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PRESSEKONFERENZ/999: Regierungspressekonferenz vom 1. Juni 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 1. Juni 2015
Regierungspressekonferenz vom 1. Juni 2015

Themen: Einsatz von Fassbomben in Syrien, finanzielle Lage Griechenlands, vonseiten Russlands verhängte Einreisesperren, No-Spy-Abkommen, Vereinbarkeit der Infrastrukturabgabe mit dem Europarecht, Klimabeitrag für Kohlekraftwerke, Förderung industrieller Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, Schulung von ausländischen Sicherheitskräften in Deutschland, Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung, Diskussion in Ungarn um Wiedereinführung der Todesstrafe, Ermittlungen der Bundesanwaltschaft bezüglich der Steuerung von US-Kampfdrohnen über den US-Militärstützpunkt Ramstein, Ermittlungen gegen FIFA-Funktionäre, Ernennung des ehemaligen georgischen Präsidenten zum neuen Gouverneur von Odessa

Sprecher: StS Seibert, Chebli (AA), Jäger (BMF), Rudolph (BMVI), Zimmermann (BMJV), Moiteaux (BMWi), Plate (BMI)


Vors. Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Chebli: Ich möchte zum Fassbombenangriff durch das Assad-Regime zwei Sätze sagen: Wir verurteilen den Einsatz von Fassbomben und Flächenbombardements auf das Schärfste. Der Gebrauch von Fassbomben durch das Assad-Regime ist ein Kriegsverbrechen und wurde mehrfach durch die Vereinten Nationen geächtet. Die humanitäre Situation der syrischen Flüchtlinge darf nicht weiter verschärft werden. Wir fordern alle Parteien dazu auf, sich an die Resolution des VN-Sicherheitsrats zu halten.

Das tatsächliche Handeln des syrischen Regimes widerspricht der Behauptung des Regimes, dass es an einer politischen Lösung interessiert ist. Solange gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung stattfinden, ist eine politische Lösung faktisch unmöglich. Vor allem ist das Wasser auf die Mühlen der einzelnen radikalen Gruppen, die sich dadurch nur darin bestärkt fühlen, noch weiter ihren Kampf in Syrien zu führen und sich einer politischen Lösung entgegenzustellen. - Das wollte ich zu Syrien sagen.

Frage: Mich würde Folgendes interessieren, Herr Seibert: Es gab ein Telefonat der Kanzlerin mit Herrn Tsipras. Es gibt heute ein Treffen mit Herrn Juncker. Spielt bei diesem Treffen unter anderem auch Griechenland eine Rolle?

Es gab in der griechischen Presse wohl Berichte darüber, dass gegebenenfalls sogar Herr Tsipras nach Berlin reisen würde. Gibt es irgendwelche konkreten Anzeichen dafür, dass dem so sein wird, oder wird er zumindest per Telekonferenz zugeschaltet sein? Gibt es dieses Thema bei diesem Gespräch überhaupt?

StS Seibert: Vielen Dank. Zunächst einmal: Ja, es gab gestern das Telefonat zwischen Ministerpräsident Tsipras, der Bundeskanzlerin und Staatspräsident Hollande, ein Telefonat in Fortsetzung der verschiedenen Kontakte, die diese drei in den letzten Tagen und Wochen miteinander gehabt haben, zuletzt ja beim Telefonat am Donnerstag.

Eine Begegnung mit Ministerpräsident Tsipras ist heute Abend nicht geplant. Sie sprechen an, dass Kommissionspräsident Juncker und Präsident Hollande heute in Berlin sein werden. Das stimmt. Wie ich auch schon gesagt hatte, wird es eine Begegnung der beiden mit der Bundeskanzlerin und dem European Round Table of Industrialists geben. Das Hauptthema dabei wird die Digitalisierung als eine Herausforderung und eine Chance für Europas Wirtschaft sein. Ich will nicht sagen, dass Griechenland am Rande nicht auch ein Thema sein kann, aber das Hauptthema wird es nicht sein.

Frage: Auch wenn das jetzt offiziell vielleicht nicht das Hauptthema sein wird, wird ja allgemein gesehen, dass diese Woche eventuell schon eine entscheidende Woche sein könnte. Deshalb wäre es vielleicht hilfreich, noch einmal zu sagen, was zum Beispiel ein möglicher Kompromiss letztendlich beinhalten sollte. Sind Mindestlohn und Rentenpolitik eine rote Linie, oder würde es eventuell auch ausreichen, wenn man im Haushaltsbereich Zusagen bekäme?

StS Seibert: Ich muss noch einmal auf das zurückgreifen, was wir hier schon so oft gesagt haben: Es gibt einen Fahrplan für einen erfolgreichen Abschluss der Überprüfung. Er ist am 20. Februar festgelegt worden. Er gilt weiterhin und unverändert. In einem Satz zusammengefasst ist es so, dass Griechenland ein umfangreiches Reformpaket mit den drei Institutionen abstimmen muss. Es muss ein solches Reformpaket entwickeln und mit den drei Institutionen abstimmen. Die Beratungen werden zwischen den Institutionen und der griechischen Regierung geführt. Ich nehme zu diesen laufenden Diskussionsprozessen hier nicht im Einzelnen Stellung; das haben wir in der Vergangenheit auch nicht getan.

Frage: Zu Griechenland: In welcher Atmosphäre ist das Telefonat von gestern Abend, das Sie angesprochen haben, aus Sicht der Bundesregierung verlaufen? Sind weitere Kontakte oder Telefonate dieser Art geplant?

StS Seibert: In einer konstruktiven Atmosphäre - wie die bisherigen Telefonate und wie auch das persönliche Treffen in Riga. Über weitere Telefonate werden wir berichten, wenn sie stattgefunden haben.

Frage: Herr Jäger, im Hinblick auf die Gespräche mit den Institutionen, mit der Brussels Group und auch im Hinblick auf ein Treffen der Eurogruppe: Gibt es jetzt schon Planungen für ein Sondertreffen der Eurogruppe in nächster Zeit? Innerhalb welcher Takte laufen die Gespräche mit den Fachleuten? Laufen die seit heute Morgen wieder Tag für Tag, oder gibt es da im Moment noch eine Pause?

Jäger: Es ist genau so, wie Herr Seibert es hier eben ausgeführt hat: Die eigentlichen Gespräche zwischen Griechenland und der europäischen Seite werden von den drei Institutionen und von niemandem sonst geführt. Dabei bewegen wir uns - daran muss man immer wieder erinnern - im Rahmen eines bestehenden Programms. Insofern ist es auch irreführend, wenn immer von Kompromissen, davon, dass man sich bewegt habe, und von Ähnlichem die Rede ist. Es gibt ein bestehendes Programm, und es gibt die Erklärung der Eurogruppe vom 20. Februar, in der sich die griechische Seite verpflichtet hat, einen umfassenden Vorschlag zu unterbreiten, der Auskunft darüber gibt, wie die griechische Seite dieses Programm für sich ausgestalten will.

Die Elemente, die Teil dieses Vorschlags sein müssen, sind allesamt im Zwischenbericht der drei Institutionen vom Dezember enthalten. Darin sind 15 Punkte aufgeführt, durch die griechische Defizite klar benannt werden, und in diesem Rahmen muss sich eine Gesamtlösung bewegen. Darin sind Themen wie eine Pensionsreform enthalten, die einen fiskalischen Nettoeffekt produzieren muss. Das heißt, mit Teilreformen ist es nicht getan. Darin ist auch die Rede von der Arbeitsmarktreform, die in Angriff genommen werden muss, und von einer Dienstleistungsreform. Ein weiteres Thema will ich hier noch nennen, und das sind die Privatisierungen. Das Ziel dieser Einzelmaßnahmen ist es, die Schuldentragfähigkeit Griechenlands wiederherzustellen. Das heißt, all das, was jetzt hier diskutiert wird, muss sich am Ende rechnen. Es zählen Zahlen, darauf kommt es an. Ohne eine Schuldentragfähigkeit kann es nach den Regeln des IWF keinen erfolgreichen Abschluss des Programms geben.

Was die laufenden Gespräche angeht, so kann ich hier nicht für die drei Institutionen sprechen. Die Brüssel Group hat verschiedentlich getagt. Ich kann Ihnen jetzt nicht im Einzelnen sagen, ob sie heute wieder zusammentreten wird und wie das im Detail getaktet ist. Danach bitte ich die Institutionen selbst zu befragen.

Zurückkommend auf Ihre Ausgangsfrage, ob bis dato ein Sondertreffen der Eurogruppe geplant ist: Das nächste regulär anstehende Treffen der Eurogruppe ist ohnehin schon für den 18. Juni terminiert. Dazu, ob es auf dem Weg dahin ein Sondertreffen geben wird: Solche Planungen sind uns nicht bekannt.

Frage: Herr Seibert, mich würde interessieren, was die Kanzlerin dazu sagt, dass, wenn sie noch einmal nach Moskau fahren möchte, demnächst ohne Ihren zukünftigen europapolitischen Berater Uwe Corsepius fahren muss.

StS Seibert: Zu dieser Frage der Einreiseverweigerung hat der Außenminister ja am Wochenende für die Bundesregierung schon das Nötige gesagt. Zu diesem speziellen Fall kann ich nur sagen: Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass der künftige europapolitische Berater der Bundeskanzlerin durch die Maßnahmen an der Ausübung seines Amtes gehindert werden wird.

Zusatzfrage: Unternimmt die Bundesregierung denn irgendetwas, um Änderungen an dieser Liste zu bewirken oder bestimmte Personen von dieser Liste herunterzunehmen?

StS Seibert: Ich habe es schon gesagt: Wir haben diese Liste bedauert. Der Bundesaußenminister hat sehr richtig gesagt, dass sie natürlich kein Beitrag zur Entspannung ist. Wir sind mit der russischen Seite in diesem gesamten Themenfeld des Ukraine-Konflikts ja nahezu täglich im Gespräch, und in diese Gespräche will ich hier jetzt keinen Einblick geben, aber sie laufen.

Frage: Frau Chebli, gibt es eigentlich auch eine schwarze Liste mit russischen Politikern auf europäischer oder deutscher Seite?

Chebli: Es gibt eine EU-Liste, die öffentlich und transparent ist. Dort werden im Rahmen der Sanktionsmaßnahmen, die wir ergriffen haben, verschiedene Persönlichkeiten aufgeführt. Ich habe die Liste jetzt nicht im Kopf, aber das kann man sich eigentlich auf der Website anschauen; das ist alles sehr transparent dargestellt. Das ist keine deutsche Liste. Das ist eine Liste der Europäischen Union.

Zusatzfrage: Aber warum regt man sich denn bei deutschen Politikern über die russische Liste auf?

Chebli: Ich habe dem, was der Minister dazu gesagt hat, eigentlich nicht so viel hinzuzufügen, vielleicht nur einen Satz: Wie Herr Seibert schon richtig gesagt hat, stehen wir mit der russischen Seite in Kontakt, weil wir auf Transparenz drängen. Es ist wichtig, dass die Leute, die auf der Liste stehen, einfach erfahren, warum sie auf der Liste stehen, und dann die Möglichkeit haben, zum Beispiel Rechtsmittel einzulegen; das ist alles. Ansonsten habe ich zu diesem ganzen Themenkomplex nichts zu sagen. Wir haben am Wochenende das dazu Nötige gesagt.

Jetzt geht es darum, wie es auch die ganze Zeit über in diesem ganzen Themenkomplex Ukraine-Russland der Fall gewesen ist, dass wir Gesprächskanäle offenhalten müssen. Wir stehen täglich im Dialog. Der Minister kommt gerade aus der Ukraine, wo es natürlich auch um Russland ging. Es werden Gespräche am laufenden Band mit dem russischen Außenminister und mit russischen Stellen geführt. Das ist unser Interesse. Um zu einer Entschärfung des Konflikts in der Ukraine beizutragen, brauchen wir aufrechte und offene Gesprächskanäle auch mit Russland. Diese Gespräche führen wir, und das ist unser Interesse.

Frage : Herr Seibert, wenn Sie sagen, Sie gehen davon aus, dass Herr Corsepius in seiner Amtsführung nicht behindert wird, ist dann die Grundlage dafür eine Zusicherung der russischen Seite, dass man Herrn Corsepius von dieser Liste nehmen wird, oder woraus speist sich dieser Optimismus bei Ihnen?

StS Seibert: Ich habe die Erwartung geäußert, die ich äußern kann. Herr Corsepius ist noch gar nicht europapolitischer Berater, er wird es ja erst noch werden. Die Erwartung ist, dass er in seiner Ausübung nicht behindert werden wird, und alles Weitere wird sich zeigen.

Frage: Herr Seibert, ist es denn so, dass die Bundesregierung aufgrund dieser Liste jetzt vielleicht auch so reagieren könnte, dass man aus Protest bestimmte Gespräche nicht führt oder von Reisen nach Russland absieht?

StS Seibert: Die Bundesregierung hat in diesem Ukraine-Konflikt, ganz grundsätzlich gesprochen, immer das Gespräch mit der russischen Seite gesucht, weil wir die große Verantwortung der russischen Seite kennen. Es war die russische Seite, die bei der Annexion der Krim strikt völkerrechtswidrig gehandelt hat. Es war die russische Seite, die zur Destabilisierung in der Ostukraine beigetragen hat und die großen Einfluss darauf hat, dass sich die Situation dort wieder verbessert. Das ist nun seit über einem Jahr das wichtige und entscheidende Anliegen unserer Diplomatie. Dafür haben wir immer das Gespräch mit der russischen Seite gesucht und werden es auch weiterhin tun.

Zusatzfrage: Wird man jetzt also nicht davon absehen, wie zum Beispiel Herr Singhammer, eine angekündigte Reise nach Russland aus Protest nicht zu unternehmen?

StS Seibert: Die Bundesregierung wird weiterhin, wann immer es sinnvoll ist, den Kontakt mit der russischen Regierung, der russischen Führung suchen, um gemeinsam eine Lösung für eine Situation in der Ostukraine zu finden, die für die Menschen dort völlig unerträglich ist und die dringend einer politischen, friedlichen und diplomatischen Lösung zugeführt werden muss. Wir haben dafür in Minsk Vereinbarungen getroffen. Unser Ansatz beziehungsweise unsere Forderung bleibt ganz klar, dass diese Minsk-Vereinbarung von allen Seiten umgesetzt wird. Es gibt dafür konkrete Ansätze, und an denen wollen wir weiter arbeiten.

Chebli: Vielleicht kann ich den Satz des Ministers dazu - ich weiß nicht, ob Sie ihn gehört haben - noch einmal wiederholen, in dem es genau darum ging, im Gespräch zu bleiben. Er hat gesagt: Ich arbeite dafür, dass wir die gegenwärtigen Konflikte entschärfen, und ich bin dafür, dass wir so bald wie möglich wieder Zustände schaffen, in denen wir miteinander reden und nicht übereinander. - Das Miteinander-Reden, nicht das Übereinander-Reden, ist ein Grundsatz, den wir in der Diplomatie pflegen und den der Außenminister vor allem im Umgang mit Russland in der Ukraine-Krise unterstreicht.

Frage: Frau Chebli, plant das Auswärtige Amt, in dieser Angelegenheit irgendetwas Diplomatisches zu unternehmen, also dadurch - ich weiß es nicht -, eine Note zu schreiben, oder dadurch, dass der deutsche Botschafter des Auswärtigen Amtes in Moskau vorstellig wird?

Chebli: Ich habe ja gesagt, dass wir mit der russischen Regierung in dieser Frage in sehr engem Kontakt stehen, und ich möchte das eigentlich nicht weiter ausführen.

Frage : Herr Seibert, was entgegnen Sie denn dem deutschen Ost-Ausschuss, der ja Gesprächsbereitschaft anmahnt und sagt, man sei besser damit gefahren und es sei doch zu empfehlen, die Russen wieder in die G7 beziehungsweise G8 einzubeziehen? Sehen Sie darin ein generelles Abrücken der Wirtschaft von der Position der Bundesregierung in ihrer Russlandpolitik?

StS Seibert: Ich kann das nicht bewerten. Ich kann nur auf die wirklich unzähligen Gespräche hinweisen, die die Bundeskanzlerin, der Außenminister und andere Vertreter der Bundesregierung in Sachen Ukraine-Konflikt mit der russischen Führung geführt haben und die sie auch weiterhin führen werden.

Frage: Frau Chebli, hat das AA diese Liste vielleicht einmal analysiert und irgendeinen roten Faden gefunden, oder ist die nach Ihren Erkenntnissen zusammengewürfelt?

Chebli: Ich habe dem, was Herr Seibert, ich und der Minister zu der Liste gesagt haben, nichts weiter hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Das heißt, Sie sagen einfach "Ich möchte diese Frage nicht beantworten". Habe ich das richtig verstanden?

Chebli: Ich meine, wir haben jetzt eigentlich - ich weiß es nicht genau - seit mehr als zehn Minuten über diese Liste geredet, und wir haben - nicht eigentlich, auch uneigentlich - die Haltung der Bundesregierung zu dieser Liste ganz klar zum Ausdruck gebracht. Deswegen, denke ich, erübrigt sich auch eine Antwort auf Ihre Frage.

Zusatz: Frau Chebli, ich habe nicht nach der Haltung der Bundesregierung zu dieser Liste gefragt, sondern nach einer inhaltlichen Analyse!

Chebli: Wenn es eine inhaltliche Analyse dazu gäbe, würde ich sie hier nicht mit Ihnen teilen.

Zuruf: Dann sagen Sie das doch gleich!

Frage: Frau Chebli, warum stehen denn russische Politiker und Unternehmer auf der EU-Liste?

Chebli: Da gibt es ganz klare, transparente Begründungen für jede einzelne dieser Personen, die Sie, - ich habe sie nicht im Kopf -, nachlesen können. Das ist eine Liste, die auf der Website ist. Da können Sie jede einzelne Person nachvollziehen. Dort sind Separatisten aufgeführt, dort sind russische Akteure aufgeführt, und dort wird zu jeder einzelnen Person auch ganz klar begründet, warum sie auf dieser Liste steht. Es geht zum Beispiel um ein Involvement in die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, um Geschäfte auf der Krim oder um andere Fragen, die aber wirklich im Detail aufgeführt sind. Wenn Sie noch Fragen haben sollten, nachdem Sie sich die Liste angeschaut haben, können wir gerne noch einmal miteinander sprechen.

Zusatzfrage: Um es aber einfach richtig zu verstehen: Wollen Sie so eine Liste mit detaillierten Begründungen von den Russen bekommen?

Chebli: Es geht darum, dass man, wenn man Rechtsmittel einlegen will, wissen muss, warum man auf der Liste steht. In unseren Gesprächen mit der russischen Seite geht es genau darum, ein transparentes Verfahren zu erhalten.

Zusatzfrage: Können diese Russen denn auch Rechtsmittel einlegen?

Chebli: Ja, jeder, der auf dieser EU-Sanktionsliste steht, kann Rechtsmittel einlegen.

Frage: Herr Seibert, ich habe eine Frage zum No-Spy-Abkommen, und zwar nicht zu dem Sommer 2013, der hier ja auch intensiv diskutiert wurde, sondern zum Anfang des Jahres 2014. Damals gab es im Kanzleramt nach Unterlagen, die vorliegen, die Position, dass man die Gespräche mit den Amerikanern nicht fortsetzen will, weil die klargemacht hatten, dass sie deutsches Recht auf deutschem Boden bei der Signals Intelligence nicht achten. Warum hat die Bundeskanzlerin dann in ihrer Regierungserklärung Ende Januar genau das Gegenteil gesagt, nämlich dass man weiterhin in intensivem Dialog stehe und deutsches Recht gelte?

StS Seibert: Wir haben hierüber nun schon wirklich häufige Male gesprochen. Ich werde nichts Neues beitragen können. Die Mitglieder der Bundesregierung - mich eingeschlossen - haben zu jedem Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet und sich nach bestem Wissen und Gewissen geäußert. Im Übrigen verweise ich auch auf das Interview, das die Bundeskanzlerin am Wochenende der "Süddeutschen Zeitung" gegeben hat, in dem auch noch einmal einige gewichtige Passagen zu diesem Thema nachzulesen sind.

Zusatzfrage: Darf ich noch einmal nachfragen, warum diese Kommunikationslinie - so heißt das ja im internen Sprachgebrauch - geändert wurde, und zwar von "Wir reden nicht mehr mit den Amerikanern; das hat keinen Sinn" zu "Wir wollen weiterhin das Gespräch führen"?

StS Seibert: Ich habe Ihnen dazu das gesagt, was ich Ihnen dazu sagen kann.

Frage: Sie haben das Interview von Frau Merkel angesprochen. Darin hat sie den Satz gesagt: "Es war im Interesse des Gedankens, dass Abhören unter Freunden nicht geht." Können Sie den Satz einmal erläutern, Herr Seibert?

StS Seibert: Nein, weil ich grundsätzlich nicht die Interviews der Bundeskanzlerin nachinterpretiere. Wenn Sie den Zusammenhang und auch die Nachfrage der "Süddeutschen Zeitung" lesen, dann ist ganz klar, wie die Bundeskanzlerin das gemeint hat, und so steht es für sich.

Zusatz: Aber das werden Sie doch wissen müssen. Sie haben das Interview doch mit autorisiert oder vielleicht sogar mit geschrieben.

StS Seibert: Das Interview steht in seinem Text und in seinen sehr klaren Aussagen, die die Bundeskanzlerin darin trifft, für sich.

Zusatzfrage: Wenn es so klar wäre, Herr Seibert, dann hätte ich nicht gefragt. Können Sie den Satz bitte einmal erläutern?

StS Seibert: Manchmal kann Klarheit nicht für jeden Einzelnen hergestellt werden. Ich finde, es ist vollkommen klar, was die Bundeskanzlerin darin sagt, und ich werde es hier nicht weiter interpretieren. Lesen Sie den gesamten Zusammenhang. Dann wird sich Klarheit einstellen.

Zusatzfrage: Ist das Konsultationsverfahren schon beendet?

StS Seibert: Das Konsultationsverfahren dauert an.

Zusatzfrage: Frau Chebli, Sie wollten etwas zum Nato-Truppenstatut nachreichen.

Chebli: Ich habe einmal nachgefragt, und das Nato-Truppenstatut spielt bei der Freigabe der Selektoren-Liste keine Rolle.

Frage: Frau Chebli, ebenfalls zum BND: Wie sieht es mit der Kommunikation mit den Belgiern, Niederländern, Luxemburgern und Österreichern aus? Hat sich am Freitag oder über das Wochenende hinweg noch etwas Wesentliches ergeben, was die Überwachungs- und Ausspäh-Affäre angeht?

Chebli: Nein, nichts, was ich hier in diesem Raum kommunizieren könnte. Ich hatte ja am Freitag schon darauf hingewiesen, dass es Gespräche mit der österreichischen Seite gibt, die ich hier im Detail nicht erörtern möchte. Ob es jetzt zwischenzeitlich auch Gespräche mit anderen Partnern gegeben hat, weiß ich nicht. Das könnte ich nachliefern, aber zum Inhalt würden wir dann auch in dem Fall nichts sagen.

Frage: Herr Seibert, in dem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" wurde die Kanzlerin auch gefragt, ob sie die Öffentlichkeit mit Blick auf das No-Spy-Abkommen belogen habe. Die Antwort, wenn ich das richtig im Kopf habe, lautete: "Natürlich nicht." Würden Sie mir vor diesem Hintergrund etwas sagen? Hätte die Antwort anders ausfallen müssen, hätte die Kanzlerin zurücktreten müssen. Ist meine Schlussfolgerung richtig?

StS Seibert: Das sind hypothetische Fragen. Real ist das Interview mit der Frage, die so gestellt wurde, wie sie gestellt wurde, und der Antwort, die die Bundeskanzlerin so gegeben hat, wie sie sie gegeben hat.

Zusatzfrage: Die Frage ist: Wenn die Kanzlerin anders hätte antworten müssen, dann hätte sie sich nicht im Amt halten können. Also frage ich nach dem Charakter der Antwort. Ist es sozusagen von Bedeutung, wenn die Kanzlerin sagt, natürlich habe sie die Öffentlichkeit nicht belogen? Erwarten Sie sich im Ernst etwas anderes?

StS Seibert: Das müssen Sie dann mit den Kollegen der "Süddeutschen Zeitung" besprechen, wie die ihre Fragen stellen. Die Bundeskanzlerin hat auf diese Frage eine überzeugende und überzeugte Antwort gegeben, und mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich glaube, diese Antwort lässt doch an Klarheit überhaupt nichts zu wünschen übrig.

Frage: Herr Seibert, hat die Kanzlerin den politischen Grundsatz, dass sie, wenn sie lügt, auch zurücktritt?

StS Seibert: Ich muss sagen: Wir kommen jetzt in Bereiche von Fragen, auf die ich die Antwort verweigere. Die Bundeskanzlerin lügt nicht. Sie hat sich eindeutig zu dieser Frage geäußert, und mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

Frage: Herr Seibert, der Bundesverkehrsminister hat über Monate, wenn nicht gar über Jahre hinweg versichert, die europäischen Behörden - ich fasse es einmal zusammen - von der Rechtmäßigkeit und der Lauterkeit des deutschen Maut-Gesetzes zu überzeugen. Man hatte bis zuletzt den Eindruck, dass es ihm auch gelungen ist, die europäischen Behörden davon zu überzeugen. Nun erklärt der EU-Kommissionspräsident ganz offen, dass gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird. Vor diesem Hintergrund stelle ich die Frage: Fühlt sich die Kanzlerin durch ihren Verkehrsminister getäuscht, oder wirft sie Herrn Juncker vor, ein falsches Spiel zu spielen?

StS Seibert: Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Einführung der Infrastrukturabgabe mit dem Europarecht vereinbar ist. Ich erinnere daran, dass die Formulierung der Gesetze ja nach sehr intensiven Abstimmungen und zahlreichen Kontakten auf europäischer Ebene - auch mit den Vertretern der Kommission - geschehen ist. Die Kritik der Kommission ist dabei umfassend berücksichtigt worden. Nun warten wir darauf, dass das Gesetz in Kraft tritt, und dann werden wir abwarten, ob die Europäische Kommission aktiv werden wird.

Zusatzfrage: Die Tatsache, dass der EU-Kommissionspräsident schon jetzt eine, so wie er formuliert hat, mir endgültig erscheinende Rechtsposition hat, bringt Sie auch nicht zum Nachdenken darüber, ob Ihre Position vielleicht noch einmal überdacht werden sollte? Oder ist man vielleicht sogar im Gespräch mit dem Bundespräsidenten, um diesem höchsten Staatsorgan die Peinlichkeit zu ersparen, ein möglicherweise für Herrn Juncker offenkundig europarechtswidriges Gesetz zu unterschreiben?

StS Seibert: Ich kommentiere hier nicht die Interviews von europäischen Institutionen, sondern ich sage, was für die Bundesregierung der Sachverhalt ist. Im Übrigen haben Deutscher Bundestag und Bundesrat dieses Gesetz beschlossen. Es ist nach unserem Dafürhalten europarechtskonform zustande gekommen nach engsten und zahlreichen Kontakten auf europäischer Ebene. Das ist es, was ich dazu sagen kann.

Frage : Eine Lernfrage an das Verkehrsministerium: Wenn sich jetzt tatsächlich herausstellen sollte, dass das europarechtsmäßig nicht zu halten ist, wird es dann eigentlich automatisch so sein, dass die Maut zwar bleibt, dass sie dann aber alle zahlen müssen, also dass die deutschen Autozahler nicht entlastet werden?

Rudolph: Ich bin, was Ihren Frageansatz betrifft, anderer Meinung, und muss von meiner Seite auch noch einmal bekräftigen, dass die Gesetze zur Infrastrukturabgabe EU-Rechts-konform sind und dass wir innerhalb der Bundesregierung eindeutig nachgewiesen haben - auch mit großen Gutachten -, dass wir da auf juristisch sicheren Beinen stehen.

Herr Seibert hat es gesagt: Das Gesetz muss erst einmal im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Wenn die EU dann der Meinung ist, dass sie etwas zu beanstanden hat, dann wird sie uns das mitteilen, und dann haben wir ausgiebig Zeit - und würden dann, im Konjunktiv gesprochen, dieses Recht auch aktiv wahrnehmen -, unsere Rechtsposition noch einmal darzustellen. Diese Frist beträgt zwei Monate. Wenn die EU dann immer noch der Meinung ist, dass etwas noch klarer zu stellen ist, oder wenn sie noch Rückfragen hat, dann werden wir auch da wieder unser Recht wahrnehmen und aktiv und ausgiebig antworten, und haben dann weitere zwei Monate Zeit für die Stellungnahme.

All das vorausgeschickt und unter dem Dach des Satzes, dass wir der Meinung sind, dass diese Gesetze EU-Rechts-konform sind: Wir hatten - Herr Seibert hat es angesprochen - eine Arbeitsgruppe mit Brüssel, haben uns eng abgestimmt, haben dort alle Unterlagen vorgelegt. Unter anderem von Herr Kallas damals, aber auch in der jüngeren Zeit gab es Äußerungen, dass wir auf einem guten Weg sind. Auf welcher Grundlage dann Herr Juncker seine Aussage getroffen hat, ist uns nicht bekannt, aber die Grundlagen, auf die wir unsere Aussagen stützen, habe ich Ihnen genannt.

Zusatzfrage: Die Frage war ja, ob Sie sich heute hier hinsetzen und sagen können: Wenn das Ganze kippt, dann wird es für die Deutschen keine Maut geben, die sie bezahlen müssen, ohne dass sie davon entlastet werden? Ist das für Sie also eine Grundsatzentscheidung, nach dem Motto: Wir wollen nicht, dass die Deutschen Maut zahlen, ohne entlastet zu werden? Oder sagen Sie: Das kann dann in beide Richtungen gehen?

Rudolph: Ich sage hier, dass wir, also dass die Bundesregierung im Gesamten, Gesetze zur Infrastrukturabgabe beschlossen hat, die so ausgestaltet sind, wie sie ausgestaltet sind - es wurde ja ausgiebig darüber berichtet -, und dass wir hier einen echten Systemwechsel hin zur Nutzerfinanzierung einleiten. Das fordert die EU auch. Und um gleichzeitig eine Doppelbelastung von inländischen Kfz-Haltern zu vermeiden, die sich ja schon an der Finanzierung unserer Straßen beteiligen, haben wir an der Steuergesetzgebung etwas geändert.

Noch einmal: Das gesamte Paket, die Gesetze zur Infrastrukturabgabe sind EU-Rechts-konform. Ich erzähle Ihnen gern im Konjunktiv, welche Schritte im Abstimmungsverfahren möglich sind; aber angesichts dessen, dass wir da einen ganz klaren Weg beschreiten, von dem wir ausgehen, dass er EU-Rechts-konform ist, kann ich Ihre "Was wäre, wenn"-Frage nicht kommentieren.

Zusatzfrage: Sie sollen hier ja gar nicht hypothetisch antworten. Die Frage ist ja: Schlägt der Systemwechsel im Zweifel eine Doppelbelastung deutscher Autofahrer?

Rudolph: Der Systemwechsel, den wir einleiten, ist so, wie wir ihn einleiten, und der ist EU-Rechts-konform. Insofern planen wir den Systemwechsel auch so, wie er ist.

Frage: Herr Rudolph, wann genau wird die Infrastrukturabgabe denn nun eigentlich eingeführt - zum 1. Januar 2016, zum 1. Juni 2016 oder wann?

Zweite Frage: Gibt es denn ein Fallbeispiel, einen Worst Case, den Sie schon einmal durchgespielt haben, dass eine erhobene Maut möglicherweise zurückgezahlt, zurückgeführt werden muss?

Rudolph: Zur ersten Frage: Der Minister hatte im laufenden Gesetzgebungsprozess gesagt, dass die Infrastrukturabgabe im Laufe des Jahres 2016 eingeführt wird. Die Gesetzgebung hat einige Zeit gebraucht; deshalb ist das Ziel, diese Infrastrukturabgabe im Laufe des nächsten Jahres umzusetzen.

Zu Ihrer zweiten Frage - auch da gehen wir ins Hypothetische -: Diese Gesetzgebung legen wir gerade deshalb vor, um die Finanzierung der Infrastruktur auf neue Beine zu stellen. Dazu ist die Pkw-Maut ein Element; ich will die anderen jetzt nicht aufzählen, die sind Ihnen sicherlich auch bekannt. Da wollen wir das Ganze eben auf breitere Füße stellen, indem wir alle in der Finanzierung unserer Infrastruktur beteiligen.

Zusatzfrage: Der große Vorwurf, der im Raum steht, ist ja: Man führt diese Infrastrukturabgabe ein, Brüssel kippt sie möglicherweise, sie wird dann weitergeführt und die deutschen Autofahrer müssen draufzahlen. Ist dieses Szenario für den Minister ausgeschlossen?

Rudolph: Darauf wollte die Kollegin ja auch hinaus. Wir haben es aber bewusst so konzipiert, wie wir es konzipiert haben, das heißt, wir wollen keine Doppelbelastung haben. Wenn wir es anders gewollt hätten, hätten wir Vorschläge der Opposition, des ADAC oder von Länderregierungschefs aufgreifen können, die genau das vorschlagen - zum Beispiel durch eine Erhöhung der Mineralölsteuer, zum Beispiel über die Einführung einer Maut für alle. Die Bundesregierung ist diesen Weg im Koalitionsvertrag und auch jetzt bewusst nicht gegangen, sondern leitet den Systemwechsel mit den Gesetzen zur Infrastrukturabgabe ein, so wie ich ihn beschrieben habe.

Frage: Mich würde doch noch einmal die Rechtskonstruktion des Vertragsverletzungsverfahrens interessieren. Wenn dieses Verfahren in Brüssel eröffnet wird, dann heißt das: Das deutsche Gesetz tritt in Kraft, ist in Kraft und nimmt seinen Verlauf. Wann die Maut tatsächlich eingeführt wird, wissen wir nicht - lediglich, dass sie irgendwann im Laufe des Jahre 2016 eingeführt werden soll -; was wir wissen, ist, dass Sie sich vermutlich vier Monate und dann noch die Brüsseler Zeit nehmen werden, um Ihre Rechtsposition darzulegen. Wird das Gesetz durch das Vertragsverletzungsverfahren irgendwie angehalten? - Herr Plate vom Innenministerium schüttelt schon mit dem Kopf, aber das Wirtschaftsministerium ist wahrscheinlich dasjenige, das formal zuständig sein würde - ich weiß nicht, wer antworten möchte.

Wenn ich das noch nachschieben darf: Was wären die Folgen, wenn die EU-Kommission zu dem Schluss kommt, dass der Vertrag verletzt ist? Gibt es dann eine Aufforderung, das Gesetz zu ändern, oder tritt das außer Kraft?

Rudolph: Zum Juristischen beziehungsweise grundsätzlich können auch andere Häuser gern ergänzen. - Ich hatte den Weg einmal skizziert. Noch ist es ja so, dass uns keine Mitteilung der EU-Kommission vorliegt. Das liegt daran, dass das Gesetz im Bundesgesetzblatt erst einmal veröffentlicht werden muss. Dann wird sich die Kommission sicherlich auch noch Zeit zur Prüfung nehmen. Auf welcher Grundlage der Juncker hier ein paar Schritte vorwegnimmt, bleibt sein Geheimnis; aber so ist der Gang der Dinge, und so eine Mitteilung liegt uns eben noch nicht vor.

Wenn die EU uns diese Mitteilung zukommen lässt - ein sogenanntes Mahnschreiben -, dann haben wir die Zeit, die ich skizziert habe, darauf ausgiebig einzugehen. Wenn die EU-Kommission dann der Meinung ist, sie müsse noch einmal ein begründetes Mahnschreiben darlegen, dann gründen sich darauf noch einmal die weiteren zwei Monate. Was dann passiert, muss die EU-Kommission entscheiden, und sie muss es vor allem rechtlich gut begründen. Wir haben unsere rechtlichen Gründe dargelegt - auch im Gutachten dargelegt -, und zwar in der Regierung, mit dem Parlament, mit dem Bundesrat. Das ist eben auf EU-Seite momentan noch nicht der Fall; vielmehr gibt es nur diese Forderung beziehungsweise diesen Gedankengang, der im Raum steht.

Kurz vor der Regierungspressekonferenz - ich sage das, damit die Kollegen hier das auch auf dem Schirm haben - lief ein Zitat des Ministers über Agentur, der noch einmal sagt: Falls es dazu aus Brüssel Bemerkungen gibt, sollte die Kommission detailliert sagen, was ihr an dem Gesetz nicht gefällt. Pauschalkritik aus Brüssel ist nicht akzeptabel. - Das insofern als Ergänzung, damit Sie den Rahmen kennen.

Zusatzfrage: Ich hatte ja zu den Formalien gefragt. Wer kann mir denn da weiterhelfen?

Zimmermann: Ich kann auf jeden Fall bestätigen: Das Verfahren, das der Kollege ja beschrieben hat - mit Vorverfahren, und wenn dann auch tatsächlich ein Klageverfahren von der EU-Kommission angegangen wird -, hat, solange es läuft, keine Auswirkungen auf das eigentliche Gesetz.

Moiteaux: Das kann ich nur bestätigen beziehungsweise unterstützen: Es gibt keine aufschiebende Wirkung durch Klagen, während das Verfahren läuft.

Zusatzfrage: Was wäre dann das Ergebnis? Ist das so wie beim Verfassungsgericht, das dann sagt "Lieber Gesetzgeber, ihr müsst jetzt das Gesetz ändern", oder was kommt da am Ende raus?

Moiteaux: Wenn der Europäische Gerichtshof zu dem Ergebnis käme - aber das ist jetzt hypothetisch; Sie fragen ja nach einem Verfahren, insofern sage ich nicht für diesen konkreten Fall -, dass ein Gesetz gegen Europarecht verstößt, dann hätte die Bundesregierung das europäische Recht verletzt und wäre sozusagen verpflichtet, ihr Recht anzupassen. Das wäre aber eben ein aktiver Akt.

Frage: Wenn ich Herrn Rudolph richtig verstanden habe, spürt man im Ministerium Irritationen über die Äußerungen von Herrn Juncker und stellt sich dort offenbar die Frage, was ihn geritten hat, sich gestern so zu äußern. Da stellt sich grundsätzlich die Frage: Auf welcher Ebene haben Sie denn über das Gesetz mit der EU-Kommission gesprochen? Waren da wirklich alle wichtigen Leute am Tisch?

Eine zweite Frage an Herrn Seibert: Nun treffen sich ja heute Abend Frau Merkel und Herr Juncker; das wäre ja vielleicht eine gute Gelegenheit, Missverständnisse auszuräumen beziehungsweise Herrn Juncker auf den letzten Stand zu bringen. Ist so etwas heute geplant?

StS Seibert: Das ist kein geplantes Tagesordnungsthema heute Abend. Der letzte Stand ist das Gesetz, das Bundestag und Bundesrat passiert hat. Das ist nun ja auch für jeden nachlesbar. Ich bin überzeugt - und habe es gerade auch so verstanden -, dass das Bundesministerium alle Informationen dazu auf Anfrage natürlich auch gerne mit Brüssel teilt, so wie es das auch schon in der Vergangenheit in den Diskussionsprozessen getan hat.

Rudolph: Die eine Frage hat Herr Seibert beantwortet, genau so ist es mit den Unterlagen.

Zu dem anderen vielleicht noch ein juristischer Hinweis, da ich so gebetsmühlenartig wiederhole, dass das Gesetz zur Infrastrukturabgabe EU-Rechts-konform ist: Selbst die Österreicher, die dem ja kritisch gegenüberstehen, haben in ihrem Gutachten gesagt: Das ist EU -Rechts-konform. Der zweite Punkt ist, dass wir unsere Steuergesetzgebung ändern, und Steuergesetzgebung liegt in der nationalen Hoheit. Ich lasse mich da gerne korrigieren, aber ich bin der Meinung, dass am Ende nicht Brüssel über die nationale Steuerhoheit entscheidet, sondern jeder Nationalstaat selbst. Das vielleicht nur noch einmal als juristische Einordnung dazu. Das ist auch nachlesbar in unserem Gutachten, das wir schon seit Monaten auf unserer Internetseite online gestellt haben; da kann man die Sachen, die ich hier sage, also noch einmal profund nachlesen.

Frage: Herr Rudolph, Sie haben es ja erwähnt: Es gab die Arbeitsgruppe mit Brüssel, es gab die Gutachter, die Ihnen EU-Rechts-Konformität bestätigt haben, es gab das BMJ als Obernotar der Regierung, es gab Ihr eigenes Haus. Da stellt sich die Frage: Wie hat der Minister dieses Interview mit Herrn Juncker denn aufgenommen? Er muss doch wahnsinnig enttäuscht gewesen sein und aus allen Wolken gefallen sein?

Rudolph: Der Minister hat das Interview natürlich gelesen. Er hat auch gelesen, dass sich Herr Juncker grundsätzlich zu laufenden Prozessen und Verfahren nicht äußert. Er hat das Interview dann natürlich auch weiter gelesen und kam zu dem Schluss, dass uns keine Stellungnahme vorliegt und ihm die Begründung von Herrn Juncker, die ihn zu dieser Äußerung leitet, nicht bekannt ist. Über die Emotionalität habe ich mit dem Minister aber nicht gesprochen.

Frage: Herr Rudolph, es kam ja eben die Frage nach der Doppelbelastung, falls am Ende doch auf die Entlastung der deutschen Autofahrer verzichtet werden müsste. Da sind Sie gefragt worden, ob Sie die ausschließen, und geantwortet haben Sie, dass Sie die nicht wollen. Deswegen möchte ich noch einmal nachfragen, ob ich das so verstehen darf, dass Sie nicht ausschließen, dass es zu einer Doppelbelastung kommt, sondern sich das lediglich nicht wünschen?

Rudolph: Dann ist es gut, dass Sie noch einmal nachfragen, denn die Gesetzgebung ist so konzipiert, dass es keine Doppelbelastung gibt. Das ist der Charakter der Gesetzgebung hier in Deutschland.

Zusatzfrage: Das weiß ich, aber schließen Sie für den Fall, dass festgestellt würde, dass diese Gesetzgebung nicht europarechtskonform ist, eine Doppelbelastung aus, ja oder nein?

Rudolph: Das sind diese absoluten - -

Zusatz: Und alles andere als ein Nein werte ich als Ja.

Rudolph: Schließen Sie aus, dass der VfB Stuttgart im nächsten Jahr Deutscher Meister wird?

Zusatz: Nein.

(Heiterkeit)

Rudolph: Okay. Andere würden es ausschließen! - Aber Spaß beiseite; das war ein Flachs. Sie fragen mich praktisch hypothetisch zu einer Rechtsprechung, die nicht stattfindet, zu einer juristischen Grundlage, die wir haben und über die wir jetzt ausgiebig gesprochen haben, die sehr fundiert, sehr breit ist, und auf der anderen Seite zu Ankündigungen, die aber noch nicht - - vielleicht haben sie eine juristische Fundierung, aber wir kennen sie noch nicht. Deswegen sage ich ganz klar, dass unsere Gesetzgebung darauf zielt, so ausgestaltet zu sein, wie sie ausgestaltet ist, und dass ich Ihnen diese hypothetische Frage jetzt nicht deshalb beantworte, weil ich es nicht will, sondern weil ich der Überzeugung bin, dass man da - so, wie es die Regierung plant und wie es auch im Vorlauf angekündigt wird - Wort hält.

Frage: Herr Seibert, war das eigentlich ein Versprechen für die Ewigkeit, als die Kanzlerin gesagt hat "Mit mir wird es keine Mehrbelastung der deutschen Autofahrer geben"? Oder war in diese Aussage ein Verfallsdatum eingepreist?

StS Seibert: Es gab in der ganzen Debatte um die Pkw-Maut, um die Infrastrukturabgabe immer zwei Grundsätze, nach denen wir gehandelt haben. Das eine war, dass natürlich Europarechtskonformität erreicht sein muss, und das andere war, dass die Fahrzeughalter in Deutschland nicht stärker belastet werden dürfen. Das sind die beiden Grundsätze - bereits im Koalitionsvertrag niedergelegt -, nach denen wir uns an die Erarbeitung dieses Gesetzes gemacht haben. Das Gesetz trägt diesen Grundsätzen Rechnung. Ich glaube, das beantwortet Ihre Frage.

Zusatzfrage: Verstehe ich das dann richtig: Wenn die europarechtliche Grundlage am Ende durch einen anderen überraschenden Entscheid höchstgerichtlich wegfällt, dann entfällt für die Bundeskanzlerin die Grundlage für die Pkw-Maut laut Koalitionsvertrag? Wenn das Ding europarechtlich nicht kompatibel ist, dann kann es das nicht geben?

StS Seibert: Heute ist wieder ein ganz großer Tag für hypothetische Fragen, an denen ich mich wie immer nicht beteilige. Wir haben, glaube ich, ganz klar dargelegt, was unsere Überzeugungen zu dem Gesetz, wie es Bundestag und Bundesrat passiert hat, sind, und dass wir nach intensiven Absprachen mit der europäischen Ebene auch davon ausgehen, dass es europarechtskonform ist. Alles Weitere werden wir sehen. Jetzt warten wir darauf, dass das Gesetz in Kraft tritt.

Zusatzfrage: Entschuldigung, aber Sie haben als erste ausschlaggebende Bedingung die europarechtliche Kompatibilität genannt.

StS Seibert: Ja, die gehört ja auch zur Geschichte dieses - -

Zusatzfrage: Wenn die entfällt, dann entfällt auch die Grundlage für die Maut?

StS Seibert: Ich habe Ihnen die Genese dieses Gesetzes erklärt, das von Anfang an nach diesen beiden Grundsätzen zu erarbeiten war und diesen beiden Forderungen gehorchen musste. So ist es erarbeitet worden.

Frage: Ich habe noch eine Nachfrage an das Wirtschaftsministerium, weil Sie gerade zum Verfahren sagten, dass, wenn es einen Spruch des Europäischen Gerichtshofes gibt, in diesem Fall die deutsche Seite ihr Recht anpassen müsste. Mein Stand war, dass die deutsche Seite, wenn es diesen Spruch gibt, sagen kann: "Nö, das ist alles europarechtskonform, wir halten uns einfach nicht daran", und dass es dann noch eine zweite Stufe geben würde, in der es um Zwangsgeld geht. Ist das richtig?

Moiteaux: Die Sache ist: Der Europäische Gerichtshof stellt nur fest, ob ein Gesetz mit europäischem Recht vereinbar ist. Dann muss tatsächlich reagiert werden. Wenn diese Reaktion nicht erfolgt, dann hat man an dieser Stelle die Möglichkeit, eine Form von Schadensersatz beziehungsweise Zwangsgeld zu verhängen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium zum Thema Klimabeitrag: Wie sieht es diesbezüglich momentan aus? So, wie ich das verstehe, möchte das Ministerium vor der Sommerpause ein Gesetz sehen; Herr Gabriels Vorschlag ist innerhalb der Regierung aber auf Kritik gestoßen. Gibt es offizielle Treffen, in denen Probleme beseitigt werden sollen? Gibt es einen möglichen Kompromissvorschlag? Können Sie uns hierzu vielleicht etwas sagen und uns ein paar Details geben?

Moiteaux: Die Bundesregierung hat sich wiederholt zum Klimaziel bekannt, zuletzt eben im Kabinettsbeschluss vom Dezember letzten Jahres. Dazu wurde vereinbart, dass der Stromsektor einen zusätzlichen Beitrag leisten soll. Der Bundeswirtschaftsminister hat auch deutlich gemacht, dass es eben nicht um einen Ausstieg aus der Kohle geht, sondern um Emissionsreduktionen der ältesten Kraftwerke. Er hat auch deutlich gemacht, dass es nicht um Lösungen geht, die Regionen gefährden oder zu massiven Arbeitsplatzverlusten führen würden.

Wie Sie schon gesagt haben, hat der Bundeswirtschaftsminister den Auftrag erhalten, einen Vorschlag zur Emissionsminderung vorzulegen. Dazu laufen zurzeit die Diskussionen, und sie werden mit Nachdruck weitergeführt; aber einen konkreten Zeitplan, wie die weiteren Schritte ablaufen, kann ich Ihnen jetzt noch nicht nennen. Abstimmungsprozesse haben manchmal eine Eigendynamik, aufgrund derer sie sich nicht auf einen konkreten Tag festlegen lassen.

Zusatzfrage: Sind das Abstimmungsprozesse innerhalb der Regierung, also zwischen SPD und CDU zum Beispiel, oder wo sind diese Abstimmungsprozesse zu finden?

Moiteaux: Der Bundeswirtschaftsminister hat immer deutlich gemacht, dass er mit allen Akteuren in einem engen Austausch steht und auch für Alternativvorschläge zu der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung offen ist. Insofern wird der Dialog mit vielen Akteuren geführt - seien es die beteiligten Industrien, seien es die anderen politischen Akteure. Das ist also ein breiter Diskussionsprozess unter Einbeziehung aller relevanten Akteure.

Zusatzfrage: Aber Sie erwarten immerhin bis zur Sommerpause irgendeine Art von Gesetz zu diesem Thema?

Moiteaux: Ich habe gerade gesagt, dass ich keinen konkreten Zeitplan nennen kann.

Frage: Auch an das Wirtschaftsministerium, aber zu einem anderen Thema: Ist es richtig - und wenn ja, warum -, dass bei den industriellen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen die Förderung reduziert werden soll?

Moiteaux: Die Kraft-Wärme-Kopplung ist eine effiziente Technologie. Sie wird von der Bundesregierung durch eine Förderung nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz unterstützt. Auch in Zukunft wird hocheffiziente und klimafreundliche Kraft-Wärme-Kopplung eine wichtige Rolle spielen. Hierzu soll das zugrundeliegende Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz novelliert werden. Erste Eckpunkte dazu haben wir bereits im März vorgelegt, gemeinsam mit einem Paket mit Vorschlägen zu einem Klimabeitrag. Diese sind auf der Homepage des Bundeswirtschaftsministeriums erläutert. Auch hier laufen derzeit die konkreten Arbeiten, sodass ich jetzt zu Einzelheiten keine Stellung nehmen kann.

Ich kann aber ganz allgemein zu der Frage sagen, dass die künftige Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung so ausgestaltet werden soll, dass sie mit den anderen Zielen der Energiewende kompatibel ist. Das bedeutet eben auch, dass man eine Abwägung zwischen der Fortsetzung der Förderung dieser sehr effizienten Technologie und den Gesamtkosten sowie der Belastung der Stromverbraucher treffen muss. Unsere Studien haben dabei gezeigt, dass gerade bei der Eigenstromerzeugung Anlagen bereits heute nahe an der Wirtschaftlichkeit betrieben werden können. Das heißt, diesen Aspekt würden wir natürlich in die Analyse mit einbeziehen können. Ob und wie konkret die Förderung künftig ausgestaltet wird, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht sagen.

Frage: Rund um den Besuch des ägyptischen Präsidenten al-Sisi eine Frage an das Innenministerium. Warum sind eigentlich am Samstag beim Pokalfinale ägyptische Sicherheitskräfte mit dabei, um sich von den deutschen Kollegen schulen zu lassen?

Plate: Ich müsste die Antwort nachreichen, ob sie da waren. Es waren jedenfalls vereinzelte Personen aus dem von Ihnen genannten Bereich eingeladen, dem Pokalfinale beizuwohnen. Ich müsste nachhören, ob sie nun da waren oder nicht.

Zusatzfrage: Vielleicht können Sie sagen, wie man sich so eine Schulung vorstellen kann. Ich stelle mir das nicht ganz leicht vor. Eigentlich geht es ja darum, denen beizubringen, dass es besser ist, wenn am Ende keine toten Fußballfans auf der Straße liegen oder sie nicht als Terroristen ins Gefängnis gesteckt werden. Wie macht man das?

Plate: Wenn Sie tatsächlich Details des Schulungsprogramms von mir hören wollen, müsste ich Sie auch da auf eine Nachlieferung verweisen. Das detaillierte Programm, das typischerweise bei Schulungen von Sicherheitskräften aus anderen Staaten sozusagen durchgezogen wird, habe ich, ehrlich gesagt, nicht im Kopf.

Frage: Herr Plate, könnten Sie einmal erläutern, warum man diesem Militärregime anbietet, solche Sicherheitsdienste auszubilden?

Plate: Das kann ich gerne machen. Rechtsstaat und Menschenrechte spielen in der deutschen Polizei eine sehr große Rolle. Sie spielen sowohl in der Aus- als auch in der Fortbildung eine sehr große Rolle. Wir halten es grundsätzlich für sinnvoll, dass das, was an Rechtsstaatverständnis und Rechtsstaat-Know-how in der deutschen Polizei fest verankert wird, auch mit Staaten geteilt wird, wo es möglicherweise in dem Bereich einen Nachholbedarf geben könnte. Wenn Sie sozusagen nicht versuchen, den Sicherheitskräften solcher Länder das nahezubringen, dann haben wir keinen Beitrag dazu geleistet, dass es dort Verbesserungen gibt. Wenn wir versuchen, das in Schulungen den Sicherheitskräften solcher Staaten nahe zu bringen, dann besteht zumindest eine gewisse Aussicht darauf, dass man einen positiven Beitrag leisten kann.

Das sind nur zwei, drei allgemeine Sätze. Ich kann das an dieser Stelle nicht weiter vertiefen.

Frage: Geht es nur um eine Schulung bezüglich der Menschenrechte oder geht es auch um eine technische Schulung?

Plate: Eine pauschale Antwort verbietet sich da. Die Treffen, die deutsche Sicherheitskräfte mit Sicherheitskräften anderer Staaten haben, ist sicherlich eine große Zahl verschiedenster Treffen mit verschiedensten Sicherheitskräften. Sie können davon ausgehen, dass es nicht sozusagen eine Blaupause eines Schulungsprogramms gibt, die all diesen Treffen identisch zugrunde liegt. Wenn Sie bezüglich eines ganz bestimmten Treffens wissen wollen, was die Schulungsinhalte waren, würde ich gerne für Sie prüfen, ob ich das zur Verfügung stellen kann oder nicht.

Frage: Herr Plate, eine Lernfrage: Werden deutsche Sicherheitsdienste von irgendwelchen ausländischen Sicherheitsdiensten ausgebildet? Gibt es da Kooperationen?

Plate: Das sind aus meiner Sicht zwei verschieden Fragen, Herr Jung. Kooperationen gibt es natürlich zahlreiche. Gegenseitige Austausche und Besuche haben deutsche Sicherheitskräfte mit den Sicherheitskräften verschiedener Staaten. Ob und wenn ja welche von diesen Besuchen gegebenenfalls auch Schulungscharakter für deutsche Führungskräfte besitzen, ist, ehrlich gesagt, schwierig zu beantworten. Wenn Sie zu einer Konferenz fahren, ist auch die Frage, ob Sie sich dort gegebenenfalls sozusagen geschult fühlen. Das ist sicherlich ein bisschen eine Wertungsfrage.

Sicherlich ist es so, dass die Schulung deutscher Sicherheitskräfte typischerweise nicht im Schwerpunkt solcher Austausche steht.

Frage: Herr Seibert, gestern gab es ein Telefonat zwischen dem griechischen Ministerpräsidenten, der Frau Bundeskanzlerin und dem französischen Präsidenten. Können Sie uns mehr sagen, als dass es ein konstruktives Gespräch war?

Zweitens. Die Bundeskanzlerin hatte eine Frist gesetzt. Bis Ende Mai sollte es eine Vereinbarung zwischen Griechenland und den Partnern geben. Diese Frist ist jetzt abgelaufen. Gibt es eine neue Frist?

Vors. Welty: Dieses Thema hatten wir schon am Anfang der Regierungspressekonferenz behandelt.

StS Seibert: Ich hatte schon das Gefühl, als Sie sich meldeten, dass uns das zum Thema Griechenland zurückbrächte, von dem ich dachte, wir seien für heute durch. Ich wiederhole es noch einmal ganz kurz:

Erstens. Zu dem Telefonat, das, wie auch die anderen Telefonate in dieser Runde, vertraulich ist, habe ich nicht mehr zu sagen.

Zweitens. Fristen setzen sich doch in diesem ganzen Verfahren einfach dadurch, dass Ende Juni das zweite Hilfsprogramm ausläuft. Dann kann man natürlich zurückrechnen, wann es etwa zwischen der griechischen Regierung und den Institutionen zu einer Einigung gekommen sein sollte. Das ist, glaube ich, die relevante Frage. Viel mehr kann ich jetzt hier nicht dazu beitragen.

Frage: Dem Vernehmen nach hat das Thema Griechenland in Dresden eine ziemlich wichtige Rolle gespielt. Es stand nicht auf der Tagesordnung, aber es wurde am Rande der Tagung besprochen. Man kann schon annehmen, dass sich das auch in Elmau wiederholt. Wäre es nicht sinnvoll, statt übereinander zu sprechen - über Tsipras, Varoufakis etc.; gemäß einer Meldung heißt es sogar, dass das Gespenst von Varoufakis über Elmau geistern wird -, die griechischen Gesprächspartner direkt nach Elmau einzuladen, um mit ihnen direkt zu sprechen?

StS Seibert: Die Antwort ist nein. Elmau ist der Gipfel der G7, zu dem die USA, Japan, Kanada und einige europäische Länder gehören. Wie Sie wissen, gibt es ausreichende Gespräche. Es gibt vor allem hoffentlich zu Ergebnissen führende Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Institutionen. Da gehört das Thema hin, und da muss man zu einer Lösung kommen. Das ist kein G7-Thema.

Frage : Eine Frage an das Bundesjustizministerium zur Vorratsdatenspeicherung. Der Justizminister hat letzte Woche zu Protokoll gegeben, dass er die Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung nicht beweisen kann. Kann er das mittlerweile?

Zimmermann: Der Minister hat gesagt, dass er sie nicht beweisen kann, weil das Gesetz noch gar nicht in Kraft getreten ist. Das ist kein anderer Stand als letzte Woche.

Zusatzfrage :Herr Plate, muss man nicht vorher wissen, ob ein Gesetz notwendig ist oder nicht?

Plate: Ich bin mir nicht sicher, ob das Bundesinnenministerium eine Zuständigkeit besitzt, das ganz generell für Gesetze jedweder Art festzustellen. Es wohnt natürlich jeder Entscheidung der Bundesregierung eine Prüfung inne, ob es nach einer prognostischen Entscheidung voraussichtlich sinnvoll oder nicht sinnvoll ist, einen Gesetzesvorschlag zu machen. Sie können davon ausgehen, dass die Bundesregierung keine Gesetze vorschlägt, bei denen sie nicht davon ausgeht, dass sie sinnvolle Beiträge zur Weiterentwicklung auf dem jeweiligen Politikfeld leisten können.

Ob man eine Sache beweisen kann, ist eine ganz andere Frage. Da kann ich nur auf das verweisen, was die Kollegin schon gesagt hat.

Zusatzfrage: Warum können Sie es nicht beweisen? Die Vorratsdatenspeicherung gab es ja schon einmal in Deutschland. Dann hat man doch Grundlagen, um daraus eine Beweiskraft ziehen zu können.

Zimmermann: Es gab eine Vorratsdatenspeicherung bis zum Jahr 2010; das ist richtig. Nun haben wir einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Höchstspeicherfristen für Verkehrsdaten einführt. Ihre Frage ist: Können wir es beweisen, können wir es nicht beweisen? Dieses Instrument, das durch die Einführung dieser Höchstspeicherfristen neu geschaffen wird, ist ein Instrument, das den Ermittlungsbehörden - insbesondere den Staatsanwaltschaften - an die Hand gegeben wird, um schwerste Straftaten aufklären zu können.

Zusatzfrage: Ich verstehe nicht, was daran so neu sein soll. Das Einzige, was neu ist, sind die Fristen. Sie müssen doch grundsätzlich wissen, ob das notwendig ist oder nicht. Sie müssen das der Öffentlichkeit beweisen.

Zimmermann: Inwiefern meinen Sie, dass wir der Öffentlichkeit etwas beweisen müssen? Es ist ein Instrument - -

Zuruf: Das ist eine Freiheitseinschränkung!

Zimmermann: Der Minister hat deutlich gesagt, dass es ein Instrument ist, das künftig unter sehr engen, begrenzten Voraussetzungen zur Aufklärung schwerster Straftaten genutzt werden kann und das insbesondere unter einem strengen Richtervorbehalt steht. Dieses Instrument ist ein Baustein zur Aufklärung besonders schwerer Straftaten.

Frage: Die EU versteht sich auch als Wertegemeinschaft. Ist es nach dem Dafürhalten damit vereinbar, wenn ein Land die Todesstrafe einführen will? Ich hebe auf die Diskussion in Ungarn ab.

StS Seibert: Noch einmal die ganz klare Vorbemerkung: Die Bundesregierung ist gegen die Todesstrafe - überall und ohne jede Ausnahme.

Die Abschaffung der Todesstrafe war im Übrigen eine der Voraussetzungen für Ungarns Beitritt zur EU im Jahre 2004. Wir gehen davon aus, dass Ungarn sich dieser Verpflichtung auch nicht mehr entziehen wird.

Ungarn hat sich im Übrigen auch aus freien Stücken der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem sogenannten 13. Zusatzprotokoll angeschlossen. Damit hat es sich zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe bekannt und unter allen Umständen verpflichtet. Das macht die Lage für uns sehr klar.

Zusatzfrage: Heißt das in der Konsequenz, dass Ungarn, wenn es sich nicht daran hält, nicht Mitglied der EU sein kann?

StS Seibert: Ich gehe davon aus, dass Ungarn die Verpflichtungen sehr genau kennt, die es eingegangen ist.

Frage: Herr Seibert, begrüßt die Bundesregierung die Ermittlungen des Generalbundesanwalts in Sachen US-Drohnenangriffe aus Ramstein?

StS Seibert: Die Justiz in diesem Land ist unabhängig. Insofern trifft der Generalbundesanwalt seine Entscheidungen nach eigenem Dafürhalten.

Zusatzfrage: Herr Seibert, begrüßt die Kanzlerin die Wiederwahl von Herr Blatter?

StS Seibert: Das ist eine Angelegenheit der FIFA und der internationalen Fußballverbände.

Die Bundeskanzlerin hat klargemacht, und zwar am Freitag in der Pressekonferenz mit Premierminister Cameron, wie wichtig ihr die Aufklärung der Vorwürfe ist, dass die Korruption natürlich aus dem internationalen Fußballsport verschwinden muss. Sie sprach davon, dass mit der dunklen Seite - das war ein Zitat des Premierministers - aufgeräumt werden muss. Das ist die Erwartung, die wir natürlich an die FIFA zu richten haben.

Zusatzfrage: Ist die FIFA für die Bundesregierung ein korruptes System, eine korrupte Organisation?

StS Seibert: Das ist eine Behauptung, der ich mich hier für die Bundesregierung nicht anschließen kann. Es gibt offensichtlich sehr ernstzunehmende Korruptionsvorwürfe. Die müssen aufgeklärt werden, und zwar rückhaltlos und ohne Ansehen von Personen.

Zusatzfrage: Weiß Frau Merkel denn, ob sie jemals noch einmal neben Herrn Blatter im Stadion sitzen wird?

StS Seibert: Die Frage haben Sie mir schon neulich wortgleich gestellt. Ich habe Ihnen damals schon gesagt, dass ich nicht in der Lage bin, in die Zukunft zu gucken. Die Kanzlerin wird sicherlich auch in Zukunft das eine oder andere Fußballspiel besuchen.

Zusatzfrage: Ihre Antwort von Freitag bezog sich ja darauf, dass sie noch nicht wussten, wer FIFA-Präsident wird. Jetzt wissen Sie es.

StS Seibert: Ich habe Ihnen am Freitag auch gesagt, dass ich nicht in der Lage bin, in die Zukunft zu gucken. Die Bundeskanzlerin wird sicher auch in Zukunft das eine oder andere Fußballspiel besuchen.

Zusatzfrage: Frau Chebli, wie bewertet die Bundesregierung, dass der ukrainische Präsident Poroschenko den georgischen Ex-Staatschef Saakaschwili zum Gebietsgouverneur von Odessa ernannt hat?

Chebli: Das ist eine Entscheidung, die die Ukrainer getroffen haben. Das ist eine innenpolitische Entscheidung, die wir nicht zu kommentieren haben.

Zusatzfrage: Das ist ein ganz normaler Vorgang?

Chebli: Das ist eine Entscheidung, die wir einfach nicht zu kommentieren haben. Das ist eine Entscheidung der ukrainischen Regierung.

Zusatzfrage : Dass ein georgischer Ex-Gouverneur - -

Chebli: Ich habe dem, was ich gerade gesagt habe, nichts hinzuzufügen.

Montag, 1. Juni 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 1. Juni 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/06/2015-06-01-regpk.html;jsessionid=D78DC02B9763BEDAA99C265C7559B559.s4t1
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2015

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