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NORDRHEIN-WESTFALEN/2025: Alle Fraktionen wollen Puten besser schützen - Details umstritten (Li)


Landtag intern 7/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

PLENUM
Haltungsnote: mangelhaft
Alle Fraktionen wollen Puten besser schützen - Details umstritten

Von Christoph Weißkirchen



12. Juli 2013 - Puten seien die einzige wichtige landwirtschaftliche Nutztierart, deren Haltung nicht geregelt sei, so SPD und GRÜNE (Drs. 16/3422 folgt). Daher wollen sie über den Bundesrat verbindliche Vorschriften erreichen, die nach ihrer Vorstellung dann in einem zweiten Schritt auch EU-weit gelten sollen. In NRW jedenfalls soll ab dem Jahr 2017 das Verbot des Schnabelkürzens umgesetzt werden. In der Debatte unterstützten die anderen Fraktionen den angestrebten besseren Schutz der Puten, CDU und FDP verwiesen aber auch auf die harten Bedingungen im internationalen Wettbewerb.


Mit der Einführung von rechtsverbindlichen Mindeststandards für die Putenhaltung wolle man sicherstellen, so Frank Börner (SPD), dass sich die Massentierhaltung auch für diese Lebewesen auf ein erträgliches Niveau verbessere. Heute gebe es für die Putenhaltung keine verbindlichen Vorgaben. Dabei ziele man auf eine artgerechte Haltung ab, betonte Börner. Vor allem gehe es um die Größe und die Dichte des Bestandes, um Beschäftigungselemente für die Tiere, den Auslauf und das Futter. Gleiches gelte für Beleuchtung, Belüftung und Hygiene im Stall, die Gesundheitskontrolle, den Einsatz von Medikamenten und die Notfallversorgung.

Seit zehn Jahren habe sich in der Putenhaltung wenig getan, kritisierte Norwich Rüße (GRÜNE) und bemängelte einen übertriebenen Medikamenteneinsatz, Qualzuchten und eine unsägliche Praxis des Schnabelkürzens. Dabei sei bekannt, wie man für eine artgerechte Haltung die Besatzdichten, die Stallstrukturen und das Futter verändern müsse. Demgegenüber sähen die bundesweiten Eckwerte unverändert bis zu 52 Kilogramm weiblicher Puten pro Quadratmeter vor. Dies sei genauso ein Armutszeugnis wie der Antibiotikaeinsatz, der noch höher liege als in der Hähnchenmast. Puten seien mit Rind, Schwein oder Masthuhn gleichzustellen, forderte Rüße.

"Gut gemeint ist nicht automatisch gut gemacht", wertete Josef Wirtz (CDU) den Text als "Schauantrag". So sei seit dem Jahr 2010 sowohl der Pro-Kopf-Verbrauch als auch die Zahl der eingestallten Küken rückläufig. Außerdem sei das Landwirtschaftsministerium NRW an der Ausarbeitung der Eckwerte beteiligt gewesen. Dieses wolle ja in Kürze eine Studie zur Auswirkung des Schnabelkürzens in Auftrag geben. Dennoch begrüße auch die CDU eine rechtsverbindliche Regelung der Putenhaltung. Diese dürfe jedoch nicht zu Wettbewerbsnachteilen für die Produzenten in NRW führen. Für sinnvoller hielt er eine europäische Regelung.

Für die Putenhaltung gebe es bereits rechtsverbindliche Mindeststandards, sagte Karlheinz Busen (FDP). So gelte auch hier Paragraph zwei des Tierschutzgesetzes sowie das eherne Leitprinzip, dass sich die Haltungsbedingungen den Tieren anzupassen hätten und nicht umgekehrt. "Da Landwirten das Wohl ihrer Tiere mindestens genauso am Herzen liegt wie dem Parlament, halten wir es grundsätzlich für richtig, den Landwirten konkrete Handlungsempfehlungen an die Hand zu geben", betonte Busen. Für die FDP sei entscheidend, dass praxistaugliche Regelungen gefunden würden, die sowohl dem Wohl der Tiere dienten, als auch den Bauern Luft zum Atmen ließen.

"In der abstrusen Welt der Lebensmittelkonzerne werden Tiere meist nicht mehr als Lebewesen und schützenswert betrachtet, sondern als Fleischmasse auf Beinen - wenn die überzüchteten Puten überhaupt noch laufen können", begrüßte Simone Brand (PIRATEN) den Antrag. Allerdings komme es nicht nur auf die Vorschriften an, sie müssten auch durchgesetzt werden. Die Kontrollergebnisse müssten dann den Verbraucherinnen und Verbrauchern zur Verfügung stehen, damit diese für sich selbst und die Tiere die richtigen Entscheidungen treffen könnten. Notwendig seien die vier Standbeine Richtlinien, Kontrollen, Informationen und Bildung.

Es gehe bei den geplanten Regelungen sowohl um eine notwendige Klärung im Sinne des Tierschutzes als auch um eine wirtschaftlich planbare Zukunft der Mastbetriebe, erläuterte Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (GRÜNE). Eine Zucht, die darauf abziele, den Tieren immer höhere Leistungen abzufordern, ohne dass die Tiere dem gerecht werden könnten, führe dazu, dass Krankheiten aufkämen und insofern verstärkt entsprechende Therapien eingeplant werden müssten. "Dieses schnelle Wachstum und ein 'Immer weiter so' müssen beendet werden", forderte Remmel. Daher sei auf Bundesebene die Tiernutzhaltungsverordnung entsprechend zu ändern.


WEITERBERATUNG: Der Antrag - Drs. 16/3422 - wurde einstimmig an den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 44. Jahrgang, 24.7.2013, S. 8
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. August 2013