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WIRTSCHAFT/3121: Präsidiumsbeschluß - Corona-Krise überwinden, Mut für die Zukunft machen


FDP-Pressemitteilung vom 4. Mai 2020

BESCHLUSS DES FDP-PRÄSIDIUMS: Corona-Krise überwinden, Mut für die Zukunft machen


Das Präsidium der Freien Demokratischen Partei hat auf seiner digitalen Sitzung am 4. Mai 2020 den folgenden Beschluss gefasst:


Corona-Krise überwinden, Mut für die Zukunft machen: Anti-Rezessionsprogramm für sichere Arbeitsplätze und eine starke Wirtschaft

In der größten Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges stehen Millionen Arbeitnehmer und ihre Familien vor existentiellen Fragen. Über 10 Millionen Menschen in Deutschland sind für Kurzarbeit angemeldet, jedes fünfte Unternehmen plant bereits einen Stellenabbau. Allein zwischen März und April sind bereits über 300.000 Menschen arbeitslos geworden, viele mehr fürchten um ihren Arbeitsplatz. Wir müssen daher nicht nur die Pandemie bekämpfen und den Gesundheitsschutz stärken, sondern gleichzeitig alles dafür tun, um Arbeitsplätze, Wohlstand und soziale Sicherheit in unserem Land zu erhalten. Die beste Politik für Arbeitnehmer ist in dieser Stunde eine Politik für sichere Arbeitsplätze.

Im ersten Schritt benötigen wir eine smarte Öffnungsstrategie, die von einer unabhängigen Expertenkommission begleitet wird: Mit Hygienekonzepten, Maskenpflicht und dem Einsatz digitaler Technologien, die eine Öffnung zahlreicher Branchen und Betriebe möglich machen würden. Mit einer zügigen Revision aller bisher ergriffenen Maßnahmen: Welche haben gewirkt, welche haben mehr Schaden als Nutzen erzeugt, nach welchen transparenten Maßstäben gehen wir weiter vor? Und mit regional differenziertem Vorgehen, so dass auch potentiell wieder zunehmende Infektionen dort wirksam bekämpft werden, wo sie auftreten. Daran anknüpfend schlagen wir Freie Demokraten ein Anti-Rezessionsprogramm mit 13 Punkten für sichere Arbeitsplätze und eine starke Wirtschaft vor:

Arbeitnehmer und Fachkräfte unterstützen - in der Krise und danach

Viele Menschen treibt in diesen Zeiten die Sorge um, ihre Rechnungen oder ihre Miete nicht mehr bezahlen zu können. Die Steuer- und Abgabenlast ist hoch, der Wiederaufbau von Substanz erschwert, arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen überholt. Deshalb schlagen wir Freie Demokraten vor:

  • Pauschale für Homeoffice und Senkung der Stromsteuer: Viele Menschen arbeiten derzeit von zu Hause aus. Wir schlagen vor, dass für die Zeit der Krise eine Homeoffice-Pauschale in Höhe von 100 Euro pro Monat als Werbungskosten eingeführt wird, unabhängig davon, ob die Arbeit am Küchentisch oder im eigenen Arbeitszimmer erledigt wird. Darüber hinaus sollte auch der erhöhte Stromverbrauch im Homeoffice berücksichtigt und die Stromsteuer auf das europäische Mindestniveau gesenkt werden.
  • Soforthilfe für Solo-Selbstständige erleichtern: Solo-Selbstständige dürfen die Soforthilfe aufgrund der engen Vorgaben der Bundesregierung für bestimmte Ausgaben nicht verwenden. Bei vielen Solo-Selbstständigen und Freelancern gehen Lebenshaltungs- und Betriebskosten jedoch ineinander über. Sie werden derzeit auf ALG II verwiesen. Das entsprechende Antragsverfahren ist für sie zwar vereinfacht worden, wird aber insgesamt der Situation der Betroffenen nicht gerecht. Soloselbständige, Schauspieler und Künstler brauchen ein auf sie zugeschnittenes Soforthilfeprogramm, das unbürokratisch und schnell ihre Kosten deckt.
  • Steuerentlastung für die arbeitende Mitte: Für mittlere Einkommen soll nicht schon der Spitzensteuersatz greifen. Durch eine Verschiebung des Einkommensteuertarifs sorgen wir für Entlastungen und mehr Steuergerechtigkeit für die arbeitende Mitte. Ebenso wollen wir die heimlichen Steuererhöhungen des Staates durch die kalte Progression durch eine regelmäßige Anpassung des Steuertarifs an die Inflation beenden. Darüber hinaus muss der Solidaritätszuschlag für alle rückwirkend zum 1. Januar 2020 abgeschafft werden. Dieser Schritt ist nicht nur verfassungsrechtlich geboten, sondern auch wachstumsfördernd und hilft insbesondere den vielen mittelständischen Betrieben. Dass eine breite Entlastung überfällig ist, zeigt auch der internationale Vergleich: Deutschland ist weltweit Spitzenreiter bei der Belastung durch Steuern und Abgaben.
  • Modernes Arbeitszeitrecht und mehr Homeoffice: Die Corona-Krise hat es uns noch einmal gezeigt: Unsere rechtlichen Rahmenbedingungen passen nicht zu einer modernen Arbeitswelt. Wir wollen für mehr Flexibilität und Selbstbestimmung im Arbeitsalltag sorgen.
Betriebe stärken - Arbeitsplätze erhalten

Die Corona-Krise trifft mittelständische Betriebe, Selbstständige, Freiberufler und Künstler mit voller Wucht. Aufträge bleiben aus, Umsätze brechen teilweise bis auf Null ein. Jetzt geht es darum, Betriebe zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern.

  • Schnelle Finanzmittel durch negative Gewinnsteuer: Der Mittelstand benötigt eine sofortige Liquiditätshilfe. Unser Vorschlag: Statt Geld vom Konto abzubuchen, überweist das Finanzamt unbürokratisch eine nicht rückzahlbare Soforthilfe in Abhängigkeit von der im Vorjahr gezahlten Gewinnsteuer. Das wäre eine passgenaue Hilfe, die schnell und direkt beim Mittelstand ankommt und Arbeitsplätze erhält.
  • Sicherung von Zahlungsfähigkeit und Wachstumschancen für Beschäftigung, Innovation und starke Betriebe: An die Soforthilfe muss sich in einem zweiten Schritt eine längerfristige Sicherung der Solvenz des Mittelstands anschließen. Wir schlagen vor, dass Selbständige, Freiberufler sowie Betriebe eine nicht rückzahlbare Steuerauszahlung von 80 Prozent des Gewinneinbruchs im Jahr 2020 gegenüber 2019 erhalten können. Daran anschließen muss sich eine wachstumsorientierte Unternehmenssteuerreform. Stark betroffene Branchen wie etwa die Gastronomie, der Veranstaltungs- und Kulturbereich oder auch die Tourismuswirtschaft müssen darüber hinaus auch über die sinnvolle Absenkung der Mehrwertsteuer im Gastronomiebereich hinausgehend gezielt unterstützt werden.
  • Belastungs-Moratorium: Wir brauchen einen Belastungsstopp für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen: Keine Steuererhöhungen und keine neue Bürokratie - ab sofort. Andernfalls gefährden wir zukünftiges Wachstum und individuelles Vorankommen in der Krise.
  • Programm für wachstumsorientierte Abschreibungen: Die Grenze für Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter sollte auf 1.000 Euro erhöht werden. Und mit einer zeitlich befristeten Sofortabschreibung von bis zu 2.000 Euro bei digitalen Wirtschaftsgütern erreichen wir einen zusätzlichen Innovationsschub. Das würde nicht nur Investitionen erleichtern und Nachfrage schaffen, sondern könnte auch angebotsseitig die Konjunktur ankurbeln.
  • Eine Zahlungsmoral-Offensive der öffentlichen Hand: Bereits im Wachstumsjahr 2019 haben 89 Prozent der befragten Unternehmen in einer Umfrage die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand beklagt. In Krisenzeiten leiden zum Beispiel Dienstleister, Handwerks- oder Baubetriebe darunter umso mehr: Offene Rechnungen können Liquidität und Arbeitsplätze massiv gefährden. Deshalb benötigen wir jetzt eine Zahlungsmoral-Offensive der öffentlichen Hand. Wir schlagen vor, dass alle offenen Rechnungen, die nicht offensichtlich unbegründet sind, als Krisenbeitrag bis zum 30. Juni 2020 vollständig bezahlt werden - im Zweifel unter Vorbehalt.
Chancen von Modernisierung und Digitalisierung nutzen - smarte Krisenbewältigung

Corona hat es uns vor Augen geführt: Deutschland hat bei Digitalisierung und Modernisierung den Anschluss verloren. Das gefährdet Gesundheit und unseren Wirtschaftsstandort gleichermaßen. Die Freien Demokraten schlagen vor:

  • Digitale Lösungen und smarte Apps: Länder wie Taiwan oder Südkorea zeigen uns, wie effektiv smarte Apps bei der Krisenbewältigung helfen. Hier muss Deutschland - unter Beachtung von Datenschutz und - sicherheit - schleunigst aufholen. Das gilt auch für flächendeckendes Breitband und 5G als Grundvoraussetzung für einen innovativen Wirtschaftsstandort und technologischen Fortschritt.
  • Digitalpakt 2.0 und Innovationsoffensive für die Schulen: Bund und Länder müssen stärker kooperieren und die Schulen modernisieren: Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die Fokussierung des Digitalpakts auf Kabel und Geräte nicht ausreicht. Wir müssen mit einem Digitalpakt 2.0 digitale Lernmittel, die Lehreraus-, fort- und -weiterbildung sowie die Entwicklung von Datenschutzstandards fördern. Aber auch die Schulgebäude brauchen dringend einen Innovationsoffensive: Wir fordern moderne Klassenzimmer, Fachräume (besonders für MINT), Sporthallen und Schultoiletten. Diese Innovationsoffensive wäre zugleich auch ein Konjunkturimpuls für den Mittelstand.
  • Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz bieten enormes Potential für Industriearbeitsplätze der Zukunft, eine nachhaltige Wirtschaft und ein modernes, krisenfestes Gesundheitssystem. Wir wollen daher Forschung und Start-ups zur Entwicklung und Umsetzung neuer Innovationen besser vernetzen und mit einer technologieoffenen und unbürokratischen steuerlichen Forschungsförderung stärken.
  • Der Corona-Shutdown zeigt einmal mehr, dass viele Behörden auf allen Ebenen in Deutschland bei digitalen Verwaltungsangeboten noch stark hinterherhinken. Wir fordern deshalb einen Digital-Turbo für die öffentliche Verwaltung. Der Anspruch muss sein, dass ab Ende 2020 bei Standardprozessen kein Behördengang mehr notwendig ist. Wenn der entsprechende politische Wille vorhanden ist, ist das möglich.

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Quelle:
Presseservice der Liberalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Mai 2020

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