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PRESSEKONFERENZ/1156: Kanzlerin Merkel und der türkische Ministerpräsident Davutoglu, 8.2.2016 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz in Ankara - Montag, 8. Februar 2016
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)


MP Davutoglu: Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, meine werte Freundin, werte Angehörige der Presse, ich freue mich, dass wir ein weiteres Mal die Frau Bundeskanzlerin zu Besuch haben.

In der letzten Zeit wurden hochrangige Gespräche zwischen unseren beiden Ländern geführt. Das ist natürlich ein Indiz für die deutsch-türkische Freundschaft. In den letzten Wochen haben wir uns wöchentlich getroffen. Vor zwei Wochen gab es die deutsch-türkischen Regierungskonsultationen in Berlin, wo wir mit einer großen Delegation waren. Dann waren wir noch einmal mit den unterstützenden Ländern, den sogenannten Geberländern, in London. Auch dort haben wir die Möglichkeit gehabt, miteinander zu sprechen. Weil wir vielleicht nicht zu Genüge Zeit gehabt haben, habe ich gesagt, dass wir uns noch einmal treffen sollten. Wir haben vereinbart, dass wir uns hier treffen.

Heute ist die Frau Bundeskanzlerin hier. Vielen Dank, dass Sie gekommen sind. Nächste Woche werden wir im Rahmen des EU-Türkei-Gipfels mit den anderen Ländern sicherlich auch in diesem Rahmen zusammenkommen. Die Entwicklungen beobachten wir aus nächster Nähe. Heute haben wir im Rahmen der bilateralen Beziehungen diese Themen noch einmal besprochen. Natürlich haben wir auch über Syrien gesprochen. Wir haben in Bezug auf Syrien die entsprechenden Themen die Flüchtlingskrise, die Flüchtlingsproblematik besprochen.

Ein paar Tage nach den Gesprächen in London gab es in Bezug auf Syrien leider Entwicklungen, die uns Sorgen gemacht haben. Einmal war das die Konferenz in Genf, aber dann natürlich auch die Luftangriffe von russischen Kampfjets, insbesondere bei Assas, wo viele Zivilisten ihr Leben verloren haben. Auf der anderen Seite sehen wir, dass mit den Kämpfern aus dem Iran und aus anderen Ländern, die sich dort befinden, die Regimekämpfer, die Regimekräfte, die gegen Aleppo vorgehen, natürlich den Weg blockiert haben, sodass humanitäre Hilfe nicht mehr dorthin gelangt. Man versucht, Aleppo de facto zu umzingeln. Es gibt Millionen von Syrern um Aleppo herum. Wir sind fast so weit, dass wir von einer humanitären Katastrophe sprechen können.

Wir sehen, dass man natürlich weit von Frieden und von eigentlichen Gesprächen entfernt ist, die auch im Rahmen der Genfer Gespräche zum Frieden führen sollten. Dies ist auch für Europa ein großer Druck, der sich darstellt, wenn wir von den Problemen der Flüchtlinge insbesondere für Deutschland sprechen. Dabei sind die Türkei und Deutschland die beiden Länder, die insbesondere diesen Druck verspüren.

Augenblicklich gibt es neue Situationen, die sich darstellen. Die deutsch-türkischen Konsultationen sind sehr wichtig, die Kooperation ist sehr wichtig, um auch die internationale Gemeinschaft auf diese Probleme hinzuweisen, aber auch, um die humanitäre Hilfe zu ermöglichen. An der Grenze zur Türkei gibt es momentan an die 30 000 Menschen, die warten. Wir tun natürlich Jegliches für die humanitäre Hilfe. Aber niemand sollte denken, dass man einfach sagt: Natürlich nimmt die Türkei diese Flüchtlinge ohnehin auf, und dann können wir einfach so mit Luftschlägen usw. zuschlagen, wie wir wollen. Das kann niemand tolerieren. Niemand sollte denken: Die Türkei nimmt ohnehin viele Flüchtlinge auf und dann kann man von der Türkei erwarten, dass sie alles für die Flüchtlinge tut und alle aufnimmt.

Wir haben mit der Frau Bundeskanzlerin heute auch über dieses Thema gesprochen. Ich habe es auch in Berlin gesagt: Dies ist nicht nur das Problem der Türkei. Das Problem, das unsere beiden Länder haben, ist ein Problem der ganzen Welt. Ich darf mich in diesem Zusammenhang bei der Frau Bundeskanzlerin noch einmal für die Sensibilität und auch für den politischen Willen bedanken, den sie gezeigt hat. Die Menschheit steht vor einer großen Prüfung in Syrien. Wir müssen uns gemeinsam dieser Prüfung stellen. Was all diese Themen angeht, sehen wir, dass wir gemeinsam agieren müssen. Das haben wir auch vereinbart. Im Rahmen eines EU-Türkei-Aktionsplan werden wir dies in den nächsten Tagen weiter verfolgen. Auch unsere staatlichen Institutionen werden auf das Engste zusammenarbeiten.

In der Umgebung von Aleppo gibt es Entwicklungen, von denen ich gesprochen habe. Gemäß der UN-Sicherheitsratsresolution 2254 heißt es, dass alle Parteien entsprechend für den Frieden handeln sollten. Wir haben den Beschluss gefasst, dass wir diplomatisch vorgehen, wenn wir von Russland, aber auch von anderen Angriffen ausgehen und dass man auf diese auf Ebene der UN entsprechend diplomatisch hinweist. Dieser Angriff auf die Menschen dort muss aufhören. Das muss ein gemeinsames Ziel sein.

Zweitens. AFAD und das deutsche Technische Hilfswerk werden zusammenarbeiten. Insbesondere an der Grenze zu Syrien gibt es momentan Flüchtlinge. Dort gibt es auch eine Vereinbarung, dass sie zusammenarbeiten, sodass es für diese Syrer an der türkischen Grenze jegliche Unterstützung geben wird das hat die Frau Bundeskanzlerin gesagt - und dass man mit dem Technischen Hilfswerk zusammenarbeiten wird, das sozusagen das Pendant zu AFAD ist. Somit wird auch den Syrern an dieser Grenze geholfen.

Wenn Sie sich erinnern, ging es im Rahmen der Kabinettssitzung auch um entsprechende Maßnahmen gegen Schleuser. Momentan wird eine große Operation gegen diese Schleuserkriminalität durchgeführt. Wir sind jederzeit mit unseren Einsätzen in Aktion gewesen. Wir sehen diesen Straftaten natürlich als sehr große Straftaten an, wo die Menschen ausgebeutet werden, wo sie sich eigentlich ziellos auf diese Gefahr hin auf einen Weg begeben. Das führt zu einer humanen Tragödie, wenn man zum Beispiel die entsprechenden Ausrüstungen betrachtet, die verkauft werden, wenn wir von Westen sprechen, die aber nicht wasserfest sind. Solche Ausrüstung wird schamlos verkauft. Es werden auch Operationen gegen diese Verkäufer eingeleitet. Man darf hier keinen Sektor entstehen lassen, der sich in diesem Bereich betätigt.

Mit Deutschland werden wir unsere Zusammenarbeit auf der Ebene ausdehnen, wenn wir von illegalen Übergängen sprechen, wenn wir von der Zusammenarbeit der Polizeien sprechen. Hier gab es eine entsprechende Anweisung an unsere Innenministerien. Beide Seiten haben in Bezug auf ein Netzwerk, wo eben gegen diese Schleuser vorgegangen werden soll, diesen Schritt getan.

Dann werden wir an einer Intensivierung der Zusammenarbeit mit Frontex arbeiten. Am Donnerstag werden die entsprechenden Verteidigungsminister der NATO tagen. Zu den Ergebnissen der Flüchtlingskrise wird es dabei auch zusammen mit Deutschland und der Türkei Empfehlungen geben, die wir abgeben werden, wenn wir von der Aufklärung, der Beobachtung dieser Entwicklung sprechen, sodass also auch dieser Mechanismus dort intensiv genutzt werden kann.

Was die syrischen Flüchtlinge und natürlich auch das Leid dieser Syrer angeht, gibt es Situationen, wo Staatsangehörige anderer Länder dieses ausnutzen, sich als Syrer ausgeben und dann diesen Weg nutzen wollen. Wir wollen verhindern, dass diese Menschen diesen Weg ausnutzen.

Zwischen der EU und der Türkei wird es im Rahmen der Umsiedlung der Flüchtlinge auch einen effektiven Mechanismus geben, den wir hierbei forcieren wollen. Ich darf mich noch einmal bei der Frau Bundeskanzlerin für die Unterstützung herzlich bedanken, was die drei Milliarden Euro für die Türkei für die syrischen Flüchtlinge angeht, auf die wir uns vereinbart haben, wo schnellstens agiert und in Aktion getreten wird. Zusammen mit AFAD werden Projekte ins Leben gerufen. Das heißt, diese Projekte werden zunächst einmal an die EU herangetragen, sodass man mit der Ausbildung und Schulung von syrischen Kindern und Schülern beginnen kann.

Ein weiterer Punkt betrifft zusammen mit der türkischen Migrationsverwaltung die Gespräche mit Griechenland am Donnerstag. Im Rahmen des Rückübernahmeabkommens, das schon läuft und auch greift, werden wir die entsprechenden Punkte aufgreifen. Zusammen werden sich die Arbeitsgruppen gegenseitig unterstützen, was eine gemeinsame Zusammenarbeit angeht.

Sie sehen also, dass es am Ende dieser Gespräch heute hier Vereinbarungen gibt, was gemeinsame Zielsetzungen und auch den gemeinsamen Nutzen angeht. Wir müssen diesen Rahmen der Gespräche sozusagen mit Leben erfüllen, sodass dann die Inhalte verwirklicht werden können. Was jegliche barbarische Haltungen gegenüber den syrischen Flüchtlingen angeht ob das von den russischen Kampfjets, PID oder egal von woher , werden wir gemeinsam daran arbeiten, dass das Leid dieser Menschen, die dadurch zu Schaden kommen, verringert werden kann, dass sie besser untergebracht werden und dann vielleicht auch eines Tages wieder zurückkehren können. Dafür werden wir gemeinsam mit Deutschland arbeiten.

.... (akustisch unverständlich) auf dem Balkan, im Kaukasus, aber auch auf Zypern sind Themen gewesen, die wir hierbei noch einmal behandelt haben, auch was die EU-Kapitel und die Öffnung dieser Kapitel angeht, aber auch die Unterstützung Deutschlands, um die wir gebeten haben. Wir wollen natürlich auch diesen Prozess beschleunigen und die Sache noch einmal beraten.

Noch einmal vielen Dank für Ihren Besuch, Frau Bundeskanzlerin, herzlich willkommen und vielen Dank für diese enge Zusammenarbeit.

BK'in Merkel: Ich möchte mich beim türkischen Premierminister Ahmet Davutoglu bedanken - für die Gastfreundschaft, aber auch für die Intensität unserer Gespräche, die wir heute im Anschluss an die London-Konferenz geführt haben. Unsere Gespräche haben sich zum einen im Wesentlichen um die aktuelle Situation gedreht, auf der anderen Seite um die Umsetzung der EU-Türkei-Migrationsagenda und darum, was wir von deutscher Seite und von türkischer Seite auch dazu beitragen können.

Zur aktuellen Situation muss man sagen: Wir hatten eine sehr erfolgreiche Konferenz in London, auf der wir doch Unterstützung für die Flüchtlinge in Syrien, aber auch im Libanon, in Jordanien, im Nordirak und in der Türkei zusagen konnten. Doch wir sind jetzt in den letzten Tagen nicht nur erschrocken, sondern auch entsetzt über das, was an menschlichem Leid für Zehntausende von Menschen durch Bombenangriffe vorrangig von russischer Seite entstanden ist.

Wir müssen uns noch einmal die Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrats vom 18. Dezember vor Augen führen, der auch Russland zugestimmt hat. Darin verlangt der Sicherheitsrat, dass alle Seiten die Angriffe gegen die Zivilbevölkerung und gegen zivile Ziele unverzüglich einstellen, insbesondere und unterschiedslos auch jeden Einsatz von Waffen und Bombenangriffe aus der Luft. Darauf ist also ganz explizit in dieser Resolution hingewiesen worden. Der Sicherheitsrat verlangt auch den umgehenden Zugang zu humanitärer Hilfe.

Deshalb werden die Türkei und Deutschland in New York noch einmal aktiv werden und auf die Einhaltung dieser Resolution, die auch von Russland unterzeichnet wurde, dringen. Denn das, was sich jetzt an der türkisch-syrischen Grenze zeigt, ist das wirklich große Elend, die Angst und die wirklich schwierige Situation der Flüchtlinge. Deshalb haben wir auch angeboten das deutsche Technische Hilfswerk und AFAD werden hierbei zusammenarbeiten , dass Deutschland hier zur Seite steht, wenn es um die Versorgung von Flüchtlingen in dieser aktuellen und ja neuen Lage geht. Unter solchen Umständen können Friedensgespräche ja schwerlich stattfinden, und deshalb muss dieser Situation ein schnelles Ende gesetzt werden.

Wir haben dann auf der Grundlage des EU-Türkei-Aktionsplans noch einmal sehr konkret über die Situation der, wenn man das so sagen will, illegalen Migration zwischen der Türkei und Griechenland gesprochen. Es wird gemeinsame Polizeikooperationen gegen illegalen Grenzübertritt geben, im Rahmen derer die deutsche und die türkische Seite zusammenarbeiten werden. Wir werden auch unsere bereits recht erfolgreiche Zusammenarbeit beim Aufdecken von Schlepperringen fortsetzen. Sie erinnern sich, dass vor kurzem durch türkische und deutsche Aktivitäten ein solcher Ring aufgedeckt werden konnte, und diese Arbeit wird fortgesetzt. Das ist die polizeiliche Zusammenarbeit.

Wir haben dann darüber gesprochen, wie man die Arbeit der türkischen Küstenwache mit der Arbeit von Frontex kombinieren kann. Hier wird es Kontakte geben, um die gemeinsamen Anstrengungen sozusagen zu verbessern. Wir werden das NATO-Verteidigungsministertreffen nutzen, um auf der einen Seite über die Situation in Syrien insgesamt zu sprechen, aber eben auch über die Möglichkeiten, inwieweit die NATO bei der Überwachung der Situation auf See hilfreich sein kann und die Arbeit von Frontex und der türkischen Küstenwache unterstützen kann.

Wir werden gemeinsame Anstrengungen unternehmen oder kooperieren, wenn es darum geht, dass Nicht-Syrer in ihr Heimatland zurückgehen. Sie wissen, dass sich jetzt viele Menschen auf den Weg gemacht haben. Wir hatten im Januar bei den Ankünften auf den griechischen Inseln zum Beispiel nur noch zu 45 Prozent syrische Staatsbürger zu verzeichnen, aber auch sehr viele aus Afghanistan und teilweise aus nordafrikanischen Ländern. Hierbei werden wir enger zusammenarbeiten.

Was natürlich wichtig ist und was nicht nur für die Türkei wichtig ist, sondern auch für uns insgesamt: Wenn wir illegale Migration unterbinden wollen, dann müssen wir natürlich in einem bestimmten Umfang auch bereit sein, Flüchtlinge auf legalem Wege aufzunehmen, insbesondere syrische Flüchtlinge. Das ist das sogenannte Kontingentsystem. Hier werden unsere Experten zusammen mit der holländischen Präsidentschaft und den Vertretern der Europäischen Kommission in den nächsten Tagen sehr intensiv daran arbeiten, wie so etwas praktisch aussehen kann. Wenn die illegalen Möglichkeiten nämlich verringert oder weitestgehend gestoppt werden, dann muss man natürlich legale Möglichkeiten finden, daraus ein wirkliches "burden sharing" zu definieren, also eine gemeinsame Aufgabe.

Wir haben im Sinne dieser gemeinsamen Aufgabe jetzt ja auch die 3 Milliarden Euro verfügbar, die wir in der EU-Türkei-Agenda vereinbart hatten. Hierzu habe ich noch einmal gesagt: Wir brauchen schnelle Ergebnisse. Das ist natürlich ganz im Interesse der türkischen Seite. Die Kinder, die keine Schule haben, wollen nicht in zwei Jahren eine Schule in Kilis oder anderswo, sondern sie wollen sehr schnell eine Schule. Deshalb werden wir, wenn wir uns wieder in Brüssel treffen werden, die ersten Projekte auswerten und schauen, dass das Geld auch wirklich schnell fließen kann.

Wir werden dann auch dort, wo es notwendig ist, die gemeinsame Arbeit der Türkei und Griechenlands hinsichtlich der Rückführung von Menschen, die in Griechenland ankommen, unterstützen. Diese Arbeit kann auch von Frontex unterstützt werden. Auch dafür wird sich Deutschland einsetzen.

Sie sehen also: Wir hatten sehr intensiv miteinander zu sprechen. Wir haben auch sehr konkret miteinander gesprochen, was die EU-Türkei-Migrationsagenda anbelangt. Am 29. November gab es ein sehr erfolgreiches EU-Türkei-Treffen, natürlich auch inklusive der Frage von Kapitelöffnungen, der Visa-Liberalisierung und eines Rückführungsabkommens mit der Europäischen Union in Bezug auf Drittstaatler. Jetzt sind wir im Februar, und Ende Februar, drei Monate später, wollen wir natürlich auch gemeinsame Ergebnisse vorweisen. Ich glaube, dafür war das heute ein wichtiger Tag. Wir haben jetzt bis zur nächsten Woche auch noch eine Menge Arbeit vor uns. Danke für die Gastfreundschaft und danke für den Empfang!

Frage: Noch einmal herzlich willkommen. Meine Fragen gehen an Sie, Frau Bundeskanzlerin. Zunächst einmal der Ministerpräsident hat es ja gesagt gibt es im Rahmen eines Abkommens die Summe von 3 Milliarden. Gibt es eine Agenda, wann das der Fall sein wird? Gibt es danach vielleicht eine Aufstockung?

Nach den Angriffen in Aleppo: Die Türkei, die jetzt mit dieser Flüchtlingskrise konfrontiert ist, öffnet dann natürlich auch irgendwo die Grenzen. Aber manchmal heißt es dann, man solle die Grenzen doch nicht öffnen, die Flüchtlinge würden vielleicht nach Europa über den Balkan weitergehen. Was denken Sie dazu?

BK'in Merkel: Vielleicht zuerst zu dem zweiten Punkt. Ich habe ja gerade eben davon gesprochen, dass wir durch die Kontingente eine legale Möglichkeit schaffen wollen, um syrischen Flüchtlingen auch aus der Türkei einen Weg nach Europa zu ermögliche, weil wir uns die Aufgabe teilen wollen. "Teilen wollen", das heißt einerseits finanzielle Unterstützung für die Türkei, aber es heißt nicht, dass die Türkei alle Flüchtlinge nehmen muss, sondern es bedeutet eben andererseits auch die Möglichkeit, dass syrische Flüchtlinge nach Europa kommen, aber eben nicht auf illegalem Weg, wie es im Augenblick der Fall ist, bei dem Menschenhändler so muss man es ja sagen Geld auf dem Rücken unschuldiger Menschen verdienen, bei dem allein im Januar fast 300 Menschen ertrunken sind, weil es ein so gefährlicher Weg ist. Diesen gefährlichen Weg wollen wir in einen Weg umwandeln, der kontrolliert und legal ist und der von uns organisiert wird.

Wir sehen, welchen großen Beitrag die Türkei leistet, um syrischen Flüchtlingen eine temporäre Heimat zu geben. Für viele Syrer ist es sehr wichtig, in der Nähe ihrer Heimat und in der Nähe ihrer Häuser zu bleiben. Deshalb auch die finanzielle Unterstützung. Diese finanzielle Unterstützung steht jetzt zur Verfügung. Jetzt, würde ich sagen, geben wir erst einmal das Geld aus. Wenn es ausgegeben ist, dann können wir auch wieder neu darüber sprechen. Aber jetzt muss erst einmal etwas für das erste Projekt sichtbar sein. Einem Schüler, einem Kind aus Syrien, das als Flüchtling hier lebt, oder einer türkischen Schulklasse, die ihr Klassenzimmer vielleicht mit syrischen Flüchtlingen teilt, ist ja nicht geholfen, wenn wir sagen: "Wir haben 3 Milliarden", sondern sie wollen eine Schule in der Stadt sehen, und zwar schnell.

Daran müssen wir jetzt arbeiten, und wir müssen darauf achten, dass es nicht zu viele bürokratische Hemmnisse gibt, sondern dass das den Flüchtlingen schnell und unbürokratisch zugutekommt.

Frage: Frau Bundeskanzlerin Merkel, unsere Frage geht an Sie. In Deutschland wird schon seit Wochen heftigst über die Obergrenze für die Aufnahme der Flüchtlinge diskutiert: Wann ist der Stopp, wie sehen die Kontingente aus? - Die Türkei hingegen hat inzwischen offiziell 2,5 Millionen Flüchtlinge, und es wird von noch deutlich mehr gesprochen. An den Grenzen sind jetzt, wie Sie eben gesagt haben, 30, die auf Einlass warten.

Insbesondere in der türkischen Bevölkerung herrscht ein wenig Irritation über die Haltung Europas. Immer wieder wird über Doppelmoral gesprochen. Bis jetzt sah es zumindest so aus. Was können Sie der Türkei in dieser Beziehung empfehlen? Wie kann man der Türkei entgegenkommen?

BK'in Merkel: Der ganze EU-Türkei-Aktionsplan beruht ja auf der Erkenntnis, dass man die Aufgabe nicht allein der Türkei überlassen darf. Deshalb gab es auch die Londoner Konferenz, um auch Jordanien und Libanon diese Aufgabe nicht allein zu überlassen, sondern es ist unsere gemeinsame Verantwortung.

Das eine ist, dass wir Projekte für die Flüchtlinge definieren. Im Gegenzug hat die Türkei Erleichterungen für die Flüchtlinge gemacht, zum Beispiel Arbeitsmöglichkeiten geschaffen.

Der zweite große Komplex ist ich denke, das sieht auch jeder ein , dass humanitäre Aktionen zwischen zwei Regierungen oder zwischen der Europäischen Union und der türkischen Regierung doch nicht nach dem Takt der Schlepper und Schmuggler stattfinden können, sondern dass wir die Hoheit darüber bekommen müssen und vereinbaren, wie wir die Arbeitsteilung machen müssen. Das viele Geld, das die Flüchtlinge an die Schmuggler zahlen, kann von den Flüchtlingen an anderer Stelle wirklich sehr viel besser gebraucht werden. Wir wollen deshalb legale Wege in Form der Kontingente finden. Heute haben wir vereinbart, wie die Arbeitsgruppe aussieht, die darüber spricht, damit wir in der nächsten Woche schon sagen können, nach welchem Mechanismus das funktionieren kann. Denn wir können nicht auf der einen Seite von der Türkei erwarten, dass sie alles stoppt, und auf der anderen Seite sagen: Über die Kontingente sprechen wir in einem halben Jahr. - Das geht nicht, sondern das muss Hand in Hand gehen. Dazu hat sich auch die niederländische Präsidentschaft bekannt. Eine Gruppe von freiwilligen Ländern in der Europäischen Union wird die ersten Schritte auf diesem Gebiet tun.

Ich denke, dass wir auch wenn manche das Wort "Kontingente" schon gar nicht mehr hören mögen heute wirklich einen Fortschritt gemacht haben und dass man dann auch den Menschen in der Türkei sagen kann: Das ist unsere gemeinsame Verantwortung.

Weil die Not in den letzten zwei, drei Tagen noch einmal so groß geworden ist, habe ich vorgeschlagen das ist auch aufgenommen worden , dass wir auch das Technische Hilfswerk in die Türkei schicken, um der Organisation AFAD zu helfen, die bei der Versorgung der Flüchtlinge auf der syrischen Seite Herausragendes leistet.

Frage: Eine Frage an den Herrn Ministerpräsidenten. Gestern gab es Meldungen, dass es in Cizre einen Stadtteil mit Verwundeten geben soll. Dort gab es, meine ich, eine Operation, bei der an die 60 PKK-Anhänger getötet wurden. Können Sie uns dazu etwas Näheres sagen?

Eine weitere Frage. Frau Bundeskanzlerin, zunächst einmal herzlich Willkommen. Eben wurde es gesagt: Es gibt sozusagen einen Aktionsplan mit zehn Punkten hinsichtlich der Flüchtlinge. Es gibt natürlich auch viele hochrangige Gespräche. Aber wenn diese Menschen an der Grenze noch in die Türkei und dann weiter nach Europa kommen Man hört beispielsweise, dass diesen Menschen in Europa irgendwelche Besitztümer oder Juwelen abgenommen werden. Auch solche Meldungen gibt es immer wieder. Wie wollen Sie mit dieser Wahrnehmung hier in der Türkei umgehen?

MP Davutoglu: Wie auch in der Öffentlichkeit bekannt ist, gibt es gegen die Terrororganisationen natürlich einen starken und effektiven Einsatz. Leider wenden die Terrororganisationen in der Türkei in der letzten Zeit eine andere Methode an, die sie entwickelt haben. Dabei versuchen sie, die Städte in der Türkei zu destabilisieren.

Cizre ist natürlich ein kritischer Punkt, was die Grenzübertritte der Terroristen, aber auch die Waffen betrifft, weil es in direkter Nähe der Grenze liegt. Um in Cizre für Sicherheit und Ordnung und natürlich auch dafür zu sorgen, dass die Waffen niedergelegt werden, gibt es bisher sehr erfolgreiche Operationen. In diesem Rahmen haben wir Maßnahmen ergriffen, wobei wir natürlich sehr darauf bedacht sind, dass keine Zivilisten ihr Leben verlieren, all das im Rahmen eines demokratischen Rechtsstaats.

Die Nachrichten, die man seit gestern hört, sind keine Information, die wir offiziell bekanntgegeben haben. Von der Provinzverwaltung Sirnak gab es eine Erklärung, die man in diesem Zusammenhang als offiziell wahrnehmen und auch akzeptieren sollte. In den Nachrichten sprach man von vielen Verwundeten und vielen Toten. Dies ist nicht bestätigt worden. Man hat mehrmals Krankenwagen dort hingeschickt, um die angeblichen Verwundeten abzuholen. Aber diese Krankenwagen konnten, wie Ihnen ja auch bekannt ist, gar nicht tätig werden, weil es keinen Kontakt mehr gab. Wir hoffen, dass die Operation in Cizre demnächst entsprechend abgeschlossen wird.

Alles, was wir tun, tun wir im Rahmen eines demokratischen Rechtsstaates. Man sollte auch auf diese Versuche aufpassen, eine bestimmte Wahrnehmung, eine bestimmte Perzeption zu schaffen. All die anderen Meldungen sind spekulative Nachrichten. Da sollte man vorsichtig sein.

BK'in Merkel: Deutschland hat im letzten Jahr Hunderttausende syrische Flüchtlinge aufgenommen. Diese syrischen Flüchtlinge durchlaufen bei uns natürlich einen Prozess der Anerkennung ihres Flüchtlingsstatus, meistens nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Wenn dieser Prozess beendet ist, dann bekommen sie in Deutschland Leistungen in genau der gleichen Höhe wie jeder, der keine Arbeit hat. In Deutschland ist es so, dass immer dann gefragt wird: Welches Vermögen hat ein deutscher Bürger oder eben vielleicht auch ein Flüchtling? Die meisten Flüchtlinge haben überhaupt keine Reichtümer oder große Mengen an Besitz, die sie mitbringen; das sind die absoluten Ausnahmen. Die meisten kommen fast ohne alles zu uns, und deshalb bekommen sie auch diese Unterstützung. Aber so, wie jeder deutsche Staatsbürger gefragt wird, ob er über Vermögen verfügt, wird natürlich auch jemand, der den anerkannten Flüchtlingsstatus hat, gefragt, ob er über Vermögen verfügt und vielleicht etwas dazu beitragen kann, wenn der deutsche Steuerzahler ihm Unterstützung gibt. Da erfolgt aber keinerlei Andersbehandlung, sondern da erfolgt dieselbe Behandlung wie bei jedem, der in Deutschland auf soziale Unterstützung angewiesen ist.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, es ist ungefähr drei Jahre her, dass Sie anlässlich der Gezi-Proteste in der Türkei sehr scharfe Worte der Kritik gefunden haben, was den Umgang mit Versammlungsfreiheit in der Türkei anbetrifft. Es folgte Kritik am Zustand der Gewaltenteilung in der Türkei. Vor zwei Jahren war der Herr Bundespräsident hier und hat in einer Weise Kritik am Zustand von Demokratie und Menschenrechten in der Türkei formuliert, die beinahe für einen Staatseklat gesorgt hätte.

Seither ist die Situation in diesem Land nicht besser geworden. Um bei nur einem Beispiel zu bleiben, nämlich der Pressefreiheit: Die Türkei ist im internationalen Ranking der Pressefreiheit auf Platz 159. Kollegen von uns, Can Dündar und Erdem Gül, werden angeklagt und ihnen drohen lebenslange Haftstrafen. Auch in den kurdischen Gebieten, in Städten wie Diyarbakir, Cizre, Silopi und anderswo, ist laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen die Situation nicht so, wie das der Herr Ministerpräsident gerade dargestellt hat; vielmehr gibt es auch dort Kritik, dass die Operationen der Sicherheitskräfte ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung vorgehen.

Zu all dem hört man von Ihnen, hört man von der Bundesregierung nichts. Bei vielen türkischen Oppositionellen ist der Eindruck entstanden, dass dieses Schweigen der Bundesrepublik der Preis für die Zusammenarbeit in der Flüchtlingsfrage ist. Was sagen Sie zu diesem Eindruck, dass Europa, dass Deutschland in dieser Sache europäische Werte verrät was hier viele Oppositionelle sagen?

BK'in Merkel: Ich glaube, dass wir ein Gesprächsformat haben, in dem wir über alle Themen sprechen. Wir haben zum Beispiel über die Frage der Arbeitsbedingungen von Journalisten gesprochen; vielleicht wird der Premierminister auch selber noch etwas dazu sagen. Wir sprechen auch darüber, dass wir sehr große Hoffnungen in den Versöhnungsprozess mit den Kurden, mit der PKK hatten. Man muss allerdings auch sagen, dass bei terroristischen Aktivitäten jedes Land auch das Recht hat, gegen Terrorismus vorzugehen. Ich weise auch jedes Mal, wenn wir darüber sprechen, darauf hin, dass es Entwicklungsmöglichkeiten geben muss, gerade auch für die Zivilbevölkerung, für die Jugendlichen in den Regionen der Ministerpräsident ist gerade in dieser Region gewesen.

So sprechen wir sehr wohl auch über kritische Fragen. Aber natürlich hat sich auch die Problemlage gegenüber vor zwei oder drei Jahren verändert; denn vor zwei oder drei Jahren gab es weder diese schrecklichen Auswirkungen des Syrien-Krieges, an denen ja nun die Türkei keine Schuld trägt, noch gab es in einem solchen Maße illegale Migration, wo Schmuggler und Schlepper ihr Geld auf dem Rücken von Menschen verdienen. Letztes Jahr sind über 700 Menschen in der Ägäis ertrunken, in diesem Januar sind schon 300 Menschen ertrunken. Auch das bestimmt jetzt natürlich unsere Themen. Insofern ist das, glaube ich, in einer Kontinuität zu sehen. Wir werden gerade auch das Thema der Rechtsstaatlichkeit im Rahmen der Kapitel für den EU-Beitritt sehr intensiv diskutieren. So haben wir also eine breite Palette von Themen, die wir gemeinsam besprechen auch kritische Fragen.

MP Davutoglu: Als zwei Regierungschefs geben wir eine Erklärung ab und wir haben in dieser Pressekonferenz sozusagen auch eine dritte Erklärung gehört, die von Ihrer Seite kam. Diese Frage kann man natürlich auch beantworten, sie ist sicherlich wichtig; aber das war eigentlich weniger eine Frage aus der Presse als ein politisches Statement. Gut, man kann gegenüber dem türkischen Ministerpräsidenten diese Beschuldigungen anführen und ihm das ins Gesicht sagen das kann man machen, klar; das ist auch ein Zeichen für einen Rechtsstaat. Es gibt manchmal aber auch Beschuldigungen, die überzogen sind.

Sie können mich in jeglicher Hinsicht beschuldigen. Wenn Sie sich die türkischen Zeitungen heute anschauen, dann sehen Sie sicherlich Artikel, die in der Mehrzahl kritisch sind. Man sollte aber nicht vergessen, dass die Kritik mit dem Ziel gemacht werden sollte, dass man zum richtigen Ergebnis gelangt. Es gab im letzten Jahr zwei Wahlen, und vonseiten der Beobachter hieß es, dass man offene und freie Wahlkampagnen durchführen konnte, dass man jegliche Ideen zur Sprache bringen konnte, dass jede Partei offene und freie Wahlkampagnen durchführen konnte, dass man jegliche Ideen zur Sprache bringen konnte, dass jede Partei ihre eigene Meinung frei und offen zur Sprache bringen konnte und dabei auch jegliche Kritik geübt werden konnte. Wenn man sich die Parteierklärungen vor den Wahlen und nach den Wahlen anschaut, dann sieht man: Man konnte alles frei diskutieren.

Das gilt auch für das türkische Parlament: Wenn man sich irgendeine Sitzung anschaut, dann sieht man, dass es auch möglich ist, Meinungen zu äußern, die vielleicht in einer schwierigen Art und Weise in der Türkei ankommen könnten, dass es also möglich ist, auch die kritischsten Punkte anzusprechen. Das gilt natürlich auch im Rahmen anderer Themen. Wenn es dort irgendeine Einschränkung der Freiheiten geben sollte, dann wären wir dagegen; das würden wir nie zulassen.

Es ist also alles transparent. Das gilt, wie gesagt, auch in Bezug auf die Wahlen, zu denen internationale Organisationen ihre Beobachter geschickt haben. Da gab es keine Meinungen und auch keine Ergebnisse der Berichte, die darauf hinweisen würden, dass es da Einschränkungen gab.

Ihre Erklärung war also ein politisches Statement. Um das vielleicht zu korrigieren: Ich bin natürlich stolz darauf, dass die Türkei eine bestimmte demokratische, rechtstaatliche Reife erlangt hat. Es gibt in dieser Regierung keinen anderen Ministerpräsidenten. Auch allgemein gesehen gibt es nirgendwo sonst eine Wahlbeteiligung von über 85 Prozent und auch keine Parlamente, von denen sich über 90 Prozent der Menschen vertreten fühlen. Es gibt in dieser Region und auch in Europa auch keine andere Partei mit einem Wahlergebnis von 49 Prozent. Wenn man also nach einer offenen Wahlkampagne eine hohe Wahlbeteiligung erzielen konnte, dann spricht das doch nur für die demokratischen Verhältnisse in einem Land.

Man sieht in der Türkei noch eine weitere Besonderheit, nämlich dass die Türkei angesichts einer Terrorbedrohung auf der einen Seite alle Regeln der Demokratie und der Rechtstaatlichkeit einhält und dennoch gegen den Terror vorgeht. Wenn in Deutschland oder in England bewaffnete Gruppen irgendeinen Stadtteil oder irgendeine Stadt besetzt hätten und sich dort mit Maschinengewehren, mit entsprechenden Geschossen aufgestellt hätten, oder wenn irgendwie nach Deutschland Sagen wir einmal, da gäbe es ein Land wie Syrien, das nicht mehr aufrecht steht, und von diesem Land aus kämen Terroristen über die Grenze nach Deutschland und würden Waffen über die Grenze nach Deutschland bringen: Was für ein Bild gäbe es dann in Deutschland?

Schauen Sie sich Frankreich nach den Angriffen in Paris an: Damals hat Präsident Hollande sozusagen die Armee nach Paris geholt; in Frankreich und auch in Brüssel konnte man da überall Soldaten sehen. Ob es jetzt die Europäer in Brüssel oder in Paris sind: Die Sicherheit der Menschen ist wichtig sozusagen wichtiger als die Freiheit der Menschen, die Terroristen sind. Insofern ist die Freiheit meiner Menschen, meiner Bürger wichtiger als das Leben der Terroristen. Das, was für Frankreich richtig ist, ist auch für die Türkei richtig, und so wie die französischen Soldaten in der Hauptstadt Paris die eigenen Bürger vor den Terroristen schützen wollen und dazu auch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen treffen, wollen wir natürlich auch das Leben unserer Menschen in Diyarbakir schützen. Das hat mit der Einschränkung von zivilen Freiheiten oder der Demokratie nichts zu tun. In Ankara gab es einen Anschlag, bei dem 103 Menschen ihr Leben verloren haben. Wir haben wirkliche Maßnahmen getroffen. Haben Sie irgendeinen Soldaten auf den Straßen Ankaras gesehen, haben Sie irgendwelche übermäßigen Maßnahmen gesehen? In den Zeitungen am nächsten Tag haben Sie trotzdem gesehen, dass mehr die Regierung kritisiert wurde.

Man sollte wissen, dass die türkische Republik auf der Ebene des europäischen Standards eine Demokratie darstellt. Was Europa an Maßnahmen gegen den Terror ergreift, das ergreifen wir hier auch.

Für uns ist das Heiligste das Leben unserer Menschen sowie, die Grundrechte und Freiheiten der Menschen zu wahren und zu schützen. Auch die Operation in Cizre und Silopi findet in einer Region statt, in der sich nebenan ein Land ohne Verwaltung befindet, das sozusagen nicht entsprechende Sicherheitsmaßnahmen ergreifen kann. Aus dieser Ecke kommen nun bewaffnete Menschen und machen diese Region sozusagen unsicher. Es ist natürlich wichtig, dass wir Maßnahmen ergreifen, um unsere Menschen, unsere Bürger dort zu schützen; das sage ich immer wieder.

Ich habe es auch in Europa gesagt und sage es in der ganzen Welt: Die Türkei hat eine Demokratie auf universeller Ebene. Anhand der Wahlen, die wir zuletzt in der Türkei gehabt haben, hat man noch einmal gesehen, dass wir diese Standards haben und dass wir Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, bis kein Terror mehr in der Türkei herrscht. Daran kann man, wenn es sozusagen um das Leben der eigenen Bürger geht, auch keine Kritik üben. Sicherlich werden wir uns diese Kritik anhören, und Frau Merkel hat mir gegenüber heute auch noch einmal bestimmte Akkreditierungsfragen in Bezug auf bestimmte Angehörige der Presse zur Sprache gebracht. Sicherlich kann jeder in die Türkei kommen. Sämtliche Journalisten können in die Türkei kommen. Die Türkei ist offen. In der Türkei gibt es in den Gefängnissen keinen Journalisten, der aufgrund journalistischer Tätigkeit irgendwie bestraft worden ist und heute im Gefängnis sitzt. Die meisten dieser Verfahren gegen Journalisten seit den neunziger Jahren sind Verfahren, in denen Angriffe und entsprechende kriminelle Straftaten wie Brandstiftung und Ähnliches gegeben waren, und so darf auch ein Journalist nicht straffällig werden. Wenn doch, dann gibt es natürlich Gerichte. Genauso, wie dies dargestellt wird, möchte ich vielleicht auch die Frage stellen, wie sich die Türkei in diesem Ranking darstellt.

Montag, 8. Februar 2016

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Quelle:
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem türkischen
Ministerpräsidenten Davutoglu in Ankara am 8. Februar 2016
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/02/2016-02-08-bkin-tuerkei-davutoglu.html;jsessionid=3F4F6E57DDFE106312941BB9BC526AFB.s1t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2016

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