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NORDRHEIN-WESTFALEN/1902: Porträt - Dr. Fritz Behrens, SPD (Li)


Landtag intern 1/2012
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Porträt: Dr. Fritz Behrens (SPD)

Von Kristian Frigelj


Fritz Behrens erinnert sich noch genau an den Tag, als ihn die Polizei suchte. Es war Anfang Juli 1995, und er, der designierte NRW-Justizminister, war mit seiner Familie zum Campingurlaub aufgebrochen, obwohl die Regierungsbildung nach der Landtagswahl noch nicht abgeschlossen war. Johannes Rau tat sich schwer mit dem Personaltableau für sein neues Kabinett, weil er auch die Grünen berücksichtigen musste.

Familie Behrens aber wollte weg. Auf der A 61 hörte sie, wie der Verkehrsfunk im Radio das Kennzeichen ihres Autos durchgab und bat, sich bei der Polizei zu melden. Dann schwebte ein Hubschrauber über seinem Wagen mit dröhnendem Megaphon. Behrens fuhr raus und wurde an die Staatskanzlei verwiesen. Dort erfuhr er, dass Rau sich entschieden hatte. "Wir haben dann Familienrat gehalten, mit Frikadellen auf der Raststätte", erzählt Behrens. Er versprach seiner Frau und seinen beiden Kindern, dass sie eine Woche später in Urlaub fahren würden. Rau war freilich dafür bekannt, sich gern Zeit zu lassen. Aber am 17. Juli bekam der angehende Minister seine Ernennungskurkunde und eilte in den Urlaub.

Fritz Behrens kann viele solcher Anekdoten erzählen, aus denen sich einiges lernen lässt: über die Beharrlichkeit und Ungeduld von Behrens, über die Entscheidungsfreude von Rau und welche großen Hebel mitunter die Politik in Gang setzt, um etwas zu erreichen. Der 63-jährige Neusser ist früh mit diesen Hebeln in Berührung gekommen. Zunächst schien er als Student der Rechts- und Staatswissenschaften wegen exzellenter Noten prädestiniert zu sein für eine Karriere als Richter. 1976 promovierte er zum Zukunftsthema "Rechtsgrundlagen der Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaften". Auf den ersten Blick sah man ihm seinen Werdegang nicht an, weil er einen verwegenen dichten Bart trug. "Ich sah aus, als ob ich bei den 'Saints' Beatmusik machen würde", erzählt Behrens. So hieß damals seine Band, in der er den Bass zupfte.

Neben der Juristerei lockte ihn die Politik immer stärker. Bereits mit 23 Jahren trat Behrens in die SPD ein. Der gebürtige Göttinger lernte in seinem Referendariat die Staatskanzlei der niedersächsischen Landesregierung unter Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (CDU) kennen. Dann stieß er auf eine Stellenanzeige der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, deren politische Ausrichtung ihm entsprach. Gleich nach seinem zweiten Staatsexamen wechselte Behrens in die Abteilung für Ressortkoordination und politische Planung nach Düsseldorf.

Zum damaligen Chef der Staatskanzlei Herbert Schnoor entwickelt er ein besonderes Vertrauensverhältnis. Behrens wurde dessen persönlicher Referent und wechselte mit ihm ins Innenministerium. Rau berief Behrens dann 1983 zu seinem Büroleiter. 1986 wurde er zum Düsseldorfer Regierungspräsidenten und 1995 zum Justizminister ernannt. Als Clement drei Jahre später die Nachfolge von Rau antrat, übernahm Behrens eine unter Verfassungsrechtlern umstrittene Ressortkombination: Er wurde Minister für Inneres und Justiz, freilich nur für wenige Monate, weil der Verfassungsgerichtshof NRW nach einer CDU-Klage monierte, dass der Landtag bei dieser wichtigen Entscheidung hätte miteinbezogen werden müssen. Behrens übernahm das Innenressort, ein Krisenjob, wie sich bald herausstellte. Das Jahr 2000 ist ihm in besonderer Erinnerung: ermordete Polizisten, Bombenexplosion an der S-Bahn-Station Düsseldorf-Wehrhahn, Brandanschlag auf die Düsseldorfer Synagoge, Castortransporte, die Debatte um das NPD-Parteiverbot. Behrens absolvierte Sondersitzungen mit den Amtskollegen und musste Oppositionskritik abwehren. "Das Ministerium kümmert sich intensivst um die Sicherheitslage in diesem Lande", betonte er damals im Landtag. Auch künftig werde man "bei Schutzmaßnahmen aller Art, auch den schärfsten, Anschläge nicht ausschließen können". Kaum ein Jahr später geschahen die Terroranschläge des 11. September.

Zugleich verschlechterte sich die Lage für die SPD. Behrens ahnte früh, dass die Landtagswahl 2005 schlecht für seine Partei ausgehen wird. Nach der Niederlage kam er über die Landesliste in den Landtag. Er konzentriert sich nun auf den Vorsitz des Kulturausschusses und die Aufgabe als Präsident der Kunststiftung NRW. Eine wichtige Entscheidung hat Behrens für die nächste Legislaturperiode getroffen: Er wird nicht noch einmal für den Landtag kandidieren. Er will die anwaltliche Beratung noch ausbauen und kann sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen: "Mein Terminkalender ist voll wie zu Ministerzeiten" - sein Smartphone unterstreicht dies während des Gesprächs immer wieder mit leisem Zirpen.


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Quelle:
Landtag intern 1 - 43. Jahrgang, 25.01.2012, S. 19
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2012