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NORDRHEIN-WESTFALEN/2073: Schlechte Umfragewerte für den Arbeitgeber Hochschule (Li)


Landtag intern 1/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Jung, akademisch, befristet
Schlechte Umfragewerte für den Arbeitgeber Hochschule

Von Sonja Wand



23. Januar 2014 - Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) NRW hat Beschäftigte an über 20 NRW-Hochschulen befragt, wie zufrieden sie mit ihrer Arbeitsstelle sind. Ergebnisse der nicht repräsentativen Umfrage: zu viele Befristungen, zu viele Überstunden, nicht immer angemessene Bezahlung - als Pluspunkt aber selbstbestimmtes Arbeiten. Ein Viertel aller Beschäftigten wollen den Arbeitgeber wechseln. Ein alarmierendes Zeichen für die Politik?


Im Hochschulausschuss präsentierte Antonia Kühn, Leiterin der Abteilung Hochschulen, Wissenschaft und Forschung im DGB NRW, den Abgeordneten die Ergebnisse der über 900 ausgewerteten Fragebögen. Sie betonte, dass es sich nicht um eine sozialwissenschaftliche, empirische Studie handele, aber durchaus um ein "kleines Blitzlicht aus Nordrhein-Westfalen", um der Politik aufzuzeigen, wo es sich lohne, näher hinzuschauen.

Es gebe an den Hochschulen eine ausufernde Befristungspraxis, fasste Kühn eine zentrale Aussage aus den Ergebnissen zusammen. Auch das Thema Überstunden sei relevant: Mehr als zwei Drittel aller Vollzeitbeschäftigten machten regelmäßig Überstunden.

Vier von zehn Befragten hielten ihr Einkommen für nicht angemessen, erklärte die Expertin. Jeder vierte Teilnehmende beurteile die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz so schlecht, dass er dort nicht dauerhaft arbeiten wolle. Auch beim Thema Qualifizierung fühle sich ein Drittel der Befragten nicht hinreichend unterstützt.

Nur 22 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten angegeben, mit der Arbeitsbelastung sehr unzufrieden zu sein. Eine mögliche Erklärung für den verhältnismäßig geringen Wert bei zu hoher Arbeitsbelastung im Vergleich zu den geleisteten Überstunden sah die Gewerkschafterin in einem positiven Ergebnis der Studie: Zwei Drittel der Befragten hätten angegeben, selbstbestimmt arbeiten zu können.

Forderungen

Trotzdem zog die Expertin ein insgesamt negatives Fazit: "Die Hochschulen sind weit davon entfernt, ein guter Arbeitgeber zu sein." Ihre Forderungen: NRW müsse wieder die Verantwortung für die Arbeitskräfte übernehmen, sachgrundlose Befristungen abschaffen, Beschäftigte an Fachhochschulen mit denen an Universitäten gleichstellen, Personalentwicklung für alle Hochschulen etablieren, "gute Arbeit" an Hochschulen voranbringen und dafür sorgen, dass die Tarifautonomie nicht weiter eingeschränkt bleibe.

Klaus Böhme von der Landespersonalrätekonferenz bestätigte für die in Technik und Verwaltung Angestellten die Tendenz zur Selbstausbeutung. Überstunden würden nicht angeordnet, sondern freiwillig geleistet. "Da gibt's auch einfach Druck", widersprach für die wissenschaftlichen Angestellten Bernadette Stolle und verwies auf eine doppelte Abhängigkeit. Noch immer sei es gängige Praxis, eine halbe Stelle an eine Doktorandin oder einen Doktoranden zu vergeben, verbunden mit der Aussage: "Auf der anderen halbe Stelle kannst du dann ja promovieren." Der Vorgesetzte sei dann eben auch derjenige, der das Promotionsverfahren begutachte.

Böhme appellierte, unterstützt von anderen, deutlich an die Politik, sogenannte sachgrundlose Befristungen abzuschaffen. Gründe für Befristungen seien etwa eine Qualifizierungsstufe, Drittmittel für ein zeitlich begrenztes Forschungsprojekt oder Vertretungsregelungen. "Es gibt ja immer etwas zu tun, was man verbessern kann", stimmte Regina Zdebel, die für die Universitätsleitungen sprach, zu. Auch lasse sie es gelten, wenn eine gewisse Unzufriedenheit unter den Beschäftigten festzustellen sei. Für den Vorwurf, Hochschulen seien schlechte Arbeitgeber, fehle aber die Grundlage.

Verlässliche Finanzierung

Dr. Christina Reinhardt betonte aus Sicht der Fachhochschulleitungen, dass sie ein gleiches Interesse wie der DGB an guter Arbeit habe. Denn die Hochschulen wollten die Besten beschäftigen, und die Konkurrenz zur Wirtschaft um qualifizierte Arbeitskräfte sei hart. Manches sei aber für die Hochschulen nicht so einfach zu beeinflussen. Die Gesetzmäßigkeiten, nach denen die Hochschulen arbeiten müssten, seien andere. Niemand wolle eine ausufernde Befristungspraxis, aber man sei an die Dauer von Forschungsprojekten und Ähnliches gebunden. Um unbefristete Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen, brauche man eine verlässliche Finanzierung, sagte sie mit Blick auf die Politik. DGB-Frau Kühn erwiderte: "Jedes mittelständische Unternehmen plant besser als die Hochschulen" - auch dort sei nicht immer die künftige Auftragslage sicher.

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Quelle:
Landtag intern 1 - 45. Jahrgang, 29.1.2014, S. 15
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2014