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PRESSEKONFERENZ/1854: Regierungspressekonferenz vom 8. Mai 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 8. Mai 2019
Regierungspressekonferenz vom 8. Mai 2019

Themen: Kabinettssitzung (Beteiligung deutscher Streitkräfte an der Mission UNIFIL, Gesetzentwurf zur Stärkung des Wohngeldes, Bericht zur Evaluierung des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung), Lage in Syrien, Nuklearabkommen mit dem Iran, Telefonat des Bundesaußenministers mit dem US-Außenminister, Ausbildungsmission deutscher Kampfschwimmer in Niger, gemeinsame Erklärung mehrerer EU-Staaten zur Klimapolitik, Fall Asia Bibi, Kommission "30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit", Unterbrechung des Sendesignals der Deutschen Welle in Venezuela, Annullierung der jüngsten Oberbürgermeisterwahl in Istanbul, Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, anstehende Steuerschätzung

Sprecher: StS Seibert, Burger (AA), Fähnrich (BMVg), Schmidt (BMI), Jäger (BMAS), Baron (BMF)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Einen schönen guten Tag auch von mir!

Das Kabinett hat sich zunächst mit dem Auslandseinsatz deutscher Streitkräfte bei UNIFIL befasst - das ist die United Nations Interim Force in Lebanon, ein Auslandseinsatz, an dem sich die Bundeswehr schon seit mehreren Jahren beteiligt. Dieses Mandat soll bis zum 30. Juni 2020 verlängert werden, und es können unverändert bis zu 300 deutsche Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden. Die aktuelle Stärke liegt deutlich darunter.

Warum wird das Mandat verlängert? - Weil die politische Lage in der Region angespannt bleibt und weil es mit Blick auf diese angespannte Lage eben weiterhin gilt, den Libanon und andere Nachbarstaaten Syriens langfristig zu stabilisieren. Dazu leisten die Vereinten Nationen, nicht zuletzt UNIFIL, einen wichtigen Beitrag. An dieser Stabilität der Region hat natürlich auch Deutschland ein eigenes strategisches Interesse.

Die libanesische Regierung kann die Sicherung der eigenen Grenzen als hoheitliche Aufgabe nicht alleine wahrnehmen. Ihre Armee durch UNIFIL-Kräfte zu entlasten, bleibt daher ein wichtiges Element zur Sicherung der Stabilität des Libanons. Es kommt vor allem darauf an, die libanesische Marine in die Lage zu versetzen, die Seegrenzen langfristig selbstständig überwachen zu können. Das internationale, das deutsche Engagement hat in den letzten Jahren schon dazu beigetragen, dass sich die Fähigkeiten der libanesischen Marine spürbar verbessert haben.

Unser deutsches Engagement besteht weiterhin aus Seeraumüberwachung mit einer Korvette, aus der Abstellung von Personal für das Hauptquartier von UNIFIL und aus Tätigkeiten im Bereich der Ausbildung der libanesischen Marine.

Soweit dieses Mandat, das natürlich durch den Bundestag noch bestätigt werden muss.

Das zweite Thema, mit dem sich das Kabinett befasst hat, ist der Gesetzentwurf zur Stärkung des Wohngeldes. Damit werden wir Vereinbarungen des Koalitionsvertrages umsetzen, in dem - ich darf das ausnahmsweise zitieren - die Absicht steht: "Wir wollen eine Anpassung des Wohngeldes an die jeweiligen allgemeinen und individuellen Lebensbedingungen vornehmen." Genau das soll jetzt geschehen. Wie Sie wissen, hatten wir auf dem Wohngipfel im letzten September mit Bund und Ländern vereinbart, eine Wohngeldreform zum 1. Januar 2020 durchzuführen. Diese Reform soll erhöhte Leistungen im Wohngeld bringen, sie soll dafür sorgen, dass mehr Menschen vom Wohngeld erreicht werden, und sie soll ab 2022 dann das Wohngeld dynamisieren, sodass es dann also regelmäßig fortgeschrieben wird.

In konkreten Zahlen: Von dieser Reform werden etwa 660 000 Haushalte profitieren, darunter 180 000 Haushalte, die dann erstmals oder wieder einen Anspruch auf Wohngeld bekommen, und 25 000 Haushalte, die bisher auf Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe angewiesen waren und durch die Reform nun in den Wohngeldbezug wechseln.

Der Minister hat dazu heute, glaube ich, der Presse bereits berichtet; deswegen werde ich dazu hier jetzt keine weiteren Details vortragen und zum dritten Punkt kommen: Dem Bericht zur Evaluierung des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung, dem sogenannten E-Government-Gesetz, das 2013 schrittweise in Kraft getreten ist. Heute berichten wir dem Bundestag, wie wir verpflichtet sind, über die bisher erzielten Wirkungen. Dieses E-Government-Gesetz war und ist ein Impuls für die öffentliche Verwaltung, ihre Dienstleistungen für den Bürger zu digitalisieren. Das E-Government-Gesetz schafft dafür auch den Rechtsrahmen, und der gilt übergreifend - Bund, Länder, Kommunen - überall dort, wo Bundesrecht ausgeführt wird.

Die Evaluation zeigt: Es gibt eine positive Anstoßwirkung, aber man kann jetzt nicht sagen, dass eine flächendeckende Digitalisierung der Verwaltung schon erfolgt sei. Insofern haben wir parallel dazu noch einen anderen Prozess aufgesetzt: Wir haben das sogenannte Onlinezugangsgesetz gemacht, in dem sich Bund und Länder verpflichten, bis spätestens Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch elektronisch anzubieten. Es wächst also der Handlungsdruck auf die Verwaltung, mehr und mehr ihre Abläufe zu digitalisieren.

Das war es erst einmal.

Vorsitzender Feldhoff: Vielen Dank. - Dann gibt es noch ein Statement des Auswärtigen Amtes zum Thema Syrien.

Burger: Vielen Dank. - Der Anstieg der Gewalt in Nordwestsyrien und Idlib seit Ende April ist äußerst besorgniserregend. Wir verurteilen die schweren Luftangriffe auf humanitäre Infrastruktur wie auf teilweise von uns unterstützte Gesundheitseinrichtungen und Zentren des Syrischen Zivilschutzes, die wir im Zuge der derzeitigen Offensive des Regimes und seiner Verbündeten sehen. Dabei sollen einmal mehr die berüchtigten Fassbomben des Regimes zum Einsatz gekommen sein.

Es ist klar, dass die Präsenz und die Angriffe der terroristischen Gruppe HTS die Lage seit Anfang des Jahres schwieriger gemacht hat. Entscheidend bleibt jedoch, dass jegliches militärische Vorgehen im Rahmen der Regeln des humanitären Völkerrechts stattfinden muss, vor allen Dingen, dass Zivilisten geschützt sind. Auch ein Vorgehen gegen HTS kann keine Rechtfertigung für unterschiedslose Angriffe auf zivile Infrastruktur und die Zivilbevölkerung sein und darf keiner flächendeckenden Regimeoffensive Vorschub leisten.

Alle Seiten sind aufgefordert, eine weitere Eskalation zu verhindern. Besondere Verantwortung kommt hier Russland und der Türkei zu, die sich unter anderem im Sotschi-Abkommen aus dem September letzten Jahres darauf verständigt haben, den Einfluss radikaler Kräfte zurückzudrängen, um eine militärische Auseinandersetzung, der wieder vor allem Zivilisten zum Opfer fallen würden, zu verhindern.

Die Folgen für die Zivilbevölkerung sind umso schlimmer, da die medizinische Versorgung in Idlib bereits vor der aktuellen Eskalation nur unter schwierigsten Voraussetzungen überhaupt noch möglich war. Wir versuchen, unter schwierigen Umständen unsere Unterstützung fortzusetzen, beispielsweise durch die Förderung eines Frühwarnsystems vor Luftangriffen zum Schutz der Zivilbevölkerung und vor allem im Gesundheitsbereich. Allerdings wurde auch ein vom Auswärtigen Amt im Rahmen der humanitären Hilfe unterstütztes Krankenhaus in den vergangenen Tagen von mehreren Geschossen getroffen, wobei auch Tote zu beklagen waren. Bislang wurden laut den Vereinten Nationen mindestens zehn Schulen und zwölf Gesundheitseinrichtungen zerstört, die die medizinische Versorgung von mehr als 110 000 Menschen sicherstellten.

Die Bundesregierung hat in diesem Jahr bereits Mittel in Höhe von rund 30 Millionen Euro für Maßnahmen der humanitären Hilfe in Nordwestsyrien bereitgestellt, und weitere Maßnahmen sind in Vorbereitung, um gegebenenfalls auch kurzfristig auf eine weitere Verschlechterung der humanitären Lage reagieren zu können. Wir haben im Rahmen unserer Sicherheitsratsmitgliedschaft auch das Thema des Schutzes humanitärer Helfer und der Stärkung des humanitären Völkerrechts zu einem Schwerpunkt gemacht. Insofern stehen wir zu diesem Thema und zur Frage dieser Luftangriffe auch in engem Kontakt mit unseren beiden Co-Federführern für das Thema "Syrien humanitär" im Sicherheitsrat, Kuwait und Belgien, und für Ende des Monats ist bereits eine Befassung mit der humanitären Situation angesetzt. Wir werden uns angesichts der Lageentwicklung aber für eine zusätzliche Dringlichkeitssitzung noch für diese Woche einsetzen.

Vielen Dank.

Frage: Herr Seibert, die UNIFIL-Mission findet ja vor dem Hintergrund der UN-Resolution 1701 aus dem Jahr 2006 statt. Die Bundesregierung spricht, glaube ich, selbst davon, dass beide Konfliktparteien regelmäßig diese Resolution nicht einhalten. Welches sind die Verletzungen auf beiden Seiten, und welches sind die Maßnahmen, die die Bundesregierung über die UNIFIL-Beteiligung hinaus ergreift, um die Staaten zu einer Einhaltung zu motivieren?

Burger: Was die Dokumentation von Verletzungen der Waffenruhe angeht, würde ich Sie natürlich vor allem auf die Berichte, die UNIFIL dazu vorlegt, verweisen. Ein Beispiel dafür ist, dass zu Beginn des Jahres Tunnel unter der Blauen Linie aufgedeckt wurden, die der Hisbollah zugerechnet werden. Im Übrigen hat israelische Mauerbautätigkeit an umstrittenen Abschnitten der Blauen Linie Anfang 2019 zu erhöhten Spannungen geführt, und Israel überfliegt weiterhin so gut wie täglich den libanesischen Luftraum. Die Mechanismen, die UNIFIL bereitstellt, insbesondere die Drei-Parteien-Gespräche, sind deswegen ganz wichtig, um eine Eskalation der Situation zu verhindern. Diese Drei-Parteien-Gespräche sind der einzige direkte Gesprächskanal zwischen Libanon und Israel.

Zusatzfrage: Die israelische Luftwaffe überfliegt in ihren Einsätzen, glaube ich, nicht nur, sondern bombardiert auch mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Gibt es direkte Gespräche zwischen der Bundesregierung und der israelischen Regierung über diesen Sachverhalt?

Burger: Es gibt direkte Gespräche der Bundesregierung sowohl mit der libanesischen Regierung als auch mit der israelischen Regierung über eine ganze Bandbreite von Themen. Was diese konkrete Fragestellung angeht, ist, glaube ich, unser tatsächlich wichtigster konkreter Beitrag unsere Beteiligung an UNIFIL.

Frage: Herr Burger, Herr Fähnrich, wie bewerten Sie denn die Zusammenarbeit zwischen der libanesischen Regierung und der Bundeswehr? Da gab es ja in der Vergangenheit immer wieder auch Spannungen - dass die libanesische Regierung die Arbeit oder den Zugang einschränken wollte usw. usf. Läuft das mittlerweile reibungslos?

Burger: Ich habe hier keine entgegenstehenden Informationen. Die Unterstützung der libanesischen Streitkräfte beim Fähigkeitsaufbau ist ein wichtiges Element unserer Präsenz dort, und die Unterstützung der libanesischen Streitkräfte ist auch nötig, um die militärische Rolle der Hisbollah und militärische Parallelstrukturen einzudämmen und dazu beizutragen, dass der libanesische Staat die volle Kontrolle über sein Staatsgebiet ausüben kann.

Fähnrich: Was die Bundeswehr betrifft, kann ich eigentlich nur sagen, dass Deutschland durch den mittlerweile jahrelangen Einsatz gerade im Bereich seiner begleitenden Ausbildung eine Art Vorreiterstellung einnimmt, die von der libanesischen Seite sehr geschätzt wird.

Zusatzfrage: Können Sie uns eine Zahl geben, wie viele Soldaten Sie pro Jahr ausbilden?

Fähnrich: Es sind ja zwei Pfeiler, auf denen das beruht. Einmal ist das die Überwachung des Seegebietes. Dazu kann ich Ihnen die Zahl geben, dass seit 2006 mehr als 81 000 Schiffe überprüft und etwa 10 000 zur Inspektion an die libanesischen Behörden gemeldet wurden. Zu den Kopfzahlen: Mir liegen die exakten Zahlen nicht vor, aber man kann schon fast davon ausgehen, dass nahezu jeder libanesische Marinesoldat irgendwann einmal mit einem Ausbilder des deutschen Ausbildungskommandos zu tun hatte. Das ist wirklich eine kontinuierliche Operation beziehungsweise Mission, und der Marineanteil ist ja auch nur ein Kleiner. Man darf nicht vergessen: Ab April 2019 waren über 10 000 Soldatinnen und Soldaten bei UNIFIL im Einsatz, und die Marine stellt davon lediglich - in Anführungsstrichen - 800. Das heißt, die Mission umfasst wesentlich mehr als nur die Marine, wobei wir uns auf die Marine konzentrieren.

Frage: Eine Verständnisfrage hätte ich noch zu Syrien: Sie haben ja mehrmals die Begrifflichkeit "syrisches Regime" verwendet. Wie begründet das Auswärtige Amt die Nutzung des Terminus Regime fast ausschließlich für die syrische Regierung? Sie haben hier ja noch nie vom Bin-Salman-Regime in Saudi-Arabien gesprochen.

Burger: Ich glaube nicht, dass wir diesen Begriff ausschließlich für Syrien verwenden. Ich glaube, wenn Sie sich die Geschichte des Syrien-Konflikts, der sich schon seit 2011 hinzieht, anschauen, dann werden Sie sehen, dass schon aus Sicht früherer Bundesregierungen durch das brutale und rücksichtslose Vorgehen des Assad-Regimes gegen seine eigene Bevölkerung massive Zweifel an der Legitimität dieses Regimes aufgekommen sind. Insofern ist das, glaube ich, ein Begriff, den wir mit erheblicher Konsequenz seit vielen Jahren in dieser Form verwenden.

Zusatzfrage: Aber meine Frage war ja, ob es eine Sprachdefinition gibt, denn Massenbombardements gibt es auch durch die Saudis im Jemen, und die werden nicht als Regime bezeichnet. Ab welchem Moment wird das Auswärtige Amt also von einem Regime sprechen, was muss da also erfüllt sein, um vom Auswärtigen Amt als Regime bezeichnet zu werden?

Burger: Ich will hier jetzt nicht tief in die Semantik einsteigen. Ich habe Ihnen für den konkreten Fall Syrien erklärt, wie wir die Rolle des Assad-Regimes in diesem Konflikt schon seit vielen Jahren bewerten, und vor dieser ganz konkreten Geschichte ist, glaube ich, auch unser Umgang mit dem Assad-Regime hier zu verstehen.

Zusatzfrage: Es gibt also keine definitorische Grundlage dafür?

Burger: Wie gesagt, ich will mich hier jetzt nicht in die Tiefe der Semantik begeben.

Frage: Herr Burger, verwenden Sie den Begriff hier in einer ähnlich breiten Auslegung, wie er ja in dem zusammengesetzten Hauptwort "regime change" gerne verwendet wird?

Burger: Wie wir diesen Begriff verwenden, bitte ich Sie selbst anhand unserer mannigfaltigen schriftlichen und mündlichen Äußerungen hier festzustellen.

Frage: Ich würde gerne zu den Entwicklungen rund um den Iran fragen: Herr Seibert und Herr Burger, wie beurteilt die Bundesregierung die Ankündigung der iranischen Regierung, Teile der Zusagen im Rahmen des JCPOA nicht mehr umzusetzen? Kann eine der Reaktionen sein, Sanktionen wiedereinzusetzen?

Ist der Bundesregierung etwas über mögliche Angriffspläne seitens des Iran bekannt?

StS Seibert: Das, was Sie jetzt gefragt haben, ist sehr weitreichend. Ich will einmal grundsätzlich sagen, dass die Bundesregierung die Äußerungen der iranischen Regierung mit Bedauern zur Kenntnis genommen hat. Wir werden diese Ankündigungen jetzt gemeinsam mit unseren E3-Partnern im Detail bewerten und uns beraten, was die nächsten Schritte sein müssen oder sein können.

Unser Interesse ist unverändert, das Nuklearabkommen zu erhalten und dass der Iran seine Verpflichtungen aus diesem Abkommen vollständig einhält. Das sogenannte JCPOA stellt ja sicher, dass das iranische Nuklearprogramm eingehegt bleibt, indem es strikte Begrenzungen und ganz umfassende Kontrollen durch die IAEO gibt. Das hat die IAEO bisher auch immer bestätigt, bescheinigt, und entsprechend werden wir den nächsten Bericht der IAEO dazu natürlich sehr genau betrachten.

Unabhängig davon fordern wir als Bundesregierung den Iran auf, keine aggressiven Schritte zu unternehmen, welche die Spannungen in der Region verstärken können. Ich will noch einmal sagen: Geschäftsgrundlage ist die vollständige Einhaltung der Verpflichtungen. Eine teilweise Verletzung von Verpflichtungen ist also nicht akzeptabel.

Zusatzfrage: Es wäre also verfrüht, jetzt über eine Wiedereinsetzung von Sanktionen seitens Deutschlands oder der anderen Partner des Vertrages zu sprechen?

StS Seibert: Ich glaube, jetzt muss als erstes einmal die Beratung mit den Partnern erfolgen.

Burger: Ja. Dazu stehen wir zur gemeinsamen Analyse in engem Kontakt mit den verbleibenden Teilnehmern des JCPOA. Klar ist - so, wie das auch in der Vergangenheit schon während der Verhandlungen für das JCPOA und auch seit Abschluss des JCPOA der Fall war -: Wir messen den Iran an seinem Handeln und an den verifizierbaren Fakten.

Frage: Iran hat nach einseitiger Aufkündigung der unterzeichneten Vereinbarung durch Präsident Trump ein Jahr lang darauf gewartet, dass Europa etwas Handfestes erzielt. Wir waren ja Zeuge davon, dass das nicht gelungen ist - zumindest nicht so optimal, wie man es erhofft und erwartet hatte. Wie bewerten Sie jetzt die aktuelle Lage, nachdem die Amerikaner Flugzeugträger in Richtung des Persischen Golfs bewegt haben? Wenn man das nicht als eine aggressive Gangart betrachtet, was heißt das dann?

Die Reaktion von Iran, die Verpflichtungen teilweise ruhen zu lassen, ist vor diesem Hintergrund doch eine Selbstverständlichkeit - oder sind Sie der Meinung, dass das nicht zu erwarten war?

Burger: Unsere Position war von Anfang an: Wir möchten das JCPOA erhalten, wir als Europäer - aber auch die anderen Teilnehmer am JCPOA - halten uns vollumfänglich an unsere eigenen Verpflichtungen, solange sich auch Iran vollumfänglich an seine eigenen Verpflichtungen hält. Die verbleibenden Teilnehmer am JCPOA haben sich nach dem Ausstieg der USA ja auch bereiterklärt, Schritte zu unternehmen, um sicherzustellen, dass Iran auch weiterhin von den Sanktionserleichterungen profitieren kann, um gleichzeitig die Grundlage dafür zu erhalten, dass Iran sich seinerseits an die Verpflichtungen aus dem JCPOA hält, und daran arbeiten wir auch weiter.

Zusatzfrage: Wie bewerten Sie aktuell die Haltung des Iran?

Die Frage zur aggressiven Vorgehensweise der US-Regierung haben Sie nicht beantwortet. Betrachten Sie das als eine aggressive Gangart oder nicht?

Burger: Zum Vorgehen beziehungsweise zu den jüngsten Ankündigungen der US-Regierung habe ich mich hier am Montag schon geäußert; darauf würde ich Sie gerne verweisen.

Ich glaube, zu allem weiteren hat Herr Seibert gerade das ausgeführt, was wir als Bundesregierung heute zu sagen haben.

Frage: Herr Seibert, Herr Burger, können Sie uns sagen, ob die iranische Seite Sie oder die Europäer vorab über den Schritt informiert hat? Oder haben Sie das jetzt aus den Medien erfahren?

StS Seibert: Ich kann bestätigen, dass wir, wie alle anderen am JCPOA beteiligten Staaten, ein Schreiben des iranischen Staatspräsidenten erhalten haben. Der iranische Außenminister Sarif hat ja parallel dazu auch die europäische Hohe Beauftragte Frau Mogherini angeschrieben.

Zusatzfrage: Wann ist der Brief eingetroffen?

StS Seibert: Das kann ich Ihnen nicht sagen.

Zusatzfrage: Gestern oder heute? Können Sie das nachreichen?

StS Seibert: Das wird sich zeigen.

Zusatzfrage: Ist das geheim?

StS Seibert: Es wird sich zeigen, ob ich Ihnen das nachreichen kann.

Frage: Es gab gestern ja ein Telefonat zwischen Herrn Pompeo und Herrn Maas. Gab es in diesem Telefonat auch inhaltliche Diskussionen, zum Beispiel zu dem JCPOA, oder war das eine reine Terminabsprache?

Burger: In dem Telefonat von Herrn Pompeo mit Außenminister Maas gestern ging es um die Verschiebung des Besuchs von Herrn Pompeo hier in Berlin. Das war das Thema dieses Telefonats. Herr Pompeo hat sein Bedauern darüber ausgedrückt, dass der Besuch verschoben werden muss. Beide sind übereingekommen, schnellstmöglich nach einem neuen Termin für diesen Besuch zu suchen, und der Außenminister hat sein Verständnis für die Entscheidung zu dieser Terminverschiebung zum Ausdruck gebracht.

Frage: Herr Burger, Sie haben gesagt, einer der Gründe dafür, dass der Iran im JCPOA bleiben sollte, seien die Sanktionserleichterungen. Können Sie uns konkret sagen, was für Sanktionserleichterungen Sie gerade gemeint haben, auch vor dem Hintergrund, dass selbst humanitäre Produkte nicht in den Iran hineinkommen können? Welchen Anlass hat der Iran also überhaupt, im JCPOA zu bleiben - außer vielleicht, dass es keinen Krieg gibt?

Burger: Die Grundlage des JCPOA ist, dass darin Verpflichtungen des Iran sehr detailliert niedergelegt sind - wenn Sie das gerne nachlesen möchten, können Sie den Text des JCPOA und auch eine ganze Reihe von Erklärungen dazu auf unserer Webseite finden. Im Gegenzug dafür hat die internationale Gemeinschaft eine Reihe von Sanktionen gegen Iran aufgehoben beziehungsweise suspendiert.

Zusatzfrage: Noch einmal: Das Ziel war eine Normalisierung der Handelsbeziehungen des Iran mit dem Westen. Was ist jetzt konkret entstanden? Es ist ja keine Normalisierung, wenn der Iran nichts mehr ins Land einführen oder exportieren kann und es einen totalen Öl- und Gasboykott gibt.

Burger: Wir und die anderen verbleibenden Teilnehmer am JCPOA halten uns vollumfänglich an die Verpflichtungen, die wir eingegangen sind, und wir erwarten, dass der Iran das auch tut.

StS Seibert: Ich will nur hinzufügen: Ja, wir sind interessiert am Erhalt des JCPOA. Wir als Europäer, als Deutsche, werden unseren Beitrag dazu leisten und erwarten vollständige Umsetzung auch vom Iran. Da Sie gerade über die Beziehungen sprachen, will ich aber auch sagen, dass ganz normale Beziehungen zum Iran nicht möglich sein werden, solange der Iran das Existenzrecht Israels infrage stellt.

Frage: Herr Burger, Sie haben eben darauf hingewiesen, dass man auf die Rolle der USA in der Iran-Geschichte schon zu früheren Zeitpunkten eingegangen sei. Gleichwohl hat sich im Vergleich zu Montag ja nun etwas getan; deswegen würde ich noch einmal gesondert abfragen wollen: Inwiefern hält die Bundesregierung die Aufkündigung des Nuklearabkommens vor einem Jahr durch die USA für mitverantwortlich für den Schritt, den der Iran jetzt gegangen ist?

Wo wir gerade schon bei Herrn Pompeo waren: Ist gestern auch darüber gesprochen worden, den Besuchstermin von Herrn Pompeo hier, der gestern vermutlich nachvollziehbarerweise abgesagt wurde, auch wirklich schneller nachzuholen? Zumal Herr Pompeo ja, soweit ich weiß, London besuchen wird, was von Berlin aus nicht so wahnsinnig weit weg ist.

Burger: Ich kann Ihnen jetzt noch keinen neuen Termin für den Besuch von Herrn Pompeo vermelden. Wie gesagt, es ist vereinbart worden, den Besuch schnellstmöglich nachzuholen, und dazu laufen im Moment intensive Kontakte zwischen beiden Seiten.

Im Übrigen habe ich, wenn ich mich richtig erinnere, auch am Montag in meinen Äußerungen zu den Ankündigungen der USA darauf hingewiesen, dass wir den Ausstieg der USA aus dem JCPOA natürlich bedauert haben und weiterhin bedauern und dass dieser Schritt die Arbeit an der Fortsetzung des JCPOA erschwert hat.

Frage: Herr Burger, hat die Bundesregierung irgendwelche Hinweise über kolportierte angebliche direkte Angriffspläne des Iran gegen den Irak?

Burger: Ich weiß nicht genau, auf welche Berichte Sie sich beziehen. Mir liegen jedenfalls keine Informationen vor, über die ich Ihnen hier berichten könnte.

Frage: Herr Burger, können Sie uns sagen, wie der spezielle Finanzierungsmechanismus für Irangeschäfte im Moment läuft? Werden darüber überhaupt schon Geschäfte abgewickelt oder steht das demnächst an?

StS Seibert: Wir haben gemeinsam mit unseren E3-Partnern und mit der EU große Fortschritte bei der Gründung dieser Zweckgesellschaft INSTEX gemacht. Der Sinn ist ja, legitime Handelsbeziehungen zum Iran aufrechtzuerhalten und auch zu ermöglichen, und dabei liegt der Schwerpunkt auf Bereichen, die für die iranische Bevölkerung am wesentlichsten sind - also Arzneimittel, Medizinprodukte, Lebensmittel. Es geht aktuell darum, die letzten notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit diese Gesellschaft operativ werden kann, und dazu gehört auch, dass der Iran seinerseits die notwendigen Vorbereitungen trifft. Das bezieht sich auf Einhaltung von Geldwäschevorgaben und ähnliches, und dazu sind wir im Dialog mit Iran. Das braucht etwas Zeit - auch etwas mehr Zeit, als wir uns gewünscht hätten -, aber es ist natürlich auch etwas Neues.

Burger: Ich würde zu diesem Punkt gerne eine technische Ergänzung machen: Ich erwarte, dass sich der Außenminister heute auch noch persönlich zu dem Verhältnis zu Iran äußern wird. Ich kann Ihnen jetzt aber noch keine konkrete Uhrzeit dafür nennen, weil wir noch am Terminkalender arbeiten; Sie werden aber zeitnah einen Terminhinweis bekommen.

Frage: Herr Burger, hat denn der US-Außenminister seine Besuchsabsage mit der Irankrise begründet? Halten Sie die Absage insgesamt für angemessen?

Burger: Zu den Inhalten dieses Telefonats habe ich alle gesagt, was ich Ihnen dazu heute sagen kann. Ich habe auch gesagt: Außenminister Maas hat sein Verständnis für diese Verschiebung zum Ausdruck gebracht.

Frage: Herr Seibert, aber auch Herr Burger, wie misslich ist diese Verschiebung denn jetzt im Lichte der Tatsache, dass sich der amerikanische Außenminister ohnehin schon sehr lange Zeit lässt mit seinem ersten Besuch in Deutschland? Ist es in diesem Licht vielleicht doch misslich, dass ausgerechnet der deutsche Teil der Europareise des Außenministers nun der Reise nach Irak zum Opfer gefallen ist?

Burger: Ich habe ja auch gesagt: Beide Seiten, sowohl Herr Pompeo als auch Herr Maas, haben bedauert, dass der Termin verschoben werden muss. Ich glaube, es gab in den vergangenen Monaten seit Amtsantritt von Herrn Pompeo keinen Mangel an Gelegenheiten zum bilateralen Gespräch zwischen beiden.

Frage: An das Verteidigungsministerium: In vielen der Berichte von der US-Seite heißt es wohl, dass sich die Gefährdungslage der US-Truppen im Nahen Osten aufgrund der veränderten Anweisungen an Truppen, die möglicherweise von Iran unterstützt werden, möglicherweise verändert hat. Hat sich die Gefährdungslage von Bundeswehrsoldaten im Nahen Osten deshalb in den letzten Tagen in irgendeiner Weise verändert?

Fähnrich: Genau zu diesem Punkt habe ich heute auch noch einmal mit dem Kontingentführer im Irak gesprochen, der mir versichert hat, dass unsere Soldaten sowohl in Erbil als auch in Tadschi sicher untergebracht sind und die Ausbildung im Rahmen des Mandats wie geplant weiterlaufen kann.

Frage: Wie steht die Bundesregierung denn zu den Ankündigungen Frankreichs, über neue Sanktionen gegen Iran nachzudenken?

Burger: Wir stehen in ganz enger Abstimmung mit unseren E3-Partnern - dazu gehört ja gerade auch Frankreich, wie auch Großbritannien - und mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst, und darüber hinaus auch mit den anderen verbleibenden Partnern im JCPOA, also China und Russland, über die weiteren Schritte. In diesem Kreis werden wir, wie Herr Seibert das dargestellt hat, jetzt gemeinsam die Situation analysieren und dann auch über die nächsten gemeinsamen Schritte beraten.

Frage: Wann ist denn mit einer Entscheidung der E3 zu rechnen? Können wir womöglich auch ein E3-Ministertreffen erwarten?

Burger: Ich habe jetzt keine konkreten Termine anzukündigen.

Frage: Ist davon auszugehen, dass Sanktionen gegenüber den USA nicht infrage kommen? Die sind ja hauptverantwortlich dafür, dass das Ding auseinanderfliegt.

Burger: Das ist jetzt Ihre Interpretation. Das Thema Sanktionen haben wir natürlich im Kontext des JCPOA besprochen, und ich glaube, da gehört das Thema auch hin.

Zusatz: Ja, und in dem Kontext sind auch die USA.

Burger: Im JCPOA geht es natürlich - das wissen wir hier alle - um die Sanktionen, die die internationale Gemeinschaft, die EU, die Vereinten Nationen, die USA in den vergangenen Jahren gegen den Iran verhängt haben, und zwar aufgrund seines Atomprogramms.

Frage: Seit Oktober 2018 läuft die Ausbildungsmission deutscher Kampfschwimmer in Niger. Bisher gab es dafür keine Mandatierung durch den Bundestag. Deswegen wüsste ich sowohl vom Regierungssprecher als auch vom Verteidigungsministerium gern, ob das heute Thema bei der Kabinettssitzung war und wie es die Bundesregierung rechtfertigt, dass es bisher noch keine Mandatierung durch den Bundestag für diesen Einsatz gab.

StS Seibert: Zu Ihrer ersten Frage: Nein, es war kein Thema in der Kabinettssitzung.

Zu Ihrer zweiten Frage: Diese deutschen Soldaten sind dort auf Einladung der nigrischen Regierung im Rahmen der Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung und zur Ausbildungsunterstützung. Es geht um Aufbau und Ausstattung eines Partnerverbandes und um Beiträge zum Aufbau einer Schule für Spezialkräfte. Es geht nicht um einen exekutiven Auftrag. Einen solchen haben diese Soldaten nicht, und sie nehmen auch nicht an Operationen teil.

Fähnrich: Ich kann ergänzen, dass die Bundeswehr in zahlreiche Operationen und Aktivitäten sowie Einsätze eingebunden ist. Das wissen Sie. Dabei gibt es Einsätze und Aktivitäten, die ein Mandat besitzen, und es gibt Einsätze, die keines besitzen.

Wer entscheidet darüber? - Es gibt das Parlamentsbeteiligungsgesetz, in dem klare Kriterien formuliert sind, nach denen das Auswärtige Amt, das Bundesministerium der Verteidigung und nicht zuletzt das Parlament darüber entscheiden.

Zusatzfrage: Aber im Parlamentsbeteiligungsgesetz steht relativ eindeutig: "Ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte liegt vor, wenn Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind oder eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung zu erwarten ist."

Niger ist ein hochkonfliktives Land. Erst vergangenes Jahr beispielsweise wurden vier Mitglieder einer US-amerikanischen Spezialeinheit eliminiert. Das heißt, das Risiko, dass die deutschen Soldaten, die dort wohl auch mit Langwaffen präsent sind, in Kampfhandlungen eingebunden werden, wird als sehr hoch eingeschätzt. Deswegen argumentieren viele Rechtsexperten, dass das Parlamentsbeteiligungsgesetz sehr wohl greifen sollte.

Was erwidern Sie darauf?

Fähnrich: Dazu kann ich nur sagen, was ich eben schon ausgeführt habe. Eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes erfolgt in diesem Fall nicht und wird auch nicht qualifiziert bewertet. Wir sind auf Einladung der nigrischen Kräfte dort vor Ort. Es geht darum, Ausbildungsunterstützung zu leisten, auf gut Deutsch, "military assistance" im Land durchzuführen.

Frage: Herr Fähnrich, zwingt die Tatsache, dass der Wehrbeauftragte offenbar zu einer anderen Einschätzung gekommen ist, die Bundesregierung nicht dazu, sich den Sachverhalt zumindest noch einmal anzuschauen und eventuell zu einer Neubewertung zu kommen?

Fähnrich: Der Wehrbeauftragte hat seine Meinung dazu in den entsprechenden Ausschüssen dargelegt. Wir werden das jetzt nicht zum Anlass nehmen, das zu prüfen. Wir werden das aber dem Ausschuss an der gegebenen Stelle noch einmal in schriftlicher Form darlegen.

Frage: Jetzt vor dem EU-Gipfel gibt es eine gemeinsame Erklärung unter anderem von Frankreich, Holland und Dänemark, in der zum sofortigen Handeln gegen den Klimawandel aufgerufen und gefordert wird, den Klimaschutz zum Kernaspekt der EU-Strategie für die Jahre 2019 bis 2024 zu machen. Interessant ist, Herr Seibert, dass die Bundesregierung nicht dabei ist. Warum nicht?

StS Seibert: Ich kann Ihnen sagen, dass die Bundesregierung diese Initiative für den Klimaschutz mehrerer Partnerstaaten in der Europäischen Union begrüßt. Der Klimaschutz ist nicht nur ein zentrales Thema unserer nationalen Politik. Er ist ein zentrales Thema der strategischen Agenda der Europäischen Union und muss das auch sein.

Wir beginnen in Sibiu am Donnerstag, über die Schwerpunkte der EU-Strategie zu sprechen. Dazu gehört auch die Frage, wie man den Klimaschutz als einen solchen Schwerpunkt der zukünftigen EU-Strategie platziert. Für uns ist ganz klar: Eine ehrgeizige EU-Klimapolitik in den nächsten Jahren hat Priorität. Für uns steht dabei jetzt das Erreichen der Ziele für 2030 im Vordergrund. Darüber werden wir mit den europäischen Partnern auch sprechen.

Das neue Dokument, das die Partner vorgelegt haben, schauen wir uns an. Ein Element darin, das schon auffällt, ist der Vorschlag, 25 Prozent des europäischen Haushalts für Maßnahmen zu verwenden, die dem Klimaschutz zugutekommen. Das unterstützt die Bundesregierung.

Zusatzfrage: Ich habe trotzdem nicht verstanden, warum Sie sich dem nicht angeschlossen haben. Sie begrüßen das, machen aber nicht mit. Machen Sie nicht mit, weil Sie vorher nicht genug Zeit hatten, sich damit zu beschäftigen? Die anderen haben das ja geschafft.

StS Seibert: Wir begrüßen das, weil es immer gut ist, wenn man sich fragt, wo und wie man noch mehr tun kann. Es ist genauso gut, wenn man Ziele, die man sich einmal gesetzt hat, auch erreicht. Unter anderem deswegen treffen wir uns ja jetzt in Rumänien, nämlich um im Kreis der europäischen Mitgliedsstaaten darüber zu beraten, was die Prioritäten in der strategischen Agenda der Europäischen Union sind - eine Beratung, in die sich die Bundesregierung mit aller Intensität einbringen wird. Ich habe Ihnen auch gesagt, in welchem Sinne wir uns einbringen werden, nämlich in dem Sinne, dass wir in Klimapolitik und Klimaschutz einen Schwerpunkt der zukünftigen EU-Strategie sehen.

Zusatz: Ich habe nicht verstanden, warum Sie das begrüßen, aber dabei nicht mitmachen.

StS Seibert: Wer sagt denn, dass wir nicht mitmachten? Wir beteiligen uns intensiv an der Debatte. Das Entscheidende ist doch, was 28 europäische Mitgliedsstaaten jetzt gemeinsam auf den Weg bringen. Das gibt jetzt einen Anstoß für eine sehr wichtige Diskussion, an der wir uns beteiligen. Wir werden uns in dem Sinne einbringen, wie ich es gerade gesagt habe.

Frage: Das Thema der Bombardierung in der Provinz Idlib wurde vorhin schon angesprochen. Herr Burger, etwa zehn Krankenhäuser sind bombardiert worden. Es gibt Berichte darüber, dass Lagedaten dieser Krankenhäuser, die an die Regierung mit dem Ziel, diese Örtlichkeiten zu schützen und sozusagen vor Angriffen sicher zu machen, weitergegeben worden waren, möglicherweise als Zieldaten missbraucht worden sind.

Kennen Sie diese Berichte? Haben Sie eigene Erkenntnisse? Wie bewerten Sie das?

Burger: Ich kann bestätigen, dass die Koordinaten des von uns unterstützten getroffenen Krankenhauses, das ich vorher erwähnt hatte, zumindest Russland, dem wichtigsten Verbündeten des Regimes, vorab im Zuge des sogenannten "deconflicting" mitgeteilt worden waren, und zwar über die Vereinten Nationen, genau wie Sie sagen, zu dem Zweck, diese zivile Infrastruktur vor ebensolchen Angriffen zu schützen.

Zusatzfrage: Sie haben jetzt nur von einem Krankenhaus gesprochen. Muss man nicht davon ausgehen, dass tatsächlich die Daten aller mittlerweile als getroffen bekannten humanitären Einrichtungen übermittelt worden sind?

Gehen Sie davon aus - das war ja auch meine Frage -, dass in diesem Falle Sicherheitsdaten als Zieldaten missbraucht wurden?

Burger: Darüber will ich nicht spekulieren. Ich kann Ihnen auch keine detaillierteren Angaben darüber liefern, ob alle in Frage kommenden Ziele Teil dieser "deconflicting"-Information waren.

Aus unserer Sicht ist das trotzdem extrem besorgniserregend, weil es natürlich darauf schließen lässt, dass es sich hierbei nicht um Kollateralschäden im engeren Sinne handelt, weil zumindest der russischen Seite bekannt gewesen ist, dass es sich um zivile Infrastruktur handelt.

Frage: Ich bin mir nicht sicher, ob meine Frage an das Innenministerium oder an das Auswärtige Amt geht. Heute gibt es Berichte, dass Asia Bibi Pakistan verlassen durfte. Es ist noch etwas unklar, ob sie jetzt in Kanada ist oder nicht. Deutschland hatte aber auch einmal signalisiert, Asia Bibi aufnehmen zu wollen. Daher meine Frage, um sicherzugehen: Kommt sie nach Deutschland?

Burger: Ich habe dazu jetzt gerade keinen aktuellen Stand. Falls wir dazu Informationen haben sollten, müsste ich sie Ihnen nachreichen.

Frage: Herr Schmidt, Grüne und Linke beschweren sich, dass sie in der Kommission "30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit" nicht vertreten seien, Schauspieler und Historiker dagegen schon. Warum werden die Parteien und Mitglieder der Parteien, die ja auch im Osten repräsentiert sind und teilweise an der Revolution beteiligt waren, nicht eingeladen?

Schmidt: Weil es sich um eine Regierungskommission handelt.

Wie Sie vor Kurzem den Ankündigungen des Ministers, des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden über die Arbeit der Kommission entnehmen konnten, wird es bei der Kommission "30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit" darum gehen, darüber zu beraten, wie das Jubiläumsjahr im Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern aus ganz Deutschland gestaltet werden soll. Wir haben dazu ein Konzept vorgelegt, das vom Bundeskabinett gebilligt worden ist und unter anderem die Einsetzung dieser Kommission beinhaltet.

Die Auswahl der Kommissionsmitglieder ist entsprechend dieser konzeptionellen Vorgaben vorgenommen worden. Bei der Auswahl der Mitglieder wurde versucht, auf eine ostdeutsche Schwerpunktsetzung zu achten, um die Idee des Konzeptes zu unterstreichen, die Transformation der Ostdeutschen in den letzten 30 Jahren zu würdigen und sowohl für diese Feierlichkeit als auch für kommende Prozesse nutzbar zu machen.

Die grundsätzliche Kritik die daran jetzt laut geworden ist, können wir insofern nicht nachvollziehen, als es sich eben um eine Regierungskommission und nicht um eine parlamentarische Kommission handelt.

Zusatzfrage: Werden in Regierungskommissionen nie Parteipolitiker der Opposition eingeladen? Wollen Sie uns das damit sagen?

Schmidt: Die Opposition ist nicht Teil der Regierung im engeren Sinne. Insofern ist es eigentlich klar, dass die Beteiligung weiterer politischer Kräfte hierbei über die geplanten Dialoge, die ja noch kommen werden, erfolgen soll. Das heißt, dass natürlich sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch Politikerinnen und Politiker der Opposition Gelegenheit haben, sich in diesen Prozess einzubringen.

Zusatz: Aber die Einheitsfeier soll ja auch keine Regierungsfeier, keine Feier der Regierung sein, sondern wahrscheinlich eine parteiübergreifende Sache.

Schmidt: Das ist genau richtig.

Zusatz: Nur ist es eben keine parteiübergreifende Kommission.

Schmidt: Das ist richtig. Aber die Kommission organisiert zunächst einmal die Feierlichkeiten, die dann parteiübergreifend und West und Ost übergreifend stattfinden werden. Wir stehen ganz am Beginn dieses Prozesses. Es wird noch Raum und Gelegenheit sein, sich einzubringen.

Zusatzfrage: Können Grüne und Linke denn zumindest damit rechnen, zu der Feier eingeladen zu werden?

Schmidt: Ja. Ich denke, das kann ich zusagen.

Frage: Herr Schmidt, vielleicht können Sie kurz sagen, welches die fachlichen Voraussetzungen waren, um als Mitglied in die Kommission berufen zu werden.

Die Kritik eines Vertreters der Opposition lautete, es sei tatsächlich ein Treppenwitz der Geschichte, dass man von diesem Ereignis, mit dem man an etwas erinnert, bei dem Opposition eine wesentliche, geschichtsändernde Facette hatte, Opposition aussperre. Berührt Sie das tatsächlich gar nicht?

Schmidt: Das würde ich so nicht sagen. Es ist allerdings kein Aussperren der Opposition. Darum geht es dabei nicht. Die Kommission wurde eingesetzt, um diese Feierlichkeiten zunächst einmal zu organisieren und das Ganze auf den Weg zu bringen. Damit wird niemand von diesen Feierlichkeiten ausgeschlossen.

Die Auswahl der Kommissionsmitglieder erfolgte durch die beteiligten Ressorts. Das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie das BMI gemeinsam haben dieses Konzept entwickelt, und das Kabinett hat es beschlossen. Man kann einsehen, wer die 22 Mitglieder dieser Kommission sind. Das steht alles online im Internet. Sie wurden aufgrund ihrer biografischen und persönlichen Eignung vorgeschlagen und für diese Kommission ausgewählt.

StS Seibert: Vielleicht muss man es einfach auch noch einmal sagen: Das Erinnern, das Sie gerade angeführt haben, findet ja nicht in dieser Kommission statt. Die Kommission soll und wird sich Gedanken darüber machen, wie dieses Jubiläumsjahr, das in diesem November mit dem 30. Jahrestag des Mauerfalls beginnt und mit dem 30. Jahrestag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 2020 endet, mit Bürgern und Bürgerinnen in ganz Deutschland gestaltet werden soll. Das ist die Aufgabe dieser Regierungskommission.

Bei den Bürgerdialogen, bei den Veranstaltungen, die dann daraus hervorgehen, wird es natürlich eine denkbar plurale Beteiligung geben, so wie unser Land eben auch ist.

Zusatzfrage: Verstehen Sie die Veranstaltungen, für die die Konzepte erarbeitet werden, als Veranstaltungen der Bundesregierung oder als Veranstaltungen des Bundes? Das mag spitzfindig klingen, aber ich finde das ist ein Unterschied mit Bezug auf das Gedenkjahr.

Schmidt: Das ist insgesamt eine Feier für ganz Deutschland, für alle Bürgerinnen und Bürger und für alle Politikerinnen und Politiker.

Frage: Herr Schmidt, Ihre Begründung war, dass die Opposition nicht Teil der Regierung im engeren Sinne sei. Das ist nachvollziehbar. Das würde aber insinuieren, dass eingeladene Schauspieler Teil der Regierung im engeren Sinne seien, wenn das das Kriterium war. Ich glaube aber nicht, dass Sie das sagen würden.

Wenn Sie sagen - auch das war Ihr Argument -, es gehe darum, sozusagen einen Ideenrahmen für eine solche Feier zu entwickeln, dann spräche doch wirklich alles dafür, auch politische Kräfte, die an dem Prozess der friedlichen Revolution beteiligt waren und zum Teil heute im Parlament sitzen, mit einzubeziehen.

Warum ist das nicht passiert? Das finde ich immer noch nicht richtig nachvollziehbar.

Schmidt: Zunächst einmal gibt es durchaus Beispiele für Schauspielerinnen und Schauspieler, die auch als Politikerinnen oder Politiker erfolgreich waren. Aber das ist, denke ich, hier nicht Gegenstand.

Ich denke, wir führen diese Diskussion zu früh. Ich denke, es ist deutlich geworden, dass die Kommission Ideen entwickeln wird, die dann umgesetzt werden sollen. Diese pluralistische Beteiligung wird erfolgen, gar keine Frage. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es, denke ich, nicht der richtige Zeitpunkt zu sagen: Wir schließen irgendjemanden aus. - Darum geht es dabei nicht. Diese Kommission ist eine Arbeitsebene, die zunächst einmal Ideen für diese Feierlichkeiten entwickeln wird, die dann in die Umsetzung gehen. Auch darüber wird noch viel gesprochen werden, und alle gesellschaftlichen Kräfte werden Gelegenheit haben, sich dazu zu äußern. Das ist ja das, was wir erreichen wollen: ein breiter Dialog.

Es ist schade, dass es jetzt so früh zu dieser spitzen Frage kommt. Ich finde es, ehrlich gesagt, tatsächlich auch ein bisschen spitzfindig, das jetzt hineininterpretieren zu wollen. Es ist nun einmal eine Regierungskommission. Warten Sie bitte ab. Diese Beteiligung wird noch erfolgen. Die Kritik der Opposition haben wir gesehen und nehmen sie natürlich ernst. Ich denke aber, wir werden das Ganze noch gut zusammenführen können.

Zusatzfrage: Der Prozess, den die Regierungskommission leisten soll, bezeichnet man üblicherweise auch als Brainstorming. Das ist es ja. Die Oppositionsparteien werden von der aktiven Teilnahme an diesem Brainstorming ausgeschlossen. Das ist das Resultat der Konstruktion, und zwar bei einer Thematik, die sozusagen einen gesamtgesellschaftlich-politischen Prozess umfasst. Warum lässt man sie nicht an dem Brainstorming in dieser Form teilhaben? Die Regierung kann doch auch andere Parteien dazu einladen.

Schmidt: Sie gehen damit, denke ich, schon einen Schritt zu weit. Denn das, was die Kommission jetzt entwickeln wird, soll ja eben zu einem breiten Dialog führen. In diesem Dialog wird es auch breite Beteiligungsmöglichkeiten jenseits jeglicher politischen Parteizugehörigkeiten geben. Die Ideen, die dafür zusammengetragen werden, sind, denke ich, im Moment einfach auf dem richtigen Weg. Diese pluralistische Diskussion wird geführt werden können. Aber zum jetzigen Zeitpunkt in der Kommission wird sie nicht geführt.

Frage: Die Deutsche Welle hat am 14. April behauptet, dass die venezolanische Regierung ihr Sendesignal in Venezuela abgeschaltet habe. Das Auswärtige Amt hat das aufgegriffen, die venezolanische Regierung für diesen Schritt verurteilt und eine Wiedereinstellung des Signals gefordert.

Die aktuelle Faktenlage ist nun so - Ihnen liegt meines Wissens auch eine Verbalnote des venezolanischen Außenministeriums vor -, dass es eine solche Unterbrechung des Deutsche-Welle-Signals im venezolanischen Kabelnetz nie gegeben hat. Das Einzige, was es gab, war eine 20-stündige Unterbrechung bei einem Privatanbieter, dem US-Satellitenanbieter DirecTV.

Plant die Bundesregierung, plant das Auswärtige Amt, sich für diese falschen Anschuldigungen gegenüber der venezolanischen Regierung zu entschuldigen?

Burger: Sie halten mir eine Menge von Aussagen vor, die ich jetzt hier nicht überprüfen kann. Eine Antwort dazu muss ich Ihnen nachreichen.

Zusatzfrage: Ist Ihnen aber bewusst, dass es die Verurteilung der venezolanischen Regierung auf Basis der - so muss ich es leider sagen - Fake News der Deutsche Welle gegeben hat?

Burger: Wenn Sie das so nennen, dann nennen Sie das so. Das mache ich mir sicherlich nicht zu eigen.

Wie gesagt, habe ich den Vorgang jetzt gerade nicht präsent. So wie Sie es darstellen, ist das fast einen Monat her. Ich muss Ihnen das nachreichen.

Frage: Zur Oberbürgermeisterwahl in Istanbul: Herr Seibert, ich habe eine Reaktion des Auswärtigen Amtes gehört. Wie bewertet die Kanzlerin die Entscheidung in der Türkei, diese Wahl zu annullieren?

Herr Burger, können Sie uns sagen, was die Bundesregierung aktuell tut, damit das vielleicht doch noch umgekehrt wird? Planen Sie, bei einer Neuwahl zum Beispiel eigene Wahlbeobachter zu schicken?

StS Seibert: In der Tat hat sich der Außenminister für die Bundesregierung bereits geäußert. Ich kann all das, was der Außenminister gesagt hat, noch einmal unterstreichen. Wir haben diese Entscheidung des sogenannten Hohen Wahlrats in der Türkei mit großer Sorge zur Kenntnis genommen. Nachvollziehbar ist sie für uns nicht. Wir gehen deswegen davon aus, dass der Hohe Wahlrat die Gründe für seine Entscheidung noch genauer darlegen wird, damit die notwendige Transparenz hergestellt ist.

Wir unterstützen auch die gemeinsame Stellungnahme der Hohen Beauftragten der EU, Frau Mogherini, und des Kommissars Johannes Hahn. Faire, freie, transparente Wahlen sind unverzichtbar für jede Demokratie. Die Integrität des Wahlprozesses ist es natürlich, die das Vertrauen der Bürger in die staatlichen Institutionen schafft. Deswegen ist sie von großer Bedeutung.

Wir halten es - danach fragten Sie - tatsächlich für angemessen, dass der Europarat Wahlbeobachter zu der für den 23. Juni angesetzten Wiederholung der Wahl in Istanbul entsendet.

Zusatzfrage: Bei der ersten waren keine Wahlbeobachter, richtig?

StS Seibert: Das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen.

Burger: Meines Wissens hat es Wahlbeobachter gegeben, aber keine umfassende Wahlbeobachtungsmission. Aber ich muss es Ihnen tatsächlich nachreichen.

Frage: Sieht die Bundesregierung durch die Wahlannullierung und die fehlende Begründung der Wahlkommission das deutsch-türkische Verhältnis belastet?

StS Seibert: Ich habe für die Bundesregierung die Sorge ausgedrückt, die wir angesichts der Ankündigung, die Wahl zu annullieren, haben, und habe davon gesprochen, wie wichtig die Integrität eines Wahlprozesses nach einer erfolgten Wahl für das Vertrauen von Menschen in die Demokratie und in die staatlichen Institutionen in einem Lande ist. Das ist sozusagen mit Blick auf die türkischen Bürger und Bürgerinnen formuliert.

Frage: Herr Burger, Herr Seibert, gab es in jüngerer Vergangenheit bilaterale Gespräche zwischen der deutschen und der türkischen Regierung über das Wahlthema?

Burger: Das habe ich nicht präsent; das müsste ich Ihnen nachliefern.

Frage: Ein Rechtsgutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages legt ziemlich detailliert dar, wie im Zuge des Zwei-plus-Vier-Vertrags zwar die damalige Sowjetunion auf ihre gesamten Besatzungsrechte in Deutschland verzichtet hat, nicht aber die Westalliierten.

Wie bewertet es die Bundesregierung, dass die USA im Jahr 30 des Mauerfalls nach wie vor über Besatzungsrechte in Deutschland verfügen?

Burger: Besatzungsrechte? Das ist, glaube ich, nicht der Begriff. Es würde mich sehr, sehr wundern, wenn dieser Begriff in einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages verwendet würde. Ich kenne das Gutachten nicht. Detailliert kann ich dazu nichts sagen. Aber ich glaube nicht, dass es in irgendeiner Form völkerrechtliche korrekt wäre, zu sagen, dass irgendjemand in Deutschland derzeit Besatzungsrechte ausübe.

Zusatz: Das Gutachten kann ich Ihnen gern zukommen lassen. Es gab den Zwei-plus-Vier-Vertrag, in dem auf die Besatzungsrechte verzichtet wurde. Danach gab es einen belegten Briefwechsel der britischen, französischen und US-amerikanischen Seite, woraufhin dann wieder Besatzungsrechte aktiviert wurden. In dem Gutachten wird dargelegt, dass das kein Zeichen fehlender Souveränität ist, sondern dass die freiwillige Aufgabe und die Öffnung für Besatzungsrecht Zeichen der Souveränität sei.

Aber langer Rede kurzer Sinn: Dieses Gutachten existiert. Ich frage noch einmal nach, wenn Sie das Gutachten gelesen haben.

StS Seibert: Ich möchte aber schon einmal festhalten, dass es keine Besatzer in Deutschland gibt.

Zusatz: Ich habe von Besatzungsrecht gesprochen.

Frage: Zwei Fragen zur Steuerschätzung:

Zum einen wüsste ich vom Arbeitsministerium gern, ob Sie angesichts der zu erwartenden Mindereinnahmen an Ihren Plänen festhalten, eine Grundrente einzuführen.

Vom Wirtschaftsministerium wüsste ich zum anderen gern, ob Sie weiterhin an den Plänen festhalten, den Solidaritätszuschlag komplett abzuschaffen.

Jäger: Wir sehen keinen Anlass, aufgrund einer Steuerschätzung unser Konzept der Grundrente nicht auf den Weg zu bringen.

Baron: Ich kann nur auf die Äußerungen verweisen, die der Minister zu dem Thema getätigt hat. Der Minister hat immer deutlich gemacht, dass wir gerade in Phasen eines langsameren konjunkturellen Wachstums keine zusätzlichen Belastungen für Unternehmen brauchen. Unser Haus arbeitet dabei, wie Sie wissen, an verschiedenen Elementen. Ein Punkt, den ich hier erwähnen muss, ist natürlich der Bürokratieentlastung. Wir fordern die Ressorts auf, Beiträge dazu zu leisten und zu keinen zusätzlichen Belastungen zu kommen. Daneben muss man auch über Entlastung sprechen. Aber diese Debatte muss natürlich in der Bundesregierung geführt werden.

StS Seibert: Da es uns alle betrifft, will ich vielleicht auch für alle sagen: Der Arbeitskreis Steuerschätzung beendet seine Arbeit erst morgen, wie Sie wissen. Deswegen wird morgen der zuständige Bundesfinanzminister um 15 Uhr über die Ergebnisse der Steuerschätzung informieren. Seinen Ausführungen können wir alle hier nicht vorgreifen.

Mittwoch, 8. Mai 2019

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 8. Mai 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-8-mai-2019-1608254
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2019

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