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PRESSEKONFERENZ/1617: Regierungspressekonferenz vom 21. Februar 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 21. Februar 2018
Regierungspressekonferenz vom 21. Februar 2018

Themen: Kabinettssitzung (Lockerung des Lärmschutzes im Rahmen des Public Viewings während der Fußball-WM 2018, Änderung der Schweinepest-Verordnung und der Jagdzeiten-Verordnung, Entwicklungen in Syrien), militärisches Vorgehen der Türkei in Nordsyrien, mögliche Importzölle der USA auf Stahl- und Aluminiumprodukte, Sammelabschiebungen nach Afghanistan, Grenzkontrollen im Schengen-Raum, anstehende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Zulässigkeit von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge, geplante Absenkung des Rentenversicherungsbeitrags für Zeitungszusteller im Minijob, Lehrauftrag des Bundesaußenministers an der Universität Bonn, Nachfolge für das Amt des Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank, Kosten für den Einsatz der Bundespolizei bei Hochrisikofußballspielen, Amt des Generalsekretärs der EU-Kommission, Projektgruppe "Wirksam Regieren", Termin für eine mögliche Neuwahl der Bundeskanzlerin

Sprecher: StS Seibert, Adebahr (AA), Urban (BMEL), Haufe (BMUB), Baron (BMWi), Dimroth (BMI), Strater (BMVI), Westhoff (BMAS), Steffen (BMJV), Kolberg (BMF)


Vors. Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren!

Ich möchte aus der Kabinettssitzung berichten und beginne mit einem sehr populären Thema, mit dem wir alle zwei Jahre vor Sie hintreten: Immer dann, wenn entweder Fußball-Weltmeisterschaft oder -Europameisterschaft ist, muss sichergestellt werden, dass die beliebten öffentlichen Public-Viewing-Veranstaltungen auch nach 22 Uhr noch ablaufen dürfen und auch mit dem ja nicht zu vermeidenden Lärm ablaufen dürfen. Deswegen hat das Bundeskabinett heute eine Verordnung beschlossen, um den Lärmschutz in den Abendstunden nach 22 Uhr während der WM zu lockern. Das heißt konkret, dass die Kommunen Veranstaltern erlauben können, Spiele der WM nach 22 Uhr im Freien zu zeigen, wenn es sich dabei um Liveübertragungen handelt. Die WM ist in Russland, wie Sie wissen. Auch da wird es Spiele geben, die nach unserer Zeit erst um 20 Uhr starten und damit je nach Verlauf - Verlängerung, Elfmeterschießen - durchaus über 22 Uhr hinaus dauern können. Das sind Regelungen, die sich im Grunde seit 2006 bewährt haben. Das endet dann aber auch wieder am 31. Juli 2018.

Das zweite Thema, mit dem sich das geschäftsführende Bundeskabinett befasst hat, sind präventive Maßnahmen zur Verhütung der Afrikanischen Schweinepest. Man muss sagen: Die Afrikanische Schweinepest ist in Deutschland bisher noch nicht aufgetreten. Damit es so bleibt, werden mehrere Maßnahmen ergriffen. Im Wesentlichen geht es darum, dass künftig auch eine ganzjährige Bejagung von Wildschweinen zulässig ist. Durch die milden Winter sind die Wildschweinbestände erheblich angewachsen. Sie sollen nun ausgedünnt werden, damit das Risiko einer Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest vermindert wird. Das sind unabdingbare Maßnahmen vor dem Hintergrund des Fortschreitens der Afrikanischen Schweinepest in einigen Ländern, die doch recht nah bei uns liegen, nämlich im Baltikum, Tschechische Republik, Rumänien und Polen.

Anschließend hat der Bundesaußenminister und hat die Bundesverteidigungsministerin dem Kabinett zu neuesten Entwicklungen in Syrien vorgetragen. Das bringt mich dazu, dass ich für die Bundesregierung dazu eine Erklärung abgeben möchte.

Was das Assad-Regime mit seiner jüngsten Offensive in der Ost-Ghuta durchführt, ist kein Kampf gegen Terroristen, sondern das ist ein Feldzug gegen die eigene Bevölkerung. Hunderte von Toten, darunter viele Frauen und Kinder, in nur zwei Tagen, dazu aberhunderte von Verletzten, und wieder bekommen wir Berichte von gezielter Zerstörung ziviler Infrastruktur, Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF, hat seinem Entsetzen jetzt mit einem leeren Tweet Ausdruck gegeben, weil die Worte fehlen.

Die Lage der etwa 400 Menschen in diesem seit Jahren belagerten Gebiet am Rande von Damaskus ist katastrophal. Das Regime enthält den leidenden Menschen dort systematisch Nahrungsmittel, Medikamente und medizinische Ausrüstung vor, immer mit dem Ziel, die Rebellen, die dieses Gebiet kontrollieren, zur Aufgabe zu zwingen oder sie zu vernichten. Allen Bemühungen der Vereinten Nationen zum Trotz setzt das Regime mit Brutalität diese militärische Strategie fort und verweigert sich jeglichem politischen Lösungsversuch. Man muss sich fragen: Wo sind Russland und der Iran, die in Astana erklärt haben, für die Waffenruhe auch in der Ost-Ghuta zu garantieren. Ohne die Unterstützung dieser beiden Verbündeten wäre das Assad-Regime militärisch nicht da, wo es heute ist, und zweifellos hätte das Regime ohne diese Unterstützung auch mehr Verhandlungsbereitschaft im Rahmen des UN-Prozesses zeigen müssen.

Wir fordern also zum einen das Assad-Regime auf, das Massaker in der Ost-Ghuta unverzüglich zu beenden und sowohl humanitäre Versorgung als auch medizinische Evakuierungen zuzulassen, und wir fordern zum anderen auch die Unterstützer des Assad-Regimes auf, ihren erheblichen Einfluss zu diesem Zweck zu verwenden.

Frage: Wie beurteilt die Bundesregierung denn die Entwicklung mit dem Vorgehen der Türkei in Nordsyrien und die wachsende Verwicklung in Kämpfen auch mit dem syrischen Regime dort?

StS Seibert: Das Auswärtige Amt hat ja zu beidem, also zur Ost-Ghuta wie zu der Lage in Afrin, gestern Abend eine Erklärung ausgegeben. Vielleicht gebe ich jetzt einfach an die Kollegin weiter.

Adebahr: Die Meldungen aus Afrin geben uns Anlass zu größter Besorgnis. Bei allen berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei: Wir glauben, dass eine mögliche angedrohte Blockade zu größtem weiteren Leid unter der Zivilbevölkerung führen wird. Deswegen warnen wir weiterhin - das haben wir auch bisher getan - gemeinsam mit allen Akteuren der internationalen Gemeinschaft vor den Folgen einer militärischen Konfrontation. Eine solche militärische Konfrontation birgt unkalkulierbare Risiken in sich, und die Gefahr einer wirklichen Eskalation scheint im Moment akut. Deshalb appelliert die Bundesregierung auch noch einmal eindringlich an alle Beteiligten, die Kampfhandlungen zu beenden.

Zusatzfrage: Ist damit eine Aufforderung an die Türkei verbunden, sich wieder zurückzuziehen?

Wie beurteilen Sie die Problematik im Hinblick auf die Nato-Mitgliedschaft der Türkei, also die Möglichkeit, in einem Verteidigungsfalle um Beistand nachzusuchen?

Adebahr: Wie gerade schon gesagt: Wir fordern die Türkei auf, zu einer Deeskalation und Beruhigung der Lage entscheidend beizutragen. Wir haben auch in Gesprächen mit den türkischen Partnern wiederholt unsere Sorge über die Lage in Afrin deutlich gemacht und dabei eben auch gesagt: Der beste Weg zur Vermeidung einer weiteren Eskalation wäre die Beendigung der Operation. Wir sehen mit zunehmender Sorge, dass diese militärische Auseinandersetzung weiter anhält und eine politische Lösung des Konflikts nicht absehbar ist. Deswegen ist ein weiteres Fortführen der Kampfhandlungen aus unserer Sicht sehr schwierig.

Was die Nato-Mitgliedschaft der Türkei anbelangt, so wissen Sie, dass unter den Nato-Partnern - das ist bereits geschehen - bereits entsprechende Beratungen im Nato-Rat geführt werden und es hierzu Aussprachen unter den Alliierten gibt. Sie haben vielleicht auch verfolgt, dass Außenminister Tillerson in der vergangenen Woche in Ankara zu Gast war und Gespräche geführt hat. Es war und ist aus unserer Sicht wichtig und auch ermutigend, dass diese Gespräche fortgesetzt werden und in konstruktiver Atmosphäre möglich sind.

Frage: Herr Seibert, Sie sprachen gerade den Tweet ohne Worte an. Ohne Worte ist die Bundesregierung ja auch immer wieder, wenn es um die völkerrechtliche Einschätzung des türkischen Einmarsches in Nordsyrien geht. Haben Sie da mittlerweile eine Einschätzung gefunden?

Frau Adebahr, warum fordert die Bundesregierung von den Türken keinen Rückzug beziehungsweise ein Ende der Kampfmaßnahmen? Sie fordern nur eine Deeskalation, das ist verwunderlich.

Adebahr: Ich glaube, da haben Sie mich missverstanden. Ich habe gerade ausgeführt, dass wir unseren türkischen Partnern auch gesagt haben, dass eine Beendigung der Operation der beste Weg zu einer Deeskalation wäre und dass wir die Einstellung der Kampfhandlungen fordern.

StS Seibert: Das ist doch eigentlich von Anfang an unsere Position gewesen. Wir sehen die berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei, auf die sie sich mit dieser Intervention beruft, und gleichzeitig - das wird ja jeden Tag klarer - sagen wir: Es darf diese Eskalation auf Kosten der dort lebenden Zivilbevölkerung nicht geben. Wir versuchen deswegen, zumindest mit den Appellen, die wir hier richten können, zur Deeskalation beizutragen.

Zusatzfrage: Die Frage nach der völkerrechtlichen Prüfung und Einschätzung haben Sie noch nicht beantwortet. Wann können wir damit rechnen?

Wie bewertet die Bundesregierung die Ankündigung einer militärischen Zusammenarbeit zwischen der syrischen Kurdenmiliz YPG und der Regierung in Damaskus?

Adebahr: Zum Völkerrechtsthema habe ich Ihnen hier heute nichts Neues mitgebracht, da gibt es keinen neuen Stand.

Zur Zusammenarbeit mit dem Regime: Ich glaube, unsere grundsätzliche Haltung zum Regime hat Herr Seibert hier für die Bundesregierung sehr klar deutlich gemacht.

Frage: Der türkische Angriff gegen Afrin hat ja insofern eine deutsche Komponente, als dabei Leopard-2-Panzer aus deutscher Produktion zum Einsatz kommen. Nun hat die türkische Regierung erklärt, sie seien genau für solche Tage, in denen man von dort aus angegriffen werde, gekauft worden. Hat die Bundesregierung Hinweise darauf, dass aus der Region tatsächlich ein solcher Angriff vorliegt, der den Einsatz dieser Panzer legitimieren würde?

Zum Zweiten: Frau Adebahr, wenn Sie sagen, die Beendigung der Operation wäre der beste Weg zur Deeskalation: Meinen Sie damit einen Rückzug, habe ich das richtig verstanden? Oder gibt es auch eine andere Form der Beendigung?

Adebahr: Wir meinen damit - auch zum Schutze der Zivilbevölkerung - zunächst erst einmal ein Schweigen der Waffen, ein Ende der militärischen Kampfhandlungen. Das steht für uns jetzt im Vordergrund.

Ich glaube, über die anderen Fragen - auch, was den Einsatz von deutschen Waffen betrifft - haben wir hier in der Vergangenheit ausführlich gesprochen. Auch dazu gibt es jetzt nichts Neues zu sagen.

Zusatzfrage: Die Situation ist, finde ich, insofern doch eine neue, als Herr Yildirim - ich glaube, es war Herr Yildirim - explizit gesagt hat, für solche Tage seien diese Panzer gekauft worden und insofern sei ein Einsatz selbstverständlich, weil man angegriffen werde. Die Frage ist: Haben Sie eigene Erkenntnisse darüber, ob tatsächlich ein Angriff aus der Region gegen die Türkei stattgefunden hat? Diese Frage ist hier noch nicht beantwortet worden.

Adebahr: Ich möchte die Äußerungen von Herrn Yildirim nicht weiter interpretieren. Wir haben hier oft betont, dass die Türkei legitime Sicherheitsinteressen hat; wir haben betont, dass das Lagebild fluid ist, dass die Türkei Sicherheitsinteressen hat und dass sie natürlich auch im Syrienkonflikt das Land ist, das am nächsten dran ist und das dort am meisten gelitten hat. Insofern will ich hier nicht in diesem Sinne auf Ihre konkrete Frage antworten, sondern nur sagen, was wir bisher vorgetragen haben und dass wir jetzt eben sehen, dass der beste Weg zur Vermeidung einer weiteren Eskalation und zum Einstellen des Leides der Zivilbevölkerung wäre, wenn die Kämpfe aufhörten.

Frage: Eine kurze Lernfrage, Frau Adebahr: Haben die Kurden in Nordsyrien auch ein legitimes Sicherheitsinteresse gegenüber der Türkei?

Adebahr: Wir haben hier oft ausgeführt, dass die syrische Zivilbevölkerung ein Interesse an Schutz und ein Recht auf Schutz hat, und das gilt natürlich für die gesamte syrische Zivilbevölkerung.

Zusatzfrage : Und damit auch die syrischen Kurden in Nordsyrien?

Adebahr: Sie versuchen die Frage jetzt in eine bestimmte Richtung zu lenken. Unser Appell richtet sich darauf, die syrische Zivilbevölkerung zu schützen und weiteres Leid zu ersparen.

Zusatz: Dementsprechend ist es ja verwunderlich, dass Sie nicht das Ende und den Rückzug der türkischen Kampfhandlungen fordern.

StS Seibert: Genau das hat sie ja gerade gefordert; sie hat das Ende der Kampfhandlungen gefordert.

Zusatz: Es geht hier aber um einen Rückzug. Die Türken sind illegal in Nordsyrien, Herr Seibert. Dass das aufhört, fordern Sie jetzt nicht.

Vors. Mayntz: Machen wir keinen Dialog - wir sind bei den Themen des Kabinetts. Gibt es Fragen zum Thema Schweinepest?

Frage: Wahrscheinlich das Landwirtschaftsministerium: Der Bauernverband hatte vor ein paar Wochen gefordert, dass 70 Prozent der Wildschweine in Deutschland erschossen werden sollen. Wie viel ist denn jetzt erlaubt, wie viele Wildschweine dürfen die Jäger also erschießen?

Urban: Zunächst einmal haben wir hier bereits am 10. Januar ausführlich über die verschiedensten Maßnahmen berichtet, die zum Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest herangezogen werden. Zur Einordnung vielleicht vorab noch einmal: Es handelt sich um eine Tierseuche, die für Schweine gefährlich ist, für Menschen aber nicht. Bislang ist dieses Virus in Deutschland nicht aufgetreten. Ein erheblicher Faktor bei der Verbreitung sind nach Meinung der Wissenschaftler zum einen die Wildschweinpopulationen und zum zweiten der Faktor Mensch. Deswegen fordern wir auf der einen Seite die Aufhebung der Jagdschonzeiten für Schwarzwild, unter anderem für Wildschweine, was wir mit der Schweinepest-Verordnung, die wir heute im Kabinett vorgelegt haben, auch umgesetzt haben. Eine bundeseinheitliche Regelung dazu ist der wesentliche Regelungsgegenstand - Herr Seibert hat es gerade ausgeführt. Das Zweite sind umfangreiche Informations- und Aufklärungsmaßnahmen im Hinblick auf die Verbreitung durch den Menschen.

Die Zahlen, die verschiedene Verbände gefordert haben, vermag ich von dieser Stelle aus nicht zu kommentieren. Wir haben immer klar gemacht, dass es darum geht, dass die Wildschweinbestände in Deutschland - nicht zuletzt auch aufgrund des durch die milden Winter geschuldeten zahlreichen Nahrungsangebotes - zu hoch sind und wir die Wildschweinbestände reduzieren müssen, um die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest und vor allem ihren Eintrag in die Nutztierhaltung in Deutschland zu verhindern. Mit konkreten Prozentzahlen kann man da im Moment nicht arbeiten. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich die Seiten der entsprechenden Jagdverbände anzuschauen; da können Sie die Zahlen der vergangenen Jahre nachlesen. Das Jagdjahr geht bis zum 31. März eines Jahres, dementsprechend kann ich Ihnen hier noch keine aktuellen Zahlen für die vergangenen elfeinhalb Monate nennen.

Zusatzfrage: Sie wissen nur, dass der Wildschweinbestand zu hoch ist, aber nicht, wie hoch? Das können Sie jetzt nicht mit Zahlen untermauern?

Urban: Vielleicht lassen Sie es mich so erklären: Es besteht in Deutschland keine Meldepflicht für Wildtiere, dementsprechend ist es schwierig, die Evaluierung konkret vorzunehmen. Selbstverständlich kann man erkennen - mit der Expertise, die die Jäger und die auch Landwirte haben -, dass die Wildschweinbestände in Deutschland zu hoch sind und in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind. Das zeigt auch, dass die Entnahme höher geworden ist, als sie in den letzten Jahren gewesen ist. Aber ganz konkrete Zahlen können wir Ihnen einfach nicht mitteilen.

Frage: Zum Thema Public Viewing: Wie groß muss eine Veranstaltung sein, um als Public Viewing zu gelten? Reicht es schon, wenn die Kneipe nebenan einen Fernseher rausstellt und 15 Leute auf dem Gehweg gucken?

Haufe: Dabei handelt es sich um öffentliche Veranstaltungen, die Sie anmelden müssen; Sie brauchen dafür eine Genehmigung. Es geht nicht um private Veranstaltungen. Das heißt, wenn eine Gaststätte so etwas macht, dann muss sie das quasi anmelden, und dann wird es eine amtliche öffentliche Veranstaltung. Die Voraussetzung dafür ist also, dass es öffentlich ist.

Frage: Frau Baron, die Handelspolitik ist in europäischer Kompetenz; nichtsdestotrotz dürften europäische Maßnahmen mit den einzelnen Partnern ja eng abgestimmt werden. Wissen Sie inzwischen etwas von einer Liste mit potenziellen Gegenmaßnahmen der EU-Kommission in dem Falle, dass die USA Importzölle auf eine Reihe von Stahl- und Aluminiumprodukten einführen?

Zweite Frage: Hat die EU nach Ihrer Kenntnis bereits eine fertige Strategie in ihren Schubladen, wie mit diesem Fall, der ja irgendwann in den nächsten zwei Monaten auftauchen wird, umzugehen ist?

Baron: Vielen Dank. Vielleicht kann ich erst noch einmal kurz unsere Grundhaltung deutlich machen und dann zu Ihrer Frage kommen.

Sie nehmen ja Bezug auf die Berichte zu Stahl- und Aluminiumimporten, die das Department of Commerce am 16. Februar veröffentlicht hat. Das sind die Berichte, die schon im Januar dem Präsidenten von der Administration übermittelt wurden und nun eben veröffentlicht wurden. Wir haben diese Berichte zur Kenntnis genommen. Wichtig ist: Es sind keine finalen Entscheidungen, sondern es sind eben Berichte, die veröffentlicht wurden. Wir wissen noch nicht, ob der US-Präsident Maßnahmen ergreifen wird, und wenn ja, welche Maßnahmen er ergreifen wird. Das ist noch einmal wichtig zu betonen.

Wie wir diesbezüglich unsere Grundhaltung definieren, hat die Bundeswirtschaftsministerin in den letzten Tagen ja deutlich gemacht: Wir teilen die Einschätzungen, dass europäische oder gar deutsche Stahlimporte die nationale Sicherheit der USA bedrohen, ausdrücklich nicht und sehen deshalb auch keine Grundlage für etwaige einseitige US-Importbeschränkungen für Stahl. Wir haben hier immer deutlich gemacht: Es sind globale Phänomene im Stahlmarkt, die auch globale Lösungen brauchen. Der beschrittene Weg sind hier die G20-Ebene und das Global Forum on Steel Excess Capacity; auch das hatten wir hier ja schon deutlich gemacht.

Zur Debatte über die EU-Kommission, die Sie ansprechen: Etwaige Listen der EU-Kommission kann ich hier natürlich nicht kommentieren, das müsste die EU-Kommission schon selbst machen. Sie hat sich ja auch schon zum Thema verhalten. Unser Ansatz ist hier - und auch den hat die Bundeswirtschaftsministerin deutlich gemacht - der enge Kontakt mit der EU-Kommission - denn die Handelspolitik liegt bei der EU - und die genaue Beobachtung, was am Ende wirklich bei den etwaigen Maßnahmen der USA herauskommt. Sollte sich Präsident Trump aber tatsächlich dazu entschließen, nationale Hürden einzuziehen, dann wird die EU hierauf angemessen und deutlich reagieren. Das waren die Worte der Bundeswirtschaftsministerin, die ich hier noch einmal hervorheben kann.

Zu näheren Listenbestandteilen der EU kann ich hier aber keine Stellung nehmen. Die Ansprechpartnerin dafür wäre die EU-Kommission.

Zusatzfrage: Sie sprachen davon, angemessen und deutlich zu reagieren. Kann ich daraus schließen, dass es schon so etwas wie eine Vorbereitung auf diesen Fall gibt, eine Strategie, einen Plan, der in der Schublade liegt?

Baron: Diesen Schluss kann ich Ihnen nicht bestätigen. Es gibt einen ständigen Austausch mit der EU-Kommission. Den gab es auch schon im vergangenen Jahr und anlässlich des Global Forums. Wir führen ihn natürlich weiter. Aber wichtig ist für uns, deutlich zu machen, dass die globale Ebene der richtige Maßstab ist. Das ist für uns die richtige und wichtige Reaktionsebene. Das machen wir auch weiterhin deutlich.

Im Übrigen gilt, dass jetzt auch erst einmal abzuwarten ist, ob diesen Vorschlägen tatsächlich gefolgt wird oder ob es ganz andere gibt.

Frage: Meine Frage richtet sich an das BMI. Gestern gab es wieder eine Sammelabschiebung nach Afghanistan. An Bord der Maschine waren 14 Abgeschobene statt der geplanten 58, wenn ich richtig informiert bin. Kennen Sie Gründe, warum es so viel weniger waren?

Angesichts der Tatsache, dass mit den 14 Abgeschobenen 43 Beamte, ein Arzt und ein Dolmetscher unterwegs waren, die Frage: Rentiert sich, wenn man so etwas wie eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufmachen wollte, solch eine Sammelabschiebung überhaupt?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. Ich kann zunächst einmal bestätigen, dass es gestern tatsächlich eine weitere Rückführungsmaßnahme gegeben hat. Wie Sie wissen, unterstützt der Bund bei der bestehenden Aufgabe aufseiten der Bundesländer im Rahmen der zwischen Auswärtigem Amt und BMI gefundenen Lösung aufgrund der fortdauernden validen Sicherheitslage. Vielfach war jetzt ja von einer sich stetig verschärfenden zu lesen. Ich denke, wir warten, bevor man eine solche Bewertung trifft, die ausstehende Neubewertung des Auswärtigen Amtes ab. Jedenfalls gibt es diese Vereinbarung. Auf Grundlage dessen hat es eine Rückführungsmaßnahme gegeben. Sie umfasste 14 Personen aus den Personengruppen, zu denen eine Einigkeit besteht, nämlich Gefährdern, Straftätern und solchen, die sich der Identitätsfeststellung hier im Verfahren hartnäckig verweigern.

Was die Gründe im Einzelnen anbetrifft, warum immer wieder zunächst höhere Zahlen vonseiten der Bundesländer angemeldet werden, als tatsächlich an einer Rückführungsmaßnahme teilnehmen können, so sind sie vielfältig. Sie liegen tatsächlich auch an der Zuständigkeit der Bundesländer. Aber die Debatte, wie man zu einer höheren Effektivität der Verfahren kommt, ist ja nicht neu. Das mögen im Einzelfall rechtliche Einwände sein, die dann durchdringen, beispielsweise indem im Eilrechtsschutz noch entsprechende Entscheidungen von Gerichten herbeigeführt werden. Das mögen gesundheitliche Aspekte sein, die in Form ärztlicher Atteste kurz vor einer solchen Maßnahme vorgelegt werden und dann eine Rückführung unmöglich machen. Das mag im Einzelfall aber auch der Entzug sein, indem man von einer solchen bevorstehenden Maßnahmen vorab Kenntnis erlangt und sich Menschen, die sich nicht in Haft befinden, einer solchen Maßnahme entziehen, indem sie untertauchen, ihren gewöhnlichen Aufenthalt wechseln und Ähnliches. Es ist also ein bunter Strauß von möglichen Gründen, die hierfür eine Rolle spielen.

Die Bundesregierung hat in der zu Ende gegangenen Legislaturperiode eine Reihe von Maßnahmen auch gesetzlicher Natur ergriffen. Wenn ich es richtig sehe, sieht auch der Koalitionsvertrag, den ich ansonsten hier natürlich nicht kommentieren kann, noch weitere Regelungen hierfür vor.

Was Ihre zweite Frage betrifft - auch das war hier durchaus schon Gegenstand -, so sehe ich, ehrlich gesagt, den argumentativen Ansatz als nicht gegeben an. Es geht hierbei um nicht mehr und um nicht weniger als um den Vollzug einer bestehenden Rechtspflicht, die durch die Länder zu vollziehen ist und bei deren Vollzug der Bund unterstützt. Auch in anderen Bereichen kennen wir im Prinzip keine Kosten-Nutzen-Abwägung bei der Frage, ob geltendes Recht durchzusetzen ist oder nicht. Insofern mag das im Einzelfall unverhältnismäßig erscheinen, aber die Grundsatzfrage ist doch nicht: "Kostet der Vollzug geltenden Rechts zu viel oder zu wenig?", sondern die Grundsatzfrage ist damit geklärt, dass der Gesetzgeber hierfür klare Regelungen geschaffen hat, sodass die Verwaltung per Gesetz und selbstverständlich auch durch das Grundgesetz angewiesen ist, diese zu vollziehen. Das geschieht, und zwar in den Fällen, die dafür geeignet sind, in denen Gerichte geprüft haben, ob die entsprechenden Personen in Betracht kommen, ob individuell Gründe bestehen, von einer solchen Maßnahme abzusehen.

Aber in den Fällen, in denen eine vollziehbare Ausreisepflicht bestätigt ist, stellt sich aus meiner Sicht nicht die Frage, was das kostet, sondern das ist der Vollzug bestehenden Rechts. Ein Rechtsstaat kann sich eigentlich nicht in eine Opportunitätsdebatte in Bezug auf damit verbundene Kosten flüchten.

Zusatzfrage: Die Kosten für das Fluggerät trägt Frontex. Gilt das auch für die Kosten der mitreisenden Beamten?

Dimroth: Das müsste ich, ehrlich gesagt, nachfragen. In der Regel werden solche Maßnahmen - auch diese Maßnahme - aus dem Topf von Frontex bezahlt und müssen nicht beispielsweise von der Bundespolizei übernommen werden. Ob und inwieweit aber sogenannte Sowiesokosten, also beispielsweise Personalkosten, übernommen werden, jedenfalls die regulären Besoldungszahlungen, das erschließt sich mir nicht. Ich kann aber gern versuchen, das herauszufinden und nachzureichen.

Frage: Herr Dimroth, mich interessiert, wie sich die 14, die jetzt nach Kabul geflogen worden sind, dafür qualifiziert haben. Ich bin auf dem Stand, dass aus Bayern sechs Straftäter darunter waren, drei Afghanen, die ihre Mitwirkung an der Identitätsfeststellung verweigert haben - dann sind wir bei neun -, und ein weiterer Passagier, der als Gefährder eingeordnet wurde. Damit sind wir bei zehn. Sind das die bayrischen Abgeschobenen, und, wenn nicht, was ist mit den restlichen vier? Wie haben sich diese qualifiziert?

Dimroth: Die Rahmenbedingungen habe ich hier gerade geschildert, sowohl was den Ausgangssachverhalt anbetrifft, als auch was die daraus gezogene Konsequenz angeht, nämlich diese Maßnahmen für bestimmte Personengruppen nach wie vor fortzuführen.

Bei der Maßnahme gestern waren zehn Straftäter, ein Gefährder und drei sogenannte Identitätsverweigerer an Bord.

Zusatzfrage: Was haben die Straftäter denn getan? Wurden sie rechtskräftig verurteilt?

Dimroth: Was sie im Einzelnen getan haben, können wir hier - das wissen Sie - schon aus datenschutzrechtlichen Gründen gar nicht ausführen. Was wir immer tun - das kann ich auch jetzt gern tun -, ist, zu umreißen, welche Straftaten ganz grundsätzlich im Raume stehen. Wir können aus Schutzgründen der betroffenen Personen die Einzelfälle hier nicht darlegen. Aber unter anderem standen hier Straftaten wie schwerer Raub, sexuelle Nötigung, gefährliche und einfache Körperverletzung und Diebstahl in Rede.

Zusatzfrage: Wurden diese Menschen rechtskräftig verurteilt?

Dimroth: Ja. Sonst würden wir nicht von Straftätern sprechen.

Zusatzfrage: Frau Adebahr, in welche sicheren Gebiete wurden sie gebracht?

Adebahr: Zur allgemeinen Bewertung der Sicherheitslage habe ich ausgeführt. Zu den konkreten Sachverhalten kann ich für das Auswärtige Amt nichts sagen.

Zusatzfrage: Die bulgarische Ratspräsident möchte das Ende der Grenzkontrollen im Schengen-Raum. Was möchte denn die Bundesregierung, Herr Dimroth?

Dimroth: Die Bundesregierung wird über die Frage der Verlängerung oder Neueinführung von Grenzkontrollen im Schengen-Raum dann entscheiden, wenn diese Entscheidung auf der Tagesordnung steht. Das wird nicht vor Mitte oder Ende April dieses Jahres sein. Insofern ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um sich öffentlich an einem Meinungsbildungsprozess zu beteiligen.

Zusatzfrage: Die Grenzkontrollen gibt es ja nur in Ausnahmefällen. Ein Ausnahmefall ist anscheinend seit September 2015 gegeben. Kann es sein, dass dieser Ausnahmefall weiterhin bestehen bleibt?

Dimroth: Das ist eine sehr hypothetische Frage. Tatsächlich ist nach dem Schengener Grenzkodex der jetzige Zustand eigentlich ein Ausnahmezustand. Deswegen hat der jeweilige Mitgliedsstaat auch die Pflicht, die entsprechenden Maßnahmen zu begründen. Das haben wir immer sehr ausführlich getan und darüber auch berichtet. Auf unserer Webseite lässt sich im Einzelnen und auch zu der jetzt noch laufenden Maßnahme sehr ausführlich nachlesen, welches die Gründe waren, die wir gegenüber Brüssel angegeben haben.

Für uns und den Minister war immer klar, dass es einen Konnex zwischen funktionierendem Außengrenzschutz und dann dem daraus möglicherweise folgenden Verzicht oder der nicht länger bestehenden Erforderlichkeit für eine Grenzkontrolle innerhalb des Schengen-Raumes gibt, sodass wir immer sehr genau darauf geschaut haben, wie sich der Außengrenzschutz entwickelt. Es ist ja auch eine Reihe von Maßnahmen ergriffen worden, um hierbei besser zu werden.

Aber noch einmal: Für eine Entscheidung über eine Verlängerung oder Nichtverlängerung ist heute sicherlich noch nicht der richtige Zeitpunkt, sondern er steht Mitte oder Ende April dieses Jahres an. Ich bin sicher, dass es dann eine Entscheidung geben wird, die dann auch entsprechend begründet wird.

Frage: Ich habe eine Frage an das BMUB und das BMVI. Sie werden sich möglicherweise denken können, worum es geht. Morgen entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, ob Fahrverbote jetzt schon rechtlich zulässig sind.

An das BMVI ist von verschiedenen Ebenen, seien es Städte oder seien es die betroffenen Länder, die Forderung nach einer blauen Plakette herangetragen worden mit dem Argument, das würde die Situation vereinfachen. Mich interessiert die Position des BMVI dazu.

Ich möchte beide Ministerien fragen, ob sie optimistisch oder pessimistisch in den morgigen Tag blicken.

Strater: Die Position zur blauen Plakette ist ja schon vielfach geäußert und auch hier an dieser Stelle schon vielfach besprochen worden. Unser Haus ist nicht für die Einführung einer blauen Plakette. Gestatten Sie mir im Übrigen auch den Hinweis, dass dies auch im Entwurf des Koalitionsvertrages festgehalten ist; das möchte ich hier noch einmal sagen. Eine blaue Plakette ändert nichts am Emissionsverhalten eines Autos. Sie kennzeichnet es lediglich. Das bedeutet für die anderen Fahrzeuge, die diese Plakette nicht haben, schlichtweg ein Fahrverbot und damit eine Enteignung von Millionen von Dieselbesitzern. Das ist die Position, die wir zu dem Thema haben.

Haufe: Ich denke, die Ministerin denkt nicht in den Kategorien von negativ und positiv, wenn sie auf ein Gerichtsurteil schaut. Morgen werden wir sehr wahrscheinlich eine gewisse Klarheit darüber bekommen, wie die Rechtslage bei Fahrverboten ist.

Für die Ministerin geht es darum, die Situation, in der wir seit mehreren Jahren sind, endlich abzustellen - das ist der Fokus, darum geht es - und dies möglichst so vorzunehmen, dass keine Fahrverbote nötig sind. Darauf sind die Anstrengungen der Ministerin und auch der Regierung ausgerichtet. Je nachdem, wie das Urteil morgen ausfällt, muss man schauen, was Weiteres dann vorgenommen werden muss.

Zusatzfrage: Sie haben den Koalitionsvertrag angesprochen. Darin werden unter anderem technische Nachrüstungen erwähnt, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Glauben Sie, dass das Leipziger Urteil diese Debatte möglicherweise beeinflusst?

Haufe: Es ist, denke ich, nicht angezeigt, vor einem Gerichtsurteil Spekulationen über Debattenverläufe anzustellen. Sie können sich selbst überlegen, wie die Debatten je nachdem, wie das Urteil ausfällt, verlaufen.

Es ist doch klar, dass es eine ganze Menge Bereiche gibt, in denen weitere Aktivitäten vorangebracht werden müssen. Wo der Druck dann stärker wird oder weniger stark ist, hängt vor allem auch damit zusammen, wie die Maßnahmen insgesamt wirken werden. Das möchte ich jetzt nicht weiter kommentieren.

Frage: Ich habe eine andere Frage zu dem Aspekt Auto/Diesel. Sie haben in der letzten Woche gesagt, dass Sie falsche Fakten richtigstellen wollten. Sie haben gesagt: "Es gibt keinen SUV, der über 2,6 Tonnen wiegt." Würden Sie das vielleicht berichtigen?

Haufe: Das kann ich noch einmal berichtigen; Sie haben mich ja noch einmal darauf angesprochen. Meine Kollegen haben eine Liste mit den schwersten Fahrzeugen dieser Gruppe zur Hand genommen. Es hat sich herausgestellt, dass es sehr kompliziert ist, einen SUV in Bezug auf das Gewicht genau zu klassifizieren. Es gibt wahrscheinlich doch SUVs, die deutlich schwerer als 2,6 Tonnen sind; das stimmt. Das korrigiere ich an der Stelle auch noch einmal gerne.

Sie haben das allerdings im Zusammenhang mit einer Diskussion genannt, die etwas völlig anderes betraf. Dabei ging es nämlich um Lkw und die Einfahrbeschränkungen von Lkw. Das ist ein ganz anderes Thema als SUVs.

Frage: Eine Frage an das BMAS, möglicherweise ist auch das Justizministerium gefragt. Da ja der Koalitionsvertrag nun doch auch von Ihrer Seite aus angesprochen wurde, erlaube ich mir eine Frage in diesem Zusammenhang: Dem Vernehmen nach plant die Bundesregierung, die Rentenbeitragspflicht für Zeitungsverleger in Bezug auf Minijobs bei den Zeitungsausträgern von 15 auf 5 Prozent zu senken. Lernfragen:

Erstens. Wie ist die aktuelle Regelung derzeit?

Zweitens. Wäre eine solche doch sehr drastische Reduzierung rechtlich möglich? Falls ja, unter welchen Voraussetzungen?

Drittens. Wer wäre in der Verantwortung, die Finanzierungslücke zu schließen? Oder bleibt das einseitig auf den Minijobbern hängen?

Westhoff: Ich werde jetzt nicht auf den Zug aufspringen und Koalitionsverträge kommentieren oder schon die Umsetzung - -

Zuruf: Das sind ja auch Lernfragen!

Westhoff: Die Lernfrage, die ich jetzt gerade gehört habe, bezog sich darauf, wie das im Moment geregelt ist. Im Moment ist es so geregelt, dass im gewerblichen Bereich der Arbeitgeber pauschal 15 Prozent des Lohnes eines Minijobbers an die Rentenversicherung abführt - es sei denn, der Minijobber verzichtet von sich aus freiwillig darauf. Er kann das selbst - das muss ich berichtigen - noch aufstocken. Er kann nicht darauf verzichten, dass der Arbeitgeber 15 Prozent pauschal abführt, aber er kann selbst noch etwas drauflegen, wenn er möchte. Das kann er aber auch sein lassen; das muss er dann erklären.

Ansonsten ist es so, dass der Arbeitgeber im gewerblichen Bereich 15 Prozent an die Rentenversicherung bezahlt, was dann natürlich nachher entsprechende Rentenansprüche mit sich bringt.

Zusatzfrage: Der zweite Teil der Frage war: Ist es vor diesem Hintergrund rechtlich zulässig, dass schlicht und einfach erklärt wird "Das senken wir jetzt einmal auf ein Drittel"?

Westhoff: Im Moment ist das rechtlich nicht möglich. So, wie ich das verstanden habe - ich lese ja auch den Koalitionsvertrag hier und da mal; ich bin kein Jurist, alles andere als das -, gibt es Bestrebungen, das Recht zu ändern. Es käme dann auf den Willen des Gesetzgebers an, in diesem Fall das Recht zu ändern. Sollte dieses so passieren und möglich sein, dann gibt es eine andere rechtliche Grundlage.

Zusatzfrage: Wäre eine andere rechtliche Grundlage einfach herzustellen?

Steffen: Ehrlich gesagt sehe ich unser Haus in der Frage nicht betroffen.

Zusatz: Schade.

Frage: Auch eine Lernfrage, Herr Westhoff: Gibt es andere Branchen, in denen es bereits ähnliche Regelungen gibt oder ist die Zeitungsbranche eine Ausnahme?

Westhoff: Im gewerblichen Bereich gab es bisher und gibt es auch noch im Minijobbereich die Regel, die für alle gilt. Es wird pauschal 15 Prozent abgeführt.

Zusatzfrage: Das heißt, die Zeitungsbranche wäre die einzige Branche, wo das jetzt so entstehen würde?

Westhoff: So sehe ich das. Wenn es denn so käme, dann wäre es eine Ausnahme von einer Regel.

Zusatzfrage: Es geht um den angenommenen Lehrauftrag von Herrn Gabriel in Bonn. Frau Adebahr, die Universität Bonn meinte, dass es völlig egal ist, ob Herr Gabriel Außenminister bleibt oder nicht. Ist es denn für einen Außenminister überhaupt zeitlich machbar, einen Lehrauftrag an einer Universität für ein halbes Jahr anzunehmen?

Adebahr: Ich glaube, ich habe das hier schon einmal ausgeführt. Herr Gabriel freut sich auf die Zusammenarbeit mit der Universität Bonn. Dabei handelt es sich um eine Reihe von drei Veranstaltungen, wo er mit Studenten über Europa und die Fortentwicklung der Europäischen Union diskutieren wird.

Zusatzfrage: Wird er dafür vergütet?

Adebahr: Nein.

Frage: Herr Kolberg, vielleicht auch Herr Seibert, die EU-Finanzminister haben sich gestern auf einen Kandidaten für das Amt des stellvertretenden EZB-Präsidenten festgelegt. Hat Deutschland das zum Anlass genommen, endlich auch einmal offiziell zu signalisieren, dass man Deutschland nun auch gerne mit der Besetzung des Amtes des EZB-Präsidenten betraut sehen möchte? Falls das gestern nicht passiert ist, vielleicht möchten Sie das heute nachholen.

Herr Seibert, vielleicht ist das ja auch ein Thema, das beim kommenden informellen EU-Gipfel eine Rolle spielen könnte. Wir wissen ja, dass alles mit allem zusammenhängt, wenn es um Personalien in der EU geht.

StS Seibert: Ich habe nicht viel zu sagen: Die Amtszeit von EZB-Präsident Draghi geht bis Herbst 2019. Wir haben jetzt Februar 2018.Es liegt jetzt kein Diskussions- und erst recht kein Entscheidungsbedarf vor.

Vors. Mayntz: Sie geben ein Kopfnicken zu Protokoll, Herr Kolberg.

Zusatzfrage: Darf ich noch einmal nachfragen, Herr Kolberg: Hat denn gestern irgendwo in den Beratungen der Finanzminister eine Rolle gespielt, was bei diesem weit vor uns liegenden Termin passieren soll?

Kolberg: Sie haben ja eben richtig festgestellt: Es geht um die Nachfolge des EZB-Vizepräsidenten. Vítor Constâncio scheidet am 30. Mai mit Ende seiner Amtszeit aus dem EZB-Direktorium aus. Das war gestern, wie Sie wissen, Thema in Brüssel.

Frage: Noch einmal eine Frage an das BMI. Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat den DFB verurteilt, die Polizeikosten für Hochrisikospiele bezahlen zu müssen. Plant das BMI, diese Kosten für die Bundespolizei ebenfalls in Rechnung zu stellen oder tut es das bereits?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. - Wenn ich das richtig sehe, ist nicht der DFB Gegenstand des Verfahrens, sondern die Deutsche Fußball Liga und als solche sozusagen Teil des Rechtstreits.

Die in Rede stehende Frage ist eine Frage, die seit geraumer Zeit insbesondere im Kreis der Innenministerkonferenz diskutiert wird. Bisher ist es so, dass Bremen mit seiner Position hier alleine steht - sowohl was die anderen Bundesländer als auch den Bund betrifft. Jetzt ist es offensichtlich so, dass die DFL als Streitpartei Revision einlegen wird. Das heißt, dieser Rechtsstreit, der sich derzeit auf die beiden streitenden Parteien beschränkt, ist nicht beendet. Wir werden also erstens sehr sorgfältig beobachten, ob und was das OVG seiner Entscheidung als Begründung zugrunde gelegt hat und zweitens, ob und wie weit dieser Rechtsstreit weitergeht - mit einem dann offenen Ausgang. Im Lichte eines dann feststehenden Urteils wird man sich das sicher anschauen müssen.

Es gibt aber natürlich Gründe für die Haltung der anderen Bundesländer und auch des Bundes, die nicht von der Entscheidung abhängig sind, sondern diese Gründe bestehen sozusagen ohnehin fort. Dennoch wird natürlich eine obergerichtliche Rechtsprechung mindestens einmal sorgfältig ausgewertet werden müssen, ob und inwieweit dort Hinweise enthalten sind, die vielleicht unsere bisherige Position infrage stellen.

Frage: Ein anderes Thema. Die EU-Kommission hat Herrn Selmayr als Generalsekretär ernannt. Wird das von der Bundesregierung begrüßt? Sieht man damit auch deutsche Interessen in der EU-Kommission ausreichend vertreten?

Adebahr: Wir haben die heutige Personalentscheidung des Personalpakets der Europäischen Kommission natürlich mit Interesse verfolgt. Aus deutscher Sicht ist es besonders erfreulich, dass mit Martin Selmayr zum ersten Mal ein deutscher Kommissionsbeamter das Amt des Generalsekretärs der EU-Kommission bekleiden wird.

Wir möchten von dieser Stelle aus allen neu ernannten Kommissionsbeamtinnen und -beamten zu ihrer Ernennung gratulieren und wünschen ihnen alles Gute für die Ausführung ihrer wichtigen Aufgaben. - So viel zunächst erst einmal dazu.

Frage: Ich habe eine Lernfrage an Herrn Seibert. Gibt es noch die "Nudging"-Projektgruppe im Kanzleramt? Wenn ja, was macht die aktuell?

StS Seibert: Sie gedulden sich ein bisschen; ich suche die Unterlagen. Das Thema haben wir ja nicht jeden Tag.

Meine Informationen dazu stammen aus dem vergangenen Sommer, weswegen ich das Gefühl habe, ich reiche Ihnen besser eine Antwort nach. Nur damit Sie es einmal gehört haben: Das heißt vielleicht bei Ihnen "nudging", aber nicht im Bundeskanzleramt. Das bedeutet "wirksam regieren".

Zusatz: Entschuldigung!

StS Seibert: Ich sage es ja nur. Das ist ja für die Berichterstattung wichtig, die Sie unzweifelhaft planen.

Frage: Meine Frage schließt sich in gewisser Weise fast an. Herr Seibert, macht sich die Bundeskanzlerin vor allem Gedanken über den Termin einer möglichen Neuwahl, vorausgesetzt, die SPD sagt "Wir wollen"? Dann wäre denkbar, dass man in einer regulären Plenarsitzung die Kanzlerin neu wählt und anschließend die Regierung. Es wäre aber auch ein früherer Sondertermin denkbar. Angesichts der nun schon länger andauernden geschäftsführenden Zeit, wäre der Kanzlerin ein Sondertermin lieber oder sagt sie "Ist mir wurscht. Ich warte bis zur regulären Sitzung"?

StS Seibert: Ich will vorher noch einen Recherchetipp an den Kollegen loswerden: Es gibt eine Internetseite www.bundesregierung.de/wirksam-regieren. Dort finden Sie auch Berichte zu den schon abgeschlossenen Projekten dieser Gruppe. Ich dachte, das wird Sie interessieren.

Das Zweite ist: Über Termine im Parlament und wie das Parlament sich mit Sitzungswochen usw. organisiert, kann die geschäftsführende Bundesregierung oder der Sprecher der geschäftsführenden Bundesregierung hier nicht sprechen. Es ist die Entscheidung des Parlaments, wann es zusammentritt und wann es Wahlen oder Ähnliches anberaumt.

Zusatz: Deswegen hatte ich ja auch danach gefragt, welcher Termin der Kanzlerin lieber wäre.

StS Seibert: Aber so funktioniert es nicht. Das Parlament hat ja Gott sei Dank bei uns eine sehr selbstbewusste Stellung und setzt seine eigenen Termine fest.

Mittwoch, 21. Februar 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 21. Februar 2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/02/2018-02-21-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2018

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