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NORDRHEIN-WESTFALEN/2145: Piraten fordern freies WLAN in ganz Nordrhein-Westfalen (Li)


Landtag intern 9/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

PLENUM
Vernetzt - immer und überall
Piraten fordern freies WLAN in ganz Nordrhein-Westfalen

Von Michael Zabka



1. Oktober 2014 - Surfen im weltweiten Netz - kein Problem sofern ein Internetzugang vorhanden ist. Weil das aber nicht immer und überall der Fall ist, setzen die PIRATEN auf den sogenannten Freifunk. In einem Antrag (Dr. 16/6850) fordern sie daher ein frei zugängliches WLAN für ganz Nordrhein-Westfalen. Das Plenum hat das Thema einstimmig in den federführenden Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen.


Die Zahl aktiver Freifunkerinnen und Freifunker wachse, sagte Lukas Lamla (PIRATEN): "Ging es früher hauptsächlich darum, sich mit seinem direkten Nachbarn digital zu vernetzen, sind heute ganz andere Ziele in den Vordergrund gerückt." So gebe es Menschen, denen der Zugang zur digitalen Teilhabe verwehrt sei. Er sprach von "Senioren, deren Rente für einen Internetanschluss nicht reicht", von Flüchtlingen, "die bei uns Schutz suchen und so die Möglichkeit bekommen sollten, mit den Verbliebenen daheim Kontakt aufzunehmen". Schon der Zugang zu Dächern landeseigener Gebäude könne dem Freifunk helfen.

"Freifunk ist wichtig", bestätigte René Schneider (SPD). Er sei eine Bereicherung der Internetszene und des gesamtgesellschaftlichen Lebens. Daher sprach auch er sich für eine Abschaffung der Störerhaftung (siehe Infokasten) aus. Freifunk eröffne neue Perspektiven. Der "Marktplatz der Zukunft" liege bald vielleicht nicht mehr vor dem Rathaus, sondern im lokalen Freifunknetz. Denkbar sei, "den Bürgern einer Stadt über ihr eigenes Netz wichtige lokale Informationen zukommen zu lassen, beispielsweise über Verspätungen im Nahverkehr, Störungen im Stromnetz oder Hintergründe zu politischen Beschlüssen im Rat".

Der Antrag befasse sich mit Bundesrecht, sagte Thorsten Schick (CDU). Dass sich der Landtag damit beschäftigt, führte er auf einen angekündigten Gesetzentwurf der Bundesregierung zurück. Erste Presseveröffentlichungen ließen vermuten, dass es "Erleichterungen bei der Störerhaftung für Cafés oder Hotels geben könnte, möglicherweise aber nicht für Privatpersonen". Allerdings gebe es noch keinen Gesetzentwurf. Man wisse nicht, was der Bundeswirtschaftsminister vorlegen werde. Eine längere Befassung im Plenum sei aktuell unnötig. Gleichwohl stimme man einer Überweisung in die Fachausschüsse zu.

Die Gestaltung des digitalen Wandels sei eine Jahrhundertaufgabe, erklärte Matthi Bolte (GRÜNE). Der Antrag ziele darauf ab, die digitale Teilhabe zu stärken, diesem Ziel habe sich auch die rot-grüne Koalition verschrieben. Bereits vor knapp einem Jahr habe man von der Bundesregierung die Abschaffung der Störerhaftung gefordert. Bei der Förderung des Freifunks gehe es aber auch um die Anerkennung des Einsatzes vieler Bürgerinnen und Bürger: "Ich kann für meine Fraktion diese Anerkennung aussprechen." Bolte begrüßte, dass Freifunkinitiativen mehr Zugangsmöglichkeiten ins Internet schafften.

"Der Appell an die Landesregierung, Freifunkinitiativen zu begrüßen und zu loben, wird jetzt zwar keine unmittelbaren, konkreten Folgen haben; aber schaden kann es natürlich auch nicht", sah Thomas Nückel (FDP) im Antrag der PIRATEN Anknüpfungspunkte: "Politik sollte natürlich darauf hinwirken, dass öffentliche Liegenschaften oder Ähnliches für Freifunkinitiativen zur Verfügung gestellt werden, wo immer das möglich und zweckdienlich ist." Allerdings müsse man beim Thema Störerhaftung die Frage stellen, ob eine "vollständige Freistellung von jedweder Verantwortung" tatsächlich gewollt sei.


HOTSPOT

Für die Landesregierung unterstützte Medienministerin Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) die Freifunkidee. Es sei "zu begrüßen, dass engagierte Menschen dezentrale, nicht kommerzielle Computernetze aufbauen". Auch betonte sie den gesellschaftlichen Aspekt: "Von erfahrenen Bürgerinnen und Bürgern selbstverwaltete Infrastruktur für freien Zugang zum Netz - das vernetzt im besten Fall nicht nur Computer, sondern auch Menschen vor Ort." Die Landesregierung sehe vor allem Handlungsbedarf bei der Haftungsfrage für Betreiber von WLAN-Hotspots. Sie sollten von der Störerhaftung ausgenommen sein.


INFOKASTEN
 
Freifunk:

Ins Internet gelangt man über lokale Netzwerke (LAN, drahtloses WLAN, an einem bestimmten Standort ggf. als WLAN-Hotspot). Technisch verläuft die Internetanbindung über sogenannte Router. Im Freifunk stellen Nutzer diese für einen frei zugänglichen drahtlosen Datentransfer zur Verfügung und bauen damit selbstverwaltete lokale Computernetzwerke auf. In diese können sie dann auch eigene Beiträge - sei es Text, Musik oder Video - einspielen.

Störerhaftung:

Wer die Rechte eines anderen stört, kann dafür haftbar gemacht werden - auch im Internet. Das muss nicht derjenige sein, der den Verstoß begangen hat. Auch derjenige, der den Verstoß erst ermöglicht hat, etwa durch die Bereitstellung eines Internetzugangs, kann belangt werden.

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Quelle:
Landtag intern 9 - 45. Jahrgang, 5.11.2014, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2014