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NORDRHEIN-WESTFALEN/2110: Hochschulpolitik - Ein Gesetz, unterschiedlichste Bewertungen (Li)


Landtag intern 5/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenum
Zukunftsorientiert, zaghaft, zentralistisch
Hochschulpolitik: Ein Gesetz, unterschiedlichste Bewertungen

Von Christoph Weißkirchen



10. April 2014 - "Bildung ist ein wichtiges Thema, es lohnt sich, um den richtigen Weg zu streiten." Dieser Aussage von Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) folgend erörterte der Landtag kontrovers den Regierungsentwurf des Hochschulzukunftsgesetzes (Drs. 16/5410), das zum Wintersemester 2014/2015 in Kraft treten soll.


Das bestehende Hochschulgesetz gebe keine Antworten auf Fragen zum Studienerfolg, der demokratischen Mitwirkung, der Frauenförderung oder fairen Arbeitsbedingungen. Dies soll laut Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) nun das Hochschulzukunftsgesetz lösen. Flexiblere Studienmodelle sollen helfen, die Abbrecherquote zu senken. Notwendig sei auch mehr Transparenz hinsichtlich verwendeter Steuergelder und Drittmittel. Und schließlich wolle man die Planung der Hochschulen durch eine Landeshochschulentwicklungsplanung ergänzen, verbunden mit der Möglichkeit, bei Zielabweichung einen angemessenen Teil der Landeszuschüsse an einzelne Hochschulen zurückzuhalten.

Der aktuelle Gesetzentwurf schneide zwar viele Dinge an, bleibe aber auf halber Strecke stehen, kritisierte Dr. Joachim Paul (PIRATEN). Insbesondere bei der Offenlegung der Drittmittelprojekte habe die Landesregierung der Drohkulisse einer Abwanderung von Unternehmen nicht standhalten können. Des Weiteren forderte Paul eine weitergehende Demokratisierung und Transparenz der Hochschulleitung. Hier seien nur zaghafte Anstrengungen erkennbar. Nicht konkreter geworden sei der Gesetzentwurf auch im Hinblick auf ein transparentes Finanzberichtswesen. Was die Bekämpfung der prekären Arbeitsbedingungen betreffe, so reiche das Hoffen auf Einsicht nicht aus.

Hochschulen seien für die Studierenden da, für die Forschung und für die Lehrenden. Das geplante Gesetz soll, so Karl Schultheis (SPD), die Studienbedingungen für die Studierenden verbessern. Dies betreffe die Zugangsbedingungen ebenso wie die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums, die Gleichstellung von Männern und Frauen sowie demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten. Es betreffe aber auch die Planung: So solle der Landtag zukünftig nicht nur Geld überweisen, sondern über einen Landeshochschulentwicklungsplan auch strategische Ziele der Forschungspolitik festlegen. Hierüber sollen dann mit den Hochschulen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden.

Der vorliegende Gesetzentwurf werde von einem nie dagewesenen Bündnis aller Beteiligten abgelehnt, die - so Dr. Stefan Berger (CDU) - am Ende alle Verlierer sein würden. Für ihn sollen die Hochschulen entmachtet, entmündigt und bevormundet werden. Am Ende stehe eine "Selbstermächtigung" des Wissenschaftsministeriums am Parlament vorbei: "Sie öffnen dem politischen Diktat Tür und Tor", so Berger. Weder Parlament noch Studierende oder Lehrende hätten künftig Einfluss auf die Abläufe zwischen Regierung und Hochschulen, die neben finanziellen und wirtschaftlichen Aspekten auch Fragen der Forschung beträfen. Dies sei undemokratisch, kritisierte Berger.


Planungshoheit

Verschiedene Wirtschaftsunternehmen und die Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen hätten dem Gesetzentwurf bereits zugestimmt, erwiderte Dr. Ruth Seidl (GRÜNE). Die Novellierung ziele ab auf eine bessere Landesplanung, ein Austarieren der Zuständigkeiten von Senat und Hochschulrat, auf mehr Transparenz, Partizipation und Gleichstellung. Hochschulen, die sich im Wettbewerb untereinander befänden, seien kaum in der Lage, eine landesweite Gesamtplanung im Blick zu behalten. Daher habe man das neue Steuerungselement eines Landeshochschulentwicklungsplans vorgesehen. Dessen Eckpunkte würden durch das Parlament beschlossen, betonte die GRÜNEN-Sprecherin.

Angela Freimuth (FDP) hob hervor, die Hochschulen hätten auf der Basis größtmöglichen Handlungsspielraums trotz knapper Finanzmittel den doppelten Abiturjahrgang gemeistert, die Absolventenzahl gesteigert, mehr Drittmittel eingeworben und Exzellenz in der Forschung ausgebildet. Jetzt solle dies durch "Regelungsfetischismus" ersetzt werden. Die Regierung habe die Möglichkeit, strategische Wissenschaftsplanung zu betreiben, nicht genutzt. Jetzt stelle sie dieses eigene Versäumnis als Problem dar. Wer künftig gegen die Steuerung verstoße, dem würden Finanzmittel entzogen. Dies gefährde Planungssicherheit und damit auch die befristeten Arbeitsverhältnisse.


WEITERE BERATUNG
Der Gesetzentwurf (Drs. 16/5410) wurde ebenso wie der gleichzeitig beratene Antrag der PIRATEN "Open Access im Hochschulgesetz verankern - Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stärken" (Drs. 16/5476) zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft und Forschung überwiesen.

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Quelle:
Landtag intern 5 - 45. Jahrgang, 14.5.2014, S. 10
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2014