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PRESSEKONFERENZ/1492: Regierungspressekonferenz vom 30. Juni 2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 30. Juni 2017
Regierungspressekonferenz vom 30. Juni 2017

Themen: Entscheidung des Deutschen Bundestages über die "Ehe für alle", Termine der Bundeskanzlerin (Trauerfeierlichkeiten für Helmut Kohl, Besuch des chinesischen Staatspräsidenten, Kabinettssitzung, Besuch des koreanischen Staatspräsidenten, Besuch des Ministerpräsidenten der Republik Singapur), G20-Gipfel in Hamburg, Ermittlungsbericht über den Einsatz von chemischen Waffen in der syrischen Stadt Chan Schaichun, Schiedsgerichtsentscheidung in einer Grenzfrage zwischen Slowenien und Kroatien, Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung, EU-Flüchtlingspolitik, Konflikt zwischen Katar und anderen arabischen Staaten, Medienberichte über nachrichtendienstliche Erkenntnisse in Bezug auf den Sprengstoffanschlag auf die deutsche Botschaft in Kabul, Kaufprämie für E-Autos

Sprecher: StS Seibert, Krüger (BMJV), Plate (BMI), Schäfer (AA), Baron (BMWi), Strater (BMVI)


Vors. Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage (zur Entscheidung des Deutschen Bundestages über die "Ehe für alle"): Ich habe nur eine kurze formale Frage, nämlich wie sehr das Thema die Bundesregierung jetzt noch beschäftigen könnte, weil es aus dem Innen- und aus dem Justizministerium unterschiedliche Einschätzungen dazu gab, ob eine Grundgesetzänderung nötig ist. Wird es im Laufe dieser Legislaturperiode noch entweder eine gemeinsame oder eine von jedem Ministerium gesonderte Prüfung geben, ob noch ein ergänzender Schritt zu dem Gesetz, das heute verabschiedet wurde, nötig ist?

Krüger: Im Hinblick auf die Frage, ob eine Grundgesetzänderung nötig ist oder nicht: ein klares Nein. In diesem Zusammenhang würden wir keine weitere Prüfung vornehmen. Dazu hat sich der Minister auch eingehend geäußert.

Plate: Vielleicht ganz kurz: Das Gesetz ist, wenn ich es heute richtig gesehen habe, beschlossen worden. Das Verfahren bei solchen Gesetzen, die kein Regierungsentwurf gewesen sind, sieht zum jetzigen Zeitpunkt keine Befassung der Bundesregierung zum Zwecke einer verfassungsrechtlichen Prüfung vor. So viel zu diesem Teil der Frage.

Der andere Teil ist: Wie geht es mit der Umsetzung weiter? Die Prüfung hinsichtlich der Frage möglicher Folgeänderungsbedarfe zum Beispiel im Personenstandsrecht, im Familienrecht und in anderen Rechtsbereichen ist, ehrlich gesagt, noch nicht ganz abgeschlossen. Das ging ja auch relativ flott. Das muss jetzt noch im Detail geprüft werden.

Die Prüfung ist selbstverständlich schon angelaufen. Es hat sich gezeigt, dass es diverse Änderungsbedarfe gibt. Die Prüfung umfasst aber auch die Frage, inwieweit solche Änderungsbedarfe möglicherweise jedenfalls mit Auslegungs- oder Anwendungserlassen für eine Übergangszeit überbrückt werden können. Das wird jetzt natürlich mit Hochdruck betrieben, gar keine Frage. Der Beschluss steht ja erst seit heute so richtig fest. Da schauen wir, dass wir eine ebenso praxisnahe wie rechtssichere Lösung für alle Beteiligten hinbekommen. Ich denke, alle Häuser, in deren Zuständigkeiten einfachgesetzliche Regelungen fallen, bei denen man das einmal durchdenken muss - einige davon fallen auch in die Zuständigkeit des BMI -, sind da jetzt auch dran.

StS Seibert (zu den Terminen der Bundeskanzlerin): Zunächst noch einmal zu dieser Woche. Was am morgigen Samstag abläuft - die Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Bundeskanzler a. D. Helmut Kohl -, das hatten wir und das Innenministerium Ihnen ja schon im Einzelnen beschrieben.

Deswegen also zum Dienstag: Ab Dienstag, dem 4. Juli, wird sich der chinesische Staatspräsident Xi Jinping zu einem Staatsbesuch in Deutschland aufhalten. Am Abend des 4. Juli wird es ein Abendessen mit Ehepartnern im kleinen Kreis geben, also mit dem Staatspräsidenten und seiner Frau und der Bundeskanzlerin und ihrem Mann.

Am Mittwoch erfolgt dann wie üblich um 9.30 Uhr die Sitzung des Bundeskabinetts unter Leitung der Bundeskanzlerin.

Danach geht das Programm mit dem chinesischen Staatspräsidenten weiter. Sie wird ihn um 11 Uhr zum Delegationsgespräch mit anschließendem Mittagessen im Bundeskanzleramt empfangen. Schwerpunkte dabei sind sicherlich der bevorstehende G20-Gipfel, die bilateralen, also deutsch-chinesischen Beziehungen und aktuelle weltpolitische und wirtschaftspolitische Fragen. Danach folgt eine Unterzeichnungszeremonie, in der Regierungsabkommen und Unternehmensvereinbarungen gezeichnet werden. Um 15 Uhr geht es dann in den Berliner Zoo, wo in Anwesenheit der Bundeskanzlerin und des chinesischen Staatspräsidenten die offizielle Übergabe der beiden Pandabären stattfindet. Um 16 Uhr geht es in den Olympiapark Berlin. Dort werden sich die Bundeskanzlerin und der chinesische Staatspräsident über den aktuellen Stand der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit im Fußballbereich informieren. Führende Vertreter des Deutschen Fußball-Bundes und der Deutschen Fußball Liga werden anwesend sein. Alle zusammen werden den Beginn eines deutsch-chinesischen U12-Spiels verfolgen.

Am Abend des 5. Juli um 19.30 Uhr wird die Bundeskanzlerin den neuen koreanischen Staatspräsidenten, Herrn Moon Jae-in, mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Zu Beginn seines Besuchs sind Pressestatements geplant. Auch bei diesem Besuch wird sicherlich der bevorstehende G20-Gipfel im Mittelpunkt stehen, aber auch die bilateralen und die wirtschaftlichen Beziehungen unserer beiden Länder sowie die politische Lage auf der koreanischen Halbinsel.

Am Donnerstag um 12 Uhr wird der Premierminister der Republik Singapur, Herr Lee Hsien Loong, im Kanzleramt im Rahmen eines Arbeitsbesuchs empfangen. Nach der Ankunft gibt es gemeinsame Pressestatements. Auch hier wird es um den bevorstehenden G20-Gipfel gehen, ferner um die regionale Situation in Südostasien und die bilateralen Beziehungen.

Für Donnerstag sind im Vorfeld des G20-Gipfels noch weitere bilaterale Begegnungen der Bundeskanzlerin geplant. Dazu werden wir Sie rechtzeitig, aber noch nicht heute unterrichten. Die Abstimmungen mit den entsprechenden Ländern dazu laufen noch.

Am Freitag und Samstag findet dann der G20-Gipfel in Hamburg statt. Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung freuen sich auf zwei intensive und hoffentlich auch produktive Tage in Hamburg und damit auch auf den Höhepunkt unserer G20-Präsidentschaft. Sie kennen das Leitmotiv. Es lautet: "Eine vernetzte Welt gestalten - Shaping an interconnected world". Wir sehen die G20 in der Verantwortung, die drängendsten Herausforderungen der globalisierten Welt anzugehen. Durch vertiefte multilaterale Zusammenarbeit und nicht etwa durch Abschottung oder Rückkehr zum Nationalismus soll die G20 dabei aktiv sein, die Globalisierung zum Nutzen aller zu gestalten.

Drei Säulen bestimmen die Agenda. Erstens: Stabilität sicherstellen. Zweitens: Zukunftsfähigkeit verbessern. Drittens: Verantwortung übernehmen.

Die Stabilität und die Widerstandsfähigkeit zu sichern, ist zunächst einmal unser Ziel mit Blick auf die Weltwirtschaft. Wir setzen dabei vor allem auf die Umsetzung von Strukturreformen. Wir wollen die Kooperationen fortführen zu internationalen Finanz- und Steuerfragen, zum Thema Beschäftigung und zum Thema Handel und Investitionen. Beim Thema Handel erwarten wir intensive Diskussionen. Die Bundeskanzlerin hat immer wieder darauf hingewiesen, zuletzt gestern, dass wir Protektionismus und Abschottung eine klare Absage erteilen. Wir werden also auch diesen G20-Gipfel dazu nutzen, die Vorteile von grenzüberschreitendem Handel und offenen Märkten zu betonen und eine Diskussion über die Gestaltung der Globalisierung zu führen. Wir wollen uns außerdem für menschenwürdige Arbeitsbedingungen entlang der globalen Lieferketten einsetzen.

Darüber hinaus steht das Thema der Zukunft der Arbeit auf der Agenda. Zukunftsfähigkeit bei Arbeit heißt eben nicht nur, dass es um die Quantität von Wachstum geht, nicht nur um Prozentzahlen, sondern um die Art und Qualität des Wachstums. Schon in den letzten Jahren hatte sich die G20 immer intensiver mit dem Thema des inklusiven Wachstums befasst, einem Wachstum, das möglichst vielen, möglichst allen hilft.

Die G20 will im Übrigen dazu beitragen, die Zielsetzungen der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung voranzubringen. Das Gleiche gilt für die Zielsetzungen des Pariser Klimaabkommens. Dazu gehört auch, in nachhaltige Klima- und Energiekonzepte zu investieren. Wir wollen Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung diskutieren, und wir wollen auf diesem Gebiet nach Lösungen suchen.

Ein wichtiger Schwerpunkt der deutschen Präsidentschaft sind auch die Bemühungen, Frauen vor allem in den Entwicklungsländern in ihrer gesellschaftlichen Rolle, in ihrer wirtschaftlichen Selbstständigkeit zu stärken, die Qualität von Frauenerwerbstätigkeit zu steigern und beispielsweise in den Entwicklungsländern Mädchen und junge Frauen stärker an digitaler Bildung teilhaben zu lassen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist das Thema der Gesundheitsvorsorge, des Managements von Pandemien und anderer Gesundheitskrisen, die viele Länder betreffen können, sowie der gemeinsame Kampf gegen eine Gefahr, die uns alle betrifft, nämlich Antibiotikaresistenzen.

Verantwortung habe ich als einen der Schwerpunkte genannt. Verantwortung zu übernehmen heißt für uns unter anderem auch, gemeinsam mit den Staaten Afrikas an besseren Rahmenbedingungen für nachhaltige Privatinvestitionen, für Handel, für Investitionen in Infrastruktur und für erneuerbare Energien zu arbeiten. Sie wissen, dass diese G20-Präsidentschaft vor zwei Wochen hier in Berlin zum ersten Mal einen G20-Afrikagipfel umfasst hat.

Wir werden uns auch dem Thema "Migration und Flüchtlinge" widmen.

Schließlich wollen wir das sehr präsente und eigentlich alle in dieser Runde betreffende Thema des internationalen Terrorismus beraten. Wir wollen in Fragen der Prävention, des Austrocknens von Geldquellen, der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden gemeinsam vorgehen.

Nur noch kurz, damit Sie alle es gehört haben: Neben den üblichen G20-Mitgliedern sind als Gastländer Spanien, Singapur, die Niederlande, Norwegen sowie ausgewählte internationale Organisationen, nämlich UN, WTO, ILO, OECD, IMF, FSB, WHO, WBG, und die folgenden Regionalorganisationen dabei: Der derzeitige Vorsitz der Afrikanischen Union ist Guinea. Den Vorsitz von NEPAD hat zurzeit Senegal inne. Den Vorsitz der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft APEC hat Vietnam inne.

Es wird eine Reihe von mehrstündigen Arbeitssitzungen geben, zwei an jedem Tag. Zu Beginn wird es ein sogenanntes "Leaders' Retreat" geben. Das ist eine Sitzung, in der ausschließlich die Staats- und Regierungschefs ohne ihre Berater zusammensitzen. Die Themen habe ich Ihnen im Wesentlichen genannt.

Am Freitagabend freut sich die Bundeskanzlerin, gemeinsam mit den Staats- und Regierungschefs der G20 und deren Partnern das Philharmonische Staatsorchester Hamburg, dirigiert von Kent Nagano, in der neuen Elbphilharmonie zu erleben. Gespielt wird Ludwig van Beethovens neunte Sinfonie. Für die, die in die Kulturberichterstattung einsteigen wollen: Die Solisten sind Christiane Karg, Sopran, Okka von der Damerau, Mezzosopran, Klaus Florian Vogt, Tenor, und Franz-Josef Seelig, Bass. Außerdem wirkt der Chor der Hamburgischen Staatsoper mit.

Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt zeigen erfreulicherweise großes Interesse an diesem G20-Gipfel. Rund 4 Journalisten aus 65 Ländern haben sich für unser Medienzentrum akkreditiert. Das Bundespresseamt - das kann ich Ihnen zusichern - tut alles, damit Sie dort gute Arbeitsbedingungen vorfinden werden. Das Medienzentrum eröffnet im Übrigen schon Donnerstag um 6 Uhr morgens.

Bevor ich ende, weise ich Sie noch auf www.g20germany.de hin, wo wir fortlaufend Informationen zum Gipfel, zum Programm und zu den Inhalten zur Verfügung stellen. Dort wird auch die Abschlusserklärung zu finden sein. Journalisten, die vor Ort sind, werden wir im Medienzentrum über eine G20-App aktuell informieren.

Als Allerletztes nun noch der Hinweis auf zwei Broschüren unseres Hauses. Das ist zum einen die offizielle G20-Broschüre. Gern empfehle ich Ihnen auch, wie immer bei diesen internationalen Gipfeln, die G20-Statistikbroschüre "G20 in Zahlen", die wir gemeinsam mit dem Statistischen Bundesamt erstellt haben. Sie finden das alles ebenso auf www.g20germany.de.

Es tut mir leid, dass das etwas ausführlicher war.

Frage: Ich muss einen Schritt zurück machen, zum Besuch aus Peking. Wird es eine Pressebegegnung geben? Ist sie in der Planung?

StS Seibert: Darüber werden wir Sie in der nächsten Woche informieren.

Frage: Herr Seibert, was werden auf dem Gipfel speziell mit der Türkei gemeinsame Gesprächsthemen sein? Wird beim Thema des Abbaus von Handelsbarrieren die Auswertung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei irgendwie Thema sein?

StS Seibert: Ich habe Ihnen gerade die Themen des G20-Gipfels vorgestellt. An diesem G20-Gipfel nimmt unter anderem auch die Türkei teil, wie auch die anderen Partner. Sie werden sich mit genau diesen Themen befassen. Es ist ja kein Gipfel über bilaterale deutsch-türkische Verhältnisse.

Weil sich das bei solchen Gipfeln üblicherweise relativ spontan oder kurzfristig ergibt, kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen, welche bilateralen Begegnungen die Bundeskanzlerin beispielsweise noch zusätzlich haben wird. Aber für den Gipfel gilt jetzt das thematische Gipfelprogramm, wie ich es hier zu beschreiben versucht habe.

Frage: Ich habe eine ganze Reihe von Fragen. Ich fange einmal mit zwei Fragen zu den Vortreffen an. Sie haben erwähnt, dass neben dem koreanischen und dem chinesischen Präsidenten noch weitere kommen. Nur um es richtig zu verstehen: Sind das, auch wenn Sie die Namen jetzt noch nicht nennen können, auch G20-Teilnehmer?

Die zweite Frage: Sehen Sie Südkorea eigentlich als Verbündeten beim Klimaschutz, oder ist das einer der Kandidaten, bei dem man sich wegen der großen Abhängigkeit von den USA nicht sicher sein kann, ob dieses Land auf dem G20-Gipfel das Pariser Klimaschutzabkommen auch vehement verteidigen wird?

StS Seibert: Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich möchte jetzt nicht einzelne Gipfelteilnehmer Positionen zuordnen. Das werden sie dann schon selbst tun. Die Bundeskanzlerin hat auch gestern noch einmal sehr klar gesagt, wie Deutschland und viele Partner, die zum Beispiel gestern bei dem Treffen mit den europäischen G20-Partnern mit am Tisch saßen, sich zum Thema des Klimaabkommens von Paris usw. positionieren.

Ich möchte und kann die Haltung der Koreaner dazu jetzt nicht bewerten. Aber sie freut sich auf die Begegnung mit dem neuen Präsidenten. Das ist die erste Gelegenheit, einen intensiveren Austausch mit dem Präsidenten eines für uns wichtigen Partnerlandes zu führen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ich kann es Ihnen einfach noch nicht sagen. Es ist noch nicht klar, mit wem sich vorher - und nicht erst beim Gipfel - noch ein Treffen arrangieren lässt, wer wann wie und wo kommt. Ich muss Sie dazu noch um ein bisschen Geduld bitten.

Zusatzfrage: Meine Frage zielte darauf, ob es sich um Gipfelteilnehmer handelt. Sind das sozusagen normale Staatsgäste, wie sie hier immer einmal durchreisen, oder sind das Personen, die auch am G20-Gipfel teilnehmen?

StS Seibert: Ich wüsste im Moment keine Staatsgäste, die "hier einmal durchreisen", wie Sie so schön sagten, und die nichts mit G20 zu tun haben. Aber vielleicht übersehe ich jemanden. Ich denke, die nächste Woche steht schon sehr im Zeichen von G20.

Frage: Haben Sie irgendwelche Hinweise, ob Herr Erdogan wirklich kommt? Es gab jetzt ja schon eine Absage, nämlich die des brasilianischen Präsidenten. Erwartet die Bundesregierung, dass Erdogan wegen der Querelen um weitere Auftritte möglicherweise sein Erscheinen in Deutschland ganz infrage stellen könnte?

An das Bundesinnenministerium zur Frage der Sicherheit: Gibt es irgendwelche neue Einschätzungen, dass gewalttätige Demonstrationen möglicherweise auch außerhalb Hamburgs stattfinden könnten?

StS Seibert: Ich kann zu der ersten Frage nur sagen: Ich habe solche Hinweise nicht, und ich möchte für die Bundesregierung auch betonen, dass Präsident Erdogan ein wichtiger Gast für uns ist und wir es begrüßen, dass er am G20-Gipfel teilnimmt. Ich habe keine anderen Hinweise.

Schäfer: Die gestrigen Äußerungen vonseiten der Bundesregierung und vonseiten des Außenministers, die ja mit dem türkischen Staatspräsidenten zu tun hatten, veranlassen mich nun nur dazu, Ihnen - und über Sie dann auch der Öffentlichkeit - gerne zu erläutern, wie wir jetzt grundsätzlich mit den Wünschen von ausländischen Regierungsvertretern umgehen möchten, in Deutschland politische Veranstaltungen abzuhalten. Der deutsche Außenminister hat es gestern bereits von Russland aus angekündigt, und ich kann Ihnen hier jetzt sagen, dass wir vor etwa zwei Stunden tatsächlich eine in der Bundesregierung abgestimmte Rundnote, also eine Verbalnote an alle in Deutschland akkreditierten diplomatischen Vertretungen versandt haben, die - wenn ich das zusammenfassen darf - folgenden Inhalt hat:

Zunächst einmal gilt, dass die Auftritte ausländischer Regierungsvertreter bei Veranstaltungen in Deutschland, die sich an Wahlberechtigte dieser Staaten wenden, grundsätzlich der Genehmigung der Bundesregierung bedürfen. Das heißt, wer zu uns nach Deutschland reist, muss uns das vorher ankündigen und muss an das Auswärtige Amt eine entsprechende Anfrage richten, über die wir dann im Kreise der Bundesregierung gemeinsam entscheiden würden. Grundsätzlich wird eine solche Genehmigung nicht erteilt, wenn der Auftritt in einen Zeitraum von weniger als drei Monaten vor dem Termin von Wahlen oder Abstimmungen liegt. Wir glauben, dass mit dieser Regelung sichergestellt ist, dass innenpolitische Konflikte, die sich aus Anlass von Wahlen oder Referenda in bestimmten Ländern ergeben können, eben nicht mehr nach Deutschland hereingetragen werden dürfen. Wenn Sie so wollen, ist das das Ergebnis der von der Bundesregierung oder uns allen gemeinsam, der deutschen Öffentlichkeit, gemachten Erfahrungen der letzten Monate im Zusammenhang mit dem Verfassungsreferendum in der Türkei vom 16. April. Diese Regelungen gelten ausdrücklich nicht für unsere Partner in der Europäischen Union - wir haben ja auch das Europäische Parlament, das wir alle gemeinsam wählen -; vielmehr richtet sich das an alle anderen Staaten, also diejenigen, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Frage: Was heißt denn "drei Monate vor Wahlen"? Betrifft das Wahlen im Heimatland, Wahlen in Deutschland, Bundestagswahlen, Landtagswahlen?

Schäfer: Es geht um Wahlen in den Ländern, aus denen die ausländischen Regierungsvertreter zu uns kommen. Aber nur um das noch einmal klarzustellen - ich sage es vielleicht lieber doppelt -: Grundsätzlich ist jede politische Veranstaltung eines ausländischen Regierungsvertreters von nun an genehmigungspflichtig. Eine Genehmigung wird grundsätzlich dann nicht erteilt, wenn es um einen Zeitraum von bis zu drei Monaten vor Wahlen oder Abstimmungen geht, die in diesem Land stattfinden.

Vielleicht kann ich das auch noch erläutern, weil es darüber auch schon an dieser Stelle Fragen gegeben hat: Das alles ist nichts anderes als Ausfluss aus der staatlichen Souveränität der Bundesrepublik Deutschland. Es ist unsere Entscheidung, die Entscheidung des souveränen Staates Bundesrepublik Deutschland, wer auf unserem Hoheitsgebiet politische Veranstaltungen abhält und wer nicht. Das Grundgesetz regelt in Artikel 32, wer diese sogenannte auswärtige Gewalt für die Bundesrepublik Deutschland als Völkerrechtssubjekt in Händen hält: Das ist die Bundesregierung. Weil es sich um auswärtige Gewalt handelt, hat da eben das Auswärtige Amt die Federführung. Ich sage aber noch einmal ausdrücklich: Diese Entscheidung ist sehr einvernehmlich im Kreis der Bundesregierung, insbesondere unter Beteiligung des Bundeskanzleramtes, der Bundeskanzlerin und des Bundesinnenministers, gefallen.

Frage: Ich möchte auch noch einmal zur Art der Wahlen im Ausland nachfragen, weil es ja doch sehr verschiedene gibt. Nehmen wir einmal als Beispiel Frankreich: Das fällt als EU-Land zwar nicht darunter, aber dort gibt es Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Gelten diese Regeln in so einem Fall für beide Wahlen? Können Sie genauer erklären, was damit gemeint ist? Wahrscheinlich sind ja keine Kommunalwahlen gemeint, ansonsten dürfte ja überhaupt keiner mehr hier auftreten.

Zweitens. Sie haben jetzt ausdrücklich die EU betont. Was ist mit den USA? Gelten für die dieselben Regeln wie für Russland oder türkische Politiker?

Schäfer: Ich sage es noch ein drittes Mal: Völlig unabhängig von Wahlen oder Abstimmungen sind politische Veranstaltungen, die ausländische Regierungsvertreter bei uns abhalten möchten, mit dieser Rundnote genehmigungspflichtig. Es kommt also letztlich gar nicht so sehr darauf an, um welche Abstimmungen und Wahlen es sich handelt. Wenn es solche Abstimmungen und Wahlen gibt, dann hat sich, wenn Sie so wollen, durch diese Rundnote das Ermessen der Bundesregierung von selbst reduziert, weil wir der Meinung sind, dass es drei Monate vor solchen Wahlen grundsätzlich inopportun ist, dass solche Veranstaltungen abgehalten werden. Bei allen anderen Zeitpunkten, bei allen anderen Gelegenheiten wollen wir uns das in aller Ruhe anschauen. Deshalb erwarten wir auch, dass solche Veranstaltungen rechtzeitig bei uns beantragt werden, damit die Bundesregierung die Zeit hat, sich darüber Gedanken zu machen, ob solche Veranstaltungen auf deutschem Boden tatsächlich opportun sind. Dabei ist es ja völlig selbstverständlich, dass es darauf ankommt, dass die Grundsätze des Verfassungsrechtes, unseres Grundgesetzes, eingehalten werden, dass Recht und Gesetz gelten und dass wir, wenn Sie so wollen, ein hinreichend hohes Maß an Gewissheit darüber haben, dass bei diesen Veranstaltungen tatsächlich Recht und Gesetz eingehalten werden - einschließlich des deutschen Versammlungsrechtes. Natürlich spielen bei der Genehmigung einer solchen Veranstaltung in Zukunft auch Fragen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine wichtige Rolle.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt: Ich wollte wissen, um welche Art von Wahlen es geht. Geht es um Präsidentschafts- oder um Parlamentswahlen?

Die zweite Frage war: Für die USA gibt es keine solche Ausnahmeregelung wie für die EU-Staaten?

Schäfer: Genau, absolut. Die USA sind, soweit ich das, noch nicht Mitglied der Europäischen Union und beabsichtigen das, glaube ich, auch nicht; deshalb gilt das auch für die Vereinigten Staaten von Amerika.

In der Rundnote heißt es ausdrücklich: "Wahlen oder Abstimmungen". Mein Verständnis ist, dass das dann eben Wahlen und Abstimmungen betrifft, also Präsidentschaftswahlen, Parlamentswahlen, Referenda und so etwas.

Frage: Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Schäfer, dass das ab sofort gilt, also mit dieser Note die Entscheidung getroffen und vollzogen wurde?

Zum anderen zurück zum Besuch von Herrn Erdogan: Wenn es keine Anzeichen dafür gibt, dass er nicht kommt, gibt es dann denn Anzeichen dafür, dass er, wenn er kommt, möglicherweise doch redet, zum Beispiel auf dem Boden der Botschaft oder des Konsulats? Dazu noch eine Lernfrage: Müsste er, wenn er das wollte, auch das anzeigen, da es vielleicht Sicherheitserfordernisse gibt?

Schäfer: Das ist eine interessante Frage. Bei Fragen der sofortigen Wirksamkeit von bestimmten Ereignissen muss man in Berlin immer vorsichtig sein. Ich bin mir aber hinreichend sicher, dass es ab sofort gilt.

Zweitens. Vielleicht nur ein ganz kurzer Exkurs in die Regelungen des Völkerrechts und des Gesandtschaftsrechtes: Das deutsche Hoheitsgebiet umfasst ausdrücklich auch den Grund und Boden und die Räumlichkeiten ausländischer diplomatischer und konsularischer Vertretungen. Das bedeutet: Auch da gilt deutsches Recht. Wenn die Bundesregierung also die Entscheidung trifft, dass eine bestimmte politische Veranstaltung nicht stattfinden soll, dann gilt das auch auf dem Grund und Boden und in den Räumlichkeiten einer ausländischen diplomatischen und konsularischen Vertretung.

Nun ist es so - darüber haben wir an dieser Stelle schon häufiger geredet -, dass es nicht nur Privilegien und Immunitäten für die Vertreter, also Menschen, Diplomaten anderer Staaten und Konsularbeamte, gibt, sondern auch für die Räumlichkeiten, in denen diplomatische und konsularische Geschäfte in Deutschland abgewickelt werden. Auch das regelt sich alles nach den Regelungen des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen und des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen, und da gilt das Prinzip der Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten ausländischer Staaten. Das respektieren wir natürlich.

Unter uns gesagt: Ich kann mir kaum vorstellen, dass, wenn die Bundesregierung eine Entscheidung fällen sollte, dass eine bestimmte politische Veranstaltung inopportun ist, irgendjemand - wer auch immer das sein mag - meint, eine solche Entscheidung nicht beachten zu wollen - wo auch immer das geschehen soll.

Vors. Detjen: Dann kommen wir noch zu dem Thema, das eben der Kollege angesprochen hat, nämlich Erkenntnissen zur Sicherheit beim G20-Gipfel - und damit ist Herr Plate angesprochen.

Plate: Danke schön. Ich glaube, das geht schnell. - Von einer veränderten Einschätzung der Sicherheitslage in jüngster Zeit kann ich nicht berichten. Ganz grundsätzlich ist aber natürlich zu sagen, dass sich die Polizei und die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern bei so großen Ereignissen wie dem, das jetzt ansteht, selbstverständlich immer gewissenhaft und akribisch vorbereiten, um die Sicherheit nicht nur am Veranstaltungsort selbst zu gewährleisten, sondern im gesamten Bundesgebiet. Wenn Sie sich zum Beispiel die Bundespolizei anschauen, die über insgesamt etwa 40 Vollzugskräfte verfügt, und sehen, dass etwa 4 von denen in Hamburg sein werden, dann sehen Sie: Es sind auch noch einige übrig. Ich bitte aber um Verständnis, dass ich zu den Details operativer Sicherheitsmaßnahmen schon deshalb keine Angaben machen kann, um deren Wirksamkeit nicht zu gefährden.

Schäfer: Vielleicht noch ein Satz zu der Rundnote, über die wir gerade gesprochen haben: Diese Rundnote ist auf der Webseite des Auswärtigen Amtes online gestellt, die können Sie jetzt also mit eigenen Augen einsehen, wenn Sie das möchten. - Vielen Dank.

Vors. Detjen: Dann kommen wir noch zu Reiseankündigungen des Auswärtigen Amtes.

Schäfer: Es sind keine Reiseankündigungen, sondern nur zwei Stellungnahmen, die ich Ihnen gerne für die Bundesregierung vortragen möchte.

Sie haben vielleicht mitbekommen, dass gestern die Organisation für das Verbot von chemischen Waffen in Den Haag einen Ermittlungsbericht über die Ereignisse vom 4. April in Chan Schaichun vorgelegt hat. Ich möchte Ihnen dazu für die Bundesregierung Folgendes sagen: Dieser umfangreiche und sorgfältig recherchierte Ermittlungsbericht kommt eindeutig zu dem Schluss, dass am 4. April 2017 in Chan Schaichun in Syrien Sarin eingesetzt wurde. Es ist nun also traurige Gewissheit, dass durch den Einsatz eines international geächteten Nervenkampfstoffes etwa 100 Menschen getötet und mindestens 200 schwer verletzt wurden. Damit sind ganz klar all jene widerlegt, die immer wieder behauptet hatten, es habe nie einen Sarin-Einsatz in Chan Schaichun gegeben.

Wir verurteilen den jetzt eindeutig bewiesenen Einsatz von geächteten Chemiewaffen in Syrien auf das Schärfste. Es ist jetzt wichtig, dass die Verantwortlichen dieses grausamen Verbrechens schnell identifiziert werden. All denjenigen, die chemische Waffen einsetzen, muss unmissverständlich klar sein, dass die internationale Staatengemeinschaft den Einsatz dieser geächteten Waffen nicht toleriert und die Schuldigen zur Verantwortung zieht. Wir sehen hier insbesondere den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der Pflicht. Der Joint Investigative Mechanism der Organisation für das Verbot chemischer Waffen wird nun die Ermittlungen zur Verantwortung für diesen Einsatz aufnehmen. Sollte sich abschließend bewahrheiten - und alle Indizien deuten in diese Richtung -, dass das syrische Regime die Verantwortung für den Einsatz von Sarin am 4. April in Chan Schaichun trägt, dann wäre dies erneut ein eklatanter und äußerst schwerwiegender Verstoß gegen das Chemiewaffenübereinkommen, dessen Mitglied Syrien ist.

Die Bundesregierung dankt der Organisation für das Verbot chemischer Waffen für ihre sorgfältigen und sehr professionellen Ermittlungen.

Frage: Nach den scharfen Worten - erneut ein eklatanter Verstoß - möchte ich natürlich nach den Konsequenzen fragen: Was sollte denn nach Ansicht der Bundesregierung die Konsequenz sein? Sie haben von einer Aufforderung an den UN-Sicherheitsrat gesprochen; ich nehme an, Sie meinen eine Verurteilung. Gibt es noch weitere Schritte, die dann gegen die syrische Regierung unternommen werden sollten?

Schäfer: der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat ja dann, wenn er sich dazu durchringen sollte - was, soweit ich erinnerlich habe, im Syrien-Dossier in den letzten sechs Jahren nicht gelungen ist -, Maßnahmen nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen zu ergreifen, die Möglichkeit, alles Mögliche zu unternehmen. Wenn eine Gefahr für Frieden und Sicherheit festgestellt ist, dann besteht nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen die Möglichkeit, Sanktionen zu ergreifen - gegen individuell Verantwortliche, aber auch gegen das politische Regime, das solche Taten begeht. Da ist es dann letztlich die internationale Staatengemeinschaft als Ganzes, da sind es aber insbesondere die Staaten, die im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vertreten sind - allen voran dann wiederum die Ständigen Mitglieder -, die die Konsequenzen daraus ziehen müssen, dass ein Kampfstoff, der seit mehr als hundert Jahren von der Staatengemeinschaft geächtet ist, von Personen, von Institutionen, von Regimen eingesetzt wird. Wenn das dann wirklich zweifelsfrei bewiesen ist, würden wir natürlich auch erwarten, dass unsere russischen Partner und auch unsere Partner in Peking die Bereitschaft haben, erstens Sorge dafür zu tragen, dass so etwas nicht wieder geschehen kann, aber zweitens auch, auf eine angemessene Art und Weise die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Vors. Detjen: Weitere Fragen dazu? - Dann kommen wir zu Ihrer zweiten Ankündigung.

Schäfer: Herzlichen Dank, Herr Detjen. - Das Zweite, das ich gerne für die Bundesregierung sagen möchte, ist, dass wir die gestern veröffentlichte Schiedsgerichtsentscheidung in einer Grenzfrage zwischen Slowenien und Kroatien zur Kenntnis genommen haben. Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit ist ein wertvolles Instrument des Völkerrechts und spielt eine wichtige Rolle für die Beilegung zwischenstaatlicher Konflikte. Slowenien und Kroatien haben sich in einer bilateralen Angelegenheit in dem Abkommen vom 4. November 2009 gemeinsam einem internationalen Schiedsgerichtsverfahren unterworfen. Ganz unabhängig vom Inhalt der Entscheidung ist es daher aus Sicht der Bundesregierung ein wichtiges Prinzip des Völkerrechts, dass Entscheidungen von Schiedsgerichten zu befolgen und von den Parteien zu implementieren sind. Die Bewahrung der Integrität der internationalen Gerichtsbarkeit liegt im gemeinsamen Interesse aller Staaten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union müssen hier mit gutem Beispiel vorangehen. - Vielen Dank.

Frage: Kroatien weigert sich, die Entscheidung anzunehmen und zu akzeptieren. Wird sich Deutschland vielleicht ein bisschen mehr engagieren, weil Kroatien auch andere Grenzen mit anderen Nachbarländern geöffnet hat?

Schäfer: Ich danke Ihnen für Ihre Frage. Ich glaube, wir wissen noch nicht so ganz genau, was in den nächsten Monaten passieren wird. Ich kann nur noch einmal bekräftigen, dass aus Sicht der Bundesregierung Entscheidungen von Schiedsgerichten und von Gerichten zu befolgen und zu implementieren sind. Das ist ein wichtiges Prinzip des Völkerrechts. Hier sollten beide beteiligten Staaten mit gutem Beispiel vorangehen.

Zusatzfrage: Wird Deutschland in jedem Fall beide Seiten auffordern, das Urteil des Gerichts zu akzeptieren?

Schäfer: Aber das haben wir hier doch gerade schon doppelt getan, und das tun wir auch weiterhin. Darauf können Sie sich verlassen.

Frage: Herr Seibert, heute hat eine katalanische Zeitung behauptet, dass die deutsche Regierung ihre Stellungnahme gegenüber Katalonien geändert habe, und zwar durch ein Papier von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Ich möchte fragen, ob das richtig ist oder nicht?

StS Seibert: Wir haben den von der Adenauer-Stiftung veröffentlichten Länderbericht zur Kenntnis genommen.

Für die Bundesregierung kann ich Ihnen sagen, dass unsere Haltung unverändert ist. Wir betrachten diese Angelegenheit als eine innere Angelegenheit Spaniens, über die in Spanien befunden werden muss, und zwar innerhalb des geltenden Rechts und innerhalb der spanischen Verfassung. Die Bundeskanzlerin hat diese Meinung schon 2014 in einer Pressekonferenz mit Ministerpräsident Rajoy vertreten, als sie in Spanien zu Besuch war. Sie werden sich vielleicht erinnern: Als Ministerpräsident Rajoy 2015 hier in Meseberg war, hat die Bundeskanzlerin daran erinnert, dass wir alle EU-Verträgen verpflichtet sind, die die staatliche Integrität und Souveränität jedes Landes garantieren.

Zusatzfrage: Könnten Sie das vielleicht in einem Satz auf Spanisch sagen?

StS Seibert: Nein, darüber müsste ich jetzt so lange nachdanken - - -

Zuruf: Ich würde so dankbar sein!

StS Seibert: Ja, aber nicht hier. Dafür brauche ich einen längeren Anlauf. Ich möchte auch nicht, dass das irgendjemand mithört.

Frage: Italien hat sich wegen einer neuen Migrationswelle über das Mittelmeer beschwert. Wird Deutschland Italien mehr helfen? Was wird zusätzlich gegen die neue große Migrationswelle nach Europa gemacht?

StS Seibert: An wen richtet sich das? An Berufene, okay. - Unsere Überzeugung ist ganz klar: Mitgliedstaaten, die besonders durch dieses Thema belastet sind, dürfen mit hohen Flüchtlingszahlen und hohen Migrantenzahlen nicht alleingelassen werden. Verantwortung und Solidarität aller Mitgliedstaaten müssen dabei Hand in Hand gehen. Die EU arbeitet wie auch die Bundesregierung intensiv daran, zu krisenfesten und fairen gemeinsamen Lösungen in der EU-Flüchtlingspolitik zu kommen. Aber wir sind da noch nicht am Ziel angelangt; das ist ganz offensichtlich.

Die EU-Kommission ist schon im Gespräch mit Italien, und ich denke, in der nächsten Woche werden sich auf dem informellen JI-Rat auch die Innen- und Justizminister mit genau diesem Thema befassen, das Premierminister Gentiloni hier gestern auch so deutlich angesprochen hat.

Die Bundeskanzlerin hat beim gestrigen G20-Vorbereitungstreffen Italien Unterstützung bei der Flüchtlingsaufnahme von deutscher Seite zugesichert. Wir tun das bereits. Wir entsenden EASO-Experten, Asyl-Experten, und wir beteiligen uns an der Umsiedlung von Flüchtlingen. Wie Sie wissen, bieten wir Italien genau wie Griechenland und der Türkei jeden Monat bis zu 500 Plätze an. Jetzt wird im Zuge dieses informellen JI-Rats, den ich Ihnen beschrieben habe, zu prüfen sein, ob wir noch an anderer Stelle helfen können. Wir erwarten natürlich auch von allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, dass sie ihre Aufnahmeverpflichtungen erfüllen.

Plate: Ich will das vielleicht nur ganz kurz noch ein ganz bisschen konkretisieren, weil da ja viel im Bereich der Zusammenarbeit der Innenministerien stattfindet. Zum einen möchte ich vielleicht einmal zum Thema "Relocation" aus Italien daran erinnern, dass von denen, die schon umgesiedelt worden sind, fast die Hälfte allein von deutscher Seite umgesiedelt worden ist. Zudem möchte ich sagen, dass in den sehr komplizierten Verhandlungen über ein neues gemeinsames europäisches Asylsystem gerade Deutschland und Italien Seite an Seite dafür kämpfen, dass Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten eine größere Rolle als bisher bekommt. Das ist kompliziert, aber gerade dort sind Deutschland und Italien wirklich zwei Staaten, die ganz gemeinsam für diesen Punkt eintreten. Ich möchte auch daran erinnern, dass es ja einige gemeinsame Initiativen des deutschen und des italienischen Innenministers gibt, insbesondere die gemeinsame Initiative gegenüber der Europäischen Kommission, eine Fact-Finding-Mission an der Südgrenze Libyens einzurichten, was bei der Europäischen Kommission auf Zustimmung gestoßen ist.

Dies seien nur ein paar Beispiele dafür, dass die Unterstützung Italiens in diesen Fragen sozusagen keine Worthülse ist, sondern tatsächlich mit ganz vielen Dingen erfüllt wird.

Frage: Herr Plate, darf ich da noch einmal nachfragen, weil ja gestern doch relativ hohe Erwartungen an dieses Treffen am Mittwoch - auch wenn es ein informelles Treffen ist - geweckt wurden, sowohl von Herrn Gentiloni als auch von der Bundeskanzlerin? Was könnten denn die neuen, also zusätzlichen Elemente sein, die Deutschland und die Partner Italien jetzt noch anbieten können? Wird dabei auch dieser Punkt diskutiert werden, dass es ja auch durchaus Klagen Deutschlands gab, dass Asylbewerber, die ihr Verfahren nach dem Dublin-Abkommen eigentlich in Italien hätten durchlaufen sollen, aber in Deutschland sind, nicht unbedingt nach Italien zurückgesendet werden können?

Plate: Vielleicht zuerst einmal zum letzten Punkt: An solche Klagen aus der letzten Zeit kann ich mich jedenfalls regierungsseitig, ehrlich gesagt, nicht erinnern. Ich selbst habe sie hier jedenfalls nicht vorgetragen.

Was die Erwartungen an das Treffen angeht, ist es einfach so: Darüber möchte ich, ehrlich gesagt, nicht spekulieren. Das erscheint mir wenig sinnvoll zu sein, weil Ergebnisse ja von den gemeinsamen Positionen abhängen, die eine ganze Anzahl von Akteuren dort erreichen müssen. Interessant könnte für Sie allein die Verhandlungsposition sein. Aber in Verhandlungen hineinzugehen und vorher seine Verhandlungsposition bekanntzugeben, ist, ehrlich gesagt, auch etwas, das wir aus Gründen nicht tun, die ich, glaube ich, gar nicht näher erläutern muss.

Zusatzfrage: Aber machen Sie zusätzliche Angebote? Das können Sie ja zumindest sagen.

Plate: Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe.

Frage: Herr Schäfer, ich habe eine Frage zu dem Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Katar. Am Wochenende läuft eine Frist ab, die Saudi-Arabien Katar durch Bedingungen gegeben hat. Der deutsche Außenminister hatte ja diverse Außenamtskollegen aus der Region in Berlin zu Gast, und ich weiß, dass er das für mehr als einen regionalen Konflikt hält. Sehen Sie kurz vor Ablauf dieser Frist Bewegung? Wie groß ist der Einfluss Deutschlands?

Schäfer: Ich kann Ihnen erstens sagen, dass Herr Gabriel gerade eben - ich glaube, vor einer Stunde oder so - im Auswärtigen Amt den kuwaitischen Sondergesandten des Emirs hier in Berlin empfangen hat, der, glaube ich, aus Washington zurückgekommen ist und auf der Rückreise zum Golf ist. Allein das mag Ihnen als Indiz und Anhaltspunkt dafür dienen, dass die deutsche Außenpolitik in dieser Frage weiterhin sehr besorgt ist, aber auch sehr engagiert ist.

In den letzten Tagen hat Herr Gabriel mit den Vertretern Saudi-Arabiens, mit dem, glaube ich, amerikanischen Außenminister und auch noch einmal mit dem katarischen Kollegen gesprochen, um weiter im Bilde zu bleiben, um zu schauen, wie der Verhandlungsstand ist, und um zu schauen, ob es jetzt irgendwann gelingen kann, dass das kuwaitische Vermittlungsangebot tatsächlich von beiden Seiten akzeptiert wird und man dann anfangen kann, miteinander zu reden.

Sie haben recht: Die 10-Tage-Frist läuft in Kürze aus. Was das bedeutet, ist für uns auch nach den Gesprächen, die der Außenminister geführt hat, nicht mit völliger Klarheit abzusehen. Manches spricht dafür, dass es auch nach der 10-Tage-Frist noch Gelegenheit geben wird, miteinander zu sprechen und Kompromisse auszuloten.

Ich denke, worauf es jetzt ankommt, ist, dass alle Seiten im Blick behalten, was auf dem Spiel steht. Es geht nämlich nicht nur um die Wohlfahrt, um den Frieden und die Stabilität in jeder einzelnen dieser Golf-Monarchien, sondern es geht tatsächlich um mehr, nämlich um die Stabilität in einer ganzen Region, die von Europa gar nicht so weit weg ist.

Ich kann Ihnen versichern: Der Außenminister wird seine Bemühungen darum, Kontakte zu ermöglichen und auch zu schauen, dass deutsche und europäische Interessen nicht über Gebühr betroffen sind, weiter fortsetzen und - ja, ich würde sogar sagen - weiter ausbauen.

Zusatzfrage: Können wir es uns mit Blick auf die Bedingungen, die Katar gestellt wurden, denn überhaupt leisten, neutral zu sein? Unterschiedliche Punkte berühren nämlich durchaus, sage ich einmal, zum einen die Pressefreiheit, und zum anderen ganz klar das Souveränitätsrecht.

Schäfer: Dass Deutschland und Europa eigene Interessen haben und auch eigene Werte zu vertreten haben, ist doch völlig selbstverständlich. Das gilt auch mit Blick auf den Konflikt, den es seit dem 5. Juni zwischen Katar und der Koalition von vier Staaten gibt. Das gilt auch insgesamt für unsere politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sonstigen Interessen in der Region. Deshalb achten wir ja auch sehr sorgfältig darauf - wir stehen auch in all diesen Ländern in engem Kontakt mit Vertretern der deutschen Wirtschaft und anderen Institutionen und Persönlichkeiten -, zu schauen, wie sich diese Krise jetzt tatsächlich auf unsere Interessen auswirkt.

Dass wir hier in Deutschland für die Pressefreiheit einstehen, brauche ich Ihnen, glaube ich, nicht lang und breit zu erläutern. Das stimmt. Aber nicht neutral zu sein - das sind wir sicherlich nicht -, dazu Meinungen zu haben und Interessen zu vertreten, heißt nicht, sich in der Öffentlichkeit zu jedem einzelnen dieser 13 Punkte zu positionieren. Wenn wir das richtig verstehen, dann ist das vielmehr ein Forderungskatalog, auf den die katarische Seite jetzt zu antworten beabsichtigt. Wenn das in einen Verhandlungsprozess einmündet, an dessen Ende etwas herauskommt, das auch im Einklang mit unseren Interessen und unseren Werten steht, dann ist das genau das, was wir erreichen möchten.

Dazu gehört natürlich auch die Pressefreiheit. Aber dazu gehört auch die Betätigungsfreiheit deutscher Unternehmen, die in den Golf-Monarchien im Einsatz sind und für die es ein Ding der Selbstverständlichkeit ist, dass sie grenzüberschreitend tätig sind. Wenn da etwa Forderungen danach im Raum stehen, dass sich Handels- oder Investitionspartner für das eine oder das andere Land entscheiden müssen, dann ist das eine schwerwiegende und vielleicht für deutsche Unternehmen insgesamt unmögliche Entscheidung, weil das ganze Logistikkonzept eben darauf aufbaut, dass die Grenzen im Golf-Kooperationsrat wie bisher durchlässig sind und man in einem Land investieren und gleichzeitig in einem anderen Land Handel treiben kann.

Kurzum: Wir sind weiter daran. Wir wollen die 13 Punkte nicht öffentlich kommentieren, sondern das ist Teil eines Verhandlungsprozesses, von dem wir hoffen, dass er jetzt vielleicht im Zusammenhang mit dem Auslaufen der 10-Tage-Frist in Gang kommen wird.

Frage: Ich versuche es noch einmal anhand von zwei Punkten der Liste, nicht anhand von allen 13, nämlich der Beziehungen zum Iran, die zurückgeschraubt werden sollen, und der Schließung des Senders Al Jazeera. Sind das nicht eigentlich zwei Punkte, die deutschen Interessen diametral entgegenstehen, gerade keine Ausgrenzung des Iran zu wollen und sich für Pressefreiheit ja nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Teilen der Welt einzusetzen?

Schäfer: In der Tat! Der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, zwei Staaten, die regionale Führungsmacht beanspruchen - wegen ihrer Größe, wegen ihres Selbstverständnisses und aus anderen Gründen -, besorgt uns ja nicht erst, seitdem die Krise um Katar ausgebrochen ist. Diese Bundesregierung hat aus Anlass von Reisen, die dorthin vom Außenminister, vom Wirtschaftsminister und von der Bundeskanzlerin unternommen wurden, immer wieder betont, wie wichtig es ist, dass man den Versuch unternimmt, miteinander den Dialog zu führen und den Austausch zu suchen. Alles, was die Stabilität und die Sicherheit in der Region einschränkt - etwa eine neu startende Rüstungsspirale, etwa ein Aufkündigen der Vereinbarung mit dem Iran über nukleare Bewaffnung und vieles andere mehr -, schadet der Stabilität in der Region und schadet damit nicht nur den Staaten, die betroffen sind, sondern uns allen.

Deshalb haben Sie recht: Es gibt ein großes Interesse daran, dass es Austausch sowie politischen, wirtschaftlichen und sonstigen Dialog gibt. Nur dadurch, dass wir uns das wünschen, und dadurch, dass wir das wollen, gelingt das noch nicht notwendigerweise. Wir sehen im Verlauf des Monats, wie schwierig es bis heute ist, das zu verwirklichen, was, wie wir glauben, richtige Politik wäre.

Zum Thema "Pressefreiheit" vielleicht nur so viel: Klar ist ein Sender, ein Medium, das sich wirklich ernsthaft der Pressefreiheit verschreibt und in der Region und aus der Region berichtet, ein wichtiger Faktor für die Information der Menschen in der Region. Deshalb ist es jetzt an den Verhandlungsparteien, in dieser Frage Lösungen zu finden, mit denen alle Beteiligten irgendwie leben können.

Frage: Herr Schäfer, Herr Plate, es gab gestern Berichte, dass deutsche Dienste vor dem Anschlag in Kabul in der Nähe der deutschen Botschaft Ende Mai schon recht deutliche Hinweise darauf hatten, dass es zu so einer Bedrohungslage und zu so einem Anschlag kommen könnte. Können Sie das bestätigen?

Wenn ja, was für eine Art von Hinweisen war das?

Inwiefern konnten mit Hilfe dieser Hinweise möglicherweise noch größere Auswirkungen auf Angehörige der deutschen Botschaft verhindert werden?

Plate: Ich habe dazu, ehrlich gesagt, nicht allzu viel zu sagen, weil, wie Sie wissen, der Inlandsnachrichtendienst/Verfassungsschutz im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums angesiedelt ist. Sie fragen aber nach einem Sachverhalt im Ausland, sodass ich dazu, ehrlich gesagt, gar keinen Beitrag leisten kann.

Schäfer: Ich versuche, nur in ein paar Sätzen darauf einzugehen:

Die Umstände dieses fürchterlichen Anschlags vom 31. Mai in Kabul auf unsere deutsche Botschaft in der Hauptstadt Afghanistans werden zurzeit noch aufgeklärt, und zwar in enger Zusammenarbeit der zuständigen deutschen und afghanischen Behörden und auch unter Beteiligung des Auswärtigen Amtes. Es ist ganz sicher - das sage ich mit aller Ernsthaftigkeit - für die Ermittlungen, aber auch für das Sicherheitskonzept deutscher Auslandsvertretungen in Afghanistan und anderswo nicht hilfreich, wenn Ermittlungsdetails, Zwischenstände von Ermittlungen oder Gerüchte in die Öffentlichkeit getragen werden.

Es ist die Aufgabe der Botschaft zusammen mit den zuständigen deutschen Behörden, ständig - stundenaktuell, würde ich sagen - die Bedrohungslage für die Botschaft selbst und für die Mitarbeiter der Botschaft in Abstimmung mit afghanischen und internationalen Partnern zu analysieren. In diesem Rahmen gab es und gibt es regelmäßig Warnhinweise - zum Beispiel aus nachrichtendienstlichen Quellen -, die natürlich ernst genommen werden und die bewertet werden müssen.

Wenn das erforderlich ist, wenn die Analyse ergibt, dass es Handlungsbedarf gibt, werden die Sicherheitsmaßnahmen - ich wiederhole das noch einmal - stündlich, täglich an die Lageänderungen angepasst. Das war auch in den Wochen und Monaten vor dem Anschlag in Kabul immer wieder der Fall.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel, vielleicht das wichtigste Beispiel: Dass es bei diesem fürchterlichen Anschlag eben nicht zu Toten und Schwerverletzten unter den deutschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der deutschen Botschaft in Kabul gekommen ist, liegt daran, dass das Kanzleigebäude, also das Gebäude, in dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter üblicherweise ihren täglichen Dienst verrichten, schon im Frühjahr dieses Jahres auf Grundlage einer neuen Sicherheitsanalyse geräumt wurde. Dieser Entscheidung, die vom Auswärtigen Amt in Absprache mit den zuständigen Diensten, natürlich unserem Botschafter und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Botschaft getroffen wurde, brachte eine erhebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen mit sich, aber sie hat womöglich mehrere Dutzend Leben gerettet. Denn das Kanzleigebäude stand so dicht an der Grenze der "Green Zone", von wo aus dieser Sprengstoffanschlag erfolgt ist, dass die Druckwelle und die Splitter, die von diesem Anschlag ausgegangen sind, ganz sicher sehr viel schwerwiegendere Folgen für Leib und Leben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Folge gehabt hätte, wenn nicht die richtige und im Rückblick geradezu weise lebensrettende Entscheidung getroffen worden wäre, dieses Kanzleigebäude mindestens übergangsweise, so lange die Sicherheitsmaßnahmen dafür nicht ausreichten, zu räumen.

Das mag Ihnen als Beispiel dafür dienen, dass wir jede Art von Gefährdung und Sicherheitshinweis außerordentlich ernst nehmen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal sagen: Diese Tat darf und wird hoffentlich auch nicht ungesühnt bleiben. Dieser Anschlag hat 150 Menschenleben gefordert, darunter auch zwei afghanische Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, die die deutsche Botschaft in Kabul bewacht haben. Die Tat muss rasch, nachdrücklich und sorgfältig mit den Mitteln des Rechtsstaats aufgeklärt werden. Wir beteiligen uns natürlich an diesen Aufklärungsbemühungen.

Frage: Ich habe Fragen an das Wirtschafts- und Verkehrsministerium zum Thema Kaufprämie für E-Autos, die sich an diesem Wochenende sozusagen jährt, also ein Jahr Kaufprämie.

Meine Frage an das Wirtschaftsministerium: Wie zufrieden sind Sie bisher mit der Zahl der Anträge, die eingegangen sind? Halten Sie weiterhin an dem Ziel fest, bis 2020 eine Million E-Autos auf die Straße zu bekommen?

An das Verkehrsministerium die Frage: Die Ladeinfrastruktur wurde vor einem Jahr verstärkt angegangen und soll ausgebaut werden. Wie ist der Stand diesbezüglich?

Baron: Vielen Dank für die Frage. - Ich glaube, es ist für die gesamte Bundesregierung klar, dass Elektromobilität das Zukunftsthema für die deutsche Automobilindustrie ist. Elektromobilität wird zusammen mit der Digitalisierung über die Zukunft der Automobilindustrie in Deutschland entscheiden. Daher war es richtig, dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode ein Bündel an Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität verabschiedet hat.

Zu diesem Bündel an Maßnahmen gehört zum einen die Kaufprämie, aber natürlich auch die verstärkte Förderung von Ladeinfrastruktur, die Vorbildfunktion für die öffentliche Beschaffung und die Regelungen für die geldwerten Vorteile. Dieses Bündel an Maßnahmen muss eben zusammenwirken und die Wirkung im Markt entfalten.

Ich möchte jetzt gar nicht in Klassen von "gut" oder "schlecht" bewerten, wie die Abrufzahlen zu bestätigen sind, denn die Kaufprämie muss, wie gesagt, im Bündel mit den anderen Maßnahmen wirken.

Man muss natürlich auch sagen: Das Programm der Kaufprämie ist ein Programm bis zum Jahr 2019. Deshalb ist es nach unserer Einschätzung jetzt zu früh, Zwischenbilanzen zu ziehen, sondern wir wollen dieses Programm bis 2019 führen. Dann muss man eben prüfen und fragen, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Aber dieses Bündel an Maßnahmen war eine sehr wichtige Entscheidung dieser Bundesregierung und muss eben jetzt wirken.

Noch einen Satz zu den Abrufzahlen: Es gibt derzeit noch nicht so hohe Abrufzahlen im gewerblichen Bereich, weil der gewerbliche Bereich anders als der private Bereich beschafft. Das ist ein Bereich, wo wir schon noch hoffen, dass es dort zu Steigerungen kommen kann.

Strater: Vielen Dank. - Sie kennen unser Bundesprogramm zum Ausbau der Ladeinfrastruktur, mit dem wir bundesweit insgesamt 15 000 Ladesäulen bauen wollen. Ziel ist es, eine flächendeckende Ladeinfrastruktur zu schaffen, damit Elektroautos überall betankt werden können. Seit dem 1. März dieses Jahres können private Investoren, Städte und Gemeinden Förderanträge stellen.

Wir haben gerade heute eine Pressemitteilung über 39 weitere Förderbescheide veröffentlicht. Darin finden Sie auch die Angabe, dass wir insgesamt seit dem Start dieses Programms inzwischen 220 Anträge bewilligen konnten. Damit werden 2700 Ladepunkte mit einem Fördervolumen von rund 16,6 Millionen Euro bewilligt. Das ist der Stand heute.

Freitag, 30. Juni 2017

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 30. Juni 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/06/2017-06-30-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2017

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