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PRESSEKONFERENZ/1666: Regierungspressekonferenz vom 15. Mai 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Dienstag, 15. Mai 2018
Regierungspressekonferenz vom 15. Mai 2018

Themen: Kabinettsitzung (Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes, Bericht der Bundesregierung zum Stand des Bürokratieabbaus und zur besseren Rechtsetzung für das Jahr 2017, Einsetzung der Kommission "Verlässlicher Generationenvertrag"), Parlamentswahlen im Irak, Festnahme eines Journalisten von RIA Novosti in Kiew, gewaltsame Proteste in Gaza, Reise der Bundeskanzlerin nach Sotschi, Erdgaspipeline Nord Stream 2, Bundeswehrtagung, Brief der ehemaligen kommissarischen Leiterin der BAMF-Außenstelle in Bremen an den Bundesinnenminister, Reise des Bundeswirtschaftsministers nach Kiew, Musterpolizeigesetz, Rundflug des damaligen Bundesjustizministers in Israel und möglicherweise über von Israel besetzte Gebiete, Kandidatur Deutschlands für einen nicht ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, Verweigerung der Einreise des deutschen Journalisten Hans-Joachim Seppelt anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland, Jemen-Krieg, gemeinsamer Auftritt der beiden Fußballnationalspieler Özil und Gündogan mit dem türkischen Präsidenten, in der Türkei inhaftierte deutsche Staatsangehörige, völkerrechtliche Bewertung der türkischen Militäroffensive auf Afrin, Warnung des Bundeskriminalamtes vor Betrugsanrufen angeblicher Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes

Sprecher: StS Seibert, Adebahr (AA), Flosdorff (BMVg), Fehling (BMF), Neymanns (BMI), Jornitz (BMWi), Westhoff (BMAS)


Vorsitzende Maier eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Ein kurzer Bericht aus dem Kabinett für Sie:

Das erste Thema, über das ich sprechen möchte, ist der Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes, vorgelegt vom Bundesverkehrsminister. Was heißt das übersetzt? Das heißt, dass die Lkw-Mautsätze zum 1. Januar 2019 angehoben werden und dass sie damit an die Ergebnisse des neuen Wegekosten-Gutachtens angepasst werden.

Zum Wegekosten-Gutachten vielleicht nur noch diese Erklärung: Die Wegekosten-Richtlinie sieht ja vor, dass die Höhe der Lkw-Maut an den Kosten für Bau, Instandsetzung und Betrieb des Verkehrswegenetzes, um das es dabei geht, ausgerichtet wird. Deswegen werden in regelmäßigen Abständen wissenschaftlich fundiert sogenannte Wegekosten-Gutachten erstellt. Das neue deckt nun den Zeitraum 2018 bis 2022 ab, und danach richten sich nun also die Lkw-Mautsätze, die zum 1. Januar 2019 angehoben werden.

Zusätzlich wird jetzt nach Gewichtsklassen und nicht mehr nur nach Achsen differenziert.

Es werden auch die Kosten der Lärmbelastung durch die Lkw als Faktoren bei der Bestimmung und Festlegung der Maut eingeführt.

Es wird eine Mautbefreiung für Elektro-Lkw geben. So sieht es der Gesetzentwurf mit dem Ziel vor, den Umstieg auf Elektro-Lkw zu unterstützen.

Im Übrigen - das wussten Sie vielleicht schon - wird die Maut zum 1. Juli 2018 auf alle Bundesstraßen ausgeweitet.

Summa summarum führt das dann dazu, dass das Bundesverkehrsministerium für den Zeitraum 2019 bis 2022 mit Mehreinnahmen aus der Maut in Höhe von rund 4,2 Milliarden Euro rechnet, die zweckgebunden in die Straßeninfrastruktur zurückfließen.

Dann hat sich das Kabinett mit dem jährlich vorzulegenden Bericht zum Stand des Bürokratieabbaus und zur besseren Rechtsetzung befasst. In diesem Fall geht es um den Bericht für das Jahr 2017. Es ist der zehnte Bericht. Er liegt in einer detaillierten Pressemitteilung vor und ist es wert, nachgelesen zu werden.

Vielleicht nur einige wenige Punkte: Es ist natürlich das Ziel der Bundesregierung, bürokratische Belastungen für Unternehmen in Deutschland systematisch herunterzufahren und zu reduzieren. Wir haben 2015 die sogenannte Bürokratiebremse eingeführt und haben damit bei nationalen Vorhaben auch ein deutliches Umdenken erreicht, was die Folgekosten von gesetzlichen Regelungen betrifft. Von 2015 bis 2017 hat die Bürokratiebremse zu einer Entlastung der Wirtschaft um insgesamt 1,9 Milliarden Euro an jährlichem Aufwand beigetragen; insoweit ein großer Erfolg. Wir wissen aber auch, und auch das zeigt dieser Jahresbericht, dass wir die Folgekosten von europäischen Vorgaben stärker in den Blick nehmen müssen. Insofern zeichnet der Bericht ein differenziertes Bild. Er zeigt aber auch die Ansatzpunkte für den weiteren Abbau von Bürokratie, dem wir uns widmen wollen.

Am Schluss hat der Minister für Arbeit und Soziales im Kabinett über die Kommission "Verlässlicher Generationenvertrag" berichtet. Das Kabinett hat den entsprechenden Beschluss gefasst, diese Kommission einzusetzen. Unsere Aufgabe ist es, die Alterssicherung auch in Zukunft leistungsfähig und tragfähig zu gestalten. Das System der Alterssicherung steht vor großen Herausforderungen. Das sind zunächst einmal demografische Herausforderungen; denn ab 2020 werden die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- und 1960er-Jahre in Rente gehen. Gleichzeitig steigt erfreulicherweise die Lebenserwartung jedes Einzelnen weiter an. Der digitale Wandel verändert die Welt der Arbeit. Das sind alles Entwicklungen, die langfristige Auswirkungen auf die Grundlage der Alterssicherung haben.

Die Kommission "Verlässlicher Generationenvertrag" wird sich deshalb damit beschäftigen, das System der Alterssicherung ab dem Jahre 2025 nachhaltig zu sichern und fortzuentwickeln. Wir wollen soziale Sicherheit für alle Generationen, zukünftig verlässlich ausgestaltet. Dazu gehören dann auch Fragen nach einer Mindestabsicherung und auch Fragen nach dem Zusammenspiel mit der Grundsicherung im Alter. Die Kommission soll ihren Bericht bis zum 31. März 2020 vorlegen. Er wird natürlich auch veröffentlicht werden.

Zu dieser Kommission kann ich Ihnen noch berichten: Sie ist unabhängig. Sie wird von zwei Vorsitzenden geleitet, und sie hat acht weitere Mitglieder: zwei Vertreter der Sozialpartner, drei Vertreter der Politik und drei Vertreter der Wissenschaft. Außerdem werden an den Sitzungen die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie ein Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, also der zuständige Staatssekretär, teilnehmen. Bundesminister Heil hat die Mitglieder bereits Anfang dieses Monats vorgestellt. Unterstützt wird die Kommission von einem Staatssekretärsausschuss, geleitet vom zuständigen Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. - So viel erst einmal aus dem Kabinett.

Adebahr: Ich möchte im Namen der Bundesregierung begrüßen, dass am Samstag im Irak die Parlamentswahlen stattgefunden haben. Aus unserer Sicht ist das eine wichtige Etappe für den Irak auf seinem Weg der weiteren Stabilisierung und Demokratisierung. Wir möchten angesichts des Ablaufes, den die Wahlen genommen haben, hervorheben und auch würdigen, dass sie geordnet und friedlich abgelaufen sind, und zwar in allen Teilen des Landes, was eine gute Entwicklung ist. Sie sind friedlich und geordnet abgelaufen sowohl in der Region Kurdistan-Irak als auch in Gebieten, die zum Beispiel vor Kurzem noch unter der Herrschaft des IS standen, wie in Mossul, und gleichermaßen auch in allen Teilen des Landes, soweit unsere bisherigen Erkenntnisse reichen. Aus unserer Sicht kann das dazu beigetragen haben, dass die Einheit des Landes durch diese Wahlen gestärkt wurde. Wir sehen es als einen Erfolg für jede Irakerin und jeden Iraker, die beziehungsweise der von dem Wahlrecht am Wochenende Gebrauch gemacht hat, auf dem Weg in eine friedliche und sichere Zukunft in einem einheitlichen irakischen Staat.

Frage: Der irakische Geistliche Muktada al-Sadr scheint ja bei den Wahlen vorn zu liegen. Wie schätzen Sie seine politische Plattform ein? Er ist ja in der Vergangenheit nicht gerade prowestlich eingestellt gewesen.

Adebahr: Uns liegen noch keine abschließenden Wahlergebnisse vor, die werden noch ausgezählt. Heute von hier aus würde ich gerne nur so weit gehen, zu sagen, dass wir die irakischen Bürgerinnen und Bürger dazu beglückwünschen, dass sie diese Wahl unternommen haben. Jetzt gilt es aus unserer Sicht, die weiteren Entwicklungen erst einmal abzuwarten. Der nächste Schritt ist jetzt, dass das neue irakische Parlament eine Regierung bildet - und man muss dann sehen, wer dort drin ist - und im Übrigen auch einen neuen Staatspräsidenten und einen neuen Parlamentspräsidenten wählt. Dies wird dann ein Gesamttableau in einer neuen Regierung ergeben, und in Koalitionsverhandlungen, an denen sicherlich unterschiedliche politische Kräfte beteiligt sind, wird sich dieser weitere Regierungsbildungsprozess vollziehen. Deshalb gebe ich heute hier an dieser Stelle noch keinen vertieften Ausblick oder Kommentar darauf, vielmehr warten wir das jetzt erst einmal ab.

Frage: Frau Adebahr, heute Morgen ist in Kiew der Journalist Kirill Wyschinski der Nachrichtenagentur RIA Novosti Ukraine festgenommen worden. Das geschah auf der Straße, und danach wurden die Büros von RIA Novosti Ukraine durchsucht. Die Durchsuchung ist beendet, aber wir wissen nicht, was dort gesucht wurde und was die Behörden wollen. Wissen Sie von diesem Fall? Möchten Sie sich darüber informieren lassen?

Adebahr: Es tut mir leid, ich persönlich habe seit heute Morgen von diesem Fall noch nichts gehört. Ich denke, wir haben hier grundsätzlich oft genug die Bedeutung von Meinungs- und Pressefreiheit betont, und ich denke schon, dass unsere Botschaft und auch das Auswärtige Amt interessiert daran sind, solche Vorfälle und auch diesen Vorfall zur Kenntnis zu haben und zu wissen, was dort passiert ist.

Zusatzfrage: Ich weiß, dass wir gestern schon darüber gesprochen haben, aber ich möchte Sie bitten, noch einmal Ihre Position zur Frage der Pressefreiheit und Arbeit der Journalisten im Ausland vorzutragen.

Adebahr: Wir haben ja gestern nicht im Zusammenhang mit der Ukraine darüber gesprochen. Ich glaube, grundsätzlich gilt für die Bundesregierung, dass wir uns weltweit, in jedem Land, für Presse- und Meinungsfreiheit einsetzen und dass wir dafür sind, dass Bürgerrechte gewährleistet sind, dass es weltweit eine freie Berichterstattung einer unabhängigen Presse zu allen Themen und über alle Themen geben kann und dass die Presse und die Journalisten diese Arbeit frei von Einmischung und eben ganz unabhängig wahrnehmen können. Das ist, glaube ich, in allen Ländern ein grundsätzliches Ziel, das diese Bundesregierung verfolgt.

Frage: Ich möchte zum Thema Gazastreifen kommen. Herr Seibert, was sagt denn die Kanzlerin zu den vielen Toten gestern? Es gab 58 Tote und über 2700 Verletzte im Gazastreifen; viele Beobachter sprechen von einem Massaker der israelischen Armee. Wie bewertet das Frau Merkel? War das heute eigentlich ein Thema im Bundeskabinett?

StS Seibert: Ich kann Ihnen für die Bundeskanzlerin und für die Bundesregierung dazu Folgendes sagen: Was da geschehen ist, die schrecklichen Geschehnisse am Grenzzaun zwischen Israel und dem Gazastreifen, besorgt uns sehr. Es ist entsetzlich, dass so viele Menschen ihr Leben verloren haben, unter ihnen auch Minderjährige. Klar ist: Jeder hat das Recht auf friedlichen Protest. Aber ganz genauso klar ist, dass dieses Recht auf friedlichen Protest nicht missbraucht werden darf, um Gewalt anzustacheln - und die Hamas legt es auf eine Eskalation der Gewalt an. Das ist zynisch. Die israelische Regierung hat das Recht und sie hat die Pflicht, sowohl die Sicherheit ihrer Bürger als auch die Sicherheit ihrer Grenzen zu schützen. Dabei muss aber Verhältnismäßigkeit eingehalten werden, und das gilt insbesondere für den Einsatz von scharfer Munition. Wir sind besorgt, dass es in dieser jetzt sehr aufgeheizten Situation zu weiteren Eskalationen kommen könnte und rufen daher alle Parteien auf, zu einer Deeskalation der Lage beizutragen.

Zusatzfrage: Mich wundert, dass Sie das gestrige Vorgehen der israelischen Armee nicht scharf verurteilen, wie viele Alliierte Deutschlands das tun. Warum tun Sie das nicht? Ich höre da jetzt nur "Sorge" heraus.

Habe ich das richtig verstanden, dass einige der Toten und Verletzten selbst schuld sind, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Proteste wahrgenommen haben? Können Sie das einmal erläutern?

StS Seibert: Ich würde Sie bitten, wirklich sehr genau hinzuhören, was ich gesagt habe - ich kann mich nicht erinnern, von "selbst schuld" gesprochen zu haben. Ich habe gesagt, dass es ein Recht auf friedlichen Protest gibt; das gibt es nach unserer festen Überzeugung für jeden und überall in der Welt. Dieses Recht darf aber nicht missbraucht werden, und die Hamas legt es nach unserer Überzeugung genau auf die Eskalation der Gewalt an, die leider auch gestern wieder erlebt wurde, und das ist zynisch. Ich kann meine Erklärung jetzt nur noch einmal wiederholen. Ich denke, wenn Sie genau hinhören beziehungsweise wenn Sie sie genau nachlesen, dann werden Sie wissen, wie sie gemeint ist.

Zusatzfrage: Es gibt keine scharfe Verurteilung seitens der Bundesregierung?

StS Seibert: Ich habe mich so geäußert.

Frage: Macron hat sich letzte Nacht ja auch geäußert, und er hat genau diese Wortwahl gehabt: Er verurteilt die Gewalt der israelischen Streitkräfte gegen die Demonstranten. Angesichts der Wichtigkeit und Bedeutung der deutsch-französischen Zusammenarbeit in Europa: Warum kann die Bundesregierung eine solche Verurteilung nicht in ähnlicher Schärfe zum Ausdruck bringen?

StS Seibert: Wir stehen als Bundesregierung in sehr engem Kontakt mit den französischen Freunden, gerade auch was die Politik im Nahen Osten, im Mittleren Osten und mögliche Lösungswege betrifft. Ich habe mich hier für die Bundeskanzlerin und für die Bundesregierung geäußert.

Zusatzfrage: Macron wird - ich glaube, heute noch - mit Netanjahu sprechen; er hat gestern schon mit König Abdul und mit Abbas gesprochen. Werden ähnliche Initiativen - das sind ja auch Aktionen, die zum Ausdruck bringen, wie groß die Besorgnis ist - auch vonseiten der Regierungsspitze, vonseiten der Bundeskanzlerin in Angriff genommen werden?

StS Seibert: Wie immer hören Sie von uns von Telefonaten, wenn sie stattgefunden haben.

Zusatzfrage: Es ist also im Moment nichts geplant?

StS Seibert: Auch das habe ich nicht gesagt. Sie hören davon, wir berichten über Telefonate, die stattgefunden haben.

Frage: Südafrika hat wegen der Proteste unter anderem seinen Botschafter zurückbeordert. Frau Adebahr, gab es irgendeine diplomatische Aktion seitens des Auswärtigen Amtes? Wurde der israelische Botschafter eventuell wegen der Gewaltexzesse gestern einbestellt?

Herr Seibert, die USA haben gestern eine gemeinsame Erklärung des UN-Sicherheitsrats blockiert, in der unter anderem festgestellt wurde:

"Der Sicherheitsrat drückt seine Empörung und sein Bedauern über die Tötung palästinensischer Zivilisten aus, die ihr Recht auf friedlichen Protest ausübten."

Wie gesagt, die USA haben diese Erklärung verhindert. Unter anderem wurde darin auch eine unabhängige Untersuchung der gestrigen Todesschüsse gefordert. Wie bewerten Sie die Blockade der USA?

Adebahr: Für das Auswärtige Amt kann ich sagen: Wir sind auf verschiedenen Ebenen über unsere Botschaften schon seit Längerem im Gespräch auch mit den israelischen Partnern; das habe ich hier auch schon gesagt. Diese Gespräche gehen fort, und die Position, die das Auswärtige Amt auch gestern in seiner Sprechererklärung noch einmal deutlich gemacht hat, ist den israelischen Partnern wohlbekannt. Über mehr kann ich hier im Moment nicht berichten.

StS Seibert: Ich kann für die Bundesregierung nur sagen, dass auch nach unserer Auffassung eine unabhängige Untersuchungskommission die geschehene Gewalt und die blutigen Zusammenstöße im Grenzraum aufklären könnte.

Zusatzfrage: Das ist neu, Herr Seibert, denn sonst haben Sie immer gesagt, dass die israelische Armee das aufklären solle. Woher kommt jetzt der Sinneswandel, dass es eine unabhängige Untersuchung geben soll? Das ist ja interessant.

StS Seibert: Ihre Wertung meiner Sätze ist Ihnen vollkommen überlassen. Ich habe die Auffassung der Bundesregierung zu diesem Thema zum Ausdruck gebracht.

Frage: Vielleicht kann Frau Adebahr von diplomatischer Seite noch ein bisschen erläutern, in welchem Format sich die Bundesregierung für eine unabhängige Untersuchung einsetzt? Im Sicherheitsrat geht es ja nicht weiter. Soll es jetzt im Menschenrechtsrat weitergehen, oder wo genau soll das jetzt durchgesetzt werden?

Adebahr: Der Sicherheitsrat tagt heute um 18 Uhr Ortszeit, glaube ich, noch einmal, und da gehen die Beratungen weiter. Es gibt jetzt diese Gespräche. Wir sind im Moment nicht Mitglied des Sicherheitsrats, insofern kann ich die dortigen Gespräche von hier jetzt nicht kommentieren. Ich glaube, wir haben den israelischen Partnern in den letzten Tagen klar gemacht, wie wir den Konflikt dort sehen.

Zusatzfrage: Setzt sich die Bundesregierung für eine Sondersitzung des Menschenrechtsrats zu den Geschehnissen in Gaza ein?

Adebahr: Davon kann ich Ihnen hier im Moment nicht berichten. Wie gesagt, das sind Gespräche, die angesichts der gestrigen Ereignisse jetzt erst in New York und womöglich in Genf geführt werden.

Frage: Frau Adebahr, in der Sprechererklärung heißt es, dass der Einsatz scharfer Munition seitens der israelischen Armee nur dann legitim sei, wenn zuvor andere, mildere Mittel der Abwehr gescheitert seien. Die israelische Armee argumentiert ja nun genauso. In früheren Erklärungen des Auswärtigen Amtes an dieser Stelle hatte Ihr damaliger Sprecherkollege noch gesagt, der Einsatz scharfer Munition gegen Demonstranten sei grundsätzlich abzulehnen. Das ist jetzt eine Relativierung oder Verschärfung beziehungsweise - je nachdem - Abmilderung der Position. Worauf basiert die?

Zweitens. Haben Sie konkrete aktuelle Zahlen über Opfer, Getötete, Erschossene?

Adebahr: Die Interpretation unserer Erklärung überlasse ich Ihnen. Ich glaube, was dieser Satz deutlich machen wollte und was wir hier im Laufe der letzten Wochen auch schon immer deutlich gemacht haben, ist, dass es um das Prinzip der Verhältnismäßigkeit geht, das man wahren muss. Auf der einen Seite hat man eben das Recht auf einen friedlichen Protest, und auf der anderen Seite hat Israel das Recht, den Zaun zu schützen, muss dabei aber verhältnismäßig und in einer Art und Weise, die der Situation gerecht wird, vorgehen. Auch das sollte dieser Satz in der Erklärung gestern, glaube ich, zum Ausdruck bringen.

Die Zahlen, die uns vorliegen, sind: 59 Tote, darunter auch Kinder, und 2700 Verletzte.

Frage: Frau Adebahr, Sie hatten gestern, glaube ich, zum allerersten Mal - das habe ich noch nie von der Bundesregierung gehört - das Wort "Nakba" in den Raum gebracht. Was versteht die Bundesregierung darunter?

Adebahr: Ich habe damit einfach den Namen eines Feiertages oder eines Tages, der in der arabischen Welt begangen wird, beschrieben. Ich wollte keinerlei Wertung oder sonstige Interpretation in diesen Begriff gelegt wissen und möchte ihn hier auch nicht weiter mit einer Ausdeutung versehen. Es war der Name dieses Tages.

Frage: Herr Seibert, vielleicht habe ich das übersehen, aber gibt es inzwischen einen Zeitplan oder ein Programm für die Reise der Bundeskanzlerin zu Herrn Putin nach Sotschi?

StS Seibert: Ja, aber ich habe es gerade nicht dabei. Ich glaube, ich bin ein bisschen durcheinandergekommen, weil wir uns heute unüblicherweise am Dienstag treffen, und ich war irgendwie geistig auf Mittwoch vorbereitet. Ich schaue mal, ob meine Kollegen mir im Laufe dieser Pressekonferenz ein bisschen nachliefern können.

Zusatzfrage: In der Zwischenzeit würde ich gerne eine zweite Frage an Sie stellen. Ich weiß, dass gestern - ich habe das Protokoll aufmerksam gelesen - hier im Saal sehr viel über die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland geredet wurde, ein Thema des Besuches, das Sie angekündigt haben, habe ich aber vermisst, und zwar das Thema Nord Stream 2. Ich weiß, dass Herr Altmaier in diesem Gasstreit im Moment zwischen Kiew und Moskau zu vermitteln versucht. Was denkt die Bundeskanzlerin in dieser Sache? Der Gastransit über die Ukraine steht ja nicht zur Disposition, es geht vielmehr um die Mengen des Gases und über die Vertragsverlässlichkeit von Gazprom, an der Kiew zweifelt. Wie stellt sich die Kanzlerin die Lösung dieses Problems vor?

StS Seibert: Das Thema Nord Stream 2 haben wir hier, ehrlich gesagt, nun schon sehr oft besprochen. Jetzt ist gerade der Wirtschaftsminister - unter anderem gerade auch wegen dieser Fragen - in Kiew und Moskau. Ich schlage vor, dass wir ihn seine Reise dorthin erst einmal beenden lassen.

Wir haben immer gesagt: Wir brauchen Klarheit darüber, wie es mit der ukrainischen Gastransitrolle nach 2019 weitergeht. Es ist in unserem deutschen Interesse und im europäischen Interesse, dass die Ukraine als Transitland für Gas weiterhin eine Rolle spielt. Das hat die Bundeskanzlerin im Übrigen ja auch dem russischen Präsidenten mitgeteilt. Wir begrüßen ausdrücklich, dass EU-Vizepräsident Sefcovic mit Russland und der Ukraine darüber im Gespräch ist und nach Lösungen sucht. Natürlich wird es am Ende - aber am Ende sind wir noch nicht - auch um das Volumen des Gastransits gehen; natürlich macht es einen Unterschied, wie viele Milliarden Kubikmeter das sind. Ich kann hier aber keine Zielzahl nennen. Wir sind der Meinung, dass es in den Gesprächen gelöst werden muss, und wir hoffen, dass das Stück für Stück vorankommen kann. Das ist ein wichtiger politischer Aspekt dieses wirtschaftlichen Projektes Nord Stream 2.

Zusatzfrage: Könnten Sie sich vielleicht noch ganz kurz zur Transitrolle der Ukraine äußern? Wie soll diese Rolle aussehen? Soll die Ukraine eine Schlüsselrolle im Transit des russischen Gases nach Europa spielen oder soll es eher eine Nebenrolle spielen?

StS Seibert: Damit wollen Sie mich natürlich auf irgendeine Größenordnung festlegen, und das werde ich jetzt nicht tun. Wir sagen: Die Ukraine muss weiterhin eine Rolle beim Gastransit spielen können. Dabei ist auch wichtig, dass die Ukraine bei der Reform ihres Gastransitsystems vorankommt und dass sie die geeigneten infrastrukturellen Rahmenbedingungen schafft, damit das auch ein langfristiger Gastransit sein kann. Bei alledem werden wir mit allen Betroffenen im engen Austausch sein.

Es ist wichtig, dass Naftogaz auf der ukrainischen Seite und Gazprom auf der russischen Seite konstruktiv miteinander sprechen. Genau das versucht ja auch Kommissionsvizepräsident Sefcovic mit seinen Bemühungen zu fördern: die Suche nach einer tragfähigen und langfristigen Lösung.

Frage: Ich würde gerne nach den beiden Reden gestern vor der Bundeswehrtagung fragen.

Zum einen weiß ich zwar, dass das gesprochene Wort gilt, Herr Flosdorff, ich will nur sichergehen: Ich meine, es hätte da eine Differenz zwischen Manuskript und O-Ton Ministerin gegeben, was das 1,5-Prozent-Ziel angeht. Sie hat 2025 erwähnt, im Manuskript steht 2024.

Was heißt es, wenn die Bundesregierung das Ziel 1,5 Prozent beim Nato-Gipfel in Brüssel anzeigt? Ist das damit verbindlich?

Flosdorff: Vorweg: Es gilt 2025, so wie es gesagt worden ist - wie es drüberstand: Es gilt das gesprochene Wort.

Was hat es mit den Nato-Planungen auf sich? Alle Nato-Mitglieder, unabhängig von der jeweiligen Ausgangslage und ihren Quoten zum BIP, melden in diesem Frühjahr ihre jeweiligen Aufwuchspläne nach Brüssel. Auch Deutschland muss jetzt sagen, was es bis Mitte des nächsten Jahrzehnts an Investitionen zur gemeinsamen Sicherheit umsetzen will, was es kann und will.

Deutschland meldet jetzt 1,5 Prozent bis Mitte des nächsten Jahrzehnts an die Nato. Warum sind es gerade 1,5 Prozent? Auch das möchte ich Ihnen gerne erläutern: Die Bundeswehr kommt aus einem 25-jährigen Schrumpfungsprozess. Am Tiefpunkt - das war das Jahr 2015 - hatte Deutschland 1,1 Prozent des BIP für Verteidigung ausgegeben und eingesetzt. Die Investitionen sind seitdem wieder gestiegen, und auch die Planungsprozesse sind jetzt wieder auf Wachstum ausgerichtet worden - immer mit dem Ziel vor Augen, die umfangreichen Lücken bei der Ausrüstung, bei Ersatzteilen, bei Munition, aber auch beim Personal, die wir aus der langen Zeit haben, aufzufüllen und auch wichtige neue Fähigkeiten wie zum Beispiel Cyber für die Bundeswehr zu entwickeln und Schritt für Schritt aufzubauen. Im Jahr 2019 - so sehen das die aktuellen Haushaltseckpunkte vor - werden wir voraussichtlich die Marke von 1,3 Prozent erreichen. 1,5 Prozent an einem prognostiziert bis 2025 steigenden BIP sind in der Höhe für die Bundeswehr und für diesen Zeitraum aus unserer Sicht eine sehr angemessene Größenordnung; sie ist ambitioniert und sie ist auch in der praktischen Umsetzung erreichbar - "angemessen", weil bei uns in den 25 Jahren gewaltige Lücken entstanden, die aufgefüllt werden müssen; "ambitioniert", weil das einen Aufwuchs in die Region von rund 60 Milliarden Euro bedeutet, die wir bis zum Jahr 2025 in moderne Ausstattung umsetzen müssen; "in der praktischen Umsetzung erreichbar", wenn wir auch das, was wir im Koalitionsvertrag an Beschleunigungsprozessen für das Rüstungswesen geplant haben, auch umsetzen.

Zusatzfrage: Da ich nach der Verbindlichkeit gefragt habe: Herr Seibert, die Bundeskanzlerin hat ja unmittelbar vor der Ministerin gesprochen und diese Ziele nicht so konkret benannt. Fühlt sie sich diesem 1,5-Prozent-Ziel bis 2025 verpflichtet?

An das Bundesfinanzministerium: Ist dieses Ziel in Absprache mit dem Bundesfinanzminister formuliert worden?

Flosdorff: Vielleicht ergänze ich an dieser Stelle noch einmal, weil ich jetzt merke, worauf Sie hinauswollen: Diese Planungsziffer brauchen wir, weil wir bei uns in der Bundeswehr sehr langfristige Planungsprozesse haben. Sie sind ja auch vom Fach, Sie wissen gut Bescheid: Die großen Projekte, auch die multinationalen Projekte, haben Planungsstände von fünf, zehn, 15 und mehr Jahren, bis sie geplant, bis sie entwickelt werden, bis sie ausgerollt werden, auch in Abstimmung mit anderen. Das braucht eine große Verlässlichkeit, das braucht eine Planungssicherheit, und das ist für uns mit einer kurzfristigen Ein-, Zwei- oder Dreijahresvoraussicht schwer umsetzbar.

Dass wir dieses Planungsziel jetzt der Nato melden, erspart uns nicht die jährlichen Haushaltsverhandlungen, die wir innerhalb der Bundesregierung zu führen haben. Selbstverständlich wird das Jahr für Jahr in den Verhandlungen, die wir innerhalb der Regierung führen, untermauert werden müssen.

StS Seibert: Die Antwort, die ich Ihnen geben kann, ist ein ganz klares Ja. Ich denke, die Rede der Bundeskanzlerin hat das gestern auch sehr klar gemacht.

Fehling: Ich kann noch ergänzen, dass sich der Minister heute in seiner Haushaltsrede auch zu diesen Fragen geäußert hat. Dem habe ich von hier aus jetzt auch nichts weiter hinzuzufügen.

Frage: An das Innenministerium: Herr Neymanns, es geht um das Thema BAMF in Bremen. Die ehemalige kommissarische Leiterin hat ja einen Brief an den Minister geschrieben und hat die Missstände geschildert und um ein persönliches Gespräch gebeten. Wie wird der Minister darauf reagieren? Ist er bereit zu einem persönlichen Gespräch?

Neymanns: Auf diese Frage kann man, ehrlich gesagt, nur angemessen antworten. Das Schreiben ist ja erst vor Kurzem eingegangen. Es liegt dem Minister jetzt vor und er wird entsprechend - aber sicherlich auch direkt gegenüber der ehemaligen Leiterin - reagieren.

Zusatzfrage: Sie will auch im März schon über Missstände berichtet haben, auch an das Innenministerium. Haben Sie das zur Kenntnis genommen? Wie wird der Minister darauf reagieren?

Neymanns: Die ganzen Vorgänge in Bremen werden ja intensiv untersucht. Frühere Hinweise, die dazu eingegangen sind, liegen ja schon ein, zwei Jahre zurück. Es sind disziplinarrechtliche Maßnahmen ergriffen worden. Der Minister hat klar angekündigt, dass er die Vorgänge strukturell untersucht haben möchte und hat deswegen den Bundesrechnungshof gebeten, seine Prüfung um diese Aspekte zu erweitern. Sie wissen, dass die Innenrevision des BAMF auch dabei ist, die ganzen Vorgänge zu untersuchen. Man wird sich sicherlich auch überlegen müssen, ob man mit allen Hinweisen, die über die Jahre eingegangen sind, angemessen umgegangen ist.

In der Tat hat sich die zwischenzeitliche Leiterin der Außenstelle auch an das BMI gewandt. Darauf folgte ein Telefonat vom Parlamentarischen Staatssekretär, und sie hat ihre Punkte dann auch noch einmal schriftlich an den Staatssekretär geschickt.

Flosdorff: Der Regierungssprecher hat mich dankenswerterweise darauf aufmerksam gemacht, dass zum Thema Bundeswehrtagung noch ein Detail fehlte. Sie fragten nach Abstimmungsprozessen und Gesprächen innerhalb der Bundesregierung. Zu dieser beabsichtigten Meldung dieser Planungsgröße von 1,5 Prozent an die Nato hat es Gespräche in der Regierung gegeben. Noch einmal, damit hier kein Missverständnis entsteht: Dieses genannte Planungsziel nimmt nicht die Jahr für Jahr neu stattfindenden Haushaltsverhandlungen innerhalb der Regierung vorweg.

Frage: Noch einmal zum Thema der BAMF-Leiterin in Bremen: Da gab es ja eine Versetzung von Bremen nach Bayern. Herr Neymanns, beim letzten Mal, als das hier Thema war, sagte Ihre Kollegin, diese Versetzung sei auch vorgenommen worden, um die damalige Amtsinhaberin zu schützen, und sie hat das mit der Begründung verbunden, dass es keine Anhaltspunkte dafür gäbe, dass ihre Vorwürfe in dem selbst verfassten oder selbst initiierten Bericht an das BMI und die BAMF-Zentrale sachlich gerechtfertigt seien. Nachdem nun bekannt ist, dass auch andere Außenstellenleiter massive Vorwürfe sowohl im Hinblick auf Bremen als auch nach Nürnberg geschickt haben: Können Sie noch daran festhalten, dass es keine sachlichen Hinweise darauf gebe, dass an den Vorwürfen der - untechnisch gesagt - Verschleppung, Unterdrückung, Nichtkenntnisnahme der Vorfälle in Bremen nichts dran gewesen sei?

Neymanns: Ich kann sagen: Die Beamtin war ja nur für eine Übergangszeit von Deggendorf nach Bremen abgeordnet worden. Aus Fürsorgegründen - und im Beamtenverhältnis hat der Dienstherr nun einmal Fürsorgepflicht - ist diese Abordnung beendet worden und sie ist jetzt wieder in Deggendorf tätig. Die Hinweise, die sie verschiedentlich gegeben hat - in dem Schreiben, das jetzt neu eingegangen ist, aber auch in dem Schreiben, das an den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Mayer gegangen ist -, werden selbstverständlich in die Aufklärung einbezogen. Nur, weil zum Teil der Eindruck entstanden ist, dass die Rückversetzung dieser Beamtin nach Deggendorf zu irgendeiner Verschleierung oder so etwas führen sollte: Dem ist mitnichten so. Die Fälle werden intensiv untersucht und die Hinweise werden selbstverständlich BAMF-intern aufgenommen und gegebenenfalls durch die Innenrevision oder auch durch die Staatsanwaltschaft weiter bearbeitet. Ich glaube, da muss man entschieden dem Verdacht entgegentreten, dass irgendwie etwas verdeckt werden sollte. Der Minister hat in seiner Stellungnahme mit Bezug auf den Bundesrechnungshof ja sehr klar und sehr deutlich ausge sprochen, dass er eine schnelle Aufklärung der Vorfälle wünscht, und zwar auch mit Blick auf die Frage - das hatte ich gerade schon gesagt : Wann ist mit welchen Hinweisen wie verantwortlich umgegangen worden?

Zusatzfrage: Damit ich es richtig verstehe: Sie gehen auch Hinweisen nach, dass möglicherweise in der Nürnberger Zentrale früher eingegangenen Hinweisen über Missstände in Bremen nicht verantwortlich nachgegangen wurde?

Neymanns: Selbstverständlich muss geschaut werden, wann wo Hinweise eingegangen sind. Gehen wir einmal einen halben Schritt zurück: Es gab ja im letzten Jahr schon Disziplinarverfahren, weil die Vorwürfe beziehungsweise die Hinweise, die damals bekannt waren, für ein Disziplinarverfahren reichten. Die haben sich dann später verdichtet, sodass sich eben die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat. Insofern: Klar wird geprüft, welche Hinweise wir hatten, wie sie verarbeitet worden sind und ob sie angemessen gewürdigt worden sind.

Frage: Wann genau wurde der Minister denn nun tatsächlich über die Vorfälle in Bremen informiert? Bisher war vom 19. April die Rede; es gab jetzt aber anderslautende Berichte.

In dem Schreiben von Frau Schmid an das BMI ist davon die Rede, dass laut Medienberichten auch Terrorverdächtigen beziehungsweise einem Syrer, der vom Verfassungsschutz beobachtet worden sei, Asyl gewährt wurde. Können Sie das bestätigen?

Neymanns: Ich habe die Berichte auch zur Kenntnis genommen. Die Prüfung läuft ja noch, und selbstverständlich werden alle in Frage kommenden Fälle, die man zu überprüfen hat, auch auf Terrorverdacht hin geprüft - also auf die "Gefährderliste". Einzelfälle kann ich hier aber nicht kommentieren.

Der Stand hat sich nach meiner Kenntnis nicht geändert: Am 19. April hat der Minister aufgrund der polizeilichen Untersuchungen, die durchgeführt wurden, davon erfahren, und er hat dann am 20. April aufgrund Berichterstattung etc. detailliertere Informationen erhalten.

Vorsitzende Maier: Dann hat Herr Seibert noch einen Nachtrag zur Reise nach Sotschi.

StS Seibert: Noch nicht mit der ganz präzisen Auskunft, die der Kollege gerne hätte. Wir werden das nachreichen, sobald das wirklich final ist. Ich kann Ihnen sagen: Es ist ein Arbeitsbesuch, der am Nachmittag - Ortszeit - in Sotschi stattfinden wird und der sich im Wesentlichen um Gespräche der Bundeskanzlerin mit Staatspräsident Putin in verschiedenen Formaten - vom kleinen Kreis bis zu etwas größerer Delegation - drehen wird und bei dem auch eine gemeinsame Pressekonferenz vorgesehen ist.

Zusatzfrage: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

StS Seibert: Nein, das ist ja der Teil, den ich dann noch nachreiche - Nachmittag.

Zusatzfrage: An das Bundeswirtschaftsministerium: Erwarten Sie Ihren Minister heute schon zurück, oder wird er auf dem Rückweg von Moskau vielleicht noch einen Zwischenstopp in Kiew einlegen?

Jornitz: Vielen Dank für die Frage. Ich kann tatsächlich bestätigen, dass der Minister heute in Kiew noch Präsident Poroschenko zu Gesprächen treffen wird.

Frage: An das Arbeitsministerium: Die große Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag ja vorgenommen, die Integration von Langzeitarbeitslosen zu verbessern und dazu ein neues Regelinstrument "Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle" aufzulegen. Was ist da der Stand der Dinge? Ist ein Gesetzentwurf schon in Arbeit? Wann ist damit zu rechnen?

Westhoff: Wir arbeiten daran. Da sind eine Menge Vorarbeiten nötig. Ein Gesetzentwurf besteht da im Moment noch nicht. Ich kann Ihnen jetzt auch nicht genau sagen, ob wir Richtung Sommer dann schon einen Gesetzentwurf oder Eckpunkte vorlegen. Jedenfalls ist das ein prioritäres Vorhaben bei uns im Haus; der Minister hat auch diverse Male deutlich gemacht, dass es ihm ein großes Anliegen ist, dass sich diese sehr eng umgrenzte Gruppe von rund 150 Menschen, die schon ganz lange ohne Arbeit sind und die auch verschiedene Hindernisse bei der Eingliederung in Arbeit haben, wieder an einen geregelten Tagesablauf gewöhnen kann. Allerdings ist das kein einfaches Unterfangen, denn zum einen sollen ja spezifisch Menschen gefördert werden, die es wirklich nötig haben und bei denen anderweitig keine Chancen auf Vermittlung in den Arbeitsmarkt bestehen, und zum anderen darf auch keine reguläre Arbeit verdrängt werden. Dazu müssen die Strukturen in den Jobcentern geschaffen werden und die müssen sich darauf vorbereiten - es geht ja auch darum, diese Menschen zu coachen, also langfristig mit Beratung zu begleiten. Wir haben gerade heute wieder eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vorgelegt bekommen, in der noch einmal deutlich wird, wie wichtig es ist, dass die Arbeitgeber auch merken, was die können, dass Verlässlichkeit gezeigt werden kann und dass in der Frage, wie offen die Arbeitgeber für die Einstellung und auch Weiterbeschäftigung solcher Leute sind, Konstanz eine Rolle spielt.

Kurzum: Das ist ein komplexes Unterfangen, das ist nicht mal irgendwie schnell gemacht, und deshalb arbeiten wir intensiv auf verschiedenen Ebenen - auch mit der Bundesagentur für Arbeit - daran. Ich würde jetzt einmal sagen: Bis zum Sommer gibt es auf jeden Fall Prägnanteres dazu, also einen Gesetzentwurf, Eckpunkte oder Ähnliches.

Zusatzfrage: Eine kurze Nachfrage zu dem Projekt, die Regeln für das Schonvermögen zu überarbeiten: Wird auch daran schon gearbeitet?

Westhoff: Welche Berichte meinen Sie?

Zusatz: Das ist auch aus dem Koalitionsvertrag. Die Regelungen für das Schonvermögen von Sozialhilfeempfängern und Empfängern von Grundsicherung sollen überarbeitet werden.

Westhoff: Wir reden jetzt also nicht über die Grundsicherung für Erwerbsfähige, sondern über Grundsicherung im Alter. Auch dazu kann ich nur darauf verweisen, dass wir im Amt jetzt seit insgesamt fünf, sechs Wochen "auf großer Fahrt" sind. Daran wird sicherlich überall gearbeitet. Ich kann Ihnen auch dazu aber jetzt noch nichts Spezifisches berichten. Ja, das steht auf der Tagesordnung, aber ich muss Sie leider noch ein wenig vertrösten.

Frage: Der Bayerische Landtag verabschiedet heute aller Voraussicht nach das neue Polizeiaufgabengesetz. Ich wüsste gern, inwiefern dieses als Blaupause für ein Musterpolizeigesetz dienen wird.

Neymanns: Vielen Dank für die Frage. Das Musterpolizeigesetz wird zusammen mit den Ländern erarbeitet. Ich kann versuchen, zu erfragen, inwieweit es auch in Arbeitsgruppen der Innenministerkonferenz Thema sein wird.

Die Erfahrungen der einzelnen Bundesländer werden zusammengebracht, und daraus wird dann das Musterpolizeigesetz erarbeitet. Zu dem PAG in Bayern kann und möchte ich hier nicht detailliert Stellung nehmen.

Frage: Kurz zurück nach Israel. Der damalige Justizminister hat vor einem Jahr Israel besucht und dabei einen Rundflug mit seiner israelischen Kollegin gemacht. Damals berichteten deutsche Medien, dass der Flug entgegen deutschen Wünschen auch über besetzte Gebiete führte. Das wurde von deutscher Seite, meine ich, nie bestätigt. Besteht inzwischen beim Auswärtigen Amt, wo der Minister ja jetzt ist, Klarheit darüber, ob der Flug über besetzte Gebiete führte? Wenn ja, gab es eine Reaktion gegenüber den Israelis?

Adebahr: Dazu gab es, meine ich, auch eine Anfrage aus dem parlamentarischen Raum, die, weil es sich um eine Reise des damaligen Justizministers handelte, vom Justizministerium beantwortet wurde. - Ich weiß nicht, ob Ihnen der Text der Antwort im Moment vorliegt.

Krüger: Der Text der Antwort auf die parlamentarische Anfrage liegt mir jetzt nicht vor. Ich kann mich aber insoweit daran erinnern, dass die Antwort dahingehend lautete, dass wir selbstverständlich davon ausgehen und ausgingen, dass die Grüne Linie beachtet wird.

Zusatzfrage: Ich habe die Antwort gelesen. Sie enthält keine Bestätigung, ob die Bundesregierung weiß, wo dieser Hubschrauber flog.

Krüger: Ich habe dazu das gesagt, was ich von hier aus dazu sagen kann.

Frage: Ich habe eine Frage an den Regierungssprecher und an das Auswärtige Amt zum Thema eines nicht ständigen deutschen Sitzes im UN-Sicherheitsrat. Herr Seibert, die Kanzlerin hat gestern auf der Bundeswehrtagung gesagt, Deutschland habe recht gute Chancen auf einen solchen nicht ständigen Sitz. Fußt das auf einem Meinungsbild, das Sie mittlerweile bei anderen UN-Mitgliedern eingeholt haben? Sind Sie also nach dem Rückzug Israels relativ sicher, dass Deutschland diesen Sitz bekommt?

Frau Adebahr, Sie hatten gestern UN-Botschafter zu Gast im Auswärtigen Amt. War der Hauptgrund, diese Mitglieder einzuladen, der, ein bisschen Werbung zu machen? Herr Heusgen ist auch in Berlin. Wie ist der Stand?

StS Seibert: Ich denke, dass Frau Adebahr das wirklich besser beantworten kann. Ich möchte hier keine Chanceneinschätzung geben. Wir werden uns sehr bemühen, möglichst viele Mitgliedsstaaten davon zu überzeugen, dass wir diesen Sitz gut nutzen würden, dass wir ein Land und eine Regierung sind, die mit Engagement und mit großem Einsatz die Ziele der Uno teilen und voranzubringen versuchen. Ich denke, alles Weitere am besten vom Auswärtigen Amt.

Adebahr: Ja, genau so ist es. Wir werben bis zur letzten Minute und arbeiten für unsere Kandidatur. Die Wahl findet am 8. Juni statt, wie Sie vielleicht schon wissen.

Wir tun das auch deshalb, weil wir die Partner und die anderen Mitgliedsstaaten über die Themen informieren wollen, mit denen wir für einen nicht ständigen Sitz antreten. Das sind zum Beispiel die großen Themen Klimawandel und Sicherheit: Wie sieht der Nexus zwischen beidem aus; wie hängt das zusammen? Das sind Prävention und Friedenssicherung. Wir haben einen ganzen Katalog von Themen, aber diese zwei wollte ich herausgreifen. Darüber reden wir mit verschiedenen Partnern auf verschiedenen Ebenen. Unsere Staatssekretäre sind auf Reisen gewesen und stellen das vor. Der Außenminister war zweimal in New York. Wir haben die UN-Botschafter im Gespräch im Auswärtigen Amt. Wir sprechen natürlich auf ganz verschiedenen Ebenen mit vielen Partnern darüber und erläutern, warum wir uns auf diesen Sitz bewerben, warum wir wie alle acht Jahre dort Verantwortung übernehmen wollen und was der Inhalt unserer Kandidatur ist. Denn am Ende braucht man eine Zweidrittelmehrheit. Wir arbeiten daran bis zum Tag der Wahl.

Zusatzfrage: Frau Adebahr, schwingt das Thema eines ständigen Sitzes im UN-Sicherheitsrat im Rahmen einer Reform eigentlich immer noch mit? Wird das von Deutschland aktiv weiterbetrieben, oder ist das Thema im Moment tot?

Adebahr: Im Moment konzentrieren wir uns auf den nicht ständigen Sitz, den wir alle acht Jahre anstreben. Es gilt, wie wir immer gesagt haben, dass wir sehen - das ist auch eine Rückmeldung, die wir aus anderen Weltgegenden bekommen -, dass der Sicherheitsrat natürlich reformbedürftig ist. Herr Guterres hat in seinen gesamten Bemühungen für die UN eine große Reformagenda angestoßen, die wir insgesamt unterstützen. Im Moment und in den nächsten Wochen kämpfen wir um unseren nicht ständigen Sitz am 8. Juni.

Frage: Herr Seibert, Sie haben gerade die UN-Charta angesprochen. Glauben Sie, dass die deutsche Unterstützung völkerrechtswidriger Angriffe beziehungsweise die Duldung völkerrechtswidriger Drohneneinsätze via Deutschland die Chancen Deutschlands für diese Kandidatur erhöhen?

StS Seibert: Ich denke, die allermeisten UN-Mitgliedsstaaten wissen, dass wir ganz uneingeschränkt für den Multilateralismus und für das Völkerrecht stehen.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert, zu unserem Kollegen Hajo Seppelt: Wird die Bundeskanzlerin zur WM nach Russland reisen, auch wenn Hajo Seppelt kein Visum bekommen sollte?

StS Seibert: Wir hatten dieses Thema ja schon gestern. Ich habe für die Bundesregierung gesagt, dass wir die Entscheidung, das Visum Hajo Seppelts für ungültig zu erklären, für falsch halten, dass wir - ich kann das, was ich gestern gesagt habe, nur wiederholen - die russische Regierung auffordern, diese Entscheidung zu revidieren, und dass wir ganz besonders auch die FIFA in der Verantwortung sehen, sich dafür einzusetzen. Denn es ist schwer vorstellbar, dass bei einem Weltsportereignis dieses Ranges vor den Augen aller die freie Berichterstattung der Presse in dieser Weise ausgehebelt wird. Deswegen ist das für uns ein Thema. Es sollte ganz besonders auch ein Thema für die FIFA sein.

Zusatzfrage: Wird das auch Thema in Sotschi sein?

StS Seibert: Ich kann den Gesprächen von Sotschi hier nicht vorgreifen. Aber Frau Adebahr hat gestern ja bereits gesagt, dass das Auswärtige Amt Gespräche dazu geführt hat. Ich weiß nicht, ob Sie, Frau Adebahr, das noch einmal aufgreifen wollen. Aber etwas Neues dazu hat es in den letzten 24 Stunden sicherlich nicht gegeben.

Adebahr: Nein. Die Gespräche gehen fort, und jetzt wollen wir schauen, wann es eine Lösung dafür gibt.

Frage: Herr Seibert, Sie haben eben das Wortpaar "schwer vorstellbar" verwendet. Ist es auch schwer vorstellbar, dass deutsche Regierungsrepräsentanten unter den Bedingungen einer fortdauernden Nichtakkreditierung Hajo Seppelts nach Sotschi fliegen würden?

StS Seibert: Sie haben diese Frage in mehreren Variationen gestern schon gestellt. Über mögliche Reisen deutscher Regierungsmitgliede nach Russland zur Fußball-WM wird zum gegebenen Zeitpunkt entschieden. Jetzt sind wir ganz klar in unserer Haltung zum Fall Seppelt. Wir sind davon überzeugt, dass es notwendig ist, dass er von dort wie alle anderen Journalisten frei berichten kann. Dafür setzen wir uns ein. Dafür muss sich insbesondere auch die FIFA, die der Veranstalter ist, einsetzen.

Zusatz: Ich muss das im Protokoll nachlesen. Ich wüsste gar nicht, dass ich die Frage gestern in mehreren Variationen gestellt habe. Vielleicht ist mein Gedächtnis zu schwach.

Frage: Ich möchte zum Thema des Jemen-Krieges kommen. Herr Seibert, gilt der Satz im Koalitionsvertrag: "Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind" noch?

StS Seibert: Der Koalitionsvertrag gilt.

Zusatzfrage: Gut. Wer ist denn von diesem Exportstopp betroffen?

StS Seibert: Dazu hat sich das Auswärtige Amt immer wieder auf Ihre Anfragen hin und, meine ich, auch auf die Anfragen aus dem parlamentarischen Raum hin geäußert. Wir haben heute in dieser Regierungspressekonferenz keinen neuen Stand.

Zusatzfrage: Was ist denn der Stand, Frau Adebahr?

Adebahr: Den können Sie, denke ich, nachlesen. Wir haben auch hier oft darüber gesprochen.

Zusatzfrage: Selbst die parlamentarischen Anfragen beantworten Sie ja nicht oder nur unzureichend. Darum ja die Frage: Wer sind die Beteiligten am Jemen-Krieg, die mittelbaren und die unmittelbaren?

Adebahr: Wir beantworten parlamentarische Anfragen so, wie wir sie beantworten, wie es in diesem Moment in unserem Vermögen ist und wie wir es für richtig halten.

Zusatzfrage: Aber jetzt habe ich die Frage gestellt. Bitte, können Sie uns die Beteiligten am Jemen-Krieg nennen?

Adebahr: Ich kann Sie auf die parlamentarischen Antworten verweisen.

Zuruf: Da steht nichts drin!

Adebahr: Und ich kann Sie darauf verweisen, was zu diesem Thema von dieser Bank verschiedentlich gesagt wurde.

Zuruf: Auch nichts!

Adebahr: Es gibt keinen neuen Stand.

Zusatzfrage: Wann können wir damit rechnen, dass Sie uns die Liste geben? Sie wollten das vor zwei Monaten laut Herrn Maas im Bundestag prüfen.

Adebahr: Wie gesagt, wir haben heute keinen neuen Stand.

Frage: Weil die Bundeskanzlerin das Thema in Assisi angesprochen und gesagt hat, dass sie sich die Thematik von Rheinmetall und der Fabrik in Sardinien einmal anschauen wolle, möchte ich fragen, was das heißt. Beauftragt sie jetzt jemanden, der das für sie recherchiert, oder hat sie das schon getan? Hat sie einen Bericht in Auftrag gegeben? Was heißt es, sich das einmal anzuschauen?

StS Seibert: Wenn die Bundeskanzlerin solch eine Aussage macht, dann ist das keine leere Aussage, sondern dann wird sie Sachverhaltsaufklärung betreiben.

Zusatzfrage: Da sie ja nicht unbedingt nach Assisi zurückgeht, ist meine Frage: In welchem Rahmen wird die Bundeskanzlerin zukünftig über ihre Erkenntnisse sprechen?

StS Seibert: Sie hat in Assisi die Frage eines jungen Diskussionsteilnehmers beantwortet. Es war ja eine öffentliche Veranstaltung, keineswegs nur auf Assisi beschränkt. Sie wird jetzt so, wie sie gesagt hat, Sachverhaltsaufklärung betreiben. Das alles fließt natürlich in unsere Politik ein.

Frage: Frau Adebahr, in der Antwort oder Nichtantwort auf die parlamentarische Anfrage hieß es, dass die Bundesregierung keine Erkenntnisse darüber habe, ob die USA, Frankreich oder Großbritannien Akteure im Jemen-Krieg seien. Gilt nach wie vor, dass die Bundesregierung keine Erkenntnisse darüber hat, ob die USA, Frankreich oder Großbritannien Akteure im Jemen-Krieg sind?

Wenn es bei diesem Nichtwissen oder zumindest bei dieser Behauptung bleibt, wie verträgt sich das damit, dass Herr Schäfer seinerzeit hier, so meine ich, noch bestätigt hat, dass im Jemen-Krieg Drohnenangriffe seitens der USA geflogen wurden?

Adebahr: Ich interpretiere die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage heute von hier aus nicht. Ich müsste auch den Gesamtkontext sehen. Aber die Beantwortung ist so erfolgt, wie sie erfolgt ist.

Zusatz: Ich habe den Wortlaut zitiert. Mehrere Fragen wurden summarisch in dem einen Satz beantwortet, die Bundesregierung habe keine eigenen Erkenntnisse.

Adebahr: Dann ist das eine Antwort der Bundesregierung. Ich pflücke sie heute hier nicht auseinander und stelle sie auch nicht infrage.

Zur Frage des Jemen-Krieges haben wir hier wirklich verschiedentlich gesprochen. Es gibt heute eben einfach keinen neuen Stand, den wir Ihnen mitteilen könnten. Die Beratungen gehen fort. Insofern haben wir heute nicht Neues für Sie mitgebracht.

Frage: Herr Seibert, wie bewertet die Bundeskanzlerin den gemeinsamen Auftritt der beiden Fußballnationalspieler Özil und Gündogan mit Herrn Erdogan?

StS Seibert: Darüber ist in den letzten 24 Stunden viel diskutiert worden, und zwar zu Recht, weil man die Spieler, die als Nationalspieler natürlich auch Vorbildfunktion haben, in einer Situation sah, die Fragen aufwarf und die auch zu Missverständnissen einlud. Deswegen ist es gut, dass Ilkay Gündogan eine Erklärung abgegeben hat, in der er für sich und für Mesut Özil klarmacht, wie sie ihre Rolle als DFB-Nationalspieler sehen und wie sie zu den Werten stehen, die damit verbunden sind. Ich bin sicher, dass der DFB das Thema mit seinen Spielern noch einmal besprechen wird.

Zusatzfrage: Wertet die Kanzlerin das als versteckte Wahlkampfhilfe? War das für sie ein politisches Signal?

StS Seibert: Ich möchte meiner Erklärung hier jetzt nichts hinzufügen, verweise aber auch auf die Erklärung von Ilkay Gündogan.

Frage: Frau Adebahr, was machen die deutschen Gefangenen in der Türkei? Haben Sie einen neuen Stand? Wie viele sind es aktuell? Gibt es jemanden, dem kein konsularischer Zugang gewährt wird?

Adebahr: Das müsste ich Ihnen in der Tat nachreichen. Mein letzter Stand ist nicht ganz aktuell. Ich reiche das nach.

Zusatzfrage: Haben Sie eine völkerrechtliche Bewertung des türkischen Angriffs auf Afrin mitgebracht?

Adebahr: Nein.

Vorsitzende Maier: Dann sind wir soweit durch, aber Sie wollten noch einmal das Wort.

Adebahr: Vielen Dank. Ich nehme noch einmal das Wort. Wir sind mit den politischen Fragen durch.

Ich möchte Sie für das Auswärtige Amt heute über einen Sachverhalt informieren, der auch schon Gegenstand einer Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes vom 27. April war, die den Titel trug: "Unternehmen aufgepasst: wieder neue Masche beim CEO-Betrug - BKA warnt vor Anrufen angeblicher Mitarbeiter des Auswärtigen Amts".

Worum geht es? - Der Sachverhalt ist folgender: In den letzten Wochen haben unbekannte Personen mehrfach und wiederholt bei deutschen Unternehmen angerufen oder per E-Mail Kontakt mit deutschen Unternehmen aufgenommen. Sie behaupten am Telefon oder in der E-Mail, es gebe eine Entführung deutscher Staatsangehöriger etwa in Mali - dieses Land wurde genannt -, und das Auswärtige Amt wende sich nun an das Unternehmen, um private Gelder und Spenden einzusammeln, mit denen man die Entführten freikaufen wolle.

In einem wiederkehrenden Muster erfolgt zumeist ein Anruf. Danach wird eine E-Mail hinterhergesandt, in der um ein vertrauliches Telefonat in dieser Sache gebeten wird. Diese E-Mail gibt vor, von einem angeblichen Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes und in diesem Falle entweder aus dem Büro des Staatsministers Annen oder, neuerdings, vom persönlichen Assistenten des Staatssekretärs Michaelis zu kommen. Durch die Verwendung einer konstruierten E-Mail-Adresse, die aber das Kürzel des Auswärtigen Amtes enthält, wird ein sehr offizieller Charakter in dieser E-Mail hergestellt.

Wir haben uns deshalb in Abstimmung mit dem Bundeskriminalamt und der Staatsanwaltschaft Berlin, die in dieser Sache bereits ermitteln, dazu entschlossen, diese Vorgänge heute öffentlich zu machen. Warum? - Weil die fingierten E-Mails im Namen des Staatsministers und des Staatssekretärs abgesendet und in ihrem Namen die Anbahnungsversuche gemacht werden, im Namen der Personen, die im Auswärtigen Amt für das Krisenreaktionszentrum und für die Krisenreaktion zuständig sind. Sie sind deshalb auch geeignet - so empfinden wir es -, bei den betroffenen Unternehmen womöglich einen Handlungsdruck zu erzeugen und zu suggerieren, dass der Absender authentisch sei.

Wie Sie wissen, ist die Betreuung von Deutschen im Ausland, die in Notfälle geraten oder gar Opfer einer Entführung werden, für das Auswärtige Amt ein Kernbereich unserer Prioritäten und eine Aufgabe, der wir größte Bedeutung beimessen und Priorität einräumen. Das Krisenreaktionszentrum der Bundesregierung, angesiedelt im Auswärtigen Amt, bearbeitet derartige Fälle mit Hochdruck. Manche gelangen an die Öffentlichkeit, andere werden im Hintergrund gelöst.

Aber ich möchte für das Auswärtige Amt klarstellen - auch weil das mit der E-Mail und den Anbahnungsversuchen suggeriert wurde -, dass das Auswärtige Amt niemals Kontakt zu privaten Unternehmen sucht, um Gelder für angebliche Entführungsfälle einzuwerben.

Ich möchte mich an dieser Stelle selbstverständlich einer rechtlichen Bewertung enthalten. Die Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes stellt fest, dass es sich in diesen Fällen immer um einen Betrugsversuch handelt, und rät den betroffenen Unternehmen, bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle Anzeige zu erstatten. Wir als Auswärtiges Amt hoffen, dass wir durch diese Öffentlichmachung vielleicht einen kleinen Beitrag dazu leisten können, dass dieses Vorgehen eingedämmt wird und nicht noch mehr Unternehmer davon betroffen werden. - Vielen Dank.

Frage: Können Sie irgendwelche Spuren zurückverfolgen und sagen, von wo diese Betrugsmanöver lanciert wurden? Geht das von deutschem Boden aus, oder kommt das aus dem Ausland?

Adebahr: Ich kann zu den konkreten Ermittlungsverfahren, die, wie gesagt, beim Bundeskriminalamt und bei der Staatsanwaltschaft Berlin laufen, von hier aus nichts sagen.

Frage: Können Sie etwas zur Zahl der Betrugsversuche sagen, auch wenn Sie keine genaue Zahl haben? Sind das eher wenige, gezielte Versuche, oder wird eher spammäßig und ganz massenhaft versucht, zu betrügen?

Adebahr: Wir beobachten das Vorgehen seit mehreren Wochen. Uns sind mehrere Fälle bekannt geworden. Aber wir müssen davon ausgehen, dass es eine Dunkelziffer von Unternehmen gibt, die sich womöglich gar nicht an eine Polizeidienststelle - was uns auch nicht unbedingt bekannt geworden sein muss - gewandt und das schlicht ignoriert haben.

Frage: Ist Ihnen bekannt, ob irgendwelche Unternehmer auf diesen Trick hereingefallen sind?

Adebahr: Auch dazu gibt es von mir an dieser Stelle keinen Kommentar.

Zusatz: Sie wissen es, möchten es aber nicht sagen.

Frage: Ich habe im "Stern" gerade gelesen, dass Hajo Seppelt doch ein Visum für Russland bekommen hat. Als Quelle werden informierte Kreise in Berlin angegeben. Die russische Botschaft bestätigt das nicht. Haben Sie jetzt Informationen?

Adebahr: Ich habe eine allererste Nachricht über eine Lösung dieses Vorgangs auf meinem Handy gesehen. Wir haben uns entschieden, das genau zu verifizieren und nachzuprüfen und uns auch anzuschauen, wie dieses Visum, wenn es denn vorliegt, gestaltet ist und welche genaue Ausgestaltung die Lösung dieses Vorgangs hat. Deshalb habe ich hier noch keine Bewertung einer möglichen Lösung des Falles abgegeben.

Dienstag, 15. Mai 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 15. Mai 2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/05/2018-05-15-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Mai 2018

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