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PRESSEKONFERENZ/1572: Regierungspressekonferenz vom 1. Dezember 2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Freitag, 1. Dezember 2017
Regierungspressekonferenz vom 1. Dezember 2017

Themen: Termin der Bundeskanzlerin (Eröffnung der Schnellfahrstrecke Berlin-München), G20-Stahlforum, ärztliche Versorgung ukrainischer Gefangener in Russland, Übernahme von Air-Berlin-Aktivitäten durch die Deutsche Lufthansa, Erleichterung der Umsetzung von Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung und der akustischen Überwachung außerhalb von Wohnraum, Medienberichte über Mehrkosten und eine Verzögerung der Fertigstellung von Stuttgart 21, Reduzierung des Personals in der deutschen Botschaft in Pjöngjang, Telefonat zwischen der Bundeskanzlerin und Präsident Erdogan, Streit über die Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat, Streichung eines Fahrzeugs des Herstellers Tesla von der Liste der förderfähigen Elektrofahrzeuge, Beschlüsse des EU-AU-Gipfels in Abidjan, Medienberichte über einen bevorstehenden Abschiebeflug nach Afghanistan, Berichte über Nachverhandlungen beim Verkauf des Automobilherstellers Opel

Sprecher: StS Seibert, Breul (AA), Jornitz (BMWi), Dimroth (BMI), Steffen (BMJV), Buser (BMVI), Fichtner (BMU), Urban (BMEL)


Vorsitzende Maier eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Ich möchte mit Ihnen kurz einen Blick auf die nächste Woche werfen. Es gibt einen öffentlichen Termin der Bundeskanzlerin, den ich Ihnen ankündigen möchte. Das betrifft Freitag, den 8. Dezember. Dieser Tag ist ein großer Tag des Bahnfahrens in Deutschland. Es geht um die feierliche Eröffnung der Schnellfahrstrecke Berlin-München. Das ist das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8, kurz VDE 8. An dieser feierlichen Eröffnung wird die Bundeskanzlerin teilnehmen. Sie wird sich mit Mitarbeitern der Deutschen Bahn, mit dem Projektleiter des Verkehrsprojekts treffen. Anschließend hält sie beim Festakt hier in Berlin am Washingtonplatz gegen 17 Uhr eine Rede.

Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8, also Berlin-München, ist jetzt vollständig fertiggestellt. Mit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember wird es in Betrieb genommen. Es wird Geschwindigkeiten von bis zu 300 Stundenkilometern ermöglichen. Das heißt, die Fahrt von Berlin nach München dauert nur noch vier Stunden. Das ist eine maßgebliche Verbesserung sowohl für den Personen- als auch für den Güterverkehr auf dieser Strecke. - Das ist der Termin, den ich Ihnen bekanntgeben wollte.

Dann möchte ich noch ganz kurz auf den letzten Punkt unserer gestern zu Ende gegangenen deutschen G20-Präsidentschaft eingehen. Das betrifft das G20-Stahlforum, das gestern in Berlin unter Leitung unserer Wirtschaftsministerin getagt hat. Man kann sagen, dass am letzten Tag der deutschen G20-Präsidentschaft durchaus noch einmal ein Erfolg bei der Zusammenarbeit für den Abbau von Stahlüberkapazitäten gelungen ist. Das war ein hartes Ringen um einen Kompromiss bis zur allerletzten Minute. Der jetzt vorliegende Bericht ist nach unserer Auffassung eine gute Basis für die weitere multilaterale Zusammenarbeit. In diesem Bericht gibt es konkrete Vereinbarungen wie den Verzicht auf marktverzerrende Subventionen. Es gibt Vereinbarungen, um größere Transparenz in der Stahlindustrie sicherzustellen, und es wird ein Monitoring vereinbart.

Wir werden uns auch nach dem Ende der Präsidentschaft, die ab heute in den Händen der Argentinier liegt, in der G20 dafür einsetzen, Lösungen für globale Herausforderungen zu erarbeiten. Frau Demmer hat am Mittwoch ja schon eine Art Bilanz gezogen.

Frage: Herr Seibert, ich wüsste gern, ob die Kanzlerin an diesem historischen Einheitsbahntag das Risiko auf sich nimmt und selbst Bahn fährt. Denn man weiß ja nicht, ob der Zug ankommt und ob er pünktlich ankommt und pünktlich fährt. Begibt sie sich also ins Geschehen oder gestaltet sie nur am Rande den Festakt an festem Ort?

StS Seibert: Für die Bundesregierung sehe ich natürlich überhaupt keine Risiken verbunden mit dem Bahnverkehr an diesem Tag auf dieser Strecke. Zahlreiche Politiker wie auch zahlreiche Journalisten nehmen dazu Sonderzüge. Für die Bundeskanzlerin kann ich jetzt nur das ankündigen, was ich heute angekündigt habe.

Zusatzfrage: Bleibt sie also auf festem Boden stehen?

StS Seibert: Ich kann jetzt zunächst nur das ankündigen, was ich heute angekündigt habe.

Zusatz: Entschuldigung, aber weil sie das jetzt betonten: Ich kann zunächst - - -

StS Seibert: Ich kann das heute ankündigen, was ich angekündigt habe.

Zusatzfrage: Wird aus Sicherheitsgründen nicht mitgeteilt, dass sich auch die Kanzlerin im Zug befindet, oder wieso machen Sie solch eine Andeutung?

StS Seibert: Der Satz von mir, den ich Ihnen gesagt habe, wird nicht anders und sicherlich auch nicht besser. Ich kann Ihnen nur das ankündigen, was ich angekündigt habe.

Frage: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Ukrainische Menschenrechtsorganisationen haben an Minister Gabriel appelliert. Sie bitten ihn, seine Kontakte mit den russischen Behörden zu nutzen, um die Zulassung der internationalen Organisationen der Ärzte für die Gefangenen in Russland und auf der annektierten Krim zu ermöglichen. Es geht um etwa 60 Personen. Einige von ihnen sind krank. Meine Frage ist: Haben Sie solch einen Appell bekommen, und ist Deutschland, ist Herr Gabriel bereit, hierbei behilflich zu sein? - Danke.

Breul: Es tut mir leid, der Appell liegt mir jetzt nicht vor. War das ein öffentlicher Appell, oder war das in Form eines Briefes an den Außenminister?

Zusatz: Ein Brief!

Breul: Dem gehe ich gern nach. Dazu kann ich Ihnen jetzt aus der Lamäng nichts sagen.

Frage : Ich möchte zum Thema Lufthansa fragen. Es gab ja ein Gespräch mit der Bundesregierung. Ich möchte erstens fragen, welche Ministerien sich gestern in diesem Gespräch mit den Problemen von Lufthansa bei der Übernahme von Air-Berlin-Aktivitäten beschäftigt haben.

Zweitens möchte ich gern wissen, ob es die Bundesregierung noch nach wie vor als gesichert ansieht, dass sie ihren 150-Millionen-Kredit zur Ermöglichung dieser Übernahme zurückerhält.

Drittens möchte ich gern wissen, ob die Bundesregierung in irgendeiner Form behilflich sein kann, um diesen Deal mit der Lufthansa, den sie ja favorisiert hat, über die Bühne zu bringen, und zwar in Brüssel.

Jornitz: Vielen Dank für die Frage. - Die Bundesregierung hat Lufthansa eingeladen, um sich über den aktuellen Stand der Gespräche mit den EU-Kartellbehörden zu informieren. Beteiligt waren das Bundeskanzleramt und die zuständigen Ressorts, also Finanzen, Verkehr und Wirtschaft.

Zu der Frage, ob der Kredit nach unserer Auffassung noch gesichert sei: Selbstverständlich gehen wir weiterhin davon aus, dass der Kredit zurückgezahlt wird.

Zu der Frage, ob die Bundesregierung in einem Fusionskontrollverfahren etwas tun kann, um es zu befördern oder zu beschleunigen, kann ich natürlich nur sagen, dass das eine unabhängige Prüfung der EU-Kartellbehörden und dass das eine Angelegenheit der dort beteiligten Unternehmen ist. Die Bundesregierung hat sich von diesen unterrichten lassen, spielt aber natürlich keinerlei aktiven Part darin.

Zusatzfrage : Ich würde gern ergänzend wissen, ob die Bundesregierung abseits dieses Gespräches von gestern in Sachen Lufthansa in den letzten Tagen irgendwelche Kontakte mit der EU-Kommission hatte.

Jornitz: Meines Wissens nicht.

Frage: Ich habe eine Frage in Sachen Lauschangriff, also zu den Vorschlägen des Bundesinnenministeriums, wenn ich es richtig verstanden habe, den Lauschangriff technisch zu erleichtern. Ich hoffe, das ist so korrekt. Mit welchem Vorschlag gehen Sie in die Innenministerkonferenz nächste Woche? Auf welche Geräte bezieht er sich und auf welche vielleicht auch nicht? Was ist der Hintergrund dieser Überlegungen?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. Das gibt mir tatsächlich Gelegenheit, die etwas verzerrende Berichterstattung, die es hierzu schon gegeben hat, vielleicht einzuordnen.

Polizeipraktische Erfahrung hat zu Tage gefördert, dass es bei den Maßnahmen der Wohnraumüberwachung nach 100c StPO und der Überwachung außerhalb von Wohnungen nach 100f der Strafprozessordnung Probleme bei der technischen Umsetzbarkeit gegeben hat. Wir reden also über Fälle, in denen unter den rechtsstaatlich hohen Hürden dieser grundrechtsintensiven Maßnahmen ein Richter zu der Auffassung gekommen ist, dass diese Voraussetzungen vorliegen, erfüllt sind, und bereit ist, eine entsprechende Anordnung zu treffen. In diesen Fällen ist es vermehrt zu Problemstellungen bei der Umsetzung dieser Beschlüsse gekommen, weil technische Alarm- oder Sicherungssysteme das Einbringen entsprechender Hilfsmittel unmöglich gemacht haben. Das ist, wie gesagt, ein Bericht aus der täglichen polizeilichen Praxis. Die sogenannte AG Kripo hat das aufgeschrieben. Das ist ein Gremium, das die IMK fachlich berät.

Aus diesem Befund heraus hat sich jedenfalls aus unserer Sicht die Notwendigkeit ergeben, dass man darüber nachdenkt, ob man für diese Fälle der Wohnraumüberwachung und der Überwachung außerhalb von Wohnungen Betreiber von Alarmsystemen und Sicherungssystemen verpflichten sollte, an entsprechenden Maßnahmen mitzuwirken. Das ist der Sachverhalt, über den wir sprechen.

Wir sprechen nicht - das war Gegenstand der Berichterstattung - über Maßnahmen im Bereich von 100a und 100b der Strafprozessordnung. Dort geht es um den Zugriff auf informationstechnische Systeme im Rahmen der sogenannten Quellen-TKÜ und im Rahmen der sogenannten Onlinedurchsuchung. Wenn man den Bericht und die Beschlussvorschläge liest, sieht man, dass das ausdrücklich auf die von mir gerade benannten Maßnahmen der Wohnraumüberwachung und der Überwachung außerhalb von Wohnungen beschränkt ist.

Ich kann Ihnen dazu ein ganz praktisches Beispiel nennen. Offensichtlich ist es, wenn man solche Hilfsmittel in ein Kfz einbringen will - für diesen Maßnahmenbereich liegt eine entsprechende Berechtigung und richterliche Anordnung vor - und selbst wenn es gelingt, das Kfz zu öffnen, vermehrt der Fall, dass der Betreiber, der Verdächtige, über ein SMS-System über die Öffnung dieses Fahrzeugs informiert wird. Wenn das der Fall ist, greift eine heimliche Maßnahme per definitionem ins Leere. Ich denke, das erschließt sich jedermann.

Das sind die Punkte, über die wir sprechen, bei denen wir Gesprächsbedarf sehen und bei denen wir wie im Übrigen viele andere im Rahmen der IMK auch meinen, dass es lohnt, zumindest darüber nachzudenken, ob man eine entsprechende klarstellende Regelung in die bestehenden Befugnisse einbaut.

Auch ganz wichtig ist: Es geht nicht um eine Neubefugnis, und es geht auch nicht um den Ausbau bestehender Befugnisse, sondern es geht um die Tauglichmachung bestehender rechtlicher Möglichkeiten. Wir reden über sehr eingriffsintensive Maßnahmen, die aber vice versa auch immer sehr hohe Voraussetzungen kennen. Wir reden also nicht über Ladendiebstahl, sondern wir reden über organisierte Kriminalität oder Terrorismus - um das etwas plastischer zu machen.

Wenn ich das noch ergänzen darf, das ist ein ernstgemeintes Angebot: Wenn auch bis zur IMK nächste Woche Berichterstattung geplant ist, bei der dem BMI bestimmte Dinge in den Mund gelegt werden, dann biete ich jederzeit an, vielleicht vor Berichterstattung darüber einmal zu sprechen, um jedenfalls unsere Sicht der Dinge auch einfließen lassen zu können.

Zusatzfrage: Eine kurze Nachfrage, ob ich es korrekt verstanden habe: Geht es also ausschließlich um Alarmanlagen und Software, die solche Funktionen erfüllt, also irgendwie Alarm auslöst, wenn jemand eindringt, und darum, dass sie so programmiert oder technisch so ausgelegt werden, dass die Polizei sie abschalten kann?

Dimroth: Nein. Es geht um die Systeme, die Sie beschreiben, ja. Es geht nicht um Smartphones, es geht nicht um Tablets, es geht nicht um Mikrofone in Smart-TVs. All das ist nicht Gegenstand der Diskussion, um das noch einmal ganz ausdrücklich zu sagen. Ich denke, das ist schon sehr wichtig, um das einzuordnen.

Auf welchem Wege der Betreiber es ermöglicht, den Beschluss in die Praxis umzusetzen, ist letztlich offen. Dazu gibt es auch keine Vorfestlegung. Es würde möglicherweise auch zu erwartenden technischen Fort- und Weiterentwicklungen nicht genügen, wenn man das von vornherein auf einen bestimmten Weg festschriebe.

Zusatzfrage: Aber sie sollen so ausgelegt werden, dass die Sicherheitsbehörden, wenn sie den richterlichen Beschluss haben, überwinden können. Das ist das Ziel des Ganzen, oder?

Dimroth: Das Ziel ist, dass die Betreiber solcher Alarm- und Sicherungsanlagen derart mitwirken, dass das Auf- und Einbringen entsprechender Hilfsmittel so möglich ist, dass der Betroffene es nicht mitbekommt. Das ist sozusagen per se Teil einer heimlichen Maßnahme.

Frage: Um es zu verstehen, Herr Dimroth: Wird es dann eine Zulassung solcher Alarmanlagen geben? Werden Sie quasi vorher prüfen, ob es eine solche Hintertür gibt, oder wie muss man sich das vorstellen?

Eine zweite Frage: In welchem Stadium befindet sich dieser Vorschlag? Gibt es bereits eine konkrete Ausformulierung, die Sie nächste Woche auf der IMK vortragen werden?

Können Sie noch einmal sagen, wie viele Fälle es denn gegeben hat, in denen es der Polizei nicht gelungen ist, solche Alarmanlagen zu überwinden?

Dimroth: Ich denke, den Begriff "Hintertür" habe ich nicht verwendet, und zwar sehr bewusst nicht, weil es, wie gesagt, nicht darum geht, einen technisch spezifischen Weg zu beschreiben, sondern es geht allgemein darum, aus dem von mir geschilderten Befund heraus Betreiber zu verpflichten, dabei mitzuwirken, dass die Maßnahme wirksam umgesetzt werden kann.

Wenn Sie nach Zahlen fragen, dann kann ich Ihnen jedenfalls für den Bereich Kfz eine Zahl nennen. Im Berichtszeitraum 2016/2017 konnte in 25 Fällen ein richterlicher Beschluss nicht umgesetzt werden, weil eine entsprechende Überwindung nicht möglich war oder jedenfalls nicht möglich erschien, ohne dass der Betroffene davon Kenntnis erhält. Das mag in Ihren Augen möglicherweise eine etwas überschaubare Zahl sein. Aber noch einmal: Wir reden hier von sehr eingriffsintensiven Maßnahmen, die auch nicht täglich x-fach stattfinden, sondern wir reden über eingriffsintensive Maßnahmen bei erheblichen Straftatverdachten mit einer Reihe von rechtsstaatlich sehr hohen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, bevor ein deutscher Richter bereit ist, eine solche Anordnung zu genehmigen.

Den Mittelteil Ihrer Frage müssten Sie gegebenenfalls noch einmal wiederholen.

Zusatzfrage: Ich hatte noch die Frage nach dem Stadium der Gesetzesvorlage gestellt. Zur Frage nach der Hintertür wollen Sie nichts sagen - das habe ich verstanden -, aber was ist mit der Frage der Umsetzung? Gibt es dann irgendwie eine Zulassung solcher Alarmanlagen?

Dimroth: Nein, auch darum geht es nicht. Es geht um Einzelfälle. Es geht nicht darum, dass man jetzt sozusagen per se dazu aufgefordert werden würde, Sicherheitsbehörden Zugriffsmöglichkeiten zu ermöglichen, sondern es geht um Einzelfälle. Es geht in einem konkreten Einzelfall bei einer bevorstehenden Maßnahme darum, entsprechende Unterstützungsmöglichkeiten zu erhalten.

Wenn Sie mich nach dem Stadium fragen - auch das hatten Kollegen von Ihnen heute Morgen durchaus schon mit mir diskutiert -, was eine geschäftsführende Bundesregierung und all das angeht: Das ist ein völlig normaler Vorgang. Es gibt Untergremien unterhalb der IMK, die fachliche Bedarfe adressieren und aufschreiben. Entsprechende Berichte werden geschrieben. Das mündet nach einem langjährigen Abstimmungsprozess in diesen Untergremien dann irgendwann in der Innenministerkonferenz und wird dort in Form der Kenntnisnahme eines Berichts zunächst einmal beschlossen, um dann gegebenenfalls auch den Gesetzgeber sozusagen zu der Initiative anzuregen, entsprechende Gesetzesvorlagen oder Vorschriften zu entwerfen.

Sie hatten nach Formulierungsvorschriften gefragt: Nein, die gibt es nicht, sondern das ist auch der übliche Gang. Es gibt einen fachlichen Bedarf. Der wird in den dafür zuständigen Gremien diskutiert. Der wird politisch an die IMK adressiert und wird dann dort besprochen. In dem Fall, in dem die Länder - die Innenministerkonferenz ist ja eine Länderveranstaltung - keine Gesetzgebungskompetenz haben, wird das dann eben gegebenenfalls an den Bundesgesetzgeber adressiert, und zwar mit der Bitte um Prüfung oder Tätigwerden.

Zusatz: Herr Grötsch von der SPD hat dem "Spiegel" gesagt, der Bundesinnenminister habe scheinbar jeglichen realpolitischen Anstand verloren. Ich nehme an, dass Sie das auch scharf zurückweisen.

Dimroth: Ich werde hier keine einzelnen Äußerungen aus dem politischen Raum zu diesem Vorgang kommentieren. Ich kann vielleicht nur noch einmal auf mein ja nicht ganz unabsichtlich platziertes Angebot hinweisen, bevor man entsprechende Berichterstattungen lostritt, vielleicht mit dem zuständigen Ministerium zu sprechen, um eine möglicherweise zumindest verzerrte Berichterstattung, auf die dann Dritte reagieren, von vornherein zu unterbinden.

Frage: Herr Dimroth, auch Sie haben ja in den letzten Tagen bestimmt die Debatte um koalitionsfreundliches Verhalten innerhalb einer geschäftsführenden Regierung mitbekommen. Deswegen lautet meine Frage vor diesem Hintergrund: Hat sich denn Ihr Haus sicherheitshalber mit dem SPD-geführten Justizministerium in Verbindung gesetzt, um vorzubeugen, nachdem Sie jetzt auch sagen, bevor man berichte, sollte man Sie anrufen, um Informationen abzufragen? Haben Sie denn Justizminister Maas vorab unterrichtet und um Mitwirkung gebeten, damit in der öffentlichen Darstellung der harmlosen Aktivitäten, die Sie im Hinblick auf die IMK gestartet haben, nichts schiefgeht?

Dimroth: Ob das eine harmlose Aktivität ist oder nicht, müssen Sie bewerten. Mir war es nur wichtig, das sachlich richtig einzuordnen. Ich glaube oder hoffe jedenfalls, das ist in Teilen gelungen und nimmt dem Ganzen vielleicht doch etwas an Dramatik, die sich, wie gesagt, heute Morgen in der Berichterstattung schon Bahn gebrochen hat.

Nein, das ist nicht mit dem Justizminister abgestimmt. Das wäre auch völlig unüblich. Das ist eine Fachkonferenz, die hier tagt, und an deren Ende steht möglicherweise die Aufforderung an den Bundesgesetzgeber, hier initiativ zu werden. Dann ist es üblicherweise so, dass das auch mit der Bitte an den IMK-Vorsitzenden verbunden ist, das an seinen Kollegen aus der Justizministerkonferenz zu transportieren und diesen Vorschlag dort zu platzieren, damit das dann möglicherweise auch in den dortigen Gremien beraten wird. Das wäre der übliche Gang der Dinge.

Ich bin sicher: Sollte dieser Beschluss zustande kommen, dann wird das auch so sein. Dann wird sich sicherlich irgendwann auch das Justizministerium dazu eine Meinung bilden. Aber es wäre völlig unüblich, in einem solchen Fachgremium und in diesem frühen Stadium eine Abstimmung innerhalb der Bundesregierung herbeizuführen, die sozusagen auch einer Grundlage entbehrt.

Zusatzfrage: Nur sicherheitshalber will ich das Justizministerium fragen: Fühlen Sie sich zum jetzigen Zeitpunkt ausreichend einbezogen und informiert?

Steffen: Herr Kollege, ich muss bedauern; ich kann, ehrlich gesagt, den sehr gewählten Worten von Herrn Dimroth nichts hinzufügen.

Zusatzfrage: Das müssen Sie nicht bedauern. Die Frage war nur: Fühlen Sie sich ausreichend informiert?

Steffen: Beide Ministerien arbeiten auf Sach- und Fachebene hervorragend miteinander zusammen, und wenn der Beschluss vorliegen wird, werden wir ihn prüfen. Mehr gibt es dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu sagen.

Frage: Die Deutsche Bahn präsentiert ja die volle Bandbreite der Nachrichten, von den erfreulichen bis zu den weniger erfreulichen. Meine Frage richtet sich an das Verkehrsministerium. Stuttgart 21 wird nun eher Stuttgart 24 und auch noch erheblich teurer. Wir wissen alle, die Bahn ist eine Aktiengesellschaft. Aber angesichts der klaren Besitzverhältnisse und auch der klaren Aussage des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, nichts von den Mehrkosten zu tragen, frage ich: Wie gehen die Bundesregierung beziehungsweise das Verkehrsministerium mit dieser Situation um?

Buser: Vielen Dank für Ihre Anfrage. Dazu hat sich mein Kollege ja auch bereits schon am Mittwoch geäußert. Es ist Aufgabe des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn, sich mit Zeit- und Kostenfortschreibungen zu befassen. Der nächsten Aufsichtsratssitzung der Bahn kann ich jetzt hier nicht vorgreifen. In den Medien ist ja bereits darüber geschrieben worden, dass am 13. Dezember der Aufsichtsrat tagen wird, und die Entscheidung wird für Anfang des nächsten Jahres erwartet.

Zusatz: Ja, das ist bekannt, und ich weiß wohl, dass Ihr Kollege das am Mittwoch schon gesagt hat. Dennoch ist das ein unbefriedigender Zustand; denn die Fakten liegen auf dem Tisch, und das Interesse geht natürlich dahin, mit welcher Strategie die Bundesregierung als hundertprozentiger Anteilseigner an der Deutschen Bahn AG in diese Aufsichtsratssitzung gehen wird. Einfach nur zu sagen "Wir warten jetzt einmal ab, was dabei herauskommt", finde ich ein bisschen wenig.

Buser: Wie gesagt: Ich habe dem eben Gesagten nichts hinzuzufügen.

Frage : Ich würde gerne das Auswärtige Amt etwas fragen. Es geht um die Rückführung des Personals an der (deutschen) Botschaft in Nordkorea. Das interessiert mich zunächst einmal vom Ausmaß her.

Zum Zweiten interessiert mich, ob das eine Sache ist, die von der gesamten Bundesregierung so gestützt wird.

Zum Dritten interessiert mich, inwiefern das in ein europäisches Vorgehen eingebettet ist. Ich glaube, es gibt auch noch andere europäische Länder, die in Pjöngjang eine Botschaft haben. Handeln die ähnlich? Geschieht das praktisch im Gleichschritt?

Breul: Vielen Dank für die Frage. Ich sage vielleicht noch ein paar Worte zum Hintergrund, damit der Kontext sozusagen für alle klar ist: Nach dem erneuten Raketentest durch Nordkorea hat das Auswärtige Amt für die Bundesregierung den nordkoreanischen Botschafter einbestellt und ihm dabei zu verstehen gegeben, dass die nordkoreanische Botschaft in Berlin um einen weiteren Entsandten reduziert werden muss. Sie erinnern sich vielleicht, dass das ein Schritt ist, den wir auch bereits bei vorherigen Tests angewandt haben.

Gleichzeitig wird die deutsche Botschaft in Pjöngjang auch um einen weiteren Entsandten reduziert werden. Das ist für uns eine Maßnahme, um deutlich zu machen, auf welchem Stand wir die bilateralen Beziehungen sehen, und unser Missfallen über den erneuten Verstoß gegen sämtliche einschlägigen VN-Sicherheitsratsresolutionen und insgesamt die Position der internationalen Gemeinschaft zum Ausdruck zu bringen.

Wie Sie richtig sagten, befinden wir uns in Pjöngjang mit ein paar unserer europäischen Partner auf einem Compound. Natürlich werden wir sie hinsichtlich aller Schritte eng konsultieren. Wie Sie sicherlich wissen, sind die einschlägigen Sanktionen, die wir in Deutschland umsetzen, alle EU-Maßnahmen. Darum wird sozusagen auch jetzt im weiteren Verfahren natürlich ganz entscheidend sein, wie die EU jetzt das weitere Vorgehen miteinander besprechen wird und welche Maßnahmen man ergreifen wird.

Zusatzfrage: Ich würde gerne noch einmal nachfragen. Gibt es parallele, abgesprochene Aktionen anderer europäischer Länder in die gleiche Richtung? Wie verhalten die sich? Äußern Sie sich grundsätzlich zu den Forderungen, die ja von Herrn Trump beziehungsweise der US-Regierung gekommen sind, Botschaften in Nordkorea als Reaktion auf diese Raketentests ganz zu schließen?

Breul: Wir stimmen uns auf jeden Fall ganz eng mit unseren europäischen Partnern ab. Wie ich gerade schon sagte, hat das nicht nur politische Gründe, sondern in diesem Fall auch logistische und ganz praktische Gründe. Uns ist es ganz wichtig, dass wir dabei als Europäer an einem Strang ziehen, und das tun wir auch.

Außenminister Gabriel war ja gestern in Washington und hat auch diese Nordkorea-Frage intensiv mit Außenminister Tillerson beraten. Ich kann Ihnen noch einmal bestätigen - das hat der Außenminister gestern ja auch schon in die Kameras gesagt -, dass die US-Seite nicht fordert, dass wir unseren Botschafter abziehen, sondern es ist die allgemeine, bekannte Linie der Amerikaner, die auch im VN-Sicherheitsrat von der US-Botschafterin noch einmal vorgetragen wurde, dass der Druck auf Nordkorea erhöht werden muss. Das sehen wir auch so. Pjöngjang muss zurück an den Verhandlungstisch. Wir stimmen uns mit den Europäern darüber ab, stimmen uns aber auch mit den Amerikanern ab, wie man diesen Druck weiter erhöhen kann.

Frage: Gestern gab es Berichte darüber, dass die Bundeskanzlerin mit Präsident Erdogan gesprochen hat. Welche Themen wurden dabei besprochen? Wie war das Klima?

StS Seibert: Es stimmt: Die Bundeskanzlerin und Präsident Erdogan haben gestern miteinander telefoniert. Wir haben ja danach auch die zwei Themen genannt, die im Mittelpunkt des Gesprächs standen, zuerst einmal das bilaterale Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei und dann die Situation in Syrien.

Was das bilaterale Verhältnis betrifft, kann ich Ihnen sagen, aber das wird Sie nicht überraschen, dass wir dieses Verhältnis derzeit natürlich als getrübt ansehen, dass es verbesserungsbedürftig ist und dass dafür Schritte erforderlich sind. In diesem Zusammenhang hat die Bundeskanzlerin noch einmal mit Nachdruck auf die Situation der deutschen Gefangenen in der Türkei und auf die Grundhaltung hingewiesen, die wir zu diesem Thema haben.

Was Syrien betrifft, gab es Übereinstimmung zwischen der Bundeskanzlerin und dem türkischen Präsidenten, dass dieser syrische Bürgerkrieg, der schon viel zu lange dauert und viel zu viele Menschen Leib und Leben gekostet hat, nur durch die Genfer Verhandlungen überwunden werden kann und dass diese Verhandlungen deswegen von allen Seiten unterstützt werden müssen.

Zusatzfrage: Wurde im Telefonat auch über den Putschversuch im letzten Jahr und über den Hauptverdächtigen des Putschversuchs und eine der Schlüsselfiguren des Netzwerks "FETÖ", der nach Deutschland geflohen sein soll, Adil Öksüz, gesprochen?

StS Seibert: Ich habe Ihnen jetzt zu diesem Telefonat und den Themen des Telefonats das gesagt, was ich sagen kann. Ich könnte hinzufügen, dass über den im Sommer des vergangenen Jahres versuchten Putsch in der Vergangenheit mehrfach zwischen der Bundeskanzlerin und Präsident Erdogan gesprochen worden ist. Unsere Haltung zu diesem Putsch, unsere strikt ablehnende Haltung, und zwar von Anfang an diesen Putsch scharf verurteilende Haltung, ist ja sehr bekannt.

Zusatzfrage: Vielleicht an das Innenministerium oder das Außenministerium: Gibt es eine Fahndung nach Adil Öksüz, also den Hauptverdächtigen des Putschversuchs, in Deutschland?

Dimroth: Ich kann Ihnen dazu jetzt, ehrlich gesagt, nichts mitteilen, was schlicht daran liegt, dass ich es nicht weiß. Allerdings gehe ich davon aus, dass wir dazu eine ganz grundsätzliche Haltung haben, unabhängig von der politischen Haltung, die Herr Seibert gerade geschildert hat, nämlich eine Operative, dass wir uns zu Einzelsachverhalten solcher Art in Bezug auf konkrete Personen ohnehin nie einlassen und nie einlassen können, weil personenbezogene Daten und datenschutzrechtliche Vorgaben in Rede stehen. Insofern werde ich Ihnen vermutlich auch im Nachgang nichts dazu sagen können. Aktuell kommt hinzu, dass ich es schlicht nicht weiß.

Frage: Ich hätte auch noch eine Frage zu dem Telefonat. Sie sagten ja schon, dass Frau Merkel noch einmal auf die Situation der deutschen Gefangenen hingewiesen habe. Ich nehme an, der Name Deniz Yücel ist in diesem Telefonat auch gefallen. Die türkische Nachrichtenagentur hat ja auch berichtet, dass beide Seiten ihre Beziehungen ausbauen wollten. Inwiefern ist denn sozusagen die weitere Freilassung von Gefangenen eine Vorbedingung dafür, dass es dazu kommt?

StS Seibert: Unsere Haltung bezüglich Deniz Yücel, Mesale Tolu und anderen ist klar, hat sich nicht verändert und ist mehrfach - auch an dieser Stelle zigfach - gesagt worden: Wir können keine nachvollziehbaren Gründe für ihre Inhaftierung sehen und fordern ihre Freilassung. Daran hat sich nichts geändert.

Ich kann Ihnen und werde Ihnen über dieses Telefonat, das natürlich wie alle Gespräche der Bundeskanzlerin mit internationalen Staatschefs auch vertraulich war, jetzt nichts Weiteres sagen, außer dass beide Seiten sehen, dass dieses deutsch-türkische Verhältnis, das wir uns gut wünschen, derzeit nicht gut ist. Dafür gibt es konkrete Gründe. Einen habe ich angesprochen. Er ist auch von der Bundeskanzlerin angesprochen worden. In weitere Details möchte ich da nicht gehen. Aber unsere Haltung zu diesen Fällen ist hier ja vielfach vorgetragen worden.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt in Bezug auf Mesale Tolu: Ihr Ehemann ist frei gelassen worden. Lassen sich aus dieser Freilassung Rückschlüsse über die Chancen ziehen, dass auch Frau Tolu demnächst frei kommt? Wenn ich recht informiert bin, dann liegen die Vorwürfe gegen sie wesentlich in der Unterstützung der Tätigkeit ihres Mannes. Jetzt würde man logisch sagen: Wenn ihr Mann frei gelassen wird, dann müssten diese Vorwürfe eigentlich wegfallen. Ist der Sachverhalt richtig? Können Sie darüber etwas Näheres sagen?

Breul: Dazu kann ich gern ein bisschen sagen. Allerdings befürchte ich, dass meine Antwort Sie nicht bis zu 100 Prozent zufriedenstellen wird.

Wir haben von der Freilassung von Herrn Çorlu auch aus der Presse erfahren. Es sind natürlich gute Nachrichten für die Familie Tolu/Çorlu. Herr Çorlu ist ausschließlich türkischer Staatsangehöriger. Er hat also keine deutsche Staatsangehörigkeit. Insofern hatten wir also auch keinen Anlass und keine Berechtigung über die Nachrichtenlage und den Bericht der Familie Tolu hinaus diesen Fall zu beobachten oder gar zu betreuen.

Es ist aber davon auszugehen - wie Sie ja gerade schon andeuten -, dass Herr Çorlu aus politischen Gründen inhaftiert war. Er befindet sich aber ausdrücklich in einem anderen Verfahren als Frau Tolu. Darum kann ich mich auch nicht an den Spekulationen beteiligen, ob dieses Verfahren jetzt auf das Verfahren von Frau Tolu Rückwirkungen hat. Ich kann Ihnen vielleicht dazu sagen, dass der nächste Prozesstag von Frau Tolu am 18.12. sein wird.

Zusatzfrage: Aber die Information, dass die Vorwürfe gegen Frau Tolu wesentlich die sind, dass sie ihren Mann unterstützt habe, ist sachlich richtig?

Breul: Der Vorwurf in der Anklageschrift lautet: Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation/Propaganda für eine Terrororganisation.

Frage: Noch einmal zurück zu meiner Frage, weil das Auswärtige Amt sich nicht geäußert hat. Gab es von der Türkei Forderungen, dass Adil Öksüz, also - wie gesagt - der Hauptverdächtige des Putschversuchs, ausgeliefert werden soll?

Breul: Ich kann dem, was mein Kollege aus dem Innenministerium gesagt hat, der ja im Übrigen auch dafür zuständig wäre, nichts hinzufügen.

Frage: Ich habe eine Frage an die beiden Sprecher von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium. Es würde mich interessieren, ob das Treffen der beiden Minister gestern ein Versöhnungstreffen war oder was für eine Art von Treffen das war?

Dann wurde, glaube ich, nach dem Gespräch auch gesagt, dass man sich für restriktivere Maßnahmen des Einsatzes von Glyphosat einsetzen möchte. Bringt man jetzt schon gemeinsam Maßnahmen auf den Weg oder macht das wieder jeder für sich?

Fichtner: Ausgangspunkt für dieses Treffen vorgestern Abend waren die Berichte über Gewaltdrohungen gegen Minister Schmidt, die ja auch Ministerin Hendricks zur Kenntnis genommen hat. Sie hat daraufhin ihren Kollegen Schmidt angerufen und ihn in unser Ministerium für den nächsten Tag eingeladen. Es ging dabei vor allem darum, auch ein Signal der Solidarität unter Politikern zu setzen, dass diese Debatte trotz allem Streit in der Sache jetzt atmosphärisch nicht entgleisen darf. Darum ging es. Das wollten die beiden mit dem Treffen dokumentieren. Es ging dabei nicht darum, diesen Streit jetzt inhaltlich aus dem Weg zu räumen. Das ist ein dickeres Brett, das wir da noch bohren müssen. Der Dissens ist nach wie vor in der Welt. Die Ministerin will die Nutzung von Glyphosat beenden. Der Landwirtschaftsminister hat da noch eine andere Position. Aber beide haben gestern noch einmal gesagt, dass sie kollegial miteinander umgehen wollen.

Urban: Ich kann dazu ergänzen, dass der Bundeslandwirtschaftsminister die Einladung seiner Kollegin Barbara Hendricks sehr gern angenommen hat. Das hat er ja auch gestern noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht. Trotz der unterschiedlichen Positionen in manchem Sachgebiet ist der kollegiale Umgang von extrem hoher Bedeutung. Die beiden Häuser werden gemeinsam an einer Lösung arbeiten - so sieht es der Bundeslandwirtschaftsminister -, um den Einsatz von Glyphosat künftig restriktiver zu gestalten. Über konkrete Maßnahmen - das ist natürlich der kurzen Zeitabläufe geschuldet - ist auch noch nicht gesprochen worden. Deswegen können wir hier von dieser Stelle auch nicht darüber berichten.

Zusatzfrage: Vielleicht kann Herr Fichtner noch ein Wort dazu sagen. Frau Hendricks äußerte sich ja schon in die Richtung, dass sie möglicherweise nationale Maßnahmen ergreifen möchte. Vielleicht können Sie noch einmal kurz skizzieren, wie das aussehen könnte.

Fichtner: Sehr gern. Was in Brüssel da beschlossen wurde, das war die Verlängerung der Zulassung für einen Wirkstoff. Das ist nicht das Gleiche wie die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. - Ich berichte jetzt einfach einmal, obwohl das in der Zuständigkeit des Landwirtschaftsministeriums liegt.

In der Folge müssen alle Produzenten von Pflanzenschutzmitteln, die Glyphosat enthalten, in den nächsten drei Monaten einen neuen Genehmigungsantrag stellen. Das muss dann vom BVL genehmigt werden. Das heißt, es gibt noch einen weiteren Schritt der nationalen Zulassung. Über den kann man natürlich reden. Das Ziel von Ministerin Hendricks ist, dass die Landwirtschaft ohne Glyphosat auskommt und die Glyphosat-Nutzung beendet wird.

Urban: Der Bundeslandwirtschaftsminister hat übrigens bereits am Dienstag mitgeteilt, dass er in Fragen der nationalen Umsetzung auf seine Kollegin Hendricks zugehen wird mit dem Ziel, eine gemeinsame Lösung für einen restriktiveren Einsatz zu finden.

Zusatzfrage: Eine ganz kurze Verständnisfrage, auch an Herrn Fichtner: Was Sie gerade erläutert haben, das hieße dann, dass das BVL eben nicht genehmigen würde? Oder können Sie noch einmal erläutern, wie das dann vonstatten gehen soll?

Fichtner: Das würde ich dann dem Kollegen Urban überlassen, weil diese Genehmigungspraxis in Federführung des BML liegt. Ich könnte nur ergänzen, dass da auch ein Einvernehmen des Umweltbundesamtes erforderlich ist.

Urban: Vielleicht noch einmal ergänzend zu dem, was Herr Fichtner gerade ausgeführt hat. Der Punkt ist, dass wir über einen Wirkstoff auf europäischer Ebene und über Pflanzenschutzmittel, die diesen Wirkstoff beinhalten, auf nationaler Ebene im Rahmen des Risikomanagements entscheiden.

Das, was jetzt passiert, ist eine Risikobewertungsaufgabe gewesen. Jetzt gehen wir ins Risikomanagement. Da ist die federführende Behörde unser BVL, das dann im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt, das eine Behörde des Umweltbundesministeriums ist, über die Maßnahmen zur nationalen Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit den genehmigten Wirkstoffen entscheidet.

Frage: Herr Urban, ist ein nationaler Sonderweg möglich, und sind sich Ihr Minister und die Umweltministerin in dieser Frage - das sollte ja möglich sein - so nahe, dass Sie in Zukunft nur noch in gemeinsamer Aktionseinheit, so lange Sie noch etwas zu sagen haben, auftreten werden?

Urban: Zu den Unterstellungen in Ihrer Frage: Verstehen Sie, dass ich jetzt nichts sagen werde. Die kollegiale Zusammenarbeit der beiden Minister auf der menschlichen Ebene war nie in Abrede gestanden, auch in der ganzen Zeit des sachlichen Dissenses nicht.

Fakt ist, dass der Bundeslandwirtschaftsminister in Brüssel die Grundlagen dafür gelegt hat, dass wir nationale Restriktionen vornehmen dürfen. Das hat auch der EU-Kommissar Andriokaitis gestern noch einmal deutlich gemacht. Er hat sich bei Twitter dazu geäußert. Darauf kann ich verweisen. Wir haben damit die Grundlage geschaffen, dass wir national restriktiver umgehen werden, auch mit dem Thema Glyphosat. Dazu hat der Bundeslandwirtschaftsminister gesagt, dass er auf seine Kollegin Barbara Hendricks zugehen wird und wir versuchen werden, im Einvernehmen zu einer Lösung zur restriktiveren Nutzung dieses Wirkstoffs zu kommen.

Fichtner: Nur einmal zum Stichwort Sonderweg: Von Sonderweg kann da eigentlich keine Rede sein. Andere europäische Mitgliedstaaten suchen auch Wege, aus Glyphosat auszusteigen.

Zusatzfrage: Es könnte ja sein, dass demnächst Koalitionssondierungsverhandlungsbegegnungen zwischen Union und SPD stattfänden. Wenn man sich da auf einen früheren Ausstieg verständigte, das wäre rechtlich europapolitisch möglich?

Urban: Es wäre dann zu prüfen, ob das möglich ist.

Zusatzfrage: Kann man national aussteigen oder nicht?

Urban: Ich sage ja: Das muss man im konkreten Einzelfall juristisch überprüfen. So wie sich das im Moment überschlägig darstellt, ist das nicht möglich. Dieser Wirkstoff ist auf europäischer Ebene genehmigt.

Zusatzfrage: Das heißt, ein nationaler Ausstieg ist nicht möglich? Habe ich das jetzt endlich richtig verstanden?

Urban: Wie gesagt: Wenn gegebenenfalls eine neue Bundesregierung, was sich im hypothetischen Bereich befindet, zu anderen Auffassungen käme, dann wären sie natürlich rechtskonform auszugestalten. Das würde die neue Bundesregierung dann wahrscheinlich auch tun. Deswegen will ich dem von dieser Stelle aus auch nicht vorweggreifen.

Fakt ist: Wir haben ein europäisches Zulassungsverfahren, das wissenschaftsbasiert ist. Dazu ist von dieser Stelle auch hinlänglich und intensiv berichtet worden. Diese europäischen Zulassungskriterien sind im Moment für eine Zulassung für fünf Jahre gegeben. Wie es mit konkreten Ausstiegsszenarien und deren juristischen Umsetzungsmöglichkeiten aussieht, über die beispielsweise auch aus Frankreich berichtet wird, dazu kann ich im Moment hier keine Angaben machen.

Fichtner: Fakt ist: Je mehr man sich mit diesen Fragen beschäftigt, desto komplizierter wird es leider. Die Stichworte "Zulassungspraxis" und "Wie verhalten sich Behörden?" lassen sich leider nicht so leicht beantworten. Das hängt viel von den Gründen ab, die man anführen kann, und von der Stärke der Rolle der Behörden, die sie dann hinterher im Zulassungsverfahren haben. Also momentan sind wir nur in der Lage, unsere Ziele zu formulieren. Über den Weg müssen wir dann noch genauer reden.

Frage : Herr Seibert, ich würde gerne noch einmal wissen, ob für die Kanzlerin diese ganze Geschichte, also der Glyphosat-Alleingang des Agrarministers, erledigt ist, oder ob sie sich vorbehält - es hieß ja, der Dissens zwischen den Häusern bestehe nach wie vor -, noch einmal einzugreifen, um letztendlich eine Gemeinsamkeit zu befördern?

StS Seibert: Dissens zwischen Bundesministerien ist ja nichts vollkommen Unübliches und auch nichts Unerlaubtes, und wenn solcher Dissens besteht, dann muss man versuchen, den aufzuarbeiten und möglichst aufzulösen. Ein Verhalten wider die Geschäftsordnung der Bundesregierung ist etwas anderes, dazu hat die Bundeskanzlerin am Dienstag das Ihrige gesagt. Sie hat gesagt, dass der Kanzleramtsminister auch noch einmal bei allen in dieser geschäftsführenden Bundesregierung darauf dringen wird, dass die Geschäftsordnung eingehalten wird. Damit ist das gesagt, was ich hier jetzt beizutragen habe. Das andere ist die Arbeit der beiden Ministerien, die gestern dieses Treffen hatten, um konkrete Maßnahmen zu prüfen - wo es denn rechtlich möglich ist -, um den Einsatz des Wirkstoffs weiter einzuschränken.

Zusatzfrage : Für die Kanzlerin besteht also kein Handlungsbedarf mehr?

StS Seibert: Es sind die beiden Ministerien dran, und gestern haben sie sich getroffen. Das ist nicht nur menschlich, sondern auch politisch gut, und da habe ich jetzt nichts beizutragen.

Frage : Ich habe noch eine Frage zu einem anderen Thema an das Wirtschaftsministerium: Offenbar sind die Fahrzeuge des Autoherstellers Tesla von der Förderliste für E-Autos gestrichen worden. Könnten Sie mir noch einmal kurz darlegen, was der Grund dafür war?

Jornitz: Es ist tatsächlich so, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, das BAFA, heute das "Model S Base" des Automobilherstellers Tesla Motors GmbH von der Liste der förderfähigen Elektrofahrzeuge gestrichen hat. Das ist das Ergebnis der seit Juli 2017 laufenden Prüfungen, ob dieses Modell überhaupt die Voraussetzungen erfüllt. Im konkreten Fall geht es um die Voraussetzung, dass der Nettolistenpreis maximal 60 Euro beträgt. Logischerweise muss man auch in der Lage sein, ein solches Fahrzeug als Kunde erwerben zu können. Das scheint hier nicht der Fall zu sein - Sie haben die Presseberichterstattung ja auch verfolgt. Vor diesem Hintergrund wurde dieses Modell von der Liste gestrichen. Welche konkreten Auswirkungen das haben wird, wird derzeit vom BAFA geprüft.

Frage: Ich habe eine Frage zu den Beschlüssen des EU-AU-Gipfels in Abidjan zur Evakuierung der Flüchtlingslager in Libyen. Es gibt unter anderem vom UNHCR Kritik an der Stoßrichtung dieser Beschlüsse. Es wird gesagt, eine Evakuierung oder Rückführung nach Niger oder Tschad sei nur für eine Handvoll Flüchtlinge möglich; man müsse vielmehr prüfen, ob nicht eigentlich ein Resettlement der Flüchtlinge nach Europa in großer Zahl angemessen sei. Wie verhält sich die Bundesregierung zu dieser Kritik? Unterstützt sie diese Strategie?

Zum Zweiten: Was sagen Sie zu den Argumenten, die eine deutsche Mitverantwortung für die Flüchtlingslager in Libyen sehen, da dort eben durch die Unterstützung der Verhinderung von Flucht über das Mittelmeer eine Situation geschaffen wird, die zwangsläufig dazu führt, dass solche Lager entstehen?

StS Seibert: Ich möchte zunächst einmal sagen, dass man durchaus auch unterscheiden muss zwischen Flüchtlingen und Migranten. Es sind alles Menschen, und deren Schicksal darf uns nie kalt lassen; aber was eine Möglichkeit, nach Europa zu kommen, betrifft, macht es natürlich einen Unterschied, ob hiesige Behörden oder Behörden in anderen europäischen Ländern dann das Vorliegen von Fluchtgründen attestieren oder ob es sich um etwas anderes handelt.

Ich will jetzt aber erst einmal über die Menschen sprechen, denn das steht im Vordergrund. Niemanden - jedenfalls niemanden in dieser Bundesregierung; das merkte man auch in Abidjan - lässt das Schicksal vieler Migranten und Flüchtlinge in Libyen kalt. Wir haben ja alle zusammen - Sie von den Medien und auch wir - schon vor Monaten aufrüttelnde Berichte über entsetzliche Verhältnisse und über Misshandlungen in den Lagern - vor allem in den Lagern, die unter Kontrolle der Schlepperorganisationen selber oder auch der Milizen sind - bekommen.

Deswegen unterstützt die Bundesregierung seit Längerem diejenigen, die in der Lage sind - wenn überhaupt jemand dazu in der Lage ist -, den Menschen dort zu helfen, konkret also UNHCR und IOM. Ich darf Sie an das Treffen der Bundeskanzlerin mit den Chefs von IOM und UNHCR im Sommer hier in Berlin erinnern, bei dem es genau um diese Themen ging, also um die Rückführung beziehungsweise Unterstützung der Heimkehr von Migranten aus Libyen zurück in ihre Heimatstaaten. Wir verstehen sehr gut, dass das für viele ein schwieriger Schritt ist; dennoch ist es ein Schritt, den allein in diesem Jahr in Libyen schon 13 Menschen gemacht haben, weil sie sehen, dass sie dort in entsetzliche Situationen geraten, und weil sie mit Unterstützung - das kann auch finanzielle Unterstützung sein - eben durchaus bereit sind, diesen Rückweg zu machen.

Es ging bei dem Treffen mit IOM und UNHCR im Sommer auch schon um das Thema Verlegung von besonderen humanitären Fällen und von Menschen, die Flüchtlingsstatus haben können, in Nachbarstaaten zwecks der späteren Möglichkeit, von dort dann nach Europa zu kommen. Das war also alles im Sommer schon Thema. Deutschland hat beiden Organisationen, UNHCR wie IOM, damals schon zusätzliches Geld für ihre humanitäre Arbeit in Libyen zur Verfügung gestellt. Ende August hat es dann in Paris ein weiteres Treffen gegeben - Teilnehmer waren Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und einige afrikanische Präsidenten -, bei dem genau diese Themen beraten und abgestimmt wurden.

Nun ist - und das hat in Abidjan eine enorme Rolle gespielt; Sie haben das sicherlich in den Medien beobachtet - dieser CNN-Bericht ausgestrahlt worden - Bilder, die an das uralte Trauma - an das uralte Verbrechen, muss man auch sagen - der Sklaverei erinnern und die das illustrieren, worüber schon gesprochen worden war. Nun lagen plötzlich Bilder vor, und diese Bilder haben in Afrika selbst - das konnte man in Abidjan sehr deutlich spüren - in allen Gesprächen eine wahre Welle der Empörung ausgelöst. Alle afrikanischen Gesprächspartner der Bundeskanzlerin haben dieses Thema aufgegriffen. Man spürte: in jedem ihrer Länder wird das diskutiert und gibt es auch die Erwartung, dass etwas geschieht.

So ist es jetzt die Afrikanische Union, die die Initiative ergreift, um den Betroffenen dort zu Hilfe zu kommen, die AU, die spürt, dass sie da Verantwortung übernehmen will und dass sie auch ganz praktisch handeln will, indem sie Flüge aus Libyen hinaus organisieren will und indem sie die konkreten Fragen, die oft so schwierig sind - Dokumente, Identifizierung -, praktisch lösen will. Wir Europäer - Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und andere - werden das unterstützen. Dem hat dieses Treffen von Abidjan gedient. Das ist also ein gemeinsames migrationspolitisches Vorgehen afrikanischer und europäischer Vertreter sowie - nicht zu vergessen - der Vereinten Nationen in Libyen, das darauf abzielt, die humanitäre Situation der Menschen - Migranten und Flüchtlinge - zu verbessern. Das knüpft eben - das habe ich zu erklären versucht - unmittelbar an Maßnahmen an, die die Bundesregierung schon im Sommer dieses Jahres eingeleitet hat.

Um vielleicht noch zu Ihrer zweiten Frage zu kommen: Eine solche entsetzliche Situation, so ein widerwärtiges Verbrechen wie Sklavenhandel im Jahre 2017, kann in Libyen nur dort passieren, wo die Schlepper und die Menschenhändler die Oberhand haben, wo sie - und sie allein - an der illegalen Migration verdienen. Deshalb ist der Ansatz der Bundeskanzlerin und der ganzen Bundesregierung so richtig: Wir müssen die illegale Migration in Afrika mit den Afrikanern gemeinsam eindämmen, und wir müssen und werden und wollen mit ihnen auch über legale Wege, wie man als junger Afrikaner nach Deutschland und Europa gelangen kann, sprechen. Parallel müssen wir Fluchtursachen in den Ländern bekämpfen, und wir müssen unseren Beitrag zu Wachstum und nachhaltiger Entwicklung leisten. Das waren die Themen dieses EU-Afrika-Treffens in Abidjan, und das ist auch genau das Thema, das Deutschland in seiner abgelaufenen G20-Präsidentschaft mit den "Compacts with Africa" anzugehen versucht hat: Die Schaffung eines Rahmens, in dem mehr Investitionen nach Afrika fließen können - und zwar über die klassisch e Entwicklungshilfe hinaus, die natürlich weiter notwendig sein wird - und in dem dort durch mehr privatwirtschaftliche Unterstützung auch Jobs und Perspektiven geschaffen werden können.

Zusatzfrage: Vielen Dank für den richtigen Hinweis, dass hier schon im Sommer Gespräche stattgefunden haben. Aber der gleiche UNHCR, der an diesen Sommergesprächen teilgenommen hat, hat, wenn ich es richtig verstehe, auch die Beschlüsse, die unter dem Eindruck der CNN-Bilder gefasst wurden, kritisiert. Das ist doch ein neuer Stand; der Verweis darauf, dass man im Sommer miteinander gesprochen hat, ändert ja nichts an der aktuell vom UNHCR geäußerten Kritik.

StS Seibert: Ich muss zugeben, dass ich diese Äußerung des UNHCR, auf die Sie anspielen, nicht kenne. Der UN-Generalsekretär António Guterres war in Abidjan in der Sitzung, in der das alles miteinander besprochen wurde, anwesend. Deswegen muss ich mich zunächst einmal an ihn als sozusagen den Vorsitzenden der UN-Familie halten. Diese andere Äußerung kenne ich nicht. Das UNHCR und die Bundesregierung arbeiten aber intensiv zusammen, und wir unterstützen - auch mit erheblichen finanziellen Mitteln - die humanitäre Arbeit des UNHCR in Libyen.

Zusatzfrage: Letzter Punkt: Da Sie im Grunde illegale Lager angesprochen haben, die von Schleusern betrieben werden, die Frage: Welche Möglichkeiten gibt es denn überhaupt, sich Zugang zu diesen Lagern zu verschaffen? Das ist doch eigentlich unmöglich. Wird da nicht etwas versprochen, was man nicht realisieren kann?

StS Seibert: Ich glaube, alle, die dort in diesem Raum zusammensaßen, wussten sehr genau, dass man, um allen Menschen dort helfen zu können, vor einer riesigen Aufgabe steht. Aber auch eine riesige Aufgabe beginnt man mit den ersten Schritten. Die ersten Schritte sind natürlich schon gemacht, und jetzt geht es um weitere Schritte. Der libysche Ministerpräsident Sarradsch, der anwesend war, hat zugesagt, dass in dem Gebiet Libyens, in dem er Einfluss und Macht hat - Sie winken ab; dennoch sage ich: das ist ein Schritt -, diesen Organisationen der Zugang mit der Absicht gewährt werden soll, den Menschen zu helfen.

Die Afrikanische Union - das ist ein weiterer wichtiger Schritt - will demnächst alle Akteure in Libyen - alle Ethnien, Stämme und Vertreter der verschiedenen Interessengruppen - zusammenholen, um mit ihnen sicherlich auch darüber zu sprechen.

Also: Ja, die Aufgabe ist riesig. Das war allen bewusst. Aber Abidjan ist ein Schritt, den wir nur begrüßen können und den wir auch sehr unterstützen werden. Es ist nämlich ein Schritt, bei dem die Afrikanische Union als die Organisation der über 50 afrikanischen Staaten Verantwortung und Initiative ergreift.

Frage: Noch eine Frage an das Bundesinnenministerium. Es gibt Meldungen verschiedener NGOs, zum Beispiel MST, nach denen am 6. Dezember ein Abschiebeflug nach Afghanistan mit einer Kapazität bis zu 50 Menschen startet. Können Sie das bestätigen?

Dimroth: Nein, das kann ich nicht, weil wir ganz grundsätzlich nie zu möglicherweise bevorstehenden Abschiebemaßnahmen oder ähnlichen Maßnahmen sprechen - sprechen können, will ich hinzufügen -, weil mit einer solchen Bestätigung möglicherweise bevorstehender Maßnahmen der Zweck und die Zielerreichung, der mit so einer Maßnahme verbunden ist, infrage stehen würde.

Zusatzfrage: Halten Sie denn in der gegenwärtigen Situation in Afghanistan - es hat in diesem Jahr 8000 Tote und Verletzte gegeben - Abschiebungen nach Afghanistan für statthaft?

Dimroth: Die Frage überrascht mich jetzt etwas, wenn ich das sagen darf, weil wir dazu - nicht nur das BMI, sondern die Bundesregierung als ganze - wirklich zigfach gesprochen haben. Es gibt einen Zwischenbericht des Auswärtigen Amtes zur Sicherheitslage in Afghanistan, der bestätigt, dass die Sicherheitslage dort sehr unterschiedlich ist - regional wie auch aufgrund möglicher individueller Betroffenheit. Das Außen- und das Innenministerium sind sich einig, dass in Anbetracht dieses nur vorliegenden Zwischenberichts zunächst jedenfalls Rückführungen nach Afghanistan nur für drei Personengruppen angemessen erscheinen. Das sind sogenannte Gefährder, Straftäter und Menschen, die sich ihrerseits hier sozusagen vorwerfbar einem Asylverfahren oder einem entsprechenden Flüchtlingsschutzverfahren entziehen. Diese Haltung gilt uneingeschränkt fort.

Frage : Ganz knappe Frage an das Wirtschaftsministerium: Kümmern Sie sich im Wirtschaftsministerium im Moment um den Fall Opel? Es gibt ja Probleme zwischen dem Käufer und Verkäufer von Opel über den Kaufpreis. Sehen Sie die Gefahr, dass das möglicherweise schädliche Rückwirkungen auf Opel geben könnte, die Sie zu irgendeinem Handeln veranlassen könnten?

Jornitz: Ich kann dazu nur sagen, dass das ein Vorgang ist, der die beiden Unternehmen betrifft, den ich jetzt nicht näher kommentieren kann. Da sind wir auch nicht dran.

Freitag, 1. Dezember 2017

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 1. Dezember 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/12/2017-12-01-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2017

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