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NORDRHEIN-WESTFALEN/2085: Fußball-Krawalle - CDU will Instrument der Meldeauflagen stärken (Li)


Landtag intern 3/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenum
Wer nicht da ist, macht keinen Ärger
Fußball-Krawalle: CDU will Instrument der Meldeauflagen stärken

Von Daniela Braun



20. Februar 2014 - Wer sich am Samstag um halb vier bei der Polizei in Dortmund meldet, kann nicht gleichzeitig beim Stadionbesuch in Gelsenkirchen randalieren: Diese Idee steckt hinter dem Instrument der Meldeauflage, das die CDU in NRW zu einer polizeilichen Standardmaßnahme machen will. Ziel sei es, Krawalle rund um Fußballspiele einzudämmen. Dazu hat die Fraktion dem Landtag den Entwurf für ein neues Polizeigesetz vorgelegt (Drs. 16/5038) und eine hitzige Debatte im Plenum ausgelöst.


Seine Fraktion wolle erreichen, dass bekannte Gewalttäter erst gar nicht zu den Spielorten anreisen dürften, unterstrich Theo Kruse (CDU). Meldeauflagen seien hierfür ein geeignetes Mittel, die Polizei in NRW setze sie aber nur zurückhaltend ein. Als Ursache nannte Kruse eine aus seiner Sicht unklare Rechtsbasis für den Einsatz solcher Auflagen. Der Gesetzentwurf der CDU sehe daher eine spezielle Eingriffsermächtigung im Polizeigesetz vor, erläuterte der Abgeordnete. Kruse warf der rot-grünen Landesregierung vor, den "Gewaltexzessen" rund um Fußballspiele hilflos gegenüberzustehen. Zahlreiche vorgeschlagene Maßnahmen hätten sich als untauglich erwiesen.

Sowohl NRW-Verwaltungsgerichte als auch das Bundesverwaltungsgericht hätten sich längst mit der hier im Raum stehenden Frage auseinandergesetzt, hielt Andreas Kossiski (SPD) seinem Vorredner entgegen. Die Antwort sei eindeutig: Die vorhandene polizeirechtliche Generalermächtigung reiche aus. Zudem kritisierte Kossiski, selbst Polizeibeamter, CDU und FDP dafür, dass sie ihre Argumente zur Gewalt rund um Fußballspiele willkürlich vortrügen. Erst im Januar hätten sie gefordert, die Polizei müsse auf Basis des aktuellen Gesetzes mit Meldeauflagen konsequenter gegen Gewalttäter vorgehen - nun reiche die rechtliche Grundlage hierfür plötzlich nicht mehr aus.

Ähnlich betonte auch Verena Schäffer (GRÜNE): "Bereits heute ist die Anwendung von Meldeauflagen durch die Generalklausel im Polizeigesetz möglich." Dies sei kein neues Instrument, allerdings auch kein Allheilmittel und komme relativ selten zum Einsatz, so die Abgeordnete. Das liege unter anderem an den zu Recht hohen Hürden. Schäffer bezeichnete es als bürgerrechtlich problematisch, Meldeauflagen auszuweiten. Dennoch sei es nicht verkehrt, dem Instrument transparent und nachvollziehbar einen eigenen Paragrafen im Polizeigesetz zu widmen - auch wenn dies rechtlich nicht zwingend sei. Dabei, betonte Schäffer, dürfe man nicht nur auf den Fußball abheben.

Verhältnismässigkeit

"Inzwischen bekennt sich auch Rot-Grün dazu, dass Meldeauflagen durchaus ein geeignetes Mittel sein können", lobte Dr. Robert Orth (FDP). Dies gelte aus seiner Sicht für Situationen, wo das Land die Menschen punktuell vor Gewalt durch anreisende Kriminelle schützen wolle. Mit dem Entwurf der CDU war Orth aber nicht einverstanden. Meldeauflagen dürften - anders als darin vorgesehen - stets nur punktuell und für kurze Zeit wirken: "Wir können den Menschen, die zum Beispiel aus Gladbach kommend in Köln arbeiten, auch nicht erklären, dass ihre Meldeauflage sich über das ganze Wochenende erstreckt, sodass sie nicht einmal mehr ihre Arbeitsstätte erreichen können."

"Meldeauflagen sind inzwischen faktisch eine Standardmaßnahme; dann können sie auch förmlich zu einer werden", meinte der PIRATEN- Abgeordnete Dirk Schatz. Die von der CDU-Fraktion vorgeschlagene Umsetzung gefalle ihm aber nicht. "Ihnen geht es im Prinzip nur darum, Ihr repressives Image zu pflegen", kritisierte Schatz, Polizeikommissar a. D. Eine Maßnahme aus der polizeilichen Generalklausel herauszunehmen und spezifisch zu beschreiben, mache nur Sinn, wenn der Handlungsrahmen klar definiert und begrenzt werde. Dies fehle jedoch im Gesetzentwurf. So bleibe auch unklar, welche Voraussetzungen für eine Meldeauflage gegen eine Person erfüllt sein müssen.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) bemängelte, dass die CDU von falschen Voraussetzungen ausgehe. Meldeauflagen gehörten bereits zur gängigen Polizeipraxis. Er verstehe den Wunsch der Parlamentskollegen, deren Einsatz möglicherweise erleichtern zu wollen. "Das scheitert aber zurzeit eben nicht an den gesetzlichen Grundlagen im Polizeigesetz, sondern es scheitert an den hohen rechtlichen Hürden, die immer - egal wo diese Eingriffsnorm verankert ist - vorhanden sind", betonte der Minister. Meldeauflagen griffen immer tief in die Grundrechte eines Menschen ein, weshalb die Verhältnismäßigkeit besonders abzuwägen sei, so Jäger: "Ihr Gesetzentwurf schafft keinen Vorteil."


WEITERE BERATUNG:
Im Weiteren wird der Innenausschuss federführend über den Gesetzentwurf (Drs. 16/5038) beraten. Der Sportausschuss und der Rechtsausschuss werden mitberatend tätig. Nach Abschluss der Ausschussberatungen folgt eine zweite Lesung im Plenum.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 45. Jahrgang, 26.3.2014, S. 4
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2014