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PRESSEKONFERENZ/1657: Statements von Kanzlerin Merkel und dem albanischen Ministerpräsidenten Rama, 25.04.2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz im Bundeskanzleramt - Mittwoch, 25. April 2018
Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und dem Ministerpräsidenten der Republik Albanien, Edi Rama

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)


BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass heute - und ich kann mit Freude sagen: wieder einmal - der albanische Ministerpräsident in Deutschland ist, und zwar in einer wichtigen Zeit.

Wir haben lange Zeit für die Regierungsbildung gebraucht, aber jetzt können wir wieder richtig arbeiten. Ich darf sagen, dass wir eine sehr enge bilaterale Beziehung haben, für die ich mich bedanke. Der Ministerpräsident war eben im Parlament. Wir werden jetzt unsere Diskussion haben.

Wir haben 2018 nicht nur das 30-jährige Jubiläum der deutsch-albanischen Entwicklungszusammenarbeit - Deutschland ist hierbei nach wie vor sehr engagiert -, sondern wir werden vor allen Dingen auch über die Zukunft der Region sprechen, so auch beim Westbalkan-Gipfel am 17. Mai. Ich denke, wir beide dürfen der bulgarischen Präsidentschaft sehr danken, die sich mit dem Schwerpunkt unglaublich um die eigene Region kümmert, was ja auch dazu geführt hat, dass der Reiseverkehr europäischer Politiker in die Region deutlich zugenommen hat.

Wir werden dann darüber beraten, wie wir in dem Prozess der europäischen Zukunft Albaniens weiter vorgehen. Sie wissen, dass wir davon überzeugt sind, dass alle Staaten des westlichen Balkans eine europäische Perspektive dahingehend haben müssen, dass sie einmal Mitglied der Europäischen Union sein können. Die Kommission hat am 17. April vorgeschlagen, dass die Beitrittsverhandlungen mit Albanien aufgenommen werden können. Wir werden darüber auf dem Europäischen Rat Ende Juni beraten.

Damit Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden können, gibt es eine ganze Reihe von Vorbedingungen. Albanien hat sich schon einiges sehr hart erarbeitet. Es gibt bestimmte Voraussetzungen für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Wir werden uns in den nächsten Wochen unsere abschließende Meinung darüber bilden, ob noch einige Dinge zu erledigen sind, ob es bereits genügend Fortschritt gibt, und das auch mit unseren europäischen Kollegen besprechen.

Das Treffen heute ist für mich sehr wichtig, weil es darum geht, von dem Ministerpräsidenten selbst zu erfahren, wie er die Umsetzung der verschiedenen Voraussetzungen sieht, und wie wir Albanien bei den Reformen gegebenenfalls weiter unterstützen können; denn das haben wir immer getan und wollen das auch wieder tun.

Ich will ausdrücklich sagen, dass Albanien wichtige Reformvorhaben eingeleitet hat und dass durchaus Fortschritte erreicht wurden. Ich denke an die Überprüfung von mehreren hundert Richtern und Staatsanwälten. Darüber hatten wir zum Beispiel bei dem letzten Besuch gesprochen. Damit wird das Rechtssystem in seiner gesamten Integrität und Verlässlichkeit auch gestärkt. Wir wissen, dass jetzt die Überprüfung auch auf die Polizei ausgedehnt werden soll. Ich kann den Ministerpräsidenten nur ermutigen, diesen Weg weiter fortzusetzen.

Es gibt auch andere Bereiche, über die wir sprechen werden, Rechtsstaatlichkeit im Allgemeinen, aber auch Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. Immer, glaube ich, sind wir uns einig: Das ist ja nicht dafür da, dass wir irgendjemandem einen Gefallen tun, sondern das ist letztlich für Albanien und seine Menschen von großer Bedeutung. Daraus entstehen auch Potenziale für wirtschaftliches Wachstum. Daraus entstehen Potenziale für Vertrauen und Verlässlichkeit, für Investoren. Daraus entstehen Zukunftschancen für junge Menschen, die wir vor allen Dingen im Blick haben müssen.

Wir werden nicht nur über Albanien sprechen, sondern sicherlich auch über die Region, über die Situation in Bosnien und Herzegowina, über Kosovo, Serbien und natürlich über die Erwartungen an den Gipfel in Sofia, aber auch an das Treffen im Juli in London, wo der sogenannte Berliner Prozess ja fortgesetzt wird. Ich glaube, wir haben schon einiges, gerade in der Kooperation der Region, erreicht, wenn ich an das Jugendwerk denke, wenn ich an den Digitalgipfel denke, den es jetzt gegeben hat, den der Ministerpräsident vorgeschlagen hatte.

Alles in allem werden wir also ein freundschaftliches Gespräch haben. Deutschland will unterstützen. Deutschland will hilfreich sein, damit wir auch wirklich die Fortschritte sehen können, die wir brauchen, um im Juni eine Entscheidung treffen zu können.

Noch einmal herzlich willkommen!

MP Rama: Ich bedanke mich herzlich, liebe Angela. Es ist immer ein sehr wichtiger Augenblick für Albanien und erfüllt mich mit Emotion, wenn ich hierherkomme und Sie treffe. Ich möchte der Bundeskanzlerin gratulieren, dass sie die Wahlen gewonnen hat und ihr dafür danken, dass sie den ganzen Westbalkan auf dem Weg der europäischen Integration unterstützt und in diesem Rahmen auch Albanien. Dank ihrer Vision und Integrationskraft hat der Berliner Prozess die Region umgewandelt. Wir haben Fortschritte und vorher nicht geglaubte Punkte erreicht.

Als wir uns 2014 getroffen haben, haben wir auch darüber gesprochen, dass wir eine grundlegende Rechtsreform vornehmen wollen. Ein Jahr später habe ich gegenüber der Bundeskanzlerin in Tirana die Bitte geäußert, dass der Prozess der Neubewertung der Richter unterstützt wird. Heute bin ich stolz darauf, hier sagen zu können, dass ich auch dank der Unterstützung Deutschlands hierherkommen konnte, nachdem Albanien eine tiefgehende Reform im Rechts- und Justizbereich durchgeführt hat, die als eine solche von der Europäischen Kommission bewertet wird und die als Modell für alle anderen Länder des Westbalkans angesehen wird.

Gleichzeitig gibt es ermutigende Ergebnisse, was die Umsetzung dieses "Vetting Law" angeht. Damit wir auch in dieser ersten Phase unsere Hausaufgaben erfolgreich machen, gibt es eine Empfehlung der Europäischen Kommission ohne Vorbedingungen, dass wir weitermachen dürfen. Ich hoffe sehr, im Juni die Unterstützung Deutschlands und der Bundeskanzlerin zu haben. Uns ist sehr klar, dass das nicht das Ende ist. Das ist das Ende einer Phase und die Eröffnung einer anderen Phase. Dort erwarten uns viele Reformen, viele Herausforderungen und viele Opfer, damit wir eines Tages verdientermaßen Mitglied der Europäischen Union werden.

Ich bin hierhergekommen, um der Bundeskanzlerin meine Überzeugung zu vermitteln, dass Albanien in Erwartung der Eröffnung der Beitrittsverhandlungen keine Zeit verlieren soll, weil Albanien das verdient hat. Indem Albanien Teil der Gruppe wird, die verhandelt, kommen wir in eine Phase, in der uns viele Aufgaben erwarten, damit wir neue Energie für alle Albaner in einem Prozess schöpfen können, mit dem die Albaner sich verbunden fühlen. Albanien ist ein Land, in dem es Moslems gibt, in dem es Christen gibt. Die meisten sagen, dass sie Moslems sind. Es ist ein Land, in dem sowohl Moslems als auch Christen - egal, ob sie aus Nord- oder Südalbanien kommen - dieselbe Religion haben. Und diese Religion ist Europa.

BK'in Merkel: Danke schön!

Mittwoch, 25. April 2018

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Quelle:
Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und dem
Ministerpräsidenten der Republik Albanien, Edi Rama, 25.04.2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/04/2018-statement-merkel-rama.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2018

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