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PRESSEKONFERENZ/1564: Regierungspressekonferenz vom 20. November 2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Montag, 20. November 2017
Regierungspressekonferenz vom 20. November 2017

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (einvernehmliche Absage des Besuchs des Ministerpräsidenten der Niederlande, Begegnung mit dem Bundespräsidenten), Auswirkungen des Abbruchs der Sondierungsgespräche zur Bildung einer Regierungskoalition, Personalie, Bericht der BBC über eine angebliche Abmachung zwischen lokalen Akteuren hinsichtlich der Ermöglichung der Flucht von Zivilisten aus Rakka, angekündigte Standortschließungen bei Siemens, Verhältnis zu Saudi-Arabien, Lage im Jemen, Presseberichte über Ermittlungen der EU-Behörde OLAF wegen des Verdachts von Alkoholschmuggel an der EU-Vertretung in Kabul

Sprecher: StS Seibert, Dimroth (BMI), Kolberg (BMF), Scholz (BMJV), Neumann (BMVg), Jornitz (BMWi), Schneider (BMAS), Adebahr (AA)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich will Ihnen zwei Informationen geben, von denen ich annehme, dass die meisten von Ihnen sie ohnehin schon kennen.

Erstens: Der geplante Besuch des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte bei der Bundeskanzlerin ist in beiderseitigem Einvernehmen kurzfristig abgesagt worden. Aufgrund der politischen Entwicklung in der vergangenen Nacht ist man übereingekommen, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für ein Treffen ist. Das Gespräch mit Ministerpräsident Rutte, der ja erneut an der Spitze der niederländischen Regierung steht und einer der engsten Freunde und Partner der Bundesregierung in Europa ist, ist der Bundeskanzlerin wichtig. Es soll deswegen nachgeholt werden.

Zweitens, auch das konnte man schon lesen: Die geschäftsführende Bundeskanzlerin trifft heute Mittag mit dem Bundespräsidenten zusammen, wie sie selbst es in der Nacht schon angekündigt hat, um ihn über den Stand der Dinge zu informieren.

Vorsitzender Feldhoff [zu Auswirkungen des Abbruchs der Sondierungsgespräche zur Bildung einer Regierungskoalition]: Vielleicht kann uns Herr Dimroth etwas dazu sagen, wie sich die verfassungsrechtliche Situation jetzt aus Sicht des Verfassungsministeriums, des BMI, darstellt.

Dimroth: Herr Vorsitzender, das tue ich gern, wiewohl ich vorweg sagen will, dass es natürlich eine rein verfassungstheoretische Darlegung ist, die ich Ihnen hier anbieten kann. Das ist mitnichten eine Andeutung, ob das eine oder andere wahrscheinlicher oder weniger wahrscheinlich ist. Denn dies überstiege die Kompetenz des Verfassungsressorts, des BMI, deutlich.

Wie Sie wissen, hat der Bundespräsident die Bundeskanzlerin und damit die Bundesregierung ersucht, die Geschäfte geschäftsführend wahrzunehmen. Dieser Zustand hält an. Er kennt nach der Verfassung auch kein natürliches oder durch eine Frist vorgesehenes Ende.

Ein möglicher, aber eben hypothetischer nächster Schritt wäre es, Neuwahlen des Bundestages anzustrengen. Hierbei ist es ganz wichtig, dass das Grundgesetz, anders als es teilweise verlautbart wurde, kein Selbstauflösungsrecht des Bundestages kennt. Die Verfassung kennt nur zwei Szenarien, wie es zu Neuwahlen kommen kann. Das ist zum einen die sogenannte Vertrauensfrage nach Artikel 68 des Grundgesetzes, die vorsieht, dass der Bundespräsident binnen 21 Tagen den Bundestag auflösen kann, wenn ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erhält. Dieses Szenario setzt aber denklogisch voraus, dass der Bundeskanzler, der um Vertrauen des Bundestages nachsucht, zunächst mit der Mehrheit der Stimmen des Bundestages zum Bundeskanzler gewählt wurde. Was will ich damit sagen? - Diese Variante scheidet für einen geschäftsführenden Bundeskanzler aus, weil es an dem Vertrauensbeweis der Wahl des Bundeskanzlers durch den aktuellen Deutschen Bundestag fehlt.

Daneben bleibt die Möglichkeit der Wahl des Bundeskanzlers nach Artikel 63 Absatz 4 des Grundgesetzes. Grundsätzlich wird der Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundespräsidenten ohne Aussprache vom Deutschen Bundestag gewählt. Das Grundgesetz sieht als Voraussetzung hierfür die absolute Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages vor. Ist diese nicht gewährleistet, wird also die absolute Mehrheit in diesem Wahlgang nicht erreicht, dann kann der Bundestag innerhalb von 14 Tagen nach dem Wahlgang wiederum mit absoluter Mehrheit seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen. Kommt eine Wahl innerhalb dieser Vierzehntagesfrist nicht zustande, findet unverzüglich ein weiterer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die absolute Mehrheit erhält. Erreicht der Gewählte dabei nicht die absolute Mehrheit, sondern nur eine (relative) Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Deutschen Bundestages, dann hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen. Das regelt Artikel 63 Absatz 4.

Im Falle einer Auflösung des Bundestages findet die Neuwahl nach Artikel 39 Absatz 1 Satz 4 des Grundgesetzes binnen 60 Tagen nach Auflösung statt.

Frage: Herr Seibert, mich würde interessieren, was das für die konkrete Politik der Bundesregierung im Hinblick auf vor uns liegende Aufgaben bedeutet, zum Beispiel für den Dieselgipfel. Lässt sich der Dieselgipfel - das ist nicht der mit den Kommunen, sondern der mit den Herstellern - von einer geschäftsführenden Bundesregierung überhaupt noch abwickeln, oder wäre das aufgrund der Aufgabenstellung schon etwas, mit dem man auf die nächste ordentliche Bundesregierung warten müsste?

Genauso die Frage an das Bundesfinanzministerium dazu: Was heißt das letztendlich für den "Haushalts-Background" der Regierung, wenn wir Neuwahlen erst nach dem ersten Quartal haben? Das parlamentarische Verfahren für den 2018er-Haushalt hat noch nicht begonnen, sondern er ist erst vom Kabinett beschlossen worden, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. Ist damit absehbar, dass wir den größten Teil des kommenden Jahres ohne Haushalt und damit ohne jegliche Neuorientierungen, die Ausgabenwirkungen haben werden, erleben werden?

StS Seibert: Ich kann es kurz machen. Ich kann Ihnen hier heute keinerlei Veränderungen an den Terminplänen der geschäftsführenden Bundesregierung ankündigen.

Zusatzfrage: Konkret dazu, weil der Dieselgipfel - - -

StS Seibert: Das betrifft auch diesen Termin. Ich habe Ihnen hier keine Änderungen anzukündigen. Es wurde ja gerade vorgetragen, dass eine geschäftsführende Regierung keineswegs eine Regierung ist, die gar nichts mehr unternehmen kann. Das ist ja nicht der grundgesetzliche Stand der Dinge.

Kolberg: Ich kann es auch kurz machen. Sie haben in Ihre Frage ja schon ein Wenn gepackt. Das sind Szenarien, von denen wir noch nicht wissen, wie und wann sie eintreten. Von daher möchte ich mich zu Spekulationen hier nicht äußern.

Frage: Herr Seibert, ich habe zwei Fragen. Die erste: Können Sie sagen, mit welcher Position die Kanzlerin heute in das Gespräch mit dem Bundespräsidenten geht? Was ist ihre präferierte Option? Es gibt ja, im Grunde genommen, drei Optionen.

Die zweite Frage: Wie sieht die Bundeskanzlerin Deutschlands Rolle auf EU-Ebene jetzt? Sie hatte schon beim letzten Gipfel gesagt, sie müsse jetzt, im Grunde genommen, alle Entscheidungen erst einmal mit ihren möglichen Koalitionspartnern rückkoppeln. Jetzt hat sie gar keine möglichen Koalitionspartner mehr. Wie handlungsfähig ist die Bundesregierung auf europäischer Ebene derzeit?

StS Seibert: Die Sondierungsgespräche waren in den vergangenen Wochen eine Angelegenheit der verhandelnden Parteien und nicht der geschäftsführenden Bundesregierung, für die die Kollegen und ich hier sprechen. Daran hat sich auch mit dem Abbruch der Gespräche nichts geändert. Also: Fragen zur Regierungspolitik gern an uns; Fragen zu dem, was die Parteien jetzt aus der Situation machen, bitte an anderer Stelle.

Ich kann nur auf das verweisen, was die Bundeskanzlerin in der vergangenen Nacht gesagt hat. Sie hat gesagt, sie wird als geschäftsführende Bundeskanzlerin alles dafür tun, damit dieses Land auch durch diese schwierigen Wochen gut geführt wird.

Zusatzfrage : Und zum Thema Europa?

StS Seibert: "Gut geführt" - das betrifft die Innen- wie die Außenpolitik.

Frage: Herr Seibert, eine konkrete Nachfrage dazu: Kann eine geschäftsführende Bundesregierung im Dezember - das steht ja wahrscheinlich an - für oder gegen die Prolongierung der Sanktionen gegen Russland auftreten, oder muss sie sich in dieser Situation enthalten?

StS Seibert: Ich verweise noch einmal auf das, was das Grundgesetz zur Position einer geschäftsführenden Bundesregierung sagt. Über konkrete Abstimmungen, die im Dezember anstehen, kann ich mich hier und heute nicht äußern.

Frage: Ich habe eine Frage, die, denke ich, an Herrn Dimroth geht. Was wäre das Verfahren, wenn sich die geschäftsführende Bundesregierung die Zustimmung des Bundestages in bestimmten Fällen holen wollte? Nehmen wir an, es geht um eine Entscheidung wie den Russland-Boykott oder ähnliche EU-Entscheidungen, die dringlich sind und bei denen sich die geschäftsführende Bundesregierung der Mehrheit der Abgeordneten des Bundestages versichern möchte, vielleicht in der Annahme, dass es sie auch gibt - das ist ja durchaus vorstellbar, wenn es nicht gerade um Familiennachzug geht. Könnten Sie dazu etwas sagen?

Dimroth: Ja, dazu kann ich etwas sagen. Allerdings muss ich weitgehend auf das Parlamentsrecht verweisen, weil das keine Frage mehr ist, die das Grundgesetz für die Frage der geschäftsführenden Bundesregierung abschließend regelt. Wie Sie wissen, gibt es eine Reihe von Fällen, in denen es eines positiven Votums des Deutschen Bundestages bedarf. Insbesondere bei Auslandseinsätzen ist dies der Fall, ansonsten jedenfalls immer dort, wo nach Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts ein gesetzgeberischer Akt erforderlich ist. Darüber hinaus sieht das Recht des Bundestages das Instrument des Entschließungsantrages vor. Das wäre möglicherweise ein Mittel der Wahl. Aber, wie gesagt, all das und insbesondere die Frage, ob und wann der Bundestag die Erheblichkeitsschwelle überschritten sieht und ein solches Votum für erforderlich hält, ist eine Frage, die der Deutsche Bundestag beantworten muss.

Frage: Herr Seibert, ich möchte doch noch einmal an die Frage des Kollegen Delfs anknüpfen. Das Gespräch heute Mittag ist doch ein Gespräch der Verfassungsorgane. Die Bundeskanzlerin trifft den Bundespräsidenten. Daher ist die Frage, mit welcher Präferenz zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Regierungsführung und Regierungsneubildung sie in dieses Gespräch geht, doch eine Frage an die Kanzlerin. Vielleicht könnten Sie doch etwas dazu sagen.

StS Seibert: Natürlich geht sie als geschäftsführende Bundeskanzlerin zum Bundespräsidenten und hat heute die Unterhaltung mit ihm. Natürlich ist sie gleichzeitig auch die Vorsitzende der CDU, die bis gestern Nacht in Sondierungsverhandlungen gesteckt hat. So klar ist das natürlich nicht voneinander zu trennen. Ich verweise dennoch auf das, was die geschäftsführende Bundeskanzlerin heute dazu gesagt hat, wie sie ihren Auftrag in diesen schwierigen Zeiten versteht, nämlich Deutschland gut durch diese schwierigen Wochen zu führen.

Zusatz: Welche Schritte das im Hinblick auf eine Regierungsbildung bedeutet, mag die Bundeskanzlerin oder ihr Sprecher an dieser Stelle nicht sagen.

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin spricht heute mit dem Bundespräsidenten in einem vertraulichen Gespräch. Dann werden wir weitersehen.

Frage: Herr Seibert, das Präsidialamt hat 14.30 Uhr als Zeitpunkt für ein Statement des Bundespräsidenten bekanntgegeben. Trifft sich die Kanzlerin vorher mit dem Bundespräsidenten?

StS Seibert: Ja. Sie trifft sich heute Mittag, vorher, mit ihm.

Zusatzfrage: Dann hätte ich noch eine zweite Frage an alle Ministerien. Ich hätte gerne gewusst, ob es Pläne dafür gibt - dann möge sich dieses Ministerium bitte melden -, dass irgendein Minister oder eine Ministerin sagt, er beziehungsweise sie lege sein beziehungsweise ihr Amt nieder, also ob es irgendwelche Veränderungen im Kabinett gibt. - Keiner? - Danke.

Scholz: Dies ist heute meine letzte Regierungspressekonferenz. Meine Zeit im Pressereferat des BMJV geht jetzt nach fast vier Jahren zu Ende. Ich werde nächste Woche wieder in die Fachebene des Ministeriums wechseln und mich mit Ausländer- und Flüchtlingsrecht beschäftigen. Ich hatte eine sehr intensive und sehr interessante Zeit im Pressereferat und habe viel gelernt. Dazu hat auch die Regierungspressekonferenz einen wichtigen Teil beigetragen. Ich kann nicht behaupten, dass ich immer völlig entspannt hier vorne gesessen hätte; das dürfen Sie aber als Kompliment für Ihre Arbeit verstehen. Insgesamt glaube ich aber - so empfinde ich es jedenfalls -, dass das hier ein sehr fairer Umgang ist. Es war ein guter Austausch, der hier stattgefunden hat, und dafür möchte ich mich bei Ihnen herzlich bedanken. Ich wünsche Ihnen und dem Format der Regierungspressekonferenz alles Gute für die Zukunft. Danke!

Vorsitzender Feldhoff: Wir danken Ihnen und wünschen Ihnen auch alles Gute!

Frage: Es geht um eine Frage meines Kollegen aus der vergangenen Woche an Herrn Seibert. Herr Seibert, Sie sagten, Sie wollten sich noch einmal schlaumachen. Der Hintergrund der Frage war der brisante BBC-Bericht, wonach die US-Streitkräfte mit dem IS einen Deal ausgehandelt hätten, der es insgesamt 4000 IS-Kämpfern samt ihrer Familien und Tonnen an Munition und Waffen erlaubt habe, Rakka zu verlassen - das liegt jetzt schon einige Zeit zurück - und sich in Richtung Türkei und sogar Europa auf den Weg zu machen. Der Bericht war Ihnen, wie gesagt, in der vergangenen Woche noch nicht bekannt. Sie sagten, Sie wollten sich noch einmal schlaumachen.

Deswegen stelle ich die erneute Frage, wie die Bundesregierung diesen Deal und auch die sicherheitspolitischen Implikationen für die EU und für Deutschland beurteilt, weil aus diesem BBC-Bericht hervorging, dass unter den IS-Kämpfern etliche europäische Bürger waren und sie gesagt haben, dass sie jetzt Missionen in Europa planen würden.

StS Seibert: Hierzu ist vor allem zu sagen, dass in dem von Ihrem Kollegen zitierten BBC-Bericht keineswegs von einer Abmachung zwischen den USA und dem IS die Rede gewesen ist. Vielmehr spricht der Bericht von einer lokalen Abmachung, einer Abmachung lokaler Akteure, ohne diese Akteure im Einzelnen zu nennen. Tatsächlich hat die Anti-IS-Koalition am 14. Oktober bestätigt, dass es eine lokale Vereinbarung geben habe, und zwar zwischen lokalen Machthabern in Rakka und ohne Beteiligung der Koalition, auf deren Grundlage es einer größeren Zahl von Zivilisten ermöglicht wurde, vor den Kämpfen um die Stadt zu fliehen. Auf diese Weise sollte versucht werden, die Zahl der zivilen Opfer im Kampf um Rakka niedrig zu halten. Terroristen des sogenannten IS waren demnach ausdrücklich von dieser Vereinbarung ausgenommen. Die Koalition hatte am 14. Oktober deutlich gemacht, dass sie die Evakuierung von Terroristen nicht dulden werde.

Dazu, ob es Terroristen trotzdem gelungen ist, die Stadt im Rahmen dieser Abmachung zu verlassen, liegen der Bundesregierung keine Informationen vor.

Zusatz: In dem BBC-Bericht steht das, wie gesagt, sozusagen ganz eindeutig. Es wurde auch davon gesprochen, dass sogar, weil die Amerikaner halt eben keine "boots on the ground" hätten, durch Luftunterstützung gewährleistet werden sollte, dass diese IS-Kämpfer abziehen. In der Tat wurde im Vorfeld gesagt, dass eben dafür gesorgt werden würde, dass dies eben nicht geschehe. Jetzt ist es tatsächlich so, dass halt vor geraumer Zeit diese Kämpfer schon abziehen durften. Letzten Endes ist es ja sozusagen völlig unerheblich, unter welchen Bedingungen dieser Deal ausgehandelt wurde. Es ist Fakt, dass dem so ist. Das hat natürlich ganz erhebliche Implikationen für die EU und für die Bundesregierung; deswegen die Frage. Die Bevölkerung hat ja sicherlich ein Recht darauf, zu erfahren, wie die Bundesregierung das einfach einordnet und wie sie gedenkt, darauf zu reagieren. Deswegen habe ich eigentlich noch einmal die erneute Frage. Denn es besteht ja also aufgrund des BBC-Berichts kein Zweifel daran, dass dem so ist, oder ich habe Sie jetzt falsch verstanden, Herr Seibert.

StS Seibert: Nein, ich glaube, ich habe mich sehr klar geäußert, und bei dieser klaren Äußerung bleibt es auch.

Zusatzfrage: Können Sie das noch einmal - - -

StS Seibert: Nein. Ich glaube, das Protokoll wird für jeden nachlesbar sein. Ich habe es sehr klar gesagt. Das ist die Haltung, die ich für die Bundesregierung hier zu vertreten habe. Ich finde es im Übrigen nicht so unmaßgeblich wie Sie, ob die Fakten, nach denen Sie fragen, auch stimmen.

Zusatzfrage: Nein, nein, nein, jetzt verdrehen Sie mir die Worte! Ich habe nur gesagt, dass das Faktum, dass diese Kämpfer tatsächlich schon vor geraumer Zeit Rakka verlassen durften, ein Faktum ist. Vielleicht, wenn Sie nicht bereit sind, Herr Seibert, sind es Herr Dimroth und vielleicht sogar auch Herr Neumann. Haben Sie noch einen Input für die Bevölkerung?

Dimroth: Ehrlich gesagt finde auch ich die Herangehensweise etwas fragwürdig, wenn Sie selbst feststellen müssen, dass jedenfalls wesentliche Teile dessen, wonach hier Freitag gefragt wurde, nicht ganz dem entsprechen, was dort in der Berichterstattung veröffentlicht wurde; aber das nur vorweg gesagt.

Ich hatte Ihrem Kollegen auch schon angeboten, dass ich gerne, wenn das erwünscht ist, darüber referieren kann, wie die Sicherheitsbehörden mit dem Phänomen sogenannter "foreign fighters" umgehen, also Menschen, von denen wir wissen oder annehmen müssen, dass sie sich an Kampfhandlungen in den verschiedenen Kampfgebieten des sogenannten "Islamischen Staats" beteiligt haben und nach Europa oder Deutschland reisen wollen. Wenn das gewünscht ist, kann ich das gerne tun. Das hat aber mit der jetzt von Ihnen zitierten Berichterstattung allenfalls mittelbar zu tun. Wenn Sie mögen, kann ich das gerne tun.

Zusatz: Ja, das wäre wunderbar. Das hatten Sie ja letzte Woche, meine ich, auch schon angekündigt.

Dimroth: Auch das ist, ehrlich gesagt, natürlich nicht neu, sondern wir sind mit dem Phänomen der sogenannten "foreign fighters" ja seit Langem konfrontiert. Das ist eine potenzielle Gefährdung, die den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder sehr wohl bekannt ist. Deswegen gibt es ja auch eine Reihe von Maßnahmen, die ergriffen wurden, um dieses Phänomens Herr zu werden. Ganz vor die Klammer gezogen steht da natürlich die absolut zwingende oder absolut herausragende Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit, denn zunächst einmal ist es natürlich immer wichtig, dass man überhaupt die notwendigen Informationen erhält, um dann auch entsprechende Maßnahmen daran anzuknüpfen.

Das gibt mir Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass der Rat gerade heute eine entsprechende Verordnung über ein Ein- und Ausreisesystem auf europäischer Ebene beschlossen hat. Das ist immer wieder ganz stark von deutscher und französischer Seite gepusht worden. Das wird also einen maßgeblichen Beitrag zur Verbesserung des EU-Außengrenzschutzes bieten und dann eben an der Stelle, an der es geboten ist, auch einen sehr viel besseren Erkenntnisgewinn über solche Reisebewegungen in die EU hinein ermöglichen.

Daneben ist es so, wie Sie wissen, dass die Bundesregierung in der zu Ende gegangenen Legislaturperiode auch eine Reihe von gesetzgeberischen Maßnahmen getroffen hat, um der terroristischen Gefahr insgesamt besser begegnen zu können. Dabei geht es los mit Fußfesseln für ausreisepflichtige Gefährder. Aber wir haben ja beispielsweise auch gerade die Einziehung von Pass und Personalausweis ermöglicht, um solche Reisetätigkeiten schon von vornherein zu verhindern. Insofern sind da auch eine Reihe von Maßnahmen auf gesetzgeberischer Ebene ergriffen worden.

Wie Sie vielleicht auch mitbekommen haben, ist es so, dass die Bundessicherheitsbehörden, was das Personal anbetrifft, ja massiv gestärkt wurden, insbesondere die Bundespolizei, aber auch das BKA und das Bundesamt für Verfassungsschutz, dessen Haushalt zwar nicht öffentlich ist, aber der - in dieser Tendenzaussage kann ich das sagen - auch gestärkt wurde.

Darüber hinaus haben wir ja auch organisatorisch eine Reihe von Dingen angestoßen. Der Bundesminister selbst hat beispielsweise dafür gesorgt, dass neben der besonderen Einheit der Bundespolizei, der GSG 9, über die sogenannten BFE+, also die Beweis- und Festnahmeeinheiten plus, die an verschiedenen Standorten in Deutschland disloziert sind, eben robuste Bereitschaftspolizeieinheiten stationiert sind, sodass auch hier, auf organisatorischer Ebene, wichtige Schritte nach vorne gegangen wurden.

Kurzum, alles in allem, hat die Bundesregierung eine Menge getan, um sich im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus und von ihm ausgehende Bedrohungen und Gefahren besser aufzustellen, und dazu gehört eben, wie gesagt, auch, dass wir selbstverständlich von dem Phänomen der sogenannten "foreign fighters" wissen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um damit umzugehen.

Zusatzfrage: Es tut mir fast leid, aber Sie sprachen ja jetzt gerade von notwendigen Informationen, auf die Sie sich stützen müssten, um eine Bewertung vorzunehmen. Würden Sie denn sagen, dass so ein BBC-Bericht eine notwendige Informationsquelle wäre?

Dimroth: Ich würde sagen, dass die notwendige Informationsquelle, von der ich gesprochen habe, der bilaterale Austausch von Sicherheitsbehörden auf europäischer, aber auch internationaler Ebene ist. Der findet statt. Den haben wir immer für erforderlich gehalten. Auch in Zeiten, in denen dieser Austausch sozusagen sehr negativ im Mittelpunkt der Berichterstattung stand, haben wir immer darauf hingewiesen, dass trotz aller datenschutzrechtlichen Standards, die aus unserer Sicht selbstverständlich eingehalten werden müssen, der Austausch als solcher nicht infrage gestellt werden darf, weil er zentraler Bestandteil einer wirksamen Bekämpfungsstrategie ist. Dabei sind wir nicht auf Presseberichterstattung angewiesen, sondern auf einen vertrauensvollen Austausch mit unseren Partnern, und über den - das werden Sie verstehen - werde ich hier in der Öffentlichkeit nicht berichten.

Zusatz: Das ist schon schade. Herr Neumann, vielleicht haben Sie noch Input.

Neumann: Aus Sicht des BMVg gibt es nichts zu ergänzen.

Frage : Ich entschuldige mich, wenn dieser Komplex schon am Freitag beantwortet wurde, aber ich würde ganz gerne vom Wirtschaftsministerium und vielleicht auch vom Arbeitsministerium wissen, ob es irgendwelche Kontakte zum Siemens-Konzern gibt oder ob irgendwelche Kontakte gesucht werden, um noch einmal über die umfangreichen Personalabbaumaßnahmen zu sprechen, die der Konzern vorhat und die ja auch heute wieder zu großen Protesten in Berlin führen.

Jornitz: Vielen Dank für die Frage. Wir haben die Ankündigung von Siemens hinsichtlich der Standortschließungen und des Stellenabbaus mit großer Sorge zur Kenntnis genommen. Die Ministerin hat sich dazu ja auch geäußert und hat auch noch einmal an die Unternehmensführung appelliert, in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretungen nach fairen Lösungen für die Standorte zu suchen. Das gilt natürlich auch ganz besonders für die Standorte in strukturschwachen Regionen. In die gleiche Richtung hat sich auch die Ost-Beauftragte, Frau Gleicke, geäußert. Es ist natürlich und selbstverständlich so, dass wir insgesamt mit der Wirtschaft und auch mit Siemens in engem Austausch stehen, aber interne Gespräche kann ich natürlich wie immer nicht kommentieren.

Schneider: Ich kann dem eigentlich nicht wirklich viel hinzufügen. Das ist in der Tat erst einmal ein unternehmensinterner Prozess, an dem wir als BMAS und auch die BA zunächst nicht beteiligt sind. Ansonsten können auch wir nur appellieren, dass die Sorgen der Beschäftigten ernstgenommen werden und dass hier sozialverträgliche Lösungen gefunden werden und dabei eben auch strukturschwache Regionen im Blick bleiben.

Zusatzfrage: Noch einmal ganz konkret gefragt: Gibt es abseits von allgemeinen Gesprächen, die man immer mit der Wirtschaft und auch mit Siemens führt, zu dem konkreten Thema des Abbauwillens, wie es letzten Donnerstag angekündigt worden ist, in einem von beiden Häusern Gespräche mit Siemens?

Schneider: Darüber ist mir nichts bekannt.

Jornitz: Das kann ich, wie gesagt, nicht näher kommentieren.

Frage : Herr Seibert, gab es Kontakt zwischen der Kanzlerin und Herrn Kaeser zu diesem Thema?

StS Seibert: Dazu habe ich Ihnen nichts zu sagen. Die Bundesregierung - und das ist jetzt mehrfach gesagt worden; das kann ich für die Kanzlerin gern noch einmal wiederholen - bedauert die Ankündigung von Siemens, seine Werke in Leipzig und Görlitz zu schließen und die Arbeitsplätze abzubauen. Das ist eine Unternehmensentscheidung, die für die betroffene Region, für die betroffenen Arbeitnehmer, für den ganzen Industriestandort Deutschland von großer Tragweite ist. Wir gehen, so wie es der Kollege schon gesagt hat, davon aus, dass die Unternehmensführung jetzt in sehr enger Abstimmung mit der Arbeitnehmerschaft, mit den Arbeitnehmervertretern um faire Regelungen für diese betroffenen Standorte kümmert.

Frage: An das Auswärtige Amt betreffend das Verhältnis zu Saudi-Arabien: Wie ist da der Stand der Dinge? Der saudische Botschafter wurde ja zu Konsultationen nach Riad zurückgeholt. Ist er inzwischen wieder da, möglicherweise mit einer Message?

Zweitens. Es wurde wohl kurzfristig ein eigentlich geplantes Gespräch eines hochrangigen saudischen Offiziers im Auswärtigen Amt abgesagt, in dem es um die Organisation der Hilfe für den Jemen - also ein hochbrisantes Thema - gehen sollte. Was ist da der Stand der Dinge?

Adebahr: Ich kann Ihnen gerne mitteilen, dass der saudische Botschafter in der Tat zu Konsultationen nach Riad zurückberufen worden ist. Er ist auf dem Weg zu diesen Konsultationen, er ist nicht in Deutschland. Ich möchte dazusagen, dass das kein ungewöhnlicher Akt ist. Ein Zum-Gespräch-Bitten oder auch ein Rückrufen zu Konsultationen sind Dinge, die in der Diplomatie immer wieder vorkommen. Ich möchte gerne auch noch einmal sagen - auch weil wir in den arabischen Medien zum Teil eine etwas verzerrte Wiedergabe gesehen haben -, dass Außenminister Gabriel auch am Wochenende noch einmal sehr deutlich gesagt hat, dass sich unsere Botschaft nach Stabilität an die gesamte Region richtet. Sie richtet sich an alle Partner in der Region, die dort Spieler sind und zu Stabilität und Instabilität beitragen können. Momentan geht es auch um den Libanon. Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass sich der Außenminister zum Beispiel am Montag angelegentlich des Rates in Brüssel auch noch einmal - so wie wir das als Bundesregierung konsistent tun - zum Iran geäußert hat und auch dort gesagt hat, dass der Iran eine regional schwierige Rolle spielt und wir diese Themen, also die Rolle Irans in Syrien und im Jemen, mit dem Iran besprechen und immer wieder aufnehmen. Das heißt, unsere Botschaft richtet sich an die gesamte Region.

Was den Besuch anbetrifft, den Sie ansprechen: Der Besuch wäre jener des Leiters des saudi-arabischen Zentrums für humanitäre Hilfe gewesen. Dieser Besuch ist in der Tat verschoben worden. Es handelt sich dabei um einen technischen Besuch auf hochrangiger Beamtenebene. Es geht also nicht um einen politischen Besuch, sondern um technische Gespräche zum Aufstellen der humanitären Hilfe, und dieser Besuch ist in der Tat verschoben worden. Wir sind mit den saudi-arabischen Partnern natürlich ohnehin im engen Gespräch über die Situation in der Region und auch zum Jemen - darüber habe ich hier mehrfach referiert. Staatssekretär Lindner wird heute auch nochmals mit dem saudischen Botschafter telefonieren. Momentan - "as we speak" sozusagen - ist beispielsweise der iranische Botschafter bei ihm im Auswärtigen Amt zum Gespräch. Sie sehen also: Da gibt es vielfältige Kontakte in alle Richtungen - zum Beispiel auch des Bundesaußenministers mit dem Libanon in der letzten Woche. Wir reden also mit allen Partnern und überbringen immer diese Botschaft: Wir wollen eine stabile Region, in der sich alle konstruktiv einbringen.

Frage: Zu Saudi-Arabien und dem Jemen wurde hier in der letzten Woche gesagt - ich weiß jetzt leider nicht, welcher Kollege das war -, es würde sich da um einen innerstattlichen jemenitischen Konflikt handeln. Ist das angesichts der Tatsache, dass Saudi-Arabien tatsächlich Bombardierungen durchgeführt, eine Seeblocke installiert hat und in Jemen die größte Hungerkatastrophe seit Jahrzehnten weltweit durchführt, tatsächlich die Ansicht der Bundesregierung? Es wäre doch ein starkes Stück, das tatsächlich als innerstaatlichen Konflikt abzutun, deshalb wollte ich da einfach noch einmal nachfragen.

StS Seibert: Vielen Dank für die Nachfrage. Sie waren letzte Woche nicht da, sondern Ihr Kollege von Russia Today. Ich empfehle trotzdem noch einmal, die Protokolle der letzten Woche zu lesen, denn wir haben speziell zum Thema Jemen hier ganz klar gesprochen, dass wir appellieren, dass beispielsweise die Blockade jemenitischer Seehäfen und Flughäfen aufgehoben wird. Wir haben über Luftangriffe in der Nähe des Flughafens von Sanaa gesprochen. Alles mit dem Interesse, das Land für humanitäre Hilfsleistungen, die es dringend braucht, zu öffnen. Das heißt, wir haben nicht in einem so engen Sinne, wie Sie das jetzt gerade dargestellt haben, über Jemen gesprochen. Das kann man alles nachlesen.

Zusatz: Ich habe selber nachgeschaut.

StS Seibert: Nein, ich glaube nicht - nicht ganz jedenfalls.

Zusatzfrage: Okay, es ist kein innerstaatlicher Konflikt. Das ist die Quintessenz dessen, was Sie gesagt haben?

StS Seibert: Lesen Sie es nach. Wir haben hier klare Appelle beispielsweise auch in Richtung der saudischen Regierung gemacht. Wir haben auch begrüßt, dass die saudische Regierung ihrerseits angekündigt hat, Häfen und Grenzübergänge öffnen zu wollen, die unter der Regierungskontrolle stehen. Wir haben darauf hingewiesen, dass es auch Häfen und Grenzübergänge gibt, die nicht unter Regierungskontrolle stehen und die nach unserer Überzeugung geöffnet werden sollten, weil Jemen den ungehinderten Zugang zu humanitären Gütern braucht. Das war alles hier Thema in der letzten Woche.

Zusatzfrage: Es wird immer gesagt, dass die Huthis vom Iran unterstützt werden, dass sich Saudi-Arabien quasi verteidigt - oder wie auch immer die Wortwahl war. Wie würden Sie denn das Kräfteverhältnis zwischen der saudischen Regierung im Jemen und den Huthi-Kämpfern bewerten?

Adebahr: Wir appellieren daran, dass sich alle Parteien, die auch Einfluss im Jemen haben, konstruktiv an einer friedlichen Lösung und an einem humanitären Zugang für dieses Land, den es angesichts der humanitären Katastrophe dringend benötigt, beteiligen. Wir appellieren daran, dem Jemen unter der Leitung des Sondergesandten der Vereinten Nationen, Cheikh Ahmed, diese Möglichkeit der Entwicklung in Richtung Frieden und einer verhandelten politischen Lösung zu ermöglichen. Deshalb unterstützen wir wie viele europäische Partner die Arbeit des UN-Sondergesandten, um dem Jemen in diese Richtung weiter zu helfen.

Frage: Ich war bei der Sitzung in der vergangenen Woche hier und habe den Wortlaut noch einigermaßen im Ohr. Es ging um eine Aussage von Herrn Breul, der für das Auswärtige Amt gesagt hat, im Jemen habe man es nicht mit einem Krieg zu tun, sondern mit einem innerstaatlichen Konflikt, wo auf Ansinnen oder Ersuchen der jemenitischen Regierung Saudi-Arabien unterstützend gegen die Rebellen eingegriffen habe. Das war der Wortlaut. Ich glaube, die Frage zielt darauf ab, ob es nach wie vor die Position der Bundesregierung ist, dass in Bezug auf den Jemen kein Krieg stattfindet, sondern es sich lediglich um einen innerstaatlichen Konflikt handelt.

StS Seibert: Ich würde einmal sagen, schon das Wort "lediglich" ist in diesem Sinne fraglich, weil auch ein innerstaatlicher Konflikt mit Beteiligung von Akteuren außerhalb für die Menschen des Landes verheerende katastrophale Folgen haben kann, wie wir im Jemen leider sehen. Deswegen ist das keine Frage von "lediglich"; es ist die Frage, wo man die Ursache sieht. Aber wir haben hier versucht, sehr deutlich auch auf Akteure außerhalb des Jemen zu appellieren.

Zusatzfrage: Das Wort "lediglich" sollte auch nicht eine sozusagen geringere Wertung bedeuten, aber die Frage, ob der Akteur Saudi-Arabien in einem Krieg ist, den man dann möglicherweise eben auch mit deutscher Kooperation - Waffenlieferung - unterstützt oder nicht, hat ja dann doch Bewertungsaussagen. Deswegen bleibt eigentlich nach wie vor die Frage: Die Bundesregierung geht davon aus, dass in Bezug auf den Jemen kein Krieg stattfindet?

Adebahr: Das moderne Völkerrecht spricht von einem bewaffneten Konflikt. Wir müssen sicher alle noch einmal genau in das Protokoll der letzte Woche schauen. Ich denke, Herr Breul hat auch von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt gesprochen. An unserer Bewertung hat sich im Vergleich zur letzten Woche nichts geändert.

Frage: Noch einmal an das Auswärtige Amt: Es gibt Berichte, denen zu Folge OLAF, die Anti-Betrugsbehörde der EU, den Verdacht hat, dass aus der EU-Vertretung in Kabul heraus Alkoholschmuggel betrieben worden sei. Ich weiß nicht, ob auch Deutsche im Rahmen dieser Vertretung eingesetzt sind. Hat das Auswärtige Amt irgendeinen Hinweis darauf, dass es dort eine deutsche Connection gibt?

Adebahr: Ich kenne diese Pressberichte ehrlich gesagt im Moment noch nicht. Wir können uns gerne kundig machen, was der Sachstand ist. Gegebenenfalls würden wir uns dazu äußern. Wir können gerne noch einmal miteinander sprechen.

Zusatz: Das wäre schön. Es ist doch erstaunlich, wenn die EU-Vertretung für den eigenen Gebrauch Alkohollieferungen im Wert von, wie ich glaube, 5000 Euro täglich ordert. So viel kann man, glaube ich, auch dort nicht selbst trinken.

Montag, 20. November 2017

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 20. November 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/11/2017-11-20-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2017

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