Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/2047: Nachholbedarf in Naturwissenschaften (Li)


Landtag intern 10/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Nachholbedarf in Naturwissenschaften Parlament berät über Leistungen der NRW-Schülerschaft Plenarbericht

Von Sonja Wand



16. Oktober 2013 - Im Ländervergleich schneiden die Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse in NRW in den Fächern Mathematik, Biologie, Physik und Chemie nur unterdurchschnittlich ab. Zu diesem Ergebnis kommt eine kürzlich vorgestellte Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen. CDU und FDP thematisierten dieses Ergebnis im Rahmen einer Aktuellen Stunde. In einer sachlichen Debatte ging es immer wieder um die Qualität des Unterrichts. Aber was ist konkret zu tun?


Der vorletzte Platz in der Studie sei eine Blamage für das Industrieland Nummer eins, sagte Klaus Kaiser (CDU). Zudem gehe es um Lebenschancen für die Jugendlichen, begründete er seinen Anspruch, im Spitzenfeld zu liegen. "Wenn hier jetzt nicht gehandelt wird, ist das nicht nur ungerecht und unsozial, sondern wir gefährden auch nachhaltig den Standort Nordrhein-Westfalen", warnte der Abgeordnete. Er sah in gutem Unterricht die Grundlage für Schulerfolg, deshalb sei die Unterrichtsqualität das "Megathema" in der Bildungspolitik. Es gelte zu analysieren, wie viel Unterricht in den besagten Fächern ausfalle und wie viel fachfremder Unterricht erteilt werde. Dann erst könne es um Handlungskonzepte gehen.

Als mittleres Desaster für Nordrhein-Westfalen bezeichnete Yvonne Gebauer (FDP) das Ergebnis der Studie. Schließlich hänge davon die Zukunft des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts ab. Es gelinge weder die Förderung der schwächsten Schülerinnen und Schüler noch die der leistungsstärksten. Sie plädierte dafür, auf die Lehrerausbildung zu schauen und die Lehrkräfte zu stützen. Dass in NRW ausgerechnet die Entlastungsstunden der Lehrerausbilder gekürzt werden sollten, weise in die falsche Richtung. Gebauer forderte einen Kurswechsel der rot-grünen Schulpolitik: mit Fokus auf Unterrichtsqualität statt auf längerem gemeinsamem Lernen. Auch der Unterrichtsausfall gehöre in den Blickpunkt.

Offenbar hätten die bisher ergriffenen Maßnahmen - allerdings auch die aus schwarz-gelber Vergangenheit -, nicht gegriffen, gestand SPD-Sprecherin Renate Hendricks zu. Auch sie beschrieb die Qualität des Unterrichts als oberste Priorität. Die Abgeordnete blickte auf die in der Studie erfolgreichen ostdeutschen Bundesländer und wies darauf hin, dass dort wesentlich mehr das integrative Fach Naturwissenschaften unterrichtet werde. Bezüglich der immer noch starken Abhängigkeit des Schulerfolgs von der sozialen Herkunft der Kinder plädierte sie dafür, einen Teil der Finanzmittel nach Sozialindex zu vergeben. Es gebe keine einfachen Antworten, nur komplexe Herausforderungen, meinte Hendricks.

"Wir können das Ganze nur gemeinsam schaffen", betonte Sigrid Beer (GRÜNE) und lenkte den Blick auf die Bedeutung von Lehrerfortbildungen und daher auch auf das entsprechende Landesinstitut. Für die Analyse sprach sie sich dafür aus, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Düsseldorf einzuladen. Auch sei es eine spannende Aufgabe zu erfahren, was andere Länder besser machten. In den ostdeutschen Ländern, die übrigens eine deutlich geringere Zuwanderungsquote als NRW hätten, gebe es etwa eine große Wertschätzung der naturwissenschaftlichen Fächer. Ziel müsse es sein, eine Leidenschaft fürs Forschen und Experimentieren in den Kindern und Jugendlichen zu wecken und zu erhalten.

Michele Marsching (PIRATEN) nannte vier Kritikpunkte. Bei den Bildungsausgaben pro Schülerin oder Schüler liege NRW mit 5.500 Euro auf dem letzten Platz im Ländervergleich. Thüringen investiere dagegen jeweils 8.600 Euro. Auch die Personalausgaben seien mit 4.200 Euro pro Kind zu gering. Sachsen etwa gebe rund 50 Prozent mehr aus. Und auch beim Schüler-Lehrer-Verhältnis falle NRW mit 17 Schülern pro Lehrkraft hinter die Gewinner-Länder zurück. Zudem rechnete Marsching vor, dass bis zum Ende der Sekundarstufe I in NRW 273 Stunden weniger Naturwissenschaften erteilt würden als in Sachsen. Auch dass Jungen in den Naturwissenschaften erfolgreicher als Mädchen seien, gehöre zur Diskussion.

NRW müsse mehr Jugendliche zu besseren Abschlüssen bringen. "Das sind wir den Kindern schuldig, das sind wir aus sozialpolitischer Sicht unserem Land schuldig, und das sind wir aus wirtschaftlichen Gründen unserem Land schuldig", erklärte Schulministerin Sylvia Löhrmann (GRÜNE). Schulstruktur und -form gäben nicht den Ausschlag für die Leistung der Kinder, verwies die Ministerin auf die Studie und warnte davor, alte ideologische Gräben aufzureißen. Es gebe bereits sehr gute Programme zur Förderung der naturwissenschaftlichen Kompetenzen in NRW. Sie hätten allerdings bisher noch nicht die erhofften Früchte getragen. Statt auf Aktionismus setze die Landesregierung auf ein Mehr an Lehrerfortbildungen.

*

Quelle:
Landtag intern 10 - 44. Jahrgang, 27.11.2013, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -23 04, -21 07, -23 09,
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2013