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NORDRHEIN-WESTFALEN/2116: Eine Kündigung und ihre Folgen (Li)


Landtag intern 6/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Eine Kündigung und ihre Folgen
Der Chef der Portigon AG ist weg: Warum? Was kommt jetzt?

Von Christoph Weißkirchen



14. Mai 2014 - Der Aufsichtsrat der Portigon AG - Rechtsnachfolgerin der WestLB - hat dem Vorstandsvorsitzenden Dietrich Voigtländer das Mandat entzogen, nachdem man sich nicht über einen Anschlussvertrag bei der Portigon-Tochter Portigon Financial Service (PFS) habe einigen können. Dies bestätigten die Sprecher der Regierungsfraktionen in einer Aktuellen Stunde im Landtag (Drs. 16/5842). An der Höhe des Gehalts seien die Verhandlungen wohl nicht gescheitert, vermuteten die Sprecher der Opposition. Sie forderten Aufklärung über Gründe und Folgen und kritisierten insbesondere die Abwesenheit des Finanzministers bei der Diskussion im Fachausschuss zu diesem Thema.


"Die Zukunft der Portigon insgesamt erscheint angesichts des Ausscheidens von Herrn Voigtländer ungewisser denn je", sorgte sich Christian Möbius (CDU). Denn eigentlich hätte die PFS, die bis Ende des Jahres 2016 privatisiert werden müsse, unter Voigtländers Führung zum Finanzdienstleister entwickelt werden müssen. Scheitere in der Folge nun die Privatisierung, drohe den Steuerzahlenden ein Milliardenrisiko, befürchtete Möbius. Vor diesem Hintergrund hätte der verantwortliche Finanzminister im Ausschuss persönlich erklären müssen, inwiefern das Ausscheiden des Vorstandsvorsitzenden geschäftliche Gründe und Auswirkungen gehabt habe.

Habe es Zweifel gegeben, die Geschäftsziele nicht erreichen zu können?, fragte Ralf Witzel (FDP) nach den Gründen für das "urplötzliche" Ausscheiden des Vorstandsvorsitzenden. Es sei nicht glaubwürdig, dass man sich lediglich über Vertragsmodalitäten nicht habe einigen können, da die Rahmenbedingungen hierfür feststünden. Außerdem habe Voigtländer noch Anfang des Jahres im Fachausschuss des Landtags die Perspektiven für seine Arbeit dargelegt. Daher stellten sich Fragen nach der Zukunft der Portigon AG. So wollte Witzel wissen, ob sich Rahmenbedingungen oder Zeitplan geändert hätten und ob den Steuerzahlenden zusätzliche Kosten entstünden.

Sie lancierten Spekulationen und griffen diese anschließend "mit großer Sorge" auf, kritisierte Martin Börschel (SPD) die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP. Ein solches Verhalten sei "heuchlerisch" und "unwürdig". Am 6. Mai hätten sowohl der Finanzminister als auch der Vorsitzende des Aufsichtsrats den Obleuten des zuständigen Ausschusses alle Fragen beantwortet. Ein Informationsdefizit gebe es also nicht. Außerdem habe der Finanzminister unwidersprochen auf die seit langem geplante Dienstreise am 8. Mai hingewiesen. Dort habe er insbesondere mit Blick auf den Länderfinanzausgleich die Interessen Nordrhein-Westfalens vertreten.


Konsequenzen

"Sie treten mit Ihrem Verhalten die Interessen Nordrhein-Westfalens mit Füßen", kritisierte Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE) CDU und FDP. Voigtländer habe ein Angebot abgelehnt, da man sich über finanzielle Konditionen in der Zeit nach der Privatisierung der PFS nicht habe einigen können. Eine solche Vertragsklausel habe auch Einfluss auf den Verkaufspreis der PFS. Als Folge der fehlenden Einigung habe der Aufsichtsrat Konsequenzen gezogen und sich von Voigtländer getrennt. Über all dies habe der Finanzminister am 6. Mai die Obleute informiert, um am 8. Mai an Gesprächen über die zukünftige Ausgestaltung des Länderfinanzausgleichs teilzunehmen.

"Was für ein Spiel wird hier eigentlich gespielt?", wollte für die PIRATEN deren Sprecher Dietmar Schulz wissen. "Wer hat hier eigentlich wem den Laufpass gegeben?" Zudem fragte der Abgeordnete nach den tatsächlichen Gründen für den Weggang von Voigtländer. Bei einem Salär von deutlich über 500.000 Euro im Jahr könnten es unmöglich Probleme bei der Vertragsverhandlung bezüglich der PFS sein, vermutete Schulz. Immerhin sei mit Voigtländer eine Gallionsfigur der Portigon-Privatisierung und der WestLB-Abwicklung von Bord gegangen - Vorhaben, für die das Land Nordrhein-Westfalen sowie die Bürgerinnen und Bürger Milliardenbeträge aufbrächten.

Die Trennung von Voigtländer sei angesichts des Scheiterns der Vertragsverhandlungen der richtige und angemessene Schritt gewesen, verteidigte Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans (SPD) die Entscheidung der Portigon AG. Trotz einer Restlaufzeit des aktuellen Vertrags von dreieinhalb Jahren gebe es keine Abfindung oder Einmalzahlung. Dieses Verhalten rechne er Voigtländer hoch an. Weiteres dürfe er als Mitglied des Aufsichtsrates nicht sagen. Er selbst habe jedenfalls, wie vorher abgesprochen, am Tag der Ausschusssitzung an der Konferenz der Länderfinanzminister teilgenommen, "weil sich das für den Vorsitzenden der Veranstaltung so gehört".

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Quelle:
Landtag intern 6 - 45. Jahrgang, 4.6.2014, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juli 2014