gehe davon aus, dass die Nachricht zutrifft. Aus Sicht von Außenminister Steinmeier ist das eine gute Initiative aus dem Deutschen Bundestag, aus dem deutschen Parlament, die er ausdrücklich begrüßt und unterstützt. Sein Dank gilt insbesondere der Fraktion der SPD und deren Vorsitzendem, Thomas Oppermann, der das Thema auch in dieser Legislaturperiode sehr aktiv weiterverfolgt hat und der jetzt auch in den Absprachen zwischen den Koalitionsfraktionen und hoffentlich auch darüber hinaus dafür gesorgt hat, dass das jetzt tatsächlich kommt. Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass der Vorgänger von Herrn Oppermann gemeinsam mit seiner Fraktion in der 17. Legislaturperiode, der jetzige Außenminister, in einem Antrag vom 4. Juni 2013 bereits diesen Wunsch für seine Fraktion und damals auch die Fraktion der Grünen geäußert hat. Er begrüßt sehr, dass es jetzt gelungen ist, das auch umzusetzen. Das bedeutet jetzt natürlich, dass innerhalb der Bundesregierung insbesondere zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und dem Auswärtigen Amt, aber dann sicherlich auch in den Gesprächen mit Russland die dafür erforderlichen Voraussetzungen und Umsetzungsschritte gegangen werden können.

Frage : Herr Schäfer, weil Sie so gut Bescheid wissen über das Thema: Können Sie vielleicht sagen, auf wie viele Berechtigte sich diese Summe verteilt und was dann für den Einzelnen dabei herauskommt?

Schäfer: Ich glaube, da hat niemand so recht eine konkrete, auf eine einzelne Zahl reduzierbare Information darüber, wie viele überlebende sowjetische ehemalige Kriegsgefangene es tatsächlich noch gibt, die dann Anspruch auf eine solche Leistung hätten beziehungsweise eine solche Leistung erhalten könnten. Ich zitiere vielleicht einfach aus dem Antrag vom Juni 2013. Da hieß es damals:

"Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, den überlebenden sowjetischen Kriegsgefangenen einmalig einen individuellen Anerkennungsbetrag für das erlittene NS-Unrecht in Höhe von 2.500 Euro im Rahmen einer eigenständigen außergesetzlichen Regelung zu verschaffen. Auf diese Leistung besteht kein Rechtsanspruch."

Letztlich geht es darum, dem ganz besonders schrecklichen Schicksal der vielen sowjetischen Kriegsgefangenen in erster Linie in Deutschland beziehungsweise dem Umgang mit ihnen in Deutschland, der jedem humanitären Völkerrecht und den Gesetzen und Regeln der Menschlichkeit Hohn sprach, aber dann auch dem Schicksal, das vielen dieser sowjetischen Kriegsgefangenen nach ihrer Rückkehr zuteilwurde, angemessen Rechnung zu tragen. Insofern übernimmt Deutschland für diesen Teil der schrecklichen Ereignisse aus der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs Verantwortung.

Zusatzfrage : Dabei geht es ja um ehemalige Angehörige der Sowjetarmee, und es war jetzt die Rede von Konsultationen mit den Russen. Aber das betrifft ja vermutlich auch Staatsbürger der Ukraine, Weißrusslands, Kasachstans usw. Gibt es dann vonseiten der Bundesregierung beziehungsweise des Auswärtigen Amtes die Notwendigkeit, mit all diesen Regierungen Vereinbarungen und Regelungen zu treffen, oder wie muss man sich das vorstellen?

Schäfer: Ich glaube, Sie haben Rech. Ich kenne die Details beziehungsweise sozusagen das Kleingedruckte der Entscheidung des Deutschen Bundestages, die ja im Zuge der Diskussionen und Entscheidungen über den Nachtragshaushalt gefallen ist, nicht. Die Bundesregierung steht jetzt vor der Aufgabe, das umzusetzen; insofern haben Sie völlig Recht, Herr Siebert, dass ich annehme, dass meine Äußerung in ihrer Reduzierung auf Russland zu kurz und zu klein gewesen ist. Ich vermute - aber müsste das jetzt nachlesen -, dass es dabei nicht nur um Kriegsgefangene geht, die Russen sind oder auf russischem Territorium leben, sondern dass das auch darüber hinausgeht. Das entzieht sich aber, ehrlich gesagt, zurzeit meiner Kenntnis. Ich kann mich aber gerne schnell schlau machen.

Frage : Herr Schäfer, das iranische Außenministerium hat heute eine Verlängerung der Atomverhandlungen nicht mehr ausgeschlossen. Wie steht Ihr Ministerium dazu?

Schäfer: Ich habe das gelesen. Wie Sie wissen, werden die Verhandlungen heute wieder in Wien fortgesetzt. Wir haben jetzt noch sechs Wochen - das ist gleichzeitig viel und es ist nicht viel, weil es noch eine Menge an Kleingedrucktem auszuhandeln und zu besprechen gibt. Aber bereits jetzt das ja schon letztes Jahr im November besprochene und vereinbarte Enddatum von Ende Juni einfach so aufzugeben, scheint mir kein vernünftiger Ansatz zu sein. Die Bundesregierung wird jedenfalls gemeinsam mit den Partnern der E3+3 alles versuchen, um diese abschließende Vereinbarung mit dem Iran über sein Atomprogramm bis Ende Juni in trockene Tücher zu bringen. Das macht auch schon deshalb Sinn, weil es ja unter anderem im amerikanischen Kongress - womöglich auch anderswo, vielleicht sogar in Teheran - Regelungen und Fragen gibt, die, wenn wir das wieder auf die lange Bank schieben, einen Verhandlungsprozess jedenfalls nicht mehr erleichtern.

Auf unserer Seite ist also alles darauf angelegt, wirklich mit allergrößtem Nachdruck und großer Intensität zu verhandeln, damit das selbst gesteckte, mit dem Iran vereinbarte Ziel bis Ende Juni erreicht werden kann.

Zusatzfrage : Wären Sie grundsätzlich zu einer Verlängerung der Nuklearverhandlungen bereit?

Schäfer: Es ist, glaube ich, wirklich zu früh, das jetzt zu sagen. Eine vernünftige Aussage zu dieser Frage lohnt sich, glaube ich, auch erst im Lichte des konkreten Verhandlungsstandes. Das Verfahren ist im Anlauf auf solche Deadlines ja eigentlich immer das gleiche: Auch jetzt setzen sich wieder die Politischen Direktoren miteinander zusammen und verhandeln, und je näher man dem vereinbarten Abschlussdatum kommt, desto mehr wird dann auch die politische Ebene eingebunden und sich persönlich an diesen Verhandlungen beteiligen. Ich glaube, erst dann, wenn wir uns alle dann wieder kurz vor oder um den 30. Juni herum in Wien treffen und auch die Außenminister wieder dazustoßen, lässt sich eine solche Frage irgendwie beantworten.

Ich will noch einmal ausdrücklich sagen: Es ist nicht Ziel der Bundesregierung, jetzt schon wieder eine solche zeitliche Frist zu reißen. Das Ziel muss jetzt vielmehr sein, bis zum 30. Juni zu einer vernünftigen abschließenden Lösung zu kommen, die alle unsere Gravamina umfassend abdeckt.

Mittwoch, 20. Mai 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 20. Mai 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/05/2015-05-20-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
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Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2015

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