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RECHT/890: Bundesrat darf NetzDG nicht beschließen


FDP-Pressemitteilung vom 30. Juni 2017

BEER: Bundesrat darf NetzDG nicht beschließen


Anlässlich des Bundestagsbeschlusses zum NetzDG erklärt FDP-Generalsekretärin Nicola BEER:

"Die Bundesregierung war verpflichtet, das NetzDG bei der Europäischen Kommission anzuzeigen. Der ursprüngliche alte Entwurf zum NetzDG wurde ordnungsgemäß zur Notifizierung angemeldet. Diesen notifizierten Gesetzesentwurf hätte der Bundestag auch beschließen können. Der Bundestag hat aber heute einen völlig neuen Gesetzesentwurf angenommen, der sich maßgeblich vom ursprünglichen Referentenentwurf unterscheidet. Die Bundesrepublik ist jetzt verpflichtet, den wesentlich geänderten Gesetzesentwurf erneut bei der Europäischen Kommission zu notifizieren. Dies bedeutet auch, dass die dreimonatige Stillhaltefrist ab erneuter Notifizierung von neuem beginnt.

Die neu eingefügten Vorschriften sollen das aus den Bundesländern bekannte System der Regulierten Selbstregulierung auf Bundesebene einführen. Für diese Form der Medienaufsicht jedoch sind allein die Länder zuständig. Mit Blick auf den Grundsatz der Staatsfreiheit der Medien aus Art. 11 GRC und Art. 10 EMRK bestehen zudem erhebliche Bedenken, ob die Bundesrepublik Deutschland dem Bundesamt für Justiz die Aufsicht über die Selbstkontrolleinrichtungen übertragen darf oder ob die staatliche Aufsicht einen nicht gerechtfertigten Eingriff in den Binnenmarkt der Europäischen Union darstellt. Daher haben wir Freidemokraten die Europäische Kommission durch ein Schreiben (*) darauf hingewiesen, dass ein erneutes Notifizierungsverfahren durchgeführt werden muss.

Der Bundestag hat mit seinem heutigen Beschluss gegen Unionsrecht verstoßen. Bevor der Bundesrat das NetzDG berät, ist es zwingend erneut zur Notifizierung anzumelden, damit nicht ein weiterer Verstoß gegen Unionsrecht folgt. Wir Freidemokraten fordern den Bundesrat daher nachdrücklich auf, die Notifizierung abzuwarten und das NetzDG vorerst nicht zu beraten und zu beschließen. Ansonsten droht Deutschland eine Staatshaftung gegenüber den betroffenen Unternehmen und ein Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel."


(*) Das Schreiben an EU-Kommissarin Elżbieta
Bieńkowska hat folgenden Wortlaut:

Stellungnahme der Freien Demokratischen Partei (FDP) zur TRIS-Notifizierung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz - NetzDG)

Sehr geehrte Frau Kommissarin,
sehr geehrte Damen und Herren,

am 27. März 2017 hat die Bundesrepublik Deutschland den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (Bearbeitungsstand: 27.03.2017 15:23 Uhr) im Rahmen des TRIS-Verfahrens (Notifizierungsverfahren 2017/0127/D) notifiziert.

Am 30. Juni 2017 hat der Deutsche Bundestag den Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/12356 - in geänderter Fassung - Drucksache 18/13013 - angenommen. Dieser Gesetzesentwurf unterscheidet sich wesentlich vom notifizierten Referentenentwurf, sodass nunmehr der vom Bundestag beschlossene Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/12356 - in geänderter Fassung - Drucksache 18/13013 - notifiziert werden muss, um technische Hemmnisse im Dienstleistungsverkehr zu verhindern, bevor sie tatsächlich entstehen.

Gemäß Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Richtlinie (EU) 2015/1535 müssen die Mitgliedstaaten den Entwurf erneut notifizieren, wenn sie an dem Entwurf wesentliche Änderungen vornehmen, die den Anwendungsbereich ändern, den Zeitpunkt für die Anwendung vorverlegen, Spezifikationen oder Vorschriften hinzufügen oder verschärfen. Im vorliegenden Gesetzesentwurf wurden in § 3 Absatz 6 bis Absatz 9 neue Vorschriften hinzugefügt, die im Referentenentwurf nicht angelegt waren. Diese neuen Vorschriften begründen mit dem System der Regulierten Selbstregulierung ein System der Medienaufsicht auf innerdeutscher Bundesebene, dass bislang nicht notifiziert wurde. Mit Blick auf den Grundsatz der Staatsfreiheit der Medien aus Art. 11 GRC, Art. 10 EMRK bestehen zudem erhebliche Bedenken, ob die Bundesrepublik Deutschland dem Bundesamt für Justiz die Aufsicht über die Selbstkontrolleinrichtungen übertragen darf oder ob die staatliche Aufsicht einen nicht gerechtfertigten Eingriff in den Binnenmarkt der Europäischen Union darstellt.

Um diese Bedenken der Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union auszuschließen und zu verhindern, dass technische Hemmnisse für den Dienstleistungsverkehr entstehen, bitte ich Sie darauf hinzuwirken, dass die Bundesrepublik Deutschland ihrer Pflicht zur Notifizierung nachkommt.

Mit freundlichen Grüßen

Nicola Beer MdL
Generalsekretärin der FDP
Staatsministerin a.D.

*

Quelle:
Presseservice der Liberalen
FDP-Bundesgeschäftsstelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2017

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