Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/1544: Regierungspressekonferenz vom 4. Oktober 2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Mittwoch, 4. Oktober 2017
Regierungspressekonferenz vom 4. Oktober 2017

Themen: Personalie, Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien, in der Türkei inhaftierte deutsche Staatsangehörige, Einladung der EU-Kommission zu einem "Batteriegipfel", Äußerungen des ungarischen Außenministers zur Europarede von Präsident Macron, Attentat in Las Vegas, innenpolitische Situation in der Ukraine, Nordkorea-Konflikt, Entzug von Journalistenakkreditierungen beim G20-Gipfel in Hamburg, Stand der deutschen Einheit, Berichte über russische Versuche der Infiltration von Mobiltelefonen von Nato-Soldaten an der russischen Grenze

Sprecher: StS Seibert, Daldrup (BMAS), Adebahr (AA), Wagner (BMWi), Korff (BMI), Henjes (BMVg)


Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Daldrup: Erlauben Sie mir, kurz das Wort zu ergreifen. Ich möchte mich gerne von dieser Stelle aus verabschieden. Dies ist heute meine letzte Regierungspressekonferenz. Es war mir immer eine große Freude und Ehre, die Arbeit der Presse und Kommunikation des BMAS zu leiten, und auch eine große Ehre, hier zu sitzen. Dies hat nun vorerst ein Ende. Es war eine sehr spannende Zeit, aber es wird auch eine spannende Zeit folgen. Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit!

Vorsitzender Mayntz: Der Dank für die Zusammenarbeit kommt auch von unserer Seite, verbunden mit der Hoffnung, dass Sie uns auch an anderer Stelle in Ihrem Herzen bewegen und dafür sorgen mögen, dass wir an dieser Stelle interessante Gäste haben.

Frage : Ich habe zwei Fragen. Zunächst würde mich interessieren, Herr Seibert, wie sich die Bundeskanzlerin denn im Hinblick auf Erwägungen oder Bitten aufstellt, im Katalonien-Konflikt möglicherweise als Vermittlerin zur Verfügung zu stehen.

Mich würde zum Zweiten interessieren: Was passiert denn in dem Moment, in dem die Regionalregierung das Land formell für unabhängig erklärt, im Hinblick auf die deutsch-spanischen und die deutsch-katalonischen Beziehungen? Passiert denn überhaupt etwas? Wann würde etwas passieren, wenn zu diesem Zeitpunkt erst einmal nichts passiert?

StS Seibert: Vielen Dank. Ich glaube, ich muss ein bisschen ausholen, bevor ich auf diese sehr spezifischen Fragen zu sprechen komme. Ich muss einfach noch einmal wiederholen, was wir hier bereits mehrfach gesagt haben: Deutschland ist dem Königreich Spanien und seinen Menschen auf das Engste verbunden. Deshalb beobachtet die Bundesregierung die Entwicklungen dort mit großer Aufmerksamkeit. Wir haben großes Interesse an der Stabilität Spaniens, und deshalb ist es wichtig, dass in allem, was jetzt dort politisch geschieht, die Rechtsstaatlichkeit eingehalten wird. Es ist offensichtlich, dass Spanien vor einem schweren innerstaatlichen Konflikt steht, einem innerspanischen Konflikt. Eine Lösung dieses Konflikts, die wir unseren spanischen Freunden wünschen, kann es nur innerhalb der Verfassung, innerhalb der demokratischen Ordnung Spaniens geben.

Bezüglich Ihrer Frage in Sachen Vermittlung: Die Bundeskanzlerin strebt keine Vermittlungsmission an. Ich wiederhole noch einmal: Das ist nach unserer festen Überzeugung eine innerspanische Angelegenheit.

Die Frage in Richtung einer Unabhängigkeitserklärung ist aus heutiger Sicht erst einmal hypothetisch. Ich erinnere auch da noch einmal an die Fakten: Das spanische Verfassungsgericht hatte ja klar beschieden, dass schon dieses sogenannte Referendum nicht im Einklang mit der spanischen Verfassung steht. Es ist die Aufgabe jeder Regierung, die Verfassungsordnung aufrechtzuerhalten. In einem demokratischen Staat schützt die Verfassung die Rechte aller Bürger.

Frage: Wir haben letzte Woche miteinander gesprochen. Sie haben schon erwähnt, dass das ein internes Problem Spaniens ist. Aber nach den Ereignissen der letzten Tage schockiert es mich ein bisschen, dass Sie nicht anders reagieren. Wir haben Menschenrechtsverletzungen gesehen. Wir haben Polizeigewalt auf den Straßen in vielen Städten Kataloniens gesehen. Die öffentliche Meinung in Europa und auch in Deutschland sowie alle Zeitungen haben darauf geachtet. Wieso reagiert die deutsche Regierung nicht darauf? Auf was warten Sie? Was muss noch passieren?

StS Seibert: Ich habe die Haltung der Bundesregierung in dieser Sache ganz klargemacht. Sie richtet sich an der rechtlichen Realität, an der Verfassungsrealität Spaniens aus, wie sich auch jede künftige Lösung dieses innerspanischen Konflikts an der Verfassung Spaniens ausrichten muss. Das ist unsere feste Überzeugung.

Zusatzfrage: Die Polizeigewalt spielt keine Rolle?

StS Seibert: Ich habe mich so geäußert, wie es jetzt aus unserer Sicht im Vordergrund und im Mittelpunkt steht. Natürlich hoffen wir auf eine Deeskalierung der Lage. Aber das wird nur möglich sein, indem rechtsstaatliche und auch verfassungsrechtliche Prinzipien beachtet werden sowie auf der Grundlage des politischen Dialogs.

Frage : Herr Seibert, durch die Polizeigewalt sind fast 1000 Menschen verletzt worden. Ich habe jetzt immer noch keine Verurteilung dieser Polizeigewalt von Ihnen gehört.

StS Seibert: Sie haben das gehört, was ich zu dieser Situation zu sagen habe.

Zusatzfrage : Haben beide Seiten Schuld an der Eskalationsspirale, also zum Beispiel an dieser Gewalt?

StS Seibert: Es ist überhaupt nicht meine Aufgabe, hier Polizeieinsätze in Spanien zu bewerten. Für die Bundesregierung steht die Lage, wie sie die spanische Verfassung vorsieht, im Mittelpunkt unserer Betrachtungen. Das Verfassungsgericht in Spanien hat eindeutig festgestellt: Dieses sogenannte Referendum steht nicht im Einklang mit der Verfassung. Es ist ein Bruch der spanischen Verfassung. Das ist das, was dabei sicherlich erst einmal auch zu bedenken ist. Deswegen fordern wir dazu auf und wünschen wir unseren spanischen Freunden auch, dass dieser schwierige Konflikt innerhalb der demokratischen Ordnung des Landes, wie die spanische Verfassung sie vorgibt, zu lösen ist.

Zusatzfrage : Könnten Sie uns kurz verraten, ab wann Sie Polizeigewalt beziehungsweise Polizeieinsätze bewerten? Wenn in Russland Polizeigewalt herrscht, dann sind Sie die Ersten, die das verurteilen, in der Türkei und anderen Ländern ebenfalls. Warum jetzt nicht in Spanien?

StS Seibert: Die Frage zieht absurde Parallelen, wenn ich das so sagen darf. Ich habe vorhin mit Bedacht gesagt: In einem demokratischen Staat schützt die Verfassung die Rechte aller Bürger. Deswegen ist die Verfassung einzuhalten.

Frage: Davon ausgehend, dass beim Einsatz staatlicher Gewaltmittel die Angemessenheit ein Kriterium ist, das auch zu den rechtsstaatlichen Prinzipien gehört, frage ich: Warum sperrt sich die Bundesregierung so sehr dagegen, zu bewerten, ob dieser Einsatz tatsächlich dem Kriterium der Angemessenheit des Einsatzes staatlicher Gewaltmittel genügt hat oder nicht? Das ist ja etwas anderes als eine sich über Verfassungsregeln hinwegsetzende Einschätzung. Es wäre eine Möglichkeit zur Deeskalation in einem wichtigen europäischen Land, an dem Deutschland doch Interesse haben kann.

StS Seibert: Spanien ist ein demokratischer Staat. Es ist auch medial ein pluralistischer Staat. Alle notwendigen Diskussionen werden in Spanien geführt. Da braucht niemand eine Stellungnahme und eine Bewertung eines Polizeieinsatzes durch einen deutschen Regierungssprecher.

Zusatzfrage: Offenbar ist es aber so, dass sich zumindest Teile der innerspanischen Konfliktparteien genau das zur Herstellung einer Befriedungsstrategie innerhalb Spaniens wünschen. Noch einmal die Frage: Warum sind Sie nicht bereit, diesem Wunsch von zumindest Teilen der spanischen Bevölkerung nachzukommen?

StS Seibert: Weil es sich um einen innerstaatlichen, innerspanischen Konflikt handelt, weil es die spanische Verfassung gibt, die ganz klar den Rahmen vorgibt, innerhalb dessen eine Lösung im Dialog gesucht werden muss, weil es richtig ist, sich daran zu halten, und weil ich als deutscher Regierungssprecher dazu keine weiteren Ratschläge zu geben habe.

Frage : Wenn dies ein innerstaatlicher, innerspanischer Konflikt ist, wie Sie sagen, heißt das dann im Rückschluss zwangsläufig, dass auch die EU keine Rolle spielen kann und keinerlei Mandat hat, wenn diese innerspanischen Kräfte nicht zueinander kommen und versuchen, in irgendeiner Weise zur Problemlösung beizutragen?

StS Seibert: Ich kann hier ja nicht für die Institutionen der Europäischen Union sprechen. Die Sprecher der Europäischen Kommission haben sich nach meiner Erinnerung am Montag geäußert. Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Ich spreche hier für die Bundesregierung.

Frage : Sie sagen, es handele sich um einen innerspanischen Konflikt. Was ist denn mit denjenigen, die in den letzten paar Tagen gesagt haben, die fehlende Verurteilung der Polizeigewalt durch europäische Stellen wie auch die Bundesregierung sei ein klares Zeichen für den Zerfall europäischer Werte und der europäischen Idee?

Frau Adebahr, wissen Sie, ob irgendwelche deutschen Staatsbürger bei den Ausschreitungen zu Schaden gekommen sind?

StS Seibert: Ich kann hier nicht jede Meinungsäußerung, die im Umlauf ist, kommentieren, und habe das auch nicht vor.

Zusatzfrage : Sie wollen dem also nichts entgegensetzen?

StS Seibert: Ich habe hier - ich finde, deutlich und umfangreich - die Haltung der Bundesregierung zu diesem Thema dargelegt.

Adebahr: Ich hatte heute Morgen Gelegenheit, noch einmal mit unserem Generalkonsul in Barcelona zu telefonieren. Der sagte mir: Nach unserer bisherigen Kenntnis sind keine deutschen Staatsbürger betroffen.

Frage: Meine Frage richtet sich an das Auswärtige Amt. Martin Schulz von der SPD hat sich schon geäußert und diese Gewalt kritisiert. Gibt es da eine Trennung innerhalb der Bundesregierung, was die Bewertung dieser Gewalt anbelangt? Das findet nur 2000 Kilometer von hier statt, nicht in der Türkei!

Adebahr: Ich kann Sie auf das verweisen, was Bundesaußenminister Gabriel dazu am Wochenende in einer Stellungnahme herausgegeben hat und was auch in einer großen Zeitung am Dienstag noch einmal erschienen ist. Ansonsten habe ich, glaube ich, der Diskussion hier nichts hinzuzufügen.

Frage : Herr Seibert, hat die Bundesregierung überhaupt Polizeigewalt gesehen am Wochenende?

StS Seibert: Ich wiederhole mich, weil Sie ja auch Ihre Fragen wiederholen: Ich habe hier nicht die Situation und den Einsatz der spanischen Polizei am Sonntag in Barcelona zu beurteilen. Das steht mir als Sprecher einer Bundesregierung, die ein Partner des demokratischen Staates Spanien ist, nicht zu; so betrachte ich meine Rolle nicht.

Wir alle wünschen uns natürlich - und wir wünschen uns das auch für unsere spanischen Freunde -, dass es eine Deeskalation gibt. Wir wünschen uns, dass dieser Konflikt im Dialog und friedlich zu lösen ist. Das ist doch ganz klar. Wir erinnern aber daran, dass es in Spanien eine demokratische Verfassung und eine demokratische, rechtsstaatliche Ordnung gibt, innerhalb derer gehandelt werden sollte.

Zusatzfrage : Ich hätte gedacht, dass auch im BPA Fernseher stehen oder man vor Ort ist und sich das anschaut. - Frau Adebahr, hat die Deutsche Botschaft oder haben Sie am Wochenende Polizeigewalt festgestellt beziehungsweise beobachtet, oder wissen auch Sie nicht, wovon ich rede?

Adebahr: Ich glaube, zu dieser Diskussion hat Herr Seibert jetzt ausführlich Stellung genommen.

Zusatzfrage : Ich habe das Auswärtige Amt, ich habe Sie gefragt, nicht Herrn Seibert.

StS Seibert: Sie hat ja geantwortet.

Adebahr: Ja.

Zusatz : Das ist ja keine Antwort.

StS Seibert: Es war auch keine Frage.

Frage: Herr Seibert, wenn die nationale spanische Regierung es begrüßen würde, wenn vonseiten von EU-Institutionen oder auch der Bundesregierung zum Zweck der Deeskalation Gesprächsangebote gemacht werden, würden Sie darauf dann eingehen?

StS Seibert: Das ist eine Hypothese, die Sie da aufstellen. Ich habe von der spanischen Regierung keine solche Äußerung gehört.

Zusatzfrage: Noch nicht. Sie haben hier aber auch schon auf hypothetische Fragen geantwortet; tun Sie es doch bitte jetzt auch. Wenn die spanische Regierung einen solchen Wunsch äußert, würde die Bundesregierung dann darauf eingehen?

StS Seibert: Ich antworte hier grundsätzlich nicht auf hypothetische Fragen, und dies ist kein Fall, in dem ich eine Ausnahme mache.

Frage: Frau Adebahr, ich möchte einen Zwischenstand zur Türkei abfragen: Gibt es etwas Neues, was die Verhandlungen/Gespräche mit der Türkei über die Freilassung inhaftierter deutscher Staatsbürger - ob es nun die prominenten oder die weniger prominenten sind - angeht? Gibt es da einen Fortschritt, deutet sich an, dass möglicherweise jemand freigelassen wird, oder gibt es einen Erfolg zu melden?

Adebahr: Was unsere Haftfälle betrifft, über die wir hier ja auch regelmäßig berichten, kann ich Ihnen leider von keinerlei neuem Stand berichten. Zwischenzeitlich ist aber ein deutsch-türkischer Staatsangehöriger, der seit dem 26. Mai dieses Jahres wegen politischer Vorwürfe inhaftiert war, entlassen worden. Somit sind nunmehr elf deutsche Staatsangehörige aufgrund politischer Vorwürfe in der Türkei in Haft. Das ist der neueste Stand.

Frage : Warum wurde der entlassen? Hat der jetzt eine Ausreisesperre oder darf der wieder zurück nach Deutschland?

Warum sind es jetzt elf? Letzte Woche war Herr Schäfer auf dem Stand, dass es zehn waren.

Adebahr: Es liegt mir fern, Herrn Schäfer in irgendeiner Art und Weise zu widersprechen. Elf ist die aktuelle Zahl, die mir die Kollegen, unsere Experten für die Konsularfälle, heute gegeben haben.

Zu dem konkreten Fall: Wie Sie wissen, nehmen wir hier auch in diesem Falle aus Persönlichkeitsschutzrechten keine weitere Stellung.

Zusatz : Aber es ist üblich, dass Sie uns sagen, ob der- oder diejenige aus dem Land kommen kann.

Adebahr: Ja, da müsste ich noch einmal bei den Kollegen nachfragen, was genau der Stand in diesem Fall ist.

Frage : An Herrn Seibert oder vielleicht auch an das Wirtschaftsministerium: Es gibt Meldungen, dass von der EU-Kommission beziehungsweise auf der Ebene eines Vizepräsidenten zu einem sogenannten Batteriegipfel eingeladen wurde, also einem Treffen, bei dem eine Bündelung der europäischen Kräfte bei der Entwicklung neuer Batterien besprochen werden soll. Ist bei Ihnen schon so etwas wie eine Einladung eingegangen, und wenn ja: Auf welcher Ebene wird die Bundesregierung daran teilnehmen? Betrachtet sie die Pläne, das auf europäischer Ebene voranzutreiben, als ein Projekt, das sie unterstützt?

Wagner: Ich kann das gerne beantworten: Es ist richtig, dass die Europäische Kommission für die kommende Woche zu einem "Batteriegipfel" eingeladen hat. An dem "Batteriegipfel" wird für das Bundeswirtschaftsministerium Staatssekretär Machnig teilnehmen.

Aus Sicht des Bundeswirtschaftsministeriums ist es gut und wichtig, dass die EU-Kommission dieses Thema auch auf europäischer Ebene adressiert, denn für die Zukunft der Elektromobilität ist das Thema Batteriefertigung und die Ansiedelung von Batteriefertigung in Deutschland natürlich ein sehr bedeutendes wirtschafts- und industriepolitisches Thema. Die Batteriezellfertigung ist eine der Kerntechnologien der Elektromobilität, in der auch ein großer Teil der Wertschöpfung steckt, und sie ist daher auch einer der wichtigen Differenzierungsfaktoren beim Thema der Elektromobilität. Wenn Deutschland Premiumhersteller bleiben will und auch Leitmarkt für die Elektromobilität werden will, dann ist aus Sicht der Bundesregierung die Batteriezellfertigung ein ganz zentrales Thema.

Frage: Meine Frage gilt den skeptischen Äußerungen des ungarischen Außenministers in Bezug auf die Europarede von Präsident Macron. Er sagte unter anderem, das Wirtschaftsverhältnis Deutschlands zur Visegrád-Gruppe sei 55-mal größer als das zu Frankreich. Wie gedenkt die Bundesregierung die diplomatischen Beziehungen zur Visegrád-Gruppe - also unter anderem auch zu Polen und Ungarn - in Zukunft weiter zu gestalten?

StS Seibert: Es ist schon klar, wer zur Visegrád-Gruppe gehört. - Zunächst einmal: Unabhängig von ihrer Gruppenzugehörigkeit sind diese vier Länder europäische Partnerländer, Partner in der Europäischen Union, deren Rechte und Werte uns alle binden und verpflichten. Wir haben zu all diesen Ländern intensive bilaterale Beziehungen - politische, kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen, und es hat auch immer wieder mal Begegnungen mit der Visegrád-Gruppe - beispielsweise auch der Bundeskanzlerin mit der Visegrád-Gruppe beziehungsweise mit der jeweiligen Präsidentschaft der Visegrád-Gruppe - gegeben. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, was Sie mit der Frage meinen, wie wir das zu entwickeln gedenken. Wir werden weiter intensive bilaterale Verhältnisse mit all diesen Ländern führen, und es wird sicherlich auch immer mal wieder sozusagen Gespräche mit der Visegrád-Gruppe oder ihren Vertretern als Gruppe geben.

Zusatzfrage: Was ich gemeint habe, war, dass das die Europarede von Präsident Macron sehr umfangreich war und dass sich anscheinend einer der wichtigsten Staatsrepräsentanten eines Landes der Visegrád-Gruppe kritisch dazu geäußert hat und verstanden hat, dass es da auf jeden Fall eine Prioritätssetzung gibt, in der die Visegrád-Gruppe - selbst in den bilateralen Beziehungen Deutschlands zu den jeweiligen Mitgliedstaaten der Visegrád-Gruppe - benachteiligt wäre. Ich meine also die Reaktion der Visegrád-Gruppe darauf, dass Frankreich und Deutschland sozusagen die Zukunft der EU definieren würden.

StS Seibert: Natürlich definieren nicht zwei Mitgliedstaaten - auch wenn sie wichtige Mitgliedstaaten sind - die Zukunft der Europäischen Union. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union hatten ja gerade bei dem Gipfel in Tallinn die Gelegenheit, sehr ausführlich über die Impulse zu reden, die Präsident Macron in seiner Rede gegeben hat, und über die Impulse zu reden, die Kommissionspräsident Juncker in seiner Straßburger Rede gegeben hat. Das heißt, da hat ein breiter, sehr intensiver und notwendiger Prozess der Debatte über die Zukunft der Europäischen Union und dann im engeren Sinne auch noch die Zukunft der Eurozone begonnen. Die Bundeskanzlerin hat diese Impulse sehr begrüßt. Unser Ansatz ist immer, dass bei all den notwendigen Bemühungen, die Europäische Union zu modernisieren, sie weiterzuentwickeln, sie zukunftsfest und -fähig zu machen, so viele Mitgliedstaaten wie möglich beteiligt und so viele Mitgliedstaaten wie möglich auch aktiv mitgenommen werden.

Frage : Frau Adebahr, zu der Massentötung in Las Vegas: Gab es deutsche Opfer?

Adebahr: Unserer Kenntnis nach gibt es einen deutschen Staatsangehörigen, der in medizinischer Behandlung ist. Sonst haben wir keine Hinweise auf deutsche Opfer. Ob die medizinische Behandlung abgeschlossen ist und welcher Art sie war, kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht sagen.

Frage : Hat Frau Merkel die Ereignisse verfolgt, Herr Seibert?

StS Seibert: Ich bin jetzt wirklich ganz unsicher, was Sie damit meinen. Natürlich hat sie die Ereignisse verfolgt - wie wir alle. Das ist ein entsetzlicher Fall von - Sie sagen Massentötungen, ich würde sagen: Das ist ein 58-facher Mord, der da begangen worden ist, und es sind noch hunderte von Verletzten in Behandlung, denen wir nur Kraft und gute Besserung wünschen können. Es ist ein traumatisches Ereignis, und das haben alle in der Bundesregierung mit Entsetzen und Erschütterung verfolgt.

Frage: Herr Seibert, im Hinblick auf die äußerst schwachen Umfrageergebnisse von Präsident Poroschenko in der Ukraine und auch auf den aktuellen Werdegang des ehemaligen georgischen Präsidenten Sarkaschwili, der gleichzeitig auch der ehemalige Bundesgesundheitsminister von Odessa war: Wie lautet die aktuelle Analyse der Bundesregierung zur jetzigen innenpolitischen Situation in der Ukraine?

StS Seibert: Sie sind noch nicht so oft hier in der Regierungspressekonferenz gewesen, sonst wüssten Sie, dass ich schon zu Umfrageergebnissen in Deutschland keine Stellung nehme, noch viel weniger zu Umfrageergebnissen in anderen Ländern.

Frage : Herr Seibert, Frau Adebahr, zu Nordkorea: Die Amerikaner haben von sich aus gesagt, dass sie an keinen direkten Gesprächen interessiert sind. Wie bewertet die Bundesregierung dies? Finden Sie das hilfreich? Sie sind ja an einer Deeskalation interessiert.

Adebahr: Die Position der Bundesregierung - der Bundesaußenminister hat sich am Wochenende auch dazu geäußert - ist, dass wir sehen, dass eine diplomatische Lösung für diesen Konflikt gesucht werden muss und dass es nur eine solche geben kann, und dass wir Nordkorea nachdrücklich auffordern, Bereitschaft zu Gesprächen und zu einer diplomatischen Lösung zu zeigen und zu entwickeln.

Die EU ist dabei, Sanktionen gegen Nordkorea zu verschärfen und hat auch Sanktionen beschlossen. Sanktionen sind für uns kein Selbstzweck, aber sie dienen dazu, wirtschaftlichen Druck aufzubauen, der Nordkorea vielleicht in die Richtung bringt, sich an solchen Gesprächen zu beteiligen.

Zusatz : Ich hatte explizit nicht nach dem nordkoreanischen Desinteresse an Gesprächen gefragt, sondern nach dem amerikanischen.

Adebahr: Dazu haben wir wiederholt und sehr deutlich gesagt, dass wir die Vorschläge von Außenminister Tillerson zu einem Gesprächsangebot unterstützen. Unsere Haltung ist nach wie vor, dass es dort eine diplomatische Lösung geben soll

Zusatzfrage : Herr Seibert, fordert die Bundesregierung die Amerikaner, ihre Freunde, dazu auf, mit den Nordkoreanern zu reden?

StS Seibert: Ich schließe mich Frau Adebahr vollkommen an.

Frage: Eine Frage an das BMI. Frau Korff, Sie haben die Berichterstattung verfolgt, dass im Zusammenhang mit der Aufklärung darüber, ob der Entzug von Journalistenakkreditierungen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel in Hamburg berechtigt oder unberechtigt war, in mindestens einem Landeskriminalamt, nämlich in dem von Berlin, offenbar zeitnah Unterlagen vernichtet worden sind. Da das Auswirkungen auf die Einschätzung des BMI dazu hat, in wie vielen Fällen der Akkreditierungsentzug berechtigt war, frage ich Sie: Verfolgen Sie das? Wie bewerten Sie das? Kann es angehen, dass Unterlagen auf einmal zeitnah vernichtet werden?

Korff: Zu dem konkreten Fall können wir, wie immer bei konkreten Fällen, natürlich nicht Stellung nehmen. Ansonsten muss ich Sie leider tatsächlich an das Land und die dort geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen verweisen, weil die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit für die Richtigkeit der Daten und die Einhaltung der Löschverpflichtungen auch nach dem BKA-Gesetz bei der jeweils speichernden Polizeibehörde liegt. So ist es auch in diesem Fall.

Zusatzfrage: Können Sie uns sagen, wie viele der Journalisten, denen die Akkreditierung entzogen wurde, inzwischen benachrichtigt wurden?

Korff: Mit dem Stand von heute hat uns das BKA mitgeteilt, dass in allen Fällen Bescheide verschickt worden sind.

Frage: Herr Seibert, nach dem gestrigen Feiertag: Wie würden Sie nach den Wahlergebnissen und dem Wahlerfolg der AfD den Stand der deutschen Einheit bewerten? Vielen Dank.

StS Seibert: Sie werden verstehen, dass das keine Frage ist, die man in einem Satz beantworten kann. Wir könnten jetzt anderthalb Stunden darüber reden. Bei Gelegenheit ist darüber auch schon lang geredet worden, und ich halte es auch für sinnvoll, das nicht mit einem schnellen Satz zu erledigen, sondern darüber schon sehr differenziert zu sprechen.

Ich kann Sie jetzt sinnvollerweise wirklich nur auf das verweisen, was zum Beispiel die Bundeskanzlerin gestern in Mainz gesagt hat. Vieles ist gelungen in diesen 27 Jahren seit Wiederherstellung der deutschen Einheit. Das Viele, was gelungen ist, kann und wird uns die Kraft geben, auch die offensichtlichen Probleme, vor denen wir immer noch stehen, zu bewältigen.

Aber das ist nur der Einstieg in eine Diskussion, die wir, denke ich, hier jetzt nicht führen können.

Vorsitzender Mayntz: Wir können natürlich darauf verweisen, dass an dieser Stelle zeitnah bereits auch Spezialpressekonferenzen zum Stand der deutschen Einheit stattgefunden haben.

Frage : Herr Henjes, zur Bundeswehr an der russischen Grenze: Es gibt Berichte von Nato-Seite, dass sich die Russen angeblich auf die Handys der Soldaten konzentrieren und versuchen, sie zu infiltrieren. Können Sie das für die deutschen Soldaten bestätigen?

Henjes: Solche Berichte liegen mir nicht vor.

Zusatzfrage : Gibt es irgendwelche Hinweise innerhalb der Bundeswehr zu Hacking, Handyhacking?

Henjes: Aber Sie können sicher sein, dass wir im Zusammenhang mit unserer Sicherheit insbesondere die Sicherheit der IT, sei sie privat oder dienstlich, dort beachten werden.

Zusatzfrage: Gab es bisher noch keine Vorkommnisse?

Henjes: Ich werde hier zu einzelnen Vorkommnissen weder irgendetwas sagen noch kommentieren.

Zusatzfrage : Ich habe ja keine einzelnen Vorkommnisse abgefragt. - Gab es irgendetwas, das darauf schließen lassen könnte, dass die Russen das machen?

Henjes: Wie gesagt, ich bleibe bei meiner Antwort, die ich Ihnen eben schon gegeben habe.

Vorsitzender Mayntz: Sollten Sie zu neuen Erkenntnissen in diesem Zusammenhang kommen, wären wir für eine Nachlieferung dankbar.

Mittwoch, 4. Oktober 2017

*

Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 4. Oktober 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/10/2017-10-04-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Oktober 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang