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NORDRHEIN-WESTFALEN/2131: Zweite Revision des Kinderbildungsgesetzes verabschiedet (Li)


Landtag intern 7/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen



Plenum
Großer Wurf oder Minimalschritt?
Zweite KiBiz-Revision verabschiedet

Von Sonja Wand

4. Juni 2014 - Ab dem Sommer 100 Millionen Euro mehr für Personal und für Kitas in sozial schwierigen Lagen sowie eine im Alltag verankerte Sprachförderung - das sind die wesentlichen Änderungen, die die Landesregierung mit der zweiten Revision des Kinderbildungsgesetzes (Ki-Biz) vornehmen wird. Der Landtag hat den Gesetzentwurf heute mehrheitlich beschlossen - allerdings nicht ohne Gegenwind.


Für alle inhaltlichen Veränderungen gebe es in der frühkindlichen Bildung große Übereinstimmung, freute sich Wolfgang Jörg (SPD). Die inhaltliche Kurskorrektur hin zu mehr Chancengleichheit werde breit begrüßt. In der Folge werde es in den Einrichtungen mehr Personal und mehr Qualität geben. Aus gesellschaftlichen und fachlichen Kreisen habe man Änderungswünsche aufgenommen: Elternmitwirkung werde stärker gefördert, Kinderrechte seien ausdrücklich gesetzlich verankert worden, Wald-Kita-Personal werde finanziell besser abgesichert, Kinder mit Behinderungen in der Kindertagespflege finanziell mit denen in Kitas gleichbehandelt. Jeder Euro sei gut investiertes Geld, unterstrich der Abgeordnete.

Bernhard Tenhumberg (CDU) fand, Rot-Grün habe von den Rückmeldungen nur "bitter wenig" aufgenommen. Die Revision sei kein großer Wurf, sondern nur ein Minimalschritt, dazu mit falscher Prioritätensetzung. Und er sei nicht geeignet, die Situation in den Einrichtungen oder die Chancengleichheit zu verbessern, zitierte er einen Sachverständigen aus der Expertenanhörung. Zudem werde der individuelle Anspruch des Kindes auf Sonderförderung abgeschafft, kritisierte Tenhumberg. Durch die Neuverteilung des Geldes gingen 80 Prozent der Einrichtungen, vor allem im ländlichen Raum, leer aus. Insgesamt bleibe das Hauptproblem: Nach wie vor sei die Finanzierung über die Kindpauschale nicht auskömmlich.

Als übertriebene Fundamentalkritik empfand Andrea Asch (GRÜNE) die Rede des CDUSprechers. Die CDU selbst betreibe schließlich nur Wünsch-dir-Was-Politik, schlage aber keine konkreten Verbesserungsmaßnahmen vor und bleibe auch Finanzierungsvorschläge schuldig. Asch sah im Gesetzentwurf den Weg zu mehr Gerechtigkeit, gerade für benachteiligte Kinder, was auch helfen werde, Kinderarmut abzubauen. Es gebe die einhellige Rückmeldung, auf dem richtigen Weg zu sein, und so sei die zweite Revision ein weiterer Schritt, wenn auch noch nicht der letzte. Für weitergehende Schritte, etwa was das grundsätzliche Finanzierungssystem betreffe, brauche das Land die Unterstützung des Bundes und der Kommunen.

Mit ihrem Anspruch, kein Kind zurückzulassen, sei Rot-Grün gescheitert, meinte Marcel Hafke (FDP). Er forderte, das KiBiz grundlegend zu evaluieren, vor allem bezüglich des Finanzierungssystems, um dann zu Lösungen zu kommen. So aber würden weder gestiegene Personalkosten kompensiert, noch Erzieherinnen und Erzieher entlastet, sondern mit zusätzlichen Dokumentationspflichten belastet. Obwohl das bisherige Sprachfördersystem angeblich so schlecht sei, lasse Rot-Grün es für zehn Prozent der Kinder - nämlich die in der Tagespflege - bestehen. Dass Tagesmütter keine Zuzahlungen von Eltern mehr annehmen dürften, komme einem Berufsverbot gleich, weil der kommunale Satz oftmals nicht ausreiche.


Kritik an Kindpauschale

Die Landesregierung habe versprochen, dass die frühkindliche Bildung in den Kitas besser werde, erinnerte sich Olaf Wegner (PIRATEN). Dieses Versprechen könnten die Kitas aber nicht halten, solange die Kindpauschale nicht - und zwar auf einen Satz von jährlich 3 Prozent - erhöht werde. Schon heute fehle die Zeit und nun kämen auch noch weitere Aufgaben hinzu. Es sei zwar richtig, den Bildungsanspruch zu erhöhen. Aber Bildung koste nun einmal Geld. "Keine Bildung ist viel zu teuer", postulierte er. Solange es bei der jetzigen Kindpauschale bleibe, müsse die Qualität in den Kitas aber zwangsläufig stagnieren oder sinken. Davor warnte er: "Nicht nur keine, auch billige Bildung ist viel zu teuer."

Die Landesregierung habe die frühe Bildung zu einem Schwerpunkt ihrer Politik gemacht, erklärte Familienministerin Ute Schäfer (SPD): Seit dem Jahr 2010 habe Rot-Grün den Etat für die frühkindliche Bildung auf mehr als 2 Milliarden Euro fast verdoppelt. Die Revision bringe nun eine Stärkung des Bildungsauftrags, mehr Bildungsgerechtigkeit, eine Entlastung der Personalsituation, mehr Planungssicherheit und mehr Bedarfsgerechtigkeit. Schäfer erklärte, es sei rechtswidrig, von den Eltern einen Zuschuss zur Tagespflege zu verlangen. Stattdessen müssten die Kommunen ihren derzeit höchst unterschiedlich bemessenen Anteil übernehmen. 5,50 Euro seien dabei auskömmlich pro Tagesmutter-Stunde.


BESCHLOSSEN
Mit rot-grüner Mehrheit hat der Landtag den Gesetzentwurf inklusive Nachbesserungen entsprechend der Beschlussempfehlung des Fachausschusses angenommen. Änderungs-, Entschließungs- und weitere Anträge der Opposition fanden keine Mehrheiten.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 45. Jahrgang, 11.7.2014, S. 9
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. August 2014