Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/2066: Atomausstieg - und dann? (Li)


Landtag intern 1/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Atomausstieg - und dann?
Debatte um Abwicklung des Kernkraftwerks in Hamm-Uentrop
Plenarbericht

Von Anica Bömke-Ziganki



18. Dezember 2013 - Der gerade verabschiedete Haushalt 2014 sieht Zuschüsse im Zusammenhang mit der geordneten Stilllegung des Kernkraftwerks in Hamm-Uentrop in Höhe von 1,5 Millionen Euro vor. Im Haushalt 2013 ist eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 32,2 Millionen Euro für denselben Zweck enthalten. Die Piratenfraktion wirft SPD und GRÜNEN vor, mit diesen Vereinbarungen gegen den Koalitionsvertrag zu handeln, und fordert in ihrem Antrag (Drs. 16/4592), dass das Land keine neuen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Betreibern eingehen soll. Die übrigen Fraktionen verteidigen die geplanten Zahlungen als Teil einer verantwortlichen Atomabwicklungspolitik, die sich aus bereits bestehenden Vereinbarungen ergebe.


Ziel der PIRATEN sei es, dass das Land NRW keine neuen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Betreibern des Atomkraftwerks Hamm-Uentrop oder etwa Jülich übernehme, so Dietmar Schulz (PIRATEN). Die im Haushalt 2014 verabschiedete Fördersumme in Höhe von 1,5 Millionen Euro für die Restabwicklung des Kraftwerks Hamm-Uentrop widerspreche dem Koalitionsvertrag. Dort hätten die Regierungsparteien vereinbart, die Eigentümer in die finanzielle Verantwortung zu nehmen, also die Kosten auf die Großen der deutschen Energiewirtschaft abzuwälzen. Zudem liege bislang keine Finanzierungsregelung vor.

In Hamm-Uentrop müsse man derzeit erst einmal einen sicheren Einschluss gewährleisten, entgegnete Guido van den Berg (SPD). Dazu dienten die aktuell in Rede stehenden Ergänzungen der Vertragswerke. Die rot-grüne Landesregierung habe sich mit Vehemenz von der Atomenergie verabschiedet. Dennoch müsse sich verantwortliche Politik auch darum kümmern, gemeinschaftlich einen Weg aufzuzeigen, wie der sichere Einschluss, der Rückbau und die Entsorgung stattfinden könnten. Derzeit überprüfe der Finanzminister die rechtliche Position des Landes, um die Lasten für den Steuerzahler gering zu halten.

"Wir stehen in der Verantwortung. Wir haben bilaterale Verträge", stellte Thomas Kufen (CDU) fest. Als guter Vertragspartner solle man nicht hinter dem zurückfallen, was vereinbart worden sei. Die entsprechenden Vertragsverhandlungen seien, zumindest was die Eckpunkte angehe, abgeschlossen. Die Lastenverteilung sei eindeutig. Insofern bleibe die Frage, wie man damit umgehe. Die PIRATEN würden dem Sachverhalt nicht gerecht. Zum einen nicht, indem sie glaubten, sich mit dem vorliegenden Antrag aus der Verantwortung stehlen zu können, zum anderen nicht, indem sie den Koalitionsvertrag zitierten.

Auch wenn man eine Technologie ablehne, könne man sich einer sicheren, verträglichen Entsorgung nicht verweigern, mahnte Hans Christian Markert (GRÜNE). Obwohl die GRÜNEN für diese Technologie nicht verantwortlich seien, stünden sie zu ihrer Verantwortung für eine möglichst sichere und schnelle Abwicklung. Die öffentliche Hand habe viel Geld in die Atomenergie gesteckt und müsse nun auch die Konsequenzen vollständig tragen. Die Landesregierung werde sehr genau darauf achten, dass sich die Betreibergesellschafter entsprechend den Vereinbarungen und ihrer Verantwortung an den Kosten beteiligten.

Mit der neu zu treffenden Vereinbarung fördere man nicht den Ausbau kerntechnischer Anlagen, sondern wolle im Gegenteil den Prozess des Rückbaus und der Entsorgung bestmöglich organisieren, so Ralf Witzel (FDP). Beim vorliegenden Antrag gehe es nicht um ein energiepolitisches Bekenntnis, sondern darum, bestehenden rechtlichen und faktischen Verpflichtungen der verschiedenen Landesregierungen der letzten Zeit nachzukommen. Insofern habe die FDP Zweifel, ob die Forderung der PIRATEN - für die Zukunft das auszuschließen, was sich an Herausforderungen noch stellen werde - realistisch sei.

Als "Unsinn" bezeichnete Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans (SPD) den Vorwurf, die Landesregierung halte den Koalitionsvertrag nicht ein und wolle künftig Atomkraftwerke fördern. Vielmehr handele es sich um eine Fortsetzung bereits eingegangener Zahlungsverpflichtungen. In einem Rahmenvertrag hätten Bund, Land und Betreiber sich verpflichtet, die Folgen der Atomförderung zu finanzieren. Zwei Fortschreibungen habe es bereits gegeben, die dritte stehe kurz bevor. In den folgenden Jahren müssten die nächsten Teilbeträge gezahlt werden, daran halte sich das Land nach kritischster Prüfung.


ABGELEHNT
Der Antrag der PIRATEN (Drs. 16/4592) wurde in namentlicher Abstimmung mit 207 gegen 20 Stimmen abgelehnt.

*

Quelle:
Landtag intern 1 - 45. Jahrgang, 29.1.2014, S. 4
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -23 04, -21 07, -23 09,
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2014