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NORDRHEIN-WESTFALEN/1979: Schützt das Klimaschutzgesetz das Klima? (Li)


Landtag intern 2/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Wirkung umstritten
Plenardebatte: Schützt das Klimaschutzgesetz das Klima?

Von Christoph Weißkirchen



23. Januar 2013 - Wie wirkt das Klimaschutzgesetz? Diese Grundfrage war mit Blick auf das Klimaschutzgesetz zwischen den Fraktionen bis zur Schlussabstimmung umstritten. Ein zentrales Ziel: die Senkung des Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2). SPD und GRÜNE begrüßten das Gesetz als das bundesweit erste seiner Art. CDU wie auch FDP fürchteten, seine Auswirkungen seien kontraproduktiv und mittelstandsfeindlich. Die PIRATEN stimmten ihm zu, werteten es aber als unzulänglich.


Mit dem Klimaschutzgesetz werde der Rahmen für eine "neue ökologische industrielle Revolution" gesetzt, so Norbert Meesters (SPD). Politik müsse auf allen Ebenen den Veränderungen der klimatischen Verhältnisse begegnen, die sich in extremer Sommerhitze, orkanartigen Herbststürmen und Starkniederschlägen zeigten. Das vorliegende Gesetz sei notwendig, damit die bundesweit anerkannten Klimaschutzziele bis 2020 und 2050 auch erreicht werden könnten. Dabei berücksichtige man die geltenden Regelungen des EU-Emissionshandelssystems. Meesters kündigte an, der noch folgende Klimaschutzplan werde mit allen wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen unter Beteiligung des Landtags erarbeitet.

Für das Klima spiele es keine Rolle, ob die CO2-Emissionen in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz, in Brandenburg oder in Frankreich in die Atmosphäre gerieten, erklärte hingegen Rainer Deppe (CDU). Das NRW-Klimaschutzgesetz schütze nicht das Klima, sondern gefährde Arbeitsplätze. Neben dem europäischen Weg zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes sei für den "dirigistischen" und auf ein einziges Bundesland bezogenen Zwang kein Platz. Vielmehr würden durch die neue Regelung aus NRW überproportional viele Emissionszertifikate auf den Markt kommen und so deren Preise senken. Für neue, CO2-arme Technologien entstehe aber nur dann ein Anreiz, wenn Verschmutzungsrechte teuer seien.

Auch als kleiner Teil dieser Welt könne NRW dessen Schicksal ändern, erwiderte Wibke Brems (GRÜNE). Ohne Nordrhein-Westfalen seien die Ziele des Bundes niemals zu erreichen, und dann seien auch die Ziele der EU "absolute Makulatur". Das vorgesehene Gesetz wolle nicht nur das Klima schützen, sondern NRW auch an die zu erwartenden Klimaschutzveränderungen anpassen. Die Zunahme von Wetterextremen werde nicht nur die Landwirtschaft merken. "Stahl und Kohle haben NRW groß gemacht, aber neue Technologien werden NRW groß halten", so Brems. Das Ziel der CO2-Neutralität bis zum Jahr 2030 bedeute große Anstrengungen im Bereich der Gebäudesanierung, aber irgendwann auch beim Verhalten.

"Dieses Gesetz wird der Umwelt nicht helfen", erklärte Henning Höne (FDP). Verbote und Dirigismus führten lediglich zu Verlagerungen: Jede CO2-Einsparung in NRW werde europaweit verrechnet. So könnten also anderswo "Dreckschleudern" ein paar Jahre länger laufen. Überdies sei es falsch, die Emissionen nur bezogen auf den Produktionsprozess vor Ort zu betrachten. Die Beispiele von Dämmstoffen oder energiesparenden Reifen zeigten, dass stattdessen eine verwendungsbezogene Bilanzierung richtig wäre. Des Weiteren kritisierte der FDP-Sprecher, die Erarbeitung des vorgesehenen Klimaschutzplans sei intransparent, da es für die Besetzung der Arbeitsgruppen keine festen Kriterien gebe.

Der Klimawandel finde bereits in unerhörter Schnelligkeit statt, meinte Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN). Die Natur sei überfordert, was die Biodiversität insgesamt in Gefahr bringe. Aus diesem Grund stimmten die PIRATEN dem Gesetzentwurf zu. Allerdings sei er unzulänglich, da er nur die öffentliche Hand betreffe. Auch schaffe das kommende Gesetz nicht die neuen Arbeitsplätze, die notwendig seien. Insofern sei das Regierungshandeln inkonsistent. So stehe die Neueröffnung von Braunkohlekraftwerken im Widerspruch zu den Intentionen des Klimaschutzgesetzes. Ebenso lehnten die PIRATEN die von der CDU beantragte Mittelstandsverträglichkeitsprüfung als "Verzögerungstaktik" ab.

"Das bundesweit erste Klimaschutzgesetz steht heute zur Beschlussfassung an", lobte Umweltminister Johannes Remmel (GRÜNE). Der Entwurf sei solide, anspruchsvoll und wegweisend. Dieses Gesetz könne in anderen Ländern und auch im Bund zur Blaupause werden. Angesichts der Jahrhundertherausforderung des Klimawandels müsse man nunmehr ernst machen mit der Jahrhundertchance des Klimaschutzes. Dabei gehe es um den Ausbau der erneuerbaren Energien, um Effizienzsteigerung und um Energieeinsparung. Das Ziel sei, von der Verschwendung zu einer Kreislaufwirtschaft zu kommen. Dies betreffe Konsum, Mobilität, Bauen, Stadtentwicklung und Landwirtschaft ebenso wie Wirtschaft und Industrie.


ABSTIMMUNG
Der rot-grüne Gesetzentwurf (Drs. 16/1958) wurde mit den Stimmen von SPD, GRÜNEN und PIRATEN angenommen. CDU und FDP stimmten dagegen.

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Quelle:
Landtag intern 2 - 44. Jahrgang, 27.2.2013, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2013