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NORDRHEIN-WESTFALEN/2090: Verbraucherschutz im Internet (Li)


Landtag intern 3/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Zwischen grenzenloser Freiheit und Abzocke
Verbraucherschutz im Internet
Plenarbericht

Von Sonja Wand



20. Februar 2014 - Beim Thema Verbraucherschutz denken viele erst einmal an Lebensmittelsicherheit und weniger ans Internet. Doch bei all den Waren, die mittlerweile übers World Wide Web gehandelt werden, greift auch die Abzocke um sich. Daher hat der Verbraucherschutz längst die digitale Dimension hinzugewonnen. Die GRÜNEN-Fraktion hat eine Große Anfrage (Drs. 16/3704) an die Landesregierung gestellt, um ein umfassendes Bild über diesen Teil der Netzpolitik zu erhalten. In der Aussprache über die Antworten (Drs. 16/4930), die die Landesregierung auf 125 Seiten schriftlich geliefert hat, kamen die Fraktionen zu unterschiedlichen Bewertungen und Schwerpunktsetzungen.


"Verbraucherschutz ist ein wichtiger Teil der Netzpolitik der Landesregierung", lobte Matthi Bolte (GRÜNE). 40 Prozent aller Beratungskontakte bei der Verbraucherzentrale hätten sich im Jahr 2012 ums Internet gedreht, betonte er die Bedeutung des Themas. Unter Rot-Grün solle NRW zum Medienland Nummer eins werden, stellte er heraus. Der Schlüssel zur digitalen Teilhabe liege in der Medien- und Datenschutzkompetenz. Damit von der älteren Generation nicht nur 40 Prozent teilhaben könnten, sei es wichtig, dort einen Schwerpunkt zu setzen. "Verbraucherpolitik hat einen Schutzauftrag", sagte Bolte. Daher brauche es beides: sinnvolle Regulierung und möglichst viel Aufklärung.

"Die vorliegende Antwort der Großen Anfrage enthält eine Darstellung der vielfältigen Maßnahmen zur Aufklärung und Kompetenzvermittlung in Nordrhein-Westfalen", fasste Inge Blask (SPD) zusammen. Eine besondere Bedeutung komme dabei der Steigerung der Medienkompetenz zu, worin die Landesanstalt für Medien aktiv sei. Ebenso hob Blask das Grimme-Institut und die Verbraucherzentrale NRW hervor. Dankbar war sie für eine auch von NRW getragene Bundesratsinitiative, an deren Ende die Einführung eines "Buttons" gestanden habe, der Nutzerinnen und Nutzer im Internet dazu auffordere, diesen aktiv zu betätigen, wenn sie denn wirklich eine Kaufentscheidung treffen wollten.

Christina Schulze Föcking (CDU) dankte dem Minister und seiner Mitarbeiterschaft für die umfassenden Antworten, betonte aber: "Es kommt nicht auf die Fülle der Maßnahmen, sondern auf die Zielgenauigkeit an." Sinnvolle Aufklärungsfilme, die kaum angesehen würden, verfehlten ihre Wirkung. Sie sprach auch die Eigenverantwortung der Nutzerinnen und Nutzer an. Allerdings sei für diese eine entsprechende Unterstützung seitens der Verbraucherzentrale "bitter nötig". Angesichts der riesigen Werbeetats großer Unternehmen kämpfe die Institution zwar einen ungleichen Kampf, dürfe aber nicht nachlassen. Nachholbedarf sah Schulze Föcking beim Breitbandausbau in NRW.


Mündiger Verbraucher

Dies unterstützte Henning Höne (FDP). Er sah in der umfassenden Antwort eine gute Grundlage für die weitere parlamentarische Arbeit, kritisierte aber ein pessimistisches Verbraucherbild, das die Landesregierung zeichne. Sie gehe offenbar davon aus, dass Verbraucherinnen und Verbraucher vor allem schutzbedürftig seien. Dabei gehe es doch darum, diese selbstbewusst, eigenbestimmt und mündig zu machen. Denn "absolute Sicherheit gibt es leider nicht - weder analog noch digital", erklärte der Abgeordnete. Er plädierte für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Transparenz, Aufklärung, Unterstützung und Eigenverantwortung - und dafür, den Menschen mehr zuzutrauen.

Es müssten die Warnlampen angehen, meinte Frank Herrmann (PIRATEN): "Da wird ein E-Mail-System mit eingebauter Behördenmitschnittstelle - ich meine damit De-Mail - einfach mal als 'sicher' bezeichnet." Beim Thema Medienkompetenz als Kern- und Knackpunkt des Verbraucherschutzes im Internet las Herrmann eine Bankrotterklärung aus dem Dokument: "141-mal das Wort Medienkompetenz, aber keine Verankerung dieses Themas in den Lehrplänen der Schulen", kritisierte er. Auf Medienkompetenz, Aufklärung und Befähigung komme es deshalb so sehr an, weil gesetzliche Regulierungen nur eine sehr begrenzte Wirkung hätten. "Das Internet hat keine Grenzen, und das ist auch gut so", sagte er.

Als so vielschichtig und breit, dass auch andere Ministerien an der Beantwortung der Anfrage beteiligt gewesen seien, beschrieb Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (GRÜNE) das Thema. Der Schutz vor Gefahren - klassische Staatsaufgabe - und die Wahrung der Freiheitsrechte: beides sei handlungsleitend und Zukunftsaufgabe. "Es geht nicht nur um den Schutz vor kriminellen Angriffen oder strafbaren Handlungen", erklärte er, sondern auch um "Abzockermachenschaften" am Rande der Legalität wie etwa Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen. Als bundesweit einzigartig lobte der Minister die gut aufgestellte Landschaft von Verbraucherzentralen in NRW.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 45. Jahrgang, 26.3.2014, S. 9
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2014