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NORDRHEIN-WESTFALEN/1968: Debatte über Zustand der Autobahnbrücken (Li)


Landtag intern 1/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Schwergewichtige Probleme
Debatte über Zustand der Autobahnbrücken in NRW

Von Daniela Braun



14. Dezember 2012 - Anlässlich der gesperrten Leverkusener Rheinbrücke hat Verkehrsminister Michael Groschek den Landtag über den Zustand der Bundesbrücken in NRW unterrichtet. Nach Rissen im Baumaterial ist die Rheinbrücke auf der A1 seit einigen Wochen für den Lastverkehr über 3,5 Tonnen gesperrt. Ab März soll das Straßenstück laut dem Ministerium wieder weitgehend freigegeben sein.


"Wir haben inzwischen 20 schwere Schäden festgestellt", berichtete Verkehrsminister Michael Groschek (SPD). In Deutschland gebe es keine vergleichbar beschädigte Autobahnbrücke, wenngleich der Sanierungsstau auch in NRW enorm sei: "375 Autobahnbrücken müssen dringlich nachgerechnet werden", betonte der Minister. Das koste rund 3,5 Milliarden Euro. Der Bund zahle NRW für den Erhalt seiner Straßen und Brücken jährlich allerdings nur rund 330 Millionen Euro, erläuterte Groschek und plädierte für eine ausgeweitete Lkw-Maut. Weitere Kosten in Höhe von rund 650 Millionen Euro kämen voraussichtlich wegen maroder Landesbrücken hinzu - 770 von ihnen müsse NRW nachrechnen.

Rot-Grün reagiere immer erst viel zu spät, kritisierte Bernhard Schemmer (CDU). Es gebe zahlreiche Ankündigungen, doch am Ende passiere nichts - von präventiver Politik keine Spur. Schemmer stellte klar, dass die Sicherheit der Menschen Vorrang habe. Insofern begrüße er die Sperrung der Rheinbrücke. Er forderte aber: "Wir müssen das Thema etwas intensiver angehen." Der Schwerlastverkehr werde weiter zunehmen - die A1 müsse achtspurig gestaltet werden. Noch im August habe das Verkehrsministerium dem Landesbetrieb Straßen.NRW zehn Jahre Zeit eingeräumt, um die fast 400 Bundesbrücken neu zu berechnen, kritisierte Schemmer: "Diese Aussagen waren, wie wir heute wissen, unverantwortlich."

Straßen.NRW habe die Brücken gut im Blick, lobte Reiner Breuer (SPD). Dem Landesbetrieb sei es zu verdanken, dass die Schäden an der Rheinbrücke frühzeitig aufgefallen seien. Gleichzeitig betonte Breuer: "Die Brücken bröseln, und Deutschland droht der Verkehrsinfarkt." Schon jetzt seien 30 Brücken auf NRW-Autobahnen für Laster ab 44 Tonnen nur noch eingeschränkt befahrbar. Das sei kein Wunder: Seit der Wiedervereinigung habe sich die Menge der über Straßen transportierten Güter verdoppelt und die Brücken entsprechend belastet. Breuer forderte den Bund auf, die Mittel für die Sanierung bereitzustellen. Ähnlich wie Groschek plädierte er für eine ausgeweitete Lkw-Maut.

Die gesperrte Rheinbrücke sei ein "Symbol für die marode Infrastruktur" in NRW, befand Arndt Klocke (GRÜNE). Analog zum rot-grünen Antrag (Drs. 16/1683) forderte er ein gemeinsames Sonderarbeitsprogramm von Bund und Land. Insgesamt stellte Klocke fest: "Wir brauchen mehr Geld im System für Sanierung." Teil der Lösung sei die bereits von seinen Vorrednern erwähnte höhere Maut für Lkw ab 7,5 Tonnen auf allen Straßen. Die Gelder müssten eins zu eins in die Infrastruktur fließen, so der GRÜNE. Darüber hinaus müsse sich NRW auf das Notwendige konzentrieren - zentral ginge es um den Erhalt, nicht den Neubau von Straßen. Eine Politik des "Wünsch-dir-was" sei nicht mehr drin.

"Die Verkehrsinfrastruktur ist das Herz des Industriestandorts Nordrhein-Westfalen", betonte Christof Rasche (FDP). Fast 400 sanierungsbedürftige Bundesbrücken: "Das ist schon eine Hausnummer." Die Sperrung der Rheinbrücke sei ein "Super-GAU" für die Wirtschaft, aber keine Überraschung, meinte Rasche. Dies sei lediglich eine Sache des Zeitpunktes gewesen. Umso fragwürdiger sei, warum Rot-Grün nicht rechtzeitig ein Konzept aufgestellt habe, kritisierte Rasche und meinte: "Wegen des Handelns Ihrer eigenen Verkehrsminister in Berlin ist Ihre Forderung nach mehr Geld vom Bund absolut unseriös." Zudem mache der Maut-Vorschlag die Lkw-Fahrer zu "Buhmännern der Nation".

"Die Situation der Leverkusener Autobahnbrücke ist alles andere als spaßig", befand Stefan Fricke (PIRATEN). Dasselbe gelte auch für die geschätzte halbe Million Euro zur "behelfsmäßigen" Sanierung, die lediglich ein Loch stopfe bis zum Neubau im Jahr 2020. Die dann anstehende Großbaustelle sei allerdings nur die Spitze des Eisbergs, machte Fricke im Hinblick auf weitere sanierungsbedürftige Brücken deutlich. Statt immer neue Prestigeobjekte einzuweihen, hätte NRW mit dem Geld besser Infrastruktur Instand setzen sollen. Der rot-grüne Antrag sei "reine Kosmetik". Fricke wandte sich aber auch gegen das "ewige Mantra" von CDU und FDP, die Straßen müssten breiter werden.


ABSTIMMUNGSERGEBNIS

Der Entschließungsantrag von SPD und GRÜNEN (Drs. 16/1683) wurde mit den Stimmen der antragstellenden Fraktionen, gegen die Stimmen von CDU und FDP sowie bei Enthaltung der PIRATEN angenommen. Der Entschließungsantrag von CDU und FDP (Drs. 16/1704) wurde abgelehnt.

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Quelle:
Landtag intern 1 - 44. Jahrgang, 23.1.2013, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Februar 2013