Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

NORDRHEIN-WESTFALEN/2160: Alle wollen Kinder schützen (Li)


Landtag intern 10/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Alle wollen Kinder schützen
Unterschiedliche Ansätze trennen die Fraktionen

Von Christoph Weißkirchen



6. November 2014 - Unterschiedliche Anträge lagen zum Thema Kinderschutz vor. SPD und GRÜNE traten für einen Antrag mit dem Schwerpunkt der Vorbeugung ein. CDU, FDP und PIRATEN forderten dagegen die Annahme einer rechtlichen Regelung, die bei Verdacht von Kindesmisshandlung eine Konsultation von Ärzten untereinander ermöglichen soll.


Der Antrag beschreibe das Verständnis ihrer Fraktion von umfassenden Maßnahmen zum vorbeugenden Kinderschutz, erklärte Ingrid Hack (SPD). Sie verwies auf den Verfassungsrang der Kinderrechte und des Kinderschutzes. Bei der Umsetzung des daraus resultierenden Schutzauftrags wolle man insbesondere die systemübergreifende Zusammenarbeit der relevanten Akteure stärken. Dies bedeute im Gegensatz zum Bundeskinderschutzgesetz auch die adäquate Einbeziehung von Gesundheitsschutz, Schule und sozialen Faktoren. Ein weiterer Aspekt sei die Regelung von Prävention und Beratung für Kinder und ihre Eltern.

Für die CDU konzentrierte sich Ina Scharrenbach auf die Schaffung einer rechtssicheren Möglichkeit, dass sich Kinderärzte bei Verdacht von Kindesmisshandlungen untereinander austauschen könnten. Die CDU lege zusammen mit der FDP und den PIRATEN den Vorschlag einer entsprechenden Änderung des Heilberufsgesetzes vor. Diese sehe für bestimmte Fälle die Aufhebung der Schweigepflicht vor. Denn erst wenn feststehe, dass ein Fall von Kindesmisshandlung gegeben sei, erfolge eine Meldung ans Jugendamt. Vor diesem Hintergrund hätten auch die Fachanhörungen die breite Unterstützung für eine solche Änderung ergeben.

Die ganze Gesellschaft sei gefordert, das sichere Aufwachsen von Kindern zu gewährleisten, betonte Andrea Asch (GRÜNE). Für zu viele Familien seien die Lebensbedingungen nicht so, wie es sich für eine reiche Gesellschaft gehöre. SPD und GRÜNE strebten einen vernetzten Ansatz an, der auf ein Zusammenwirken der verschiedenen Hilfsangebote abziele. Die Stärkung der Familien solle so früh wie möglich einsetzen. Das Anliegen von CDU, FDP und PIRATEN habe man im rot-grünen Antrag aufgegriffen. Angesichts unterschiedlicher Meinungen in den Anhörungen sei aber eine gründliche Prüfung dieser Frage notwendig.


Rechtssicherheit

Seit rund 20 Monaten diskutiere man im Ausschuss über die Frage der Schweigepflicht und des interkollegialen Austauschs von Ärzten untereinander, erläuterte Marcel Hafke (FDP). Ziel sei auch, sogenanntes Ärztehopping zu vermeiden, also das rasche Wechseln der Ärzte zur Verschleierung bei Verdacht auf Missbrauch. Bis heute habe man von den Regierungsfraktionen hierzu keine inhaltliche Stellungnahme erhalten. Er appellierte an SPD und GRÜNE, dem zur Abstimmung anstehenden Gesetzentwurf von CDU, FDP und PIRATEN zuzustimmen. In einem zweiten Schritt könne man dann gemeinsam den rot-grünen Antrag erörtern.

SPD und GRÜNEN gehe es um präventiven Kinderschutz, CDU, FDP und PIRATEN um das Erkennen und Beenden von Kindesmisshandlung, so Olaf Wegner (PIRATEN). Heute müssten die Ärztinnen und Ärzte allein entscheiden, ob eine meldepflichtige Kindesmisshandlung vorliege oder nicht. Nach geltendem Recht dürften sie sich darüber mit niemandem austauschen. "Es kann doch nicht sein, dass wir die Ärzte damit völlig alleinlassen", warb Wegner für eine Änderung der Rechtslage, die gemeinsame Beratung ermögliche. Es gehe um Sicherheit: für die Ärzte und bei der Feststellung, ob Kindesmisshandlung vorliege oder nicht.

"Vorbeugung wirkt", unterstrich Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (in Vertretung für Gesundheitsministerin Steffens) den Ansatz von SPD und GRÜNEN. Daher sei für die Landesregierung die Umsetzung der Bundesinitiative "Netzwerk Frühe Hilfen" vordringlich. Bis Frühjahr kommenden Jahres wolle man entscheiden, was künftig auf Bundesebene und was auf Landesebene geregelt werden soll. Das gelte im Übrigen auch für die geforderte Regelung zur Durchbrechung der ärztlichen Schweigepflicht. Schulze bezweifelte, dass der vorliegende Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen die gewünschte Rechtssicherheit schaffe.


ABSTIMMUNG
Der Gesetzentwurf der Fraktionen "Gesetz zum Ausbau des Kinderschutzes in Nordrhein-Westfalen - Änderung des Heilberufsgesetzes" (Drs. 16/4819) von CDU, FDP und PIRATEN wurde in namentlicher Abstimmung abgelehnt. Der Antrag "Kinderschutz geht alle an - Prävention stärken, Zusammenarbeit von Jugend- und Gesundheitshilfe ausbauen" (Drs. 16/7146) von SPD und GRÜNEN wurde an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend - federführend - sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales überwiesen.

*

Quelle:
Landtag intern 10 - 45. Jahrgang, 3.12.2014, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-25 45, -23 04, -21 07, -23 09,
Telefax (0211) 884-35 51
email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang