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PRESSEKONFERENZ/1974: Regierungspressekonferenz vom 6. Januar 2020 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 6. Januar 2020
Regierungspressekonferenz vom 6. Januar 2020

Themen: Reise der Bundeskanzlerin nach Moskau, Raketenangriff der USA auf den iranischen General Qasem Soleimani, Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten hinsichtlich einer möglichen Kabinettsumbildung, Klimapolitik der Bundesregierung, Kohleausstiegsgesetz, Lage in Venezuela, möglicher Zusammenhang zwischen dem Tod von 18 Schweinswalen und einem Manöver der Marine in der Ostsee, Feinstaubbelastung

Sprecher: StS Seibert, Breul (AA), Thiels (BMVg), Haufe (BMUB), Einhorn (BMWi), Nauber (BMG), Kushnerovich (BMI)


Vors. Buschow eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich schließe mich den guten Wünschen der Vorsitzenden an. Möge das ein gesundes und glückliches Jahr für Sie sein.

Ich habe eine Ankündigung für den kommenden Samstag, den 11. Januar, zu machen. Die Bundeskanzlerin wird nach Moskau zu einem kurzen Arbeitsbesuch reisen. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas wird an dieser Reise teilnehmen. Sie wird dort mit Präsident Putin im Kreml sprechen. Es geht um die aktuellen internationalen Fragen. Ich kann Ihnen die Stichworte nennen. Aber Sie ahnen es schon: Syrien, Libyen, Irak, Iran, Ukraine, daneben auch bilaterale Fragen. Nach dem bilateralen Treffen ist eine Pressekonferenz geplant. Wir werden Sie die genauen Uhrzeiten rechtzeitig wissen lassen.

Das war meine Kleine Ankündigung für diesen Samstag.

Frage: Herr Seibert, dann knüpfe ich direkt da an. Können Sie uns vielleicht ein paar Details über das sagen, was die Kanzlerin mit Herrn Putin besprechen möchte? Wird es eine Art Pendeldiplomatie geben, die die Europäer jetzt auch gerade im USA-Iran-Konflikt unternehmen? Sie hat ja gestern schon mit Herrn Macron und Herrn Johnson telefoniert. Sind da Verabredungen getroffen worden, dass man sich nun verstärkt in diese Beratungen einschalten will?

StS Seibert: Ich will diese Reise am Samstag nicht weiter qualifizieren. Die Kanzlerin trifft ja Präsident Putin bei verschiedensten Gelegenheiten zu politischen Gesprächen, zuletzt in Paris beim Normandie-Format. Das war am 9. Dezember.

Ich habe Ihnen die Stichworte genannt, um die es voraussichtlich gehen wird. Russland ist ein wichtiger Akteur auf der Weltbühne und als permanentes Mitglied des UN-Sicherheitsrates auch unverzichtbar, wenn es darum geht, politische Konflikte zu lösen. Insofern ist es naheliegend, dass die Kanzlerin sich mit Präsident Putin zum Beispiel über die derzeit aufgebrochenen Konfliktherde im Nahen und Mittleren Osten unterhält. Aber auch die Bemühungen, weitere Fortschritte im Ukraine-Konflikt zu erreichen, sind sicherlich - wie gesagt - ein Thema.

Zusatzfrage: Mir ging es ein bisschen mehr darum: Gibt es spezielle Ideen, die die Bundesregierung in diese Gespräche einspeist? Jetzt bleiben wir erst einmal beim Thema Iran.

StS Seibert: Ich werde jetzt die Gespräche, die die Kanzlerin in Moskau mit Präsident Putin führt, nicht weiter vorwegnehmen. Die Kanzlerin hat gestern - Sie haben es selber gesagt - mit Premierminister Johnson und Präsident Macron telefoniert. Die drei haben anschließend eine gemeinsame Erklärung herausgegeben. Sie haben noch einmal darauf verwiesen, dass diese drei Staaten die jüngsten Angriffe auf Koalitionstruppen im Irak verurteilt hatten und sie mehrfach Besorgnis über die negative Rolle zum Ausdruck gebracht haben, die der Iran in der Region spielt. Gleichzeitig haben sie alle beteiligten Akteure zu äußerster Zurückhaltung, zu Besonnenheit und Verantwortungsbewusstsein aufgerufen. Die Kanzlerin ist darüber hinaus mit weiteren Partnern im Gespräch. Sie hat heute Vormittag mit dem türkischen Präsidenten Erdogan telefoniert. Weitere Kontakte werden folgen.

Frage: Herr Seibert, plant die Bundesregierung eine Sicherheitsratsresolution im Zusammenhang mit dem Iran-Irak-Thema? Könnte das am Samstag bei der Kanzlerin in Moskau auch Thema sein?

Und etwas ausweitend dann noch eine Frage: Der Außenminister - das geht dann sicher auch ans AA - hat angekündigt, man werde relativ schnell Gespräche mit dem Irak aufnehmen. Haben solche Gespräche schon stattgefunden? Werden sie auch von der Kanzlerin geführt? Vor allem würde ich gern wissen: Mit wem redet man dort? Wer ist also der Ansprechpartner? Ist es Abd al-Mahdi, oder redet man auch mit dem Parlament? Könnten Sie uns da vielleicht eine Einordnung geben, was ja auch für den Einsatz der Bundeswehr-Soldaten im Irak wichtig ist.

StS Seibert: Auch mit der Führung des Irak wird natürlich der Kontakt gesucht. Wenn es dazu Informationen gibt, werde ich sie Ihnen zur Verfügung stellen. Ansonsten, denke ich, übernimmt das Auswärtige Amt die Beantwortung der Frage, was die UN usw. betrifft.

Breul: Ja, sehr gern. Die Frage, ob sich der Sicherheitsrat mit der Thematik befassen soll - ja oder nein -, das ist Thema der Gespräche, die wir jetzt mit unseren Partnern führen. Außenminister Maas wird dazu auch mit VN-Generalsekretär Guterres telefonieren und darüber diskutieren, ob es im Sicherheitsrat Ansatzpunkte zu einer Deeskalation geben kann. Das ist genau das Stichwort und die Zielsetzung unserer Gespräche.

Vielleicht geht das auch noch einmal in Ihre Richtung, Herr Kollege, dass wir jetzt nach Möglichkeiten und konkreten Maßnahmen suchen, wie es zur Deeskalation kommen kann. Das ist unsere ganz klare Zielrichtung. Wir haben als Europäer Gesprächskanäle in beide Richtungen. Wir nutzen sie intensiv. Herr Seibert hat es gerade schon für die Bundeskanzlerin gesagt.

Der Außenminister war quasi auch das ganze Wochenende am Telefon mit seinen europäischen Kollegen. Er hat mit Mike Pompeo, mit dem Nato-Generalsekretär und dem Hohen Vertreter der EU gesprochen. Die Drähte glühen also heiß. Es wird auch zeitnah - wie Sie wissen, kündigen wir so etwas nicht auf die Minute vorher an, weil es nicht genau planbar ist - ein Gespräch mit dem iranischen Außenminister geben.

Zusatzfrage: Sie haben jetzt nicht beantwortet, mit wem man dann auf irakischer Seite spricht.

Breul: Genau. Dazu wollte ich gerade kommen. Das war jetzt noch der Themenkomplex Iran.

Zum Themenkomplex Irak: Wir haben natürlich den Parlamentsbeschluss von gestern zur Kenntnis genommen. Wir suchen jetzt das Gespräch mit der irakischen Regierung um zu erfahren, wie sie das zukünftige Verhältnis jetzt gestalten will. Wir müssen sehen, wie die irakische Regierung nun den Parlamentsbeschluss genau annimmt, wie sie damit umgeht und welche Konsequenzen sich aus den irakischen Entscheidungen ergeben. Der Außenminister hat das gestern schon gesagt - ich glaube, auch heute Morgen noch einmal in einem Interview; ich würde es gern unterstreichen -: Wir werden jede Entscheidung des Irak respektieren. Niemand will ein militärisches Engagement im Irak gegen den Willen des irakischen Parlaments und der Regierung.

Also die Gespräche sind jetzt zu führen. Wir werden selbstverständlich auch über die Botschaft mit dem Parlament reden. Das ist uns wichtig. Das war uns auch ein großes Anliegen bei der letztmals anstehenden Mandatsverlängerung. Die Gespräche werden also, wenn ich das so pauschal sagen darf, mit allen Beteiligten geführt.

Zusatzfrage: In dem Zusammenhang wird ja die Forderung aus der Opposition laut, die deutschen Soldaten so schnell wie möglich abzuziehen. Da kommt dann vielleicht Herr Thiels wieder ins Gespräch.

Aber noch einmal eine Frage an Herrn Seibert im Zusammenhang mit der Pressemitteilung von gestern Abend von Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Dort wird ja ausdrücklich betont, dass man weiter an der IS-Bekämpfung als wichtiges Ziel festhalten möchte. Was ist der entscheidende Punkt, um die deutschen Soldaten dort abzuziehen? Ist es tatsächlich die Entscheidung des Parlaments im Irak? Welche Rolle spielen dabei die Amerikaner? Zudem gibt es ja unterschiedliche Mandate und unterschiedliche Einsätze für die Deutschen. Gilt für alle Einsätze das Gleiche? Oder gilt für den Unterstützungseinsatz, für die Ausbildung, etwas anderes als zum Beispiel für die Flugüberwachung? Könnten Sie das einmal auseinanderlegen?

StS Seibert: Vielleicht kann sich da im Detail auch noch der Kollege aus dem Verteidigungsministerium einbringen.

Ich will nur grundsätzlich sagen: Deutschland war immer der Souveränität und der Sicherheit des Irak verpflichtet. Es hat sich immer dazu bekannt und gemeinsam mit internationalen Partnern genau dieses, Sicherheit und Souveränität des Irak, auch politisch, finanziell und personell unterstützt. Daraus ergibt sich logisch, was Herr Breul gerade gesagt hat. Wir müssen und werden jede Entscheidung akzeptieren, die die irakische Regierung mit Blick auf die Anwesenheit ausländischer Streitkräfte im eigenen Land trifft.

Ich möchte trotzdem in Erinnerung rufen, dass es auch gilt, das Erreichte nicht unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse zu rasch aufzugeben. Das könnte ja Fortschritte bei der Stabilisierung des Landes, auch Fortschritte im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat, gefährden. Es ist unser Interesse, dass das möglichst nicht geschieht. Deswegen haben der französische Präsident und die beiden Regierungschefs gestern ja auch noch einmal den hohen Stellenwert herausgehoben, den es hat, diese Anti-IS-Koalition zusammenzuhalten. Daher haben sie auch die irakischen Stellen aufgefordert, dieser Koalition weiterhin die notwendige Unterstützung zu geben.

Frage: Herr Breul oder Herr Seibert, in welchem Rahmen wird denn die anscheinende Distanzierung oder sogar Auflösung des JCPOA durch den Iran zur Sprache kommen? Ist ein Treffen speziell zu dem Thema geplant?

Breul: Das sind ja unterschiedliche Themenkomplexe, die natürlich alle miteinander zusammenhängen, die zur Sprache kommen.

Zum JCPOA lassen Sie mich vielleicht einleitend sagen, dass wir die Ankündigung des Iran von gestern, die im JCPOA vereinbarte Begrenzung der Anzahl der Zentrifugen aufzugeben, zur Kenntnis genommen haben. Das wäre ein weiterer schwerwiegender Verstoß gegen das JCPOA, bedeutet aber nicht - das will ich auch betonen - automatisch das Ende der Vereinbarungen.

Unser Ziel bleibt es, die Vereinbarungen zu retten. Dazu sind wir im Gespräch, natürlich in erster Linie mit unseren britischen und französischen Partnern, aber auch mit der chinesischen Seite, der russischen Seite und den Beteiligten am Atomabkommen. Die Gespräche werden - Sie wissen, die Politischen Direktoren spielen da eine besondere Rolle - vor allem auf dieser Ebene geführt. Auch der Minister hat in dieser Sache schon mit seinen britischen und französischen Kollegen am Telefon gesprochen. Die Lage ist sehr im Fluss.

Was die Frage angeht, ob es in naher Zukunft ein Treffen geben wird, so ist es mir zurzeit nicht möglich, das örtlich und zeitlich enger einzugrenzen. Aber auch dazu gibt es Gespräche.

Frage: Noch einmal direkt anschließend: Herr Breul, der designierte österreichische Bundeskanzler hatte gestern Abend im "ZDF" Wien als möglichen Ort für ein Treffen ins Gespräch gebracht. Ist das schon konkreter geworden? Oder war das nur ein Vorschlag von Herrn Kurz?

An Herrn Seibert noch eine Nachfrage zum Treffen in Moskau: Ist das ein kurzfristig anberaumtes Treffen, oder stand das schon länger auf dem Terminkalender?

Breul: Die erste Frage kann ich kurz machen: Nein, es gibt noch keine konkreten Planungen. Sie wissen, Wien ist traditionell ein wichtiger Ort für die Nukleargespräche. Dafür gibt es viele Gründe, auch praktische Gründe. Aber es ist im Moment noch zu früh darüber zu reden, wann dort ein nächstes Treffen stattfindet.

StS Seibert: Es ist ein gemeinsam vereinbartes Treffen, das in der derzeitigen Lage besonderen Sinn macht.

Frage: Arbeitet die Bundesregierung an einer gemeinsamen europäischen Aktion, um die Deeskalation in der Region zu fördern?

Breul: Ich weiß nicht genau, was Sie mit "Aktion" meinen. Selbstverständlich - ich habe es gerade schon betont - sind wir Europäer in einer besonderen Rolle, weil wir Gesprächskanäle zu beiden Seiten haben, weil wir in der Region aktiv sind und vor allem den Irak unterstützen, weil wir Teilnehmer am JCPOA sind. Wir sind da also mittendrin und bemühen uns darum, Deeskalation zu erreichen.

Außenminister Maas hat am Wochenende sehr intensiven Kontakt mit dem Hohen Vertreter gehabt. Er hat ihn dazu aufgefordert, möglichst bald eine Sitzung der EU-Außenminister einzuberufen, also den turnusmäßigen Rat vorzuziehen. Dazu laufen derzeit die Gespräche. Ich glaube, die Terminfindung ist noch nicht abgeschlossen. Aber ich denke, es wird auch bald ein Treffen der EU-Außenminister geben.

Frage: Könnten Sie vielleicht einmal die aktuelle Sicherheitslage im Irak aus Sicht der Bundesregierung einschätzen und sagen, was das für einen möglichen Abzug der Truppen bedeuten könnte?

Breul: Wir hatten die Diskussion hier am Freitag schon etwas länger. Die Antwort ist für Sie nicht immer befriedigend. Aber das ist wirklich das Beste, was wir tun können, und das entspricht auch unserem Anspruch, immer aktuell zu sein.

Wenn das die Stoßrichtung Ihrer Frage ist, dann kann ich Ihnen sagen: Die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes sind laufend aktualisiert bei uns, unter anderem auf der Homepage, zu finden. Das zielt jetzt natürlich in erster Linie auf deutsche Bürgerinnen und Bürger, die sich womöglich im Irak aufhalten oder eine Reise dahin planen, von der wir ausdrücklich abraten. Das möchte ich jetzt noch einmal betonen.

Zum Einsatz der Bundeswehr - - -

Thiels: - - - kann ich gern ergänzen.

Wie Sie ja wissen, ist die Ausbildung der irakischen und kurdischen Sicherheitskräfte zurzeit ausgesetzt. Das basiert auf einer Sicherheitseinschätzung und Bewertung des kommandierenden Generals der Taskforce Operation "Inherent Resolve". Das ist ja diese Anti-IS-Koalition. Dem sind wir natürlich gefolgt.

Die Sicherheitslage wird sehr genau beobachtet. Die Verteidigungsministerin hat den Generalinspekteur angewiesen, in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Einsatzführungskommando genau darauf zu schauen, um auch sehr zeitnah eine Einschätzung zu bekommen, was das für unsere Soldatinnen und Soldaten bedeutet. Sie verlassen im Moment nicht die Lager. Das ist ein wesentlicher Punkt. Natürlich wird immer überprüft: Verändert sich die Sicherheitslage oder Ähnliches? Wir sind dann - davon können Sie ausgehen - auch sehr schnell reaktionsfähig.

Frage: Ich möchte doch noch einmal auf die Voraussetzungen des Mandats zu sprechen kommen. Bei allen Parlamentsentscheidungen ist immer von der Bundesregierung gesagt worden, Grundlage sei die Bitte der irakischen Regierung um solche Unterstützung. Diese Situation ist nach dem Parlamentsbeschluss gestern, der ja auch auf Wunsch des geschäftsführenden Ministerpräsidenten gefasst worden war, doch nicht mehr gegeben. Die Meldungslage von heute Morgen ist, dass die Regierung jetzt dabei sei, technisch umzusetzen, wie der Abzug fremder Truppen, zu dem auch die Bundeswehr gehört, umzusetzen sei. Herr Breul, Herr Seibert, müssten Sie bei dieser Lage jetzt nicht sagen: Wir bereiten uns ebenfalls auf einen Abzug der Bundeswehrkräfte vor, weil die Voraussetzung nicht mehr gegeben sind?

Breul: Ich kann gern dazu noch etwas sagen. Herr Kollege, Sie haben im Grunde genommen Ihre Frage selbst beantwortet. Sie haben von einer Einladung der Regierung und einem Beschluss des Parlaments gesprochen. Genauso war es. Jetzt reden wir mit der Regierung - das habe ich gerade schon erwähnt - über diese Fragen, wie die Regierung jetzt mit diesem Beschluss des Parlaments umgehen möchte und wie sie sich den weiteren Umgang mit den Partnern wünscht.

Auch diesen Punkt möchte ich noch einmal unterstreichen; Herr Seibert hat ihn ja gemacht. Wir sind Partner der irakischen Streitkräfte im Irak. Gemeinsam haben wir den Kampf gegen den IS bestritten. Wir haben einen wichtigen Beitrag geleistet, militärisch, aber auch zivil und mit Stabilisierungsbeiträgen. Wir sind der Überzeugung - das ist gestern in der Erklärung der Regierungschefs sehr deutlich geworden: Der IS ist weiter nicht besiegt; er stellt nach wie vor eine ernste Bedrohung dar. Daher machen wir uns große Sorgen, dass es ohne das Engagement der internationalen Gemeinschaft gegen IS eine erneute und weitere Destabilisierung geben wird.

Das ist die Art von Gesprächen, die wir sehr konstruktiv mit der irakischen Seite führen. Sie sind nicht dazu da, jemandem etwas aufzudrängen. Wir sind Partner der irakischen Regierung, erfolgreiche Partner. Unsere Mission ist nicht erfüllt. Diese Diskussion führen wir jetzt mit der irakischen Seite.

Zusatzfrage: Ich finde nicht, dass sich die Frage von selbst beantwortet hat. Denn die Einladung, auf die Sie sich berufen, wurde faktisch gecancelt. Sie wurde zurückgenommen. Sie gilt doch nicht mehr. Wenn ein Parlament auf Wunsch der Regierung beschließt "Wir möchten, dass diese Truppen rausgehen", dann können Sie doch nicht mehr von einer existierenden Einladung ausgehen.

Zum Zweiten, da Sie sagen, wir drängen niemandem etwas auf: Da tut sich eine Kluft zum Verhalten der US-Regierung auf. Donald Trump hat erklärt, die USA würden auf jeden Fall bleiben. Wenn der Irak darauf beharre, sie rauszubringen, dann würde es Sanktionen nie vorher gesehenen Ausmaßes geben und es würde teuer werden. Das ist klassischerweise mindestens das, was man Aufdrängen nennt. Wie verhält sich die Bundesregierung zu diesem Ansatz des Bündnispartners?

Breul: Ich glaube nicht, dass Herr Trump für die Bundesregierung spricht.

Zusatzfrage: Nein, aber er ist Bündnispartner. Die Anti-IS-Koalition wird wesentlich von der USA mit geleitet. Deswegen ist die Frage legitim: Wie verhalten Sie sich? Da tut sich doch eine wachsende Kluft im Verhalten, in der Strategie, auf.

Breul: Wie in der Vergangenheit auch tun wir gut daran, hier nicht in die Kommentierung von Threads einzusteigen, sondern wir reden mit den Beteiligten. Wir reden jetzt in erster Linie mit der irakischen Regierung. Wir reden mit unseren europäischen Partnern, und wir reden natürlich auch im Rahmen der Anti-IS-Koalition. Auch da hat Außenminister Maas vorgeschlagen, möglichst bald ein Treffen dieser Gruppe abzuhalten.

Frage: Ich würde gern noch einmal auf die Ermordung von Soleimani, aber auch des irakischen Generals Abu Mahdi al-Muhandis, zu sprechen kommen. Da hat die irakische Regierung ja auch schon in zwei Briefen die Vereinten Nationen aufgerufen, die Tötung sowohl von Soleimani als auch Abu Mahdi zu verurteilen. Hat die Bundesregierung auch so eine Aufforderung bekommen, und verurteilen Sie zumindest den Drohnenangriff auf den irakischen General?

Breul: Von einer Aufforderung ist mir jetzt nichts bekannt. Ansonsten haben wir am Freitag hier schon eine erste Einschätzung zu dem Militärschlag gegeben. Daran hat sich heute, am Montagmorgen, nichts geändert.

Zusatzfrage: Am Freitag war leider keine Rede von Ramstein. So ein Drohnenangriff kann ja nur durch die Relaisstation in Ramstein passieren. Wie beurteilen Sie die deutsche Rolle an der Ermordung der beiden Generäle?

Breul: Ich glaube nicht, dass das richtig ist, was Sie über die Relaisstation sagen. Wir haben keine Erkenntnisse darüber, dass Ramstein bei dem konkreten Luftschlag in irgendeiner Form beteiligt wäre.

Aber - das will ich hier gerne noch einmal unterstreichen - die USA sind verpflichtet, auf ihren Stützpunkten in Deutschland deutsches Recht und Völkerrecht einzuhalten, und das haben sie uns auch zugesichert.

Frage: Ich würde gerne vom Verteidigungsministerium wissen, inwieweit die Soldaten ob der neuen Lage überhaupt noch ihre Mission vor Ort erfüllen können. Wie hat sich die Arbeit eben in den vergangenen Tagen verändert?

Thiels: Wir haben ja gesagt, dass die Ausbildung derzeit ausgesetzt ist. Das heißt, im Moment machen die andere Arbeiten, bereiten mögliche neue Ausbildungen und Ähnliches vor. Aber natürlich hängen wir da jetzt ein Stück weit in der Luft, weil wir sehen müssen, wie sich die irakische Seite positioniert. Insofern findet jetzt keine Ausbildung statt. Für die Soldaten bedeutet das - das hatte ich ja eben schon einmal skizziert -, dass sie die Lager auch aus Sicherheitsgründen nicht verlassen. Jetzt müssen wir eben abwarten, wie sich die irakische Seite positioniert und daraus dann entsprechende Konsequenzen ziehen.

Zusatzfrage: Wie lange ergibt eine solche Haltung des Abwartens aus Ihrer Sicht Sinn?

Thiels: Es wäre natürlich umso besser, je früher wir Klarheit hätten; das ist völlig klar. Man kann nicht über Monate hinweg in einem solchen Schwebezustand bleiben. Ich glaube, daran hat auch niemand Interesse.

Frage: Ich habe zwei Fragen, zuerst an das Außenministerium. Es gibt ein Zitat, das eigentlich Kopfzerbrechen bereitet:

"US-Außenminister Mike Pompeo beteuerte, seine Regierung sei nun um eine 'Deeskalation' bemüht. Zudem erklärte Pompeo, er habe mit Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) über die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump gesprochen, Soleimani in einer 'defensiven' Aktion zu 'eliminieren'."

Wie bewerten Sie überhaupt diese Berichterstattung, die im "Münchner Merkur" zu lesen ist, auch heute aktualisiert?

Breul: Wie üblich äußern wir uns ja nicht zu Berichterstattungen. Darum möchte ich jetzt nicht die Berichterstattung des "Münchner Merkur" bewerten.

Ich kann Ihnen aber sagen: Es ist richtig, dass die beiden Außenminister telefoniert haben und dass Herr Pompeo Herrn Maas unterrichtet hat. Ich glaube, es gibt dazu auch einen Tweet mehr oder weniger des gleichen Inhalts von Herrn Pompeo. Der amerikanische Außenminister hat das gesagt, was ja auch medienöffentlich danach von den Amerikanern gesagt wurde, nämlich dass die amerikanische Begründung für den Luftschlag eine eminente Bedrohung durch General Soleimani ist und war.

Zusatzfrage: Fand das Telefonat vor oder nach der amerikanischen Tötung von General Soleimani statt?

Breul: Danach.

Zusatzfrage: Dann komme ich zu meiner zweiten Frage. Es geht um den angekündigten fünften Schritt des Iran in Bezug auf das JCPOA. Wie bewerten Sie erstens überhaupt diesen Schritt?

Halten Sie es zweitens für möglich, dass das EU-Trio infolge dieser Entwicklung auch das Abkommen aufkündigt? Die Frage geht an die Bundesregierung.

StS Seibert: Ich kann nur wiederholen, was Herr Breul hier vorhin schon im Ansatz gesagt hat und was hier immer und immer wieder gesagt worden ist: Wir haben als Bundesregierung weiterhin großes Interesse am Erhalt des Nuklearabkommens, des JCPOA, und dafür setzen wir uns gemeinsam und intensiv mit unseren Partnern ein. Es besorgt uns sehr, dass der Iran mehrere seiner Verpflichtungen nicht mehr einhält und dass er nun angekündigt hat, weitere Verpflichtungen nicht mehr einhalten zu wollen. Das ist ein weiterer falscher Schritt in die falsche Richtung und wirft natürlich schwerwiegende Fragen hinsichtlich der Zukunft dieses Abkommens auf. Deswegen gab es in der gestrigen Merkel-Macron-Johnson-Erklärung auch noch einmal den dringlichen Aufruf an den Iran vonseiten Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs, sämtliche Maßnahmen zurückzunehmen, die nicht mit dem JCPOA im Einklang stehen.

Wir stehen in sehr engem Austausch mit unseren E3-Partnern und mit der EU, und dem will ich jetzt nicht vorgreifen. Aber es ist ganz klar: Wir meinen, auch der Iran müsste weiterhin ganz klar sein Interesse daran sehen, in diesem Nuklearabkommen zu verbleiben. Wir wollen gerne daran arbeiten, müssen aber jetzt zur Kenntnis nehmen, dass dabei ein falscher Schritt nach dem anderen gegangen worden ist.

Zusatzfrage: Gesetzt den Fall - nehmen wir an -, die Entwicklung wird zur Folge haben, dass auch die Europäer austreten, als wie groß sehen Sie die Wahrscheinlichkeit für einen Ausstieg Irans aus dem Atomwaffensperrvertrag an? Ist das für Sie überhaupt ein Thema oder nicht?

Breul: Ehrlich gesagt: Für uns ist ein Thema, das JCPOA zu bewahren. Ich möchte dem, was Herr Seibert gerade gesagt hat, vielleicht noch hinzufügen, dass wir das nüchtern betrachten werden. Wie auch in der Vergangenheit reagieren wir nicht auf Ankündigungen, sondern auf das, was uns die IAEO berichtet. Die Fortsetzung der Zusammenarbeit Irans mit der IAEO bleibt daher von sehr großer - um nicht zu sagen zentraler - Bedeutung. Diese Zusammenarbeit fortzusetzen, hat der Iran gestern angekündigt. Nur so kann man die Transparenz erreichen, sodass die Weltgemeinschaft verlässlich verifizieren kann, welche Schritte der Iran tatsächlich unternimmt. Gleichzeitig ist klar: Mehr Zentrifugen ohne erkennbaren zivilen Nutzen untergraben die Nichtverbreitungsfunktion des JCPOA.

Frage: Ich würde ganz gerne noch einmal auf die gemeinsame Erklärung von Macron, Merkel und Johnson zurückkommen. In dieser wird ja ausschließlich der Iran dazu aufgefordert, zu deeskalieren. Mich würde interessieren, aus was für Beweggründen man darauf verzichtet hat, auch die USA explizit zur Deeskalation aufzufordern?

StS Seibert: Wenn ich aus der gemeinsamen Erklärung zitieren darf:

"Wir appellieren an alle beteiligten Akteure, äußerste Zurückhaltung und Verantwortungsbewusstsein an den Tag zu legen."

Dann kommt der Abschnitt:

"Wir rufen insbesondere Iran auf, von weiteren gewalttätigen Aktionen oder deren Unterstützung abzusehen."

Vielleicht muss man noch einmal daran erinnern, dass mit General Soleimani ein Mann getötet wurde, der unzweifelhaft für eine Vielzahl von terroristischen Aktionen und Gewalttaten verantwortlich war und der aus diesem Grunde in den vergangenen Jahren sowohl von der UN als auch von der EU für diese Aktionen auch gelistet war.

Zusatzfrage: Eine Zusatzfrage und eine kurze Bemerkung - - -

Vors. Buschow: Nein, keine Bemerkung! Nachfragen sind eigentlich - - -

Zusatzfrage: Ja, die kommt auch noch. - Aber nicht nur Herr Soleimani wurde ermordet!

Meine Frage bezieht sich auf die Äußerung der UN-Berichterstatterin zu außergerichtlichen Tötungen beziehungsweise Hinrichtungen, Frau Agnes Callamard, die diese zielgerichtete Tötung von Soleimani und einem Dutzend anderer Personen als sowohl völker- als auch menschenrechtswidrig bezeichnet hat. Mich würde interessieren, inwieweit die Bundesregierung und vielleicht explizit auch das Auswärtige Amt die Einschätzung der UN-Berichterstatterin teilen.

Breul: Mir liegt die Äußerung hier nicht im Einzelnen vor. Ich bin mir sicher, dass sie uns bekannt ist.

Zur allgemeinen völkerrechtlichen Einordnung hatte Herr Burger am Freitag hier schon ein paar Sätze gesagt. Wir haben die Begründung der USA dafür gesehen. Die Informationen dafür, die Begründung nachzuvollziehen, fehlen uns aber. Für uns ist klar: Militärische Gewalt kann immer nur das allerletzte Mittel sein. Aus gutem Grund gibt es im Völkerrecht eng gesteckte Grenzen für die Anwendung von Gewalt, und an dieser Errungenschaft wollen wir als Bundesregierung ausdrücklich festhalten.

Frage: Herr Seibert, wäre ein Angriff auf Kulturstätten des Iran aus Sicht der Bundesregierung ein Kriegsverbrechen?

An das Auswärtige Amt habe ich noch eine Frage zum Iran. Gestern ist wohl der Geschäftsträger einbestellt worden. Es war nicht zu klären, wo der deutsche Botschafter ist. Können Sie bitte kurz Aufklärung darüber geben, wer denn jetzt Ansprechpartner war? Wer ist einbestellt worden?

In diesem Zusammenhang wird vom Iran der Vorwurf erhoben, dass es unangemessene Äußerungen von deutschen Offiziellen geben würde. Weiß man mittlerweile, was die Iraner damit meinen oder wen sie damit meinen?

Breul: Zur zweiten Frage: Es ist richtig, dass der Gesandte gestern auf besondere Bitte der iranischen Seite im iranischen Außenministerium ein Gespräch geführt hat. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass das vom Gesandten wahrgenommen wird. Das ist der Vertreter des Botschafters, wenn der aus dem einen oder anderen Grund verhindert sein sollte. Das ist also sozusagen ein ganz übliches Prozedere. Wenn wir solche Gespräche hier in Berlin führen, dann kommt der Botschafter oder der beziehungsweise die Gesandte. Das hat jetzt also sozusagen keine politische Bedeutung.

Über den Inhalt der Gespräche - es ist so wie immer - können wir keine detaillierte Auskunft geben. Aber Sie können sich sicherlich vorstellen, dass die Argumente, die der Iran öffentlich vorgebracht hat, und die Unzufriedenheit mit einigen deutschen Einlassungen, die da vorherrscht, auch in dem Gespräch zur Sprache kamen.

Zusatzfrage: Jetzt haben Sie aber auf beide Fragen nicht geantwortet. Das kann ich auch verstehen, aber es ist nicht zufriedenstellend.

Weiß man, was der eine oder andere Grund gewesen ist, der den Botschafter daran gehindert hat, an dem Gespräch teilzunehmen oder das Gespräch wahrzunehmen?

Zweite Frage: Können wir nicht erfahren - das fragt man sich ja tatsächlich -, was die offiziellen Äußerungen aus Deutschland waren, die die Iraner verärgert haben?

Dann erinnere ich noch an die Frage nach den Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit Angriffen auf Kulturgüter.

StS Seibert: Dann fange ich vielleicht kurz an. Was als Kriegsverbrechen zu werten ist, entscheidet ja nicht die Bundesregierung oder irgendeine Regierung im Alleingang, sondern das entscheiden die weltweit gültigen Normen und Konventionen. Darin muss man nachschauen, wenn man sehen will, wie Angriffe auf Kulturstätten bewertet werden, und das wird dann auch gelten.

Breul: Ich kann dem vielleicht nur hinzufügen, und vielleicht haben Sie es gesehen: Außenminister Pompeo hat sich ja zu diesem Themenkomplex auch geäußert und gesagt, dass sich die USA bei etwaigen Reaktionen auf einen iranischen Militärschlag strikt an das humanitäre Völkerrecht halten würden. Das ist natürlich genau das, was wir auch nicht nur von den USA, sondern insgesamt einfordern, nämlich Respekt vor dem humanitären Völkerrecht.

Dann komme ich zu der Frage nach dem Botschafter. Ich persönlich weiß es schlicht nicht. Ich kann einmal schauen, ob ich Ihnen nachreichen kann, warum er jetzt an diesem Gespräch nicht teilnehmen konnte.

Was die iranischen Vorwürfe sind, müssten Sie eigentlich, streng genommen, die iranische Seite fragen. Aber ich denke, dass Ihre Kreativität dazu ausreicht, sich vorzustellen, dass das nicht unbedingt die Interpretation der iranischen Seite ist, wenn Sie sich die Statements der Bundesregierung anschauen, in denen ja - darauf wurde auch am Freitag hingewiesen - noch einmal deutlich gemacht wurde, welche Rolle Herr Soleimani in der Vergangenheit gespielt hat.

Frage: An die Kulturstättenfrage anknüpfend, Herr Breul: Für das Auswärtige Amt ist die auswärtige Kulturpolitik ja eine der drei Säulen, und wenn ich mich recht entsinne, dann haben Sie vor etwa zwei Jahren eine eigene Konferenz zum Schutz oder Wiederaufbau von Kulturstätten einberufen, die in Syrien zerstört worden waren. In diesem Zusammenhang hat das Auswärtige Amt von, denke ich, völkerrechtswidrigen und menschenrechtswidrigen Aktionen gesprochen. Darf man also davon ausgehen, dass genau dieser Maßstab auch wieder angelegt werden würde, wenn im Iran Kulturstätten angegriffen werden würden?

Zum Zweiten: Hat Außenminister Pompeo, der gestern die Bundesrepublik explizit angesprochen hat, indem er sagte, auch Deutschland müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Tötung des Generals Deutschland vor weiteren Schäden bewahrt habe, eigentlich in irgendeiner Weise gegenüber der Bundesregierung ausgeführt, vor welchen konkreten Schäden, die nachweisbar direkt in Planung waren, diese Hinrichtung Deutschland bewahrt hat?

Breul: Zu Ihrer ersten Frage: Es ist vollkommen richtig, dass der Schutz von Kulturgütern für uns im Auswärtigen Amt ein zentrales Anliegen ist. Ich glaube, wir müssen gar nicht so weit zurückgehen - zwei oder drei Jahre -, wenn wir daran denken, wann dazu die letzte Konferenz bei uns stattfand. Das ist für uns ein fortlaufendes Thema. Ich kann Ihnen auch abstrakt sagen, dass die gezielte Zerstörung von Kulturgütern durch wen auch immer in einem bewaffneten Konflikt eine Verletzung des humanitären Völkerrechts darstellt.

Zu Ihrer zweiten Frage nach den Äußerungen von Herrn Pompeo: Die möchte ich im Einzelnen nicht kommentieren. Wir haben das als eine Reaktion auf die öffentlichen Äußerungen der (akustisch unverständlich) wahrgenommen. Wir führen Gespräche mit der amerikanischen Regierung und stellen darin auch noch einmal unsere Position dar. Gezielte und weitergehende Informationen - das erzählte ich vorhin schon -, die es uns erlauben würden, die völkerrechtliche Begründung nachzuvollziehen, liegen uns derzeit nicht vor.

Zusatzfrage: Da nun aber Präsident Trump explizit angekündigt hat, dass auch Kulturgüter auf der Liste der 52 Ziele stehen würden: Wie bewerten Sie eine solche Ankündigung?

Breul: Ich habe es vorhin schon einmal gesagt, und ich weiß gar nicht, wie oft ich es hier schon gesagt habe, dass wir die Äußerungen auf Twitter hier aus gutem Grunde nicht kommentieren.

Frage: Herr Breul, um das noch einmal zu verstehen: Hat die Bundesregierung die amerikanische Seite um Informationen gebeten, die von amerikanischer Seite als Rechtfertigung für diese gezielten Tötungen angeführt wurden?

Sie hatten ja die iranische Interpretation der Aussagen vom Freitag angesprochen. In Teheran wurde das so empfunden, als hätte die Bundesregierung diese Aggressionen, von denen gesprochen wurde, als Rechtfertigung für die Tötung Soleimanis angesehen. War diese Interpretation der iranischen Seite korrekt? Sieht die Bundesregierung die Tötung Soleimanis als gerechtfertigt an?

Breul: Da begeben wir uns ja quasi auf eine Ebene einer zweiten Ableitung, einer Interpretation von Äußerungen von uns durch einen anderen. Unsere Äußerungen stehen für sich, und jedem steht es zu, die zu interpretieren oder auch nicht. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Zum ersten Themenkomplex: Wir sprechen mit den USA. Wir sprechen mit unseren Verbündeten, und zwar über alle Elemente, die dieser ganze Themenkomplex umfasst.

Zusatzfrage: Sie sprechen also mit denen, haben aber nicht explizit um Informationen gebeten. Ist das korrekt?

Breul: Wir sprechen mit ihnen.

Frage: Wie kommen Sie denn darauf, dass Ramstein keine Rolle bei diesem Drohnenangriff gespielt hat? Das ist ja die einzige Relaisstation, und Sie haben selbst im Bundestag zugegeben, dass diese Relaisstationen für die Planung, Überwachung und Auswertung von Drohnenangriffen der Amerikaner im Nahen Osten, im Mittleren Osten, im Irak und im Jemen zuständig sind. Der Kollege hat gerade auch gefragt, ob Sie sich aktiv um Kenntnisse gekümmert haben. Sie sind ja auch gerichtlich dazu verpflichtet, das völkerrechtlich zu überprüfen und bei den Amerikanern nachzufragen. Was haben Sie in Sachen Ramstein konkret zu erfahren versucht?

Breul: Herr Kollege, ich habe für Sie eigentlich immer meinen Ramstein-Zettel dabei; heute nicht. Wenn ich es mir richtig gemerkt habe, dann ist - das ist der Punkt, den ich vorhin ansprechen wollte - Ramstein eine Relaisstation, aber es ist nicht richtig, dass es, wie Sie sagen, die einzige Relaisstation der Amerikaner ist.

Zuruf : Für diese Gebiete!

Breul: Generell kann ich Ihnen sagen, dass die Bundesregierung mit den USA in einem regelmäßigen und vertrauensvollen Austausch zur Rolle des US-Luftwaffenstützpunktes Ramstein steht, und das werden wir auch in Zukunft so weiterführen.

Zusatzfrage: Das Erste - auch noch einmal zu der Frage von dem Kollegen -, was Frau Demmer am Freitag hier gesagt hat, ist: "Das amerikanische Vorgehen ist eine Reaktion auf eine ganze Reihe von militärischen Provokationen, für die der Iran Verantwortung trägt." Das ist so eine Rechtfertigung für die Ermordung, oder nicht, Herr Seibert?

StS Seibert: Wie Sie das wahrnehmen, ist erst einmal Ihre Sache. Frau Demmer hat darauf hingewiesen, dass der militärischen Aktion vom 3. Januar Aktionen des Iran vorangingen. Das wissen wir alle hier im Raum. Da gab es die Angriffe auf die Tanker in der Straße von Hormus, die Angriffe auf die saudischen Ölanlagen, die Angriffe auf die Koalitionstruppen im Irak und den Angriff - er lag ja nun gerade erst wenige Tage zurück - auf die US-Botschaft in Bagdad. Darauf hat Frau Demmer hingewiesen. Wir haben immer wieder betont, und dies ist vielleicht eine Gelegenheit dafür, es noch einmal zu tun, dass wir genau diese regionalen Aktivitäten des Iran sehr kritisch sehen und dass sie eine negative Rolle in dieser Region spielen.

Frage: Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat ja für heute Nachmittag zu einem Treffen der Nato-Mitgliedstaaten aufgerufen. Meine Frage: Vielleicht können Sie uns daran teilhaben lassen, was auf der Tagesordnung steht.

Ist es möglich oder rechnen Sie damit, dass die USA auch um Beistand fragen werden?

Breul: Ja, genau, es wird heute Nachmittag eine Sitzung des Nordatlantikrates auf Botschafterebene geben, die aufgrund der aktuellen Ereignisse kurzfristig einberufen wurde. Ich glaube, wie üblich können wir sozusagen die Details nicht vorwegnehmen. Aber Sie sind sich ja bewusst, dass auch die Nato vor Ort im Irak präsent ist und dass sich die Fragen, die wir uns national stellen, natürlich auch für das Bündnis stellen. Dafür, dass ein Artikel-5-Fall - das ist ja sozusagen der Bündnisfall, die Verteidigung -, in irgendeiner Form beraten wird, haben wir keinerlei Anzeichen.

Zusatzfrage: Wenn Sie sagen "die Fragen, die so im Raum stehen": Welche Fragen sind das?

Breul: Na ja, die Fragen, die Sie uns zum Beispiel heute schon gestellt haben, nämlich: Was machen die Soldatinnen und Soldaten vor Ort, welche Möglichkeiten haben sie, den Aufgaben nachzugehen, gibt es Sicherheitsthemen usw.? Genau diese Fragen betreffen natürlich auch die Nato-Missionen, also ganz praktische Konsequenzen aus den aktuellen politischen Entwicklungen.

Frage: Herr Seibert, Herr Söder hat am Wochenende gesagt, er könne sich sehr gut zur Mitte der Legislaturperiode eine Verjüngung des Kabinetts vorstellen. Kann die Kanzlerin sich das auch vorstellen? Gibt es solche Gedankenspiele oder eine Planung zu einer Kabinettsumbildung noch in diesem Jahr auch bei der Kanzlerin?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin arbeitet mit allen Ministerinnen, mit allen Ministern gut und gerne zusammen. Diese Bundesregierung hat eine Vielzahl von Projekten für diese Legislaturperiode, und gewiss ist es so, dass wir dabei an manchen Stellen auch noch Tempo oder Dynamik zulegen könnten. Das Essenzielle ist aber: Sie arbeitet gern mit allen Ministerinnen und Ministern zusammen.

Frage: Herr Seibert, können Sie uns sagen, an welchen Stellen die Kanzlerin da ganz gerne mehr Tempo machen würde, und uns das vielleicht thematisch nennen? Auch Herr Söder hatte ja keine Namen genannt, sondern eher die Themen identifiziert, bei denen er sich mehr Schwung erhofft.

StS Seibert: Da könnten wir jetzt viele Themen durchgehen; ich weiß nicht, ob das nicht den Rahmen sprengen würde. Es ist immer wieder betont worden, dass wir bei der Digitalisierung insgesamt - und das ist ja ein sehr breites Feld und sehr facettenreich - mehr Dynamik haben müssen, und diese Bundesregierung hat eine erhebliche Dynamik in dieses politische Feld hineingebracht, indem sie das Thema der Digitalisierung so zentral in ihrer Arbeit angesiedelt hat wie noch keine Bundesregierung davor. Trotzdem kann man da sicherlich immer noch zulegen.

Frage: Nachdem sich der Innenminister heute bereits geäußert hat und gesagt hat, er hoffe, dass er noch einige Tage das Ministerium führen könne - er hat das wohl ironisch gemeint -: Welche Rolle spielt denn für die Bundeskanzlerin das Alter des Innenministers, der jetzt ja 70 Jahre alt ist? Wenn es um die Verjüngung geht, denkt man insofern natürlich an ihn.

Für die Kabinettszusammensetzung ist ja jede Partei für ihre eigenen dort hinein entsandten Minister zuständig. Ist es möglich, dass Herr Söder da auch etwas für die CDU-Minister sagt?

StS Seibert: Ich werde Ihnen jetzt nicht den Gefallen tun, die einzelnen Kabinettsmitglieder nach ihren Geburtsdaten durchzugehen. Es bleibt bei dem, was ich für die Bundeskanzlerin gesagt habe: Sie arbeitet mit allen Ministern und Ministerinnen gern und gut zusammen.

Frage: Ich habe zwei Fragen zum Thema Klimapolitik, erst an Herrn Haufe und dann auch an Frau Einhorn.

Herr Haufe, Experten gehen davon aus, dass sich die CO2-Emissionen in Deutschland im Jahr 2019 etwas verringert haben und dass womöglich sogar das Klimaschutzziel für 2020 wieder in greifbare Nähe rückt. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung dazu? Was tun Sie aktiv, um bereits 2020 das Klimaschutzziel von minus 40 Prozent zu erreichen, insbesondere auch, was den Ausbau erneuerbarer Energien betrifft?

Dazu passend die Frage an Frau Einhorn: Was ist beim berühmten Kohleausstiegsgesetz, das Sie ja auf dieses Jahr verschoben haben, der Stand der Dinge? Für wann rechnen Sie mit einem Kabinettsbeschluss? Ist der Passus zum Mindestabstand von Windkraftanlagen aktuell noch in diesem Gesetz enthalten?

Haufe: Bezüglich der Daten zu den Treibhausgasemissionen warten wir einmal die Berechnungen des Umweltbundesamtes ab, die ja in den nächsten Wochen vorgelegt werden. Da wird es die erste Nahzeitprognose für das vergangene Jahr geben. Dann werden auch sehr schnell die sicheren Daten für 2018 vorliegen, und dann können wir schauen, ob dieser Trend, den Sie hier ansprechen, zu sehen ist - ich will da jetzt nichts vorwegnehmen.

Ansonsten kann ich nur sagen, dass die beiden Worte Tempo und Dynamik für die Umweltministerin in ihren Bereichen und für die gesamte Bundesregierung natürlich sehr gut klingen; denn die Frage des Klimaschutzes wird sich natürlich im Bereich des Ausbaus der erneuerbaren Energien und im Verkehr entscheiden. Auf diesen beiden Feldern haben wir noch einige Aufgaben zu lösen; dessen ist sich die Umweltministerin sehr bewusst und dementsprechend stellt sie sich auch auf.

Den Ausbau der erneuerbaren Energien haben Sie gerade angesprochen: Den besprechen wir gerade insoweit, als wir die nächste Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorlegen müssen - da ist das BMWi federführend, insofern kann die Kollegin gleich sicherlich etwas dazu sagen. Die Diskussion ist bekannt, die Punkte sind bekannt, da hat sich nichts verändert. Für uns ist klar, dass gerade der Ausbau der Windenergie entscheidend ist. Es muss ein deutliches Signal geben, dass dieser Ausbau schon in diesem Jahr wieder eine Dynamik erfährt, die unseren Klimazielen gerecht wird.

Zusatzfrage: Gehen Sie davon aus, dass 2020 das Klimaziel für Deutschland erreichbar ist?

Haufe: Ich kann Ihnen hier keine hypothetischen Fragen beantworten, wir müssen uns erst einmal die Daten anschauen. Wir haben ja Behörden in Deutschland - - Wir haben ein Treibhausgasregister, und dort lässt sich diese Frage beantworten. Die Daten in diesem Treibhausgasregister werden gerade quasi für die Veröffentlichung vorbereitet und noch einmal überprüft. Das dauert noch ein paar Wochen, und dann legen wir die vor, so wie wir das jedes Jahr tun. Ich werde heute, in der ersten Januarwoche, also sicherlich nichts dazu sagen können.

Einhorn: Zum Kohleausstiegsgesetz kann ich Ihnen noch keinen neuen Stand berichten. Es ist so, wie das Ende 2019 auch gesagt wurde: Das Gesetz befindet sich noch in der Ressortabstimmung. Da geht es ja einerseits um den Kohleausstieg, aber auch um flankierende Regelungen, und das ist insgesamt ein komplexes Vorhaben. Wir haben den Anspruch, das alles in einem Gesetz umzusetzen, und nehmen uns deshalb auch die Zeit, die wir dafür benötigen, um das im Austausch mit den Ressorts dann auch ordentlich hinzubekommen.

Was den Abstand der Windräder angeht: Das ist ja möglicherweise ein Teil eines Pakets, und dazu äußern wir uns nicht; wir geben hier keine Zwischenstände bekannt. Aber auch für das Bundeswirtschaftsministerium gilt, was der Kollege aus dem Umweltministerium gerade gesagt hat, nämlich dass der Ausbau der Windenergie an Land für uns ein zentrales Thema ist. Deswegen hat Wirtschaftsminister Altmaier vor einigen Wochen einen Aktionsplan zum Ausbau der Windenergie an Land vorgelegt, der 18 konkrete Maßnahmen beinhaltet, mit denen das beschleunigt werden kann und sollte. Die Maßnahmen richten sich an viele Häuser, nicht nur an unser Ressort. Da geht es unter anderem darum, die Genehmigungen zu beschleunigen, weil es ein großer Hemmschuh ist, dass die Genehmigungsprozesse zu lange dauern. Wir sind dabei, das mit Hochdruck umzusetzen, und das gilt genauso auch für das Kohleausstiegsgesetz.

Frage: Auch zum Kohleausstiegsgesetz: Herr Seibert hatte ja gerade davon gesprochen, dass Frau Merkel an einigen Stellen mehr Dynamik entfachen wollen, und man hört, dass sie auch das Kohleausstiegsgesetz beziehungsweise diesen Beschluss dynamischer fassen will und Gespräche mit diversen Ministerpräsidenten plane. Meine Frage ist: Stimmt es, dass Frau Merkel das Gesetz in ihre Hände nehmen will? Wann sollen diese Gespräche stattfinden, und mit welchen Ministerpräsidenten oder welchen anderen Gesprächspartnern will sie darüber sprechen?

StS Seibert: Da werde ich Ihnen eine Antwort nachreichen müssen. Nach meinem Wissen geht es zunächst um Gespräche zwischen dem Chef des Bundeskanzleramts und dem Chef der Staatskanzleien, aber ich werde eine Antwort nachreichen.

Frage: Konkret noch einmal zum Kohleausstieg und zu Datteln 4: Frau Einhorn, geht Ihr Ministerium davon aus, dass Datteln 4 dieses Jahr - jetzt bald, in den nächsten Wochen - ans Netz geht?

Herr Haufe, Ihr Staatssekretär Herr Flasbarth hat sich ja dazu geäußert und gemeint, es sei vertretbar, dass dieses neue Kohlekraftwerk ans Netz geht. Sieht die Umweltministerin das auch so?

Einhorn: Auch bei Datteln 4 ist es so, dass ich hier jetzt keinen neuen Stand berichten kann. Wir sind im Gespräch mit dem Kraftwerksbetreiber, und wenn es dazu kommen sollte, dass das Kraftwerk ans Netz geht, dann würde darüber der Kraftwerksbetreiber auch informieren.

Haufe: Der Staatssekretär und die Ministerin stimmen sich sicherlich über ihre Kommunikation ab. Was Datteln 4 angeht, kann ich nur sagen, dass darüber noch keine endgültige Entscheidung gefallen ist. Diese Entscheidung fällt, wie gesagt, bekannterweise im Rahmen des Kohleausstiegsgesetzes insgesamt. Er hat diese Äußerungen aber gemacht. Ich hatte hier in der Regierungspressekonferenz auch schon darauf hingewiesen, dass die Menge an Energie, die aus Kohlekraft gewonnen wird, festgelegt wird. Diese Menge wird schrittweise absinken müssen; das ist zwangsläufig so, wenn man einen Kohleausstieg plant. Diese Energiemenge aus Kohlekraft wird also in verschiedenen Zeitschritten absinken müssen. Insofern ist erst einmal nicht entscheidend, aus welchem Kraftwerkspark die Kohleenergie kommt, sondern, dass die Menge insgesamt Schritt für Schritt absinkt. Das ist Teil des Gesetzes, das jetzt kommen soll.

Zusatzfrage: Das heißt, wenn wir jetzt alle schreiben, das Bundesumweltministerium finde Datteln 4 vertretbar, dann ist das richtig?

Haufe: Der Staatssekretär hat sich geäußert, wie er sich geäußert hat, -

Zusatz: In Absprache mit der Ministerin.

Haufe: - und dieses Zitat von Herrn Flasbarth kann ich hier jetzt natürlich nicht zurücknehmen. Er hat es auch nicht zurückgenommen, sondern er steht zu dieser Aussage, so wie er sie getroffen hat.

Zusatzfrage: Ich wollte nur wissen, ob Frau Schulze das auch so sieht, also ob das Ministeriumsmeinung ist.

Haufe: Ich kann Ihnen nur sagen, dass Herr Flasbarth das Zitat so gemacht hat, wie er es gemacht hat.

Frage: Frau Einhorn, Sie sagten, die Gespräche mit dem Betreiber dauerten noch an. Führt die Bundesregierung die Gespräche mit Uniper nach wie vor mit der Zielsetzung, dass Datteln 4 nicht ans Netz geht? Ich glaube, das hatten Sie hier beim letzten Mal, als das Thema aufgekommen ist, so gesagt. Ist das die Zielsetzung?

Einhorn: Ich glaube, das hat keiner von uns hier so gesagt.

Zusatz: Eigentlich schon.

Einhorn: Die Zielsetzung ist die, die auch im Abschlussbericht der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung steht. Da steht, dass wir uns mit dem Betreiber um eine Lösung bemühen sollen, und wir sind dabei, das zu tun.

Zusatzfrage: Aber eine solche Lösung muss doch eine Zielsetzung haben? Da Datteln 4 nach derzeitigem Stand genehmigt ist, kann so eine Lösung, nach der Sie jetzt suchen, logischerweise doch nur darin liegen, dass man sagt: Wir verzichten auf die Inbetriebnahme. Auf welche Lösung zielen Ihre Gespräche ansonsten ab?

Einhorn: Wie gesagt, wir sind im Gespräch, so wie das die Kommission vorgegeben hat.

Zusatzfrage: Worüber?

Einhorn: Über den Betrieb oder Nichtbetrieb von Datteln 4.

Das ist der Stand der Dinge, und wie wir heute schon mehrmals gesagt haben, obliegt es ja Ihnen, unsere Aussagen zu interpretieren. Da kann ich jetzt aber nicht mit einsteigen.

Frage: Gestern wurde ja der selbsternannte Präsident Venezuelas, Juan Guaidó, von seinem Amt als Parlamentspräsident abgewählt. Die Bundesregierung hat in der Bundespressekonferenz immer darauf verwiesen, dass ihre Anerkennung des Präsidenten darauf beruhe, dass er das Amt des Parlamentspräsidenten innehatte. Dieses Amt hat er nun nicht inne, daher würde mich interessieren, wie insbesondere das Auswärtige Amt das weitere Vorgehen der Bundesregierung plant und ob man nach wie vor an Juan Guaidó festhält respektive ihn nach wie vor anerkennt.

Breul: Herr Kollege, wir teilen nicht Ihre Interpretation dessen, was da gestern in Venezuela stattgefunden hat. Da Maduro-Regime hat versucht, die Wahl des Präsidenten der venezolanischen Nationalversammlung zu manipulieren. Eine große Anzahl Abgeordneter, darunter Guaidó selbst, wurde am Betreten des Parlamentsgebäudes gehindert. Das war ein Angriff auf die demokratischen Rechte des Parlaments und führte dann in diesem Gebäude in großer Abwesenheit von Abgeordneten zu einer Sitzung, die so rechtsförmlich gar nicht stattfinden konnte, weil der Parlamentspräsident, Herr Guaidó, diese gar nicht eröffnet hat. In dieser Sitzung soll angeblich ein Herr Luis Parra zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt worden sein. Diese Ernennung war nicht konform mit den Verfahrensregelungen des venezolanischen Parlaments. Die EU hat dazu gestern bereits eine entsprechende Erklärung herausgegeben, der wir uns vollumfänglich anschließen.

Wenige Stunden später berief Herr Guaidó eine Sitzung der Nationalversammlung an einem Ersatzort ein, weil er, wie gesagt, am Zugang selbst gehindert wurde. Dort wurde er mit 100 Stimmen bei 167 Abgeordneten in der Nationalversammlung, also mit einer klaren Mehrheit, als Präsident der Nationalversammlung wiedergewählt. Damit ändert sich aus Sicht der Bundesregierung auch nichts daran, Herrn Guaidó weiter als legitimen Interimspräsidenten zu betrachten.

Zusatzfrage: Das heißt, die Bundesregierung erkennt die - wie auch immer man das jetzt benennen will - Wahl von Guaidó in einer rechtsgerichteten Zeitung an, ohne dass das Quorum in irgendeiner Form erfüllt war? Zumindest nach aktuellem Wissensstand waren 30 der Parlamentarier per Skype zugeschaltet, weil sie sich derzeit gar nicht in Venezuela befinden. Können Sie das kurz erklären?

Breul: Ich habe gerade ja schon dargestellt, wie das aus Sicht der Bundesregierung abgelaufen ist, und verweise noch einmal auf die EU-Erklärung, in der das auch noch einmal aufgeschlüsselt wird. Wie gesagt, wir sind in erster Linie entsetzt, dass das Maduro-Regime die Demokratie in Venezuela weiter auszuhöhlen versucht, indem es Abgeordnete durch Sicherheitsleute daran hindert, an einer Abstimmung teilzunehmen, deren Ergebnis dieses Regime anscheinend befürchtet hat - was sich anschließend auch durch die Wiederwahl von Herrn Guaidó mit einer deutlichen Mehrheit von 100 von 167 Stimmen bestätigt hat.

Frage: Seit Ende November gab es kein Update zu den Schweinswalen. Herr Thiels, Sie wollten ja untersuchen lassen, ob die Bundeswehr beziehungsweise die Marine für die Tötung von, ich glaube, über einem Dutzend Schweinswalen verantwortlich ist, weil sie Sprengungen durchgeführt hat. Haben Sie das mittlerweile feststellen können?

Herr Haufe, konnten Sie dort vermitteln? Das Umweltministerium schien ja schon zu wissen, dass die Bundeswehr daran schuld ist.

Thiels: Nach unserem Stand haben an dem zuständigen Institut keine Untersuchungen stattgefunden, die völlig zweifelsfrei belegen können, dass die Handlungen der deutschen Marine verantwortlich sind. Es ist offensichtlich so, dass das alles noch einmal sehr genau untersucht werden muss. Was wir gehört haben - das ist allerdings vor Weihnachten gewesen, insofern muss ich da gegebenenfalls noch einmal etwas nachreichen -, ist, dass das Institut gesagt hat, seine Aussagen basierten auf Erfahrungswerten der Vergangenheit. In diesem konkreten Fall sind die Tiere wohl noch nicht so untersucht worden, dass man sagen könnte, dass es dort zweifelsfrei eine Ursache-Wirkung-Relation gibt. Meines Wissens sind die Tiere tatsächlich noch tiefgefroren und noch nicht untersucht worden.

Haufe: Die Untersuchung ist vor allen Dingen deswegen nicht zustande gekommen, weil noch kein Geld dafür da war; das ist der Hauptgrund gewesen. Diese Finanzierungsfragen sind bis zum Ende des Jahres vielleicht schon geklärt worden - ich weiß es nicht ganz genau, da muss ich mich schlau machen. Ansonsten ist es natürlich so, dass die Untersuchung deswegen schwieriger ist, weil die Tiere eben über einen längeren Zeitraum hinweg gestorben sind, weshalb die eigentliche Todesursache eben nicht so leicht festzustellen ist. Das sind Schwierigkeiten, vor denen die Untersuchung an sich steht. Das eigentliche Problem waren aber die Finanzierungsfragen.

Zusatzfrage: Wenn Sie sagen, das Geld fehle: Von wem soll das Geld denn kommen? Fehlt das Geld dem Umweltministerium, fehlt es den zuständigen Behörden?

Haufe: Das Ministerium hat dazu einen Vorschlag gemacht, aber ich kenne gerade nicht das Ergebnis.

Zusatzfrage : An wen und zu was?

Haufe: An die zuständigen Behörden im Land Schleswig-Holstein.

Buschow: Dann gibt es da eventuell Nachlieferungen, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe.

Frage: In einer Regierungspressekonferenz wurde ja auch die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen gegenüber dem Bundesverteidigungsministerium beziehungsweise der Bundeswehr aufgeworfen. Das konnten Sie damals noch nicht abschließend einschätzen. Gibt es da einen neuen Sachstand, was da an möglichen rechtlichen Konsequenzen droht?

Haufe: Ich kenne da den neuen Sachstand nicht, was die rechtlichen Konsequenzen betrifft, aber grundsätzlich ist es so, dass die Bundesnaturschutzbehörden mit den Behörden des Verteidigungsministeriums mittlerweile in Kontakt getreten sind, um das zu besprechen, damit so eine Situation nicht noch einmal auftritt.

Vors. Buschow: Herr Seibert hat eine Nachlieferung auf die Frage von der Frau Kollegin in Sachen Kohleausstiegsgesetz.

StS Seibert: Ich kann der Frau Kollegin etwas nachreichen, was ich im Kopf hatte, als ich meine Antwort gegeben habe.

Die Bundeskanzlerin hatte nach der letzten Ministerpräsidentenkonferenz, also nach dem Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten am 5. Dezember, in der anschließenden Pressekonferenz, bei der es ganz entscheidend um Fragen der Energiewende ging, gesagt, dass man nach eingehender Diskussion verabredet habe, über all die Fragen, die damit zusammenhängen - Genehmigungsverfahren, Planungsbescheinigung, Versorgungssicherheit, Art der Energieträger -, im Januar ein Treffen mit den Chefs der Staatskanzleien zu veranstalten und dass es dann die Absicht gebe, in einer Sonderkonferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung dafür Sorge zu tragen, dass der Energieausbaupfad auch festgeschrieben und eingehalten werden kann. Das war also sozusagen der Hintergrund.

Was das konkrete Thema der Kohle betrifft, auf das Sie angespielt haben, müsste ich etwas nachreichen.

Zusatzfrage: Ist das schon terminiert?

StS Seibert: Sie meinen das Treffen mit den Chefs der Staatskanzleien? - Das kann ich Ihnen nicht sagen. Januar.

Frage: Silvester ist zwar vorbei, aber noch nicht so lange her. Es geht um die Frage der Feinstaubbelastung und ihrer Nachwirkungen. Üblicherweise ist es so, dass ein bis zwei Tage nach Silvester die Werte durch Luftaustausch sinken. Das Umweltbundesamt hat wohl festgestellt, dass wegen der Wetterlage außergewöhnlich lange eine hohe Feinstaubbelastung vorherrscht.

Frage an das Umweltministerium: Können Sie das bestätigen? Hat sich das inzwischen aufgelöst?

Frage an das Gesundheitsministerium: Ist es ein besorgniserregender Zustand, wenn hohe Feinstaubbelastungswerte über Tage anhalten? Sind das gegebenenfalls Anhaltspunkte für die Bundesregierung, über eine Einschränkung der Belastung durch Böller und Raketen nachzudenken?

Haufe: Das sind gleich mehrere Aspekte. Tatsächlich ist die Feinstaubbelastung, wie jedes Jahr während der Silvesterzeit, angestiegen. In manchen Regionen, in denen eine Inversionswetterlage vorherrschte, ist der Feinstaubanstieg noch höher gewesen. Das passiert regional immer wieder.

Ansonsten ist es so, dass wir wie im jeden Jahr die gesamte Feinstaubbilanz Ende Januar betrachten. Dann legt das Umweltbundesamt seine Daten zur Luftqualität für 2019 vor. Dann wird das Thema sicherlich noch einmal eine Rolle spielen.

Feinstäube sind Stoffe, die gesundheitsschädlich sind. Das ist ohne Zweifel der Fall. Besonders Kleinere Feinstäube sind sehr gesundheitsschädlich. Deswegen legen wir innerhalb der Europäischen Union auch Wert darauf, die Diskussionen voranzutreiben und die Grenzwerte weiterhin zu überprüfen. Das muss sowieso in einem bestimmten Jahresrhythmus gemacht werden; ich kann jetzt allerdings nicht genau sagen, in welchem Rhythmus. Die Überprüfung steht aber gerade an beziehungsweise läuft gerade. Das kennen wir ja auch von den Stickoxidwerten, wo die Überprüfung gerade anläuft. Dann wird man schauen, in welcher Weise das europäisch neu geregelt werden kann.

Wichtig ist erst einmal, dass in Deutschland in den letzten zwei Jahre so gut wie keine Stadt mehr den Feinstaubgrenzwert überschritten hat. Das ist sehr positiv zu bewerten. Es hat sich also hier tatsächlich eine Verbesserung ergeben, nicht zuletzt zum Beispiel auch durch die Einführung von Umweltzonen, die immer wieder in der Kritik stehen. Diese haben sicherlich auch einen Beitrag dazu geleistet.

Nauber: Ich habe mich jetzt hierhin gesetzt, habe dem aber nichts hinzuzufügen, weil die Zuständigkeit für dieses Thema tatsächlich bei den Kollegen liegt.

Haufe: Was Ihre Frage nach den Einschränkungen für das Feuerwerk angeht, ist das Bundesinnenministerium mit der Sprengstoffverordnung zuständig. Darunter würde eine entsprechende Neuregelung fallen.

Was uns angeht, ist es so, dass wir die Bereitschaft haben, den Kommunen durchaus ein stärkeres Regelungswerk an die Hand zu geben. Es gibt momentan schon für die Kommunen die Möglichkeit, das Feuerwerk einzuschränken. Man muss schauen, wie praktikabel das ist. Wir sind für weitergehende Regelungen offen, zuständig ist aber das Bundesinnenministerium.

Zusatzfrage: Ich glaube, Frau Schulze hat als Ministerin angeregt, dass sie sich über eine Änderung der Sprengstoffverordnung freuen würde. Ist dieser Wunsch bei Ihnen angekommen und trifft auf offene Ohren?

Kushnerovich: Ich kann gerne dazu ergänzen. Das fällt aufgrund des Sprengstoffrechts in unsere Zuständigkeit, das schon heute relativ restriktiv geregelt ist und schon heute einen Ausgleich findet zwischen den Interessen der Bürger, die an einem Silvesterfeuerwerk interessiert sind, den Interessen des Sprengstoffrechts und auch den Interessen derjenigen, die sich beispielsweise für ein Verbot von Böllern aussprechen.

Wir erarbeiten derzeit eine Novellierung des Sprengstoffrechts. Das ist ein langer Prozess, an dem viele Akteure beteiligt sind und der auch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Wir planen derzeit, dass wir zu Beginn der nächsten Legislaturperiode dazu einen konkreten Vorschlag einbringen werden, der dieses Thema sicherlich behandeln wird. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die Kommunen schon heute natürlich die Möglichkeit haben, Verbotszonen für Feuerwerk einzurichten. Viele machen davon ja auch Gebrauch.

Frage: Ich würde gerne verstehen, warum Sie das erst in der nächsten Legislaturperiode einbringen wollen. Dann könnten ja Ihr Minister und das halbe Haus nicht mehr im Amt sein. Auch die politischen Gegebenheiten könnten andere sein.

Herr Seibert, ist die Kanzlerin für ein Feuerwerksverbot für Privatpersonen in Deutschland offen?

StS Seibert: Ich würde erst einmal Ihre Vorstellung von der Arbeit in Ministerien dahingehend ändern wollen, dass nach Regierungswechseln nie das "halbe Haus" nicht mehr im Amt ist. Das sind Gott sei Dank keine Zustände, die wir hier haben.

Ich habe der ganzen Debatte jetzt hier nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Ich möchte ja wissen, was die Kanzlerin zum Feuerwerksverbot denkt. Ist sie ein Fan von Feuerwerk?

StS Seibert: Ich habe dieser ganzen Debatte hier jetzt nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Können Sie uns das nachreichen?

StS Seibert: Das wird sich zeigen.

Vors. Buschow: Das BMI war noch angesprochen.

Kushnerovich: Ich kann vielleicht insofern ergänzen, als dass das ein Prozess ist, der viel Abstimmung zwischen sehr vielen beteiligten Akteuren erfordert: Experten, die Bundesländer und wir als das zuständige Ressort für das Sprengstoffrecht. Dieser Prozess erfordert eben seine Zeit. Hierbei geht natürlich Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Insofern ist die Zielsetzung, zu Beginn der nächsten Legislaturperiode einen Vorschlag zu machen.

Haufe: Ich würde eine Ergänzung machen wollen. Wir dürfen hier nicht den Eindruck erwecken, als hätten wir keine Regelungen. Wir haben eine Regelung, und diese können die Kommunen nutzen. Viele Kommunen nutzen sie nicht. Das ist ja die Situation, vor der wir stehen. Wir reden hier schon über Neuregelungen, haben aber eigentlich eine Regelung, die viele Kommunen gar nicht für sich nutzen. Das ist auch ein Teil des Bildes, der vielleicht mit bedacht werden müsste.

Montag, 6. Januar 2020

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 6. Januar 2020
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-06-januar-2020-1710264
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2020

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