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NORDRHEIN-WESTFALEN/2231: Firmen im Briefkastenformat (Li)


Landtag intern 3/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM Firmen im Briefkastenformat
Landtag debattiert über Konsequenzen aus Panama-Enthüllungen

Von Daniela Braun, Sonja Wand und Michael Zabka


20. April 2016 - Diese Enthüllungen sorgten für weltweites Aufsehen: Anfang April veröffentlichte ein internationales Recherchenetz von investigativen Journalistinnen und Journalisten die sogenannten Panama Papers - vertrauliche Unterlagen einer panamaischen Kanzlei zu umstrittenen Briefkastenfirmen. Ein Thema auch im Landtag.


Im Mittelpunkt der Plenardebatte stand der Kampf gegen Steuerhinterziehung. In einer Unterrichtung der Abgeordneten bezeichnete NRW-Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans (SPD) die Größenordnung der Panama-Enthüllungen und den Kreis der Beteiligten als erschreckend. Er kritisierte, während Nordrhein-Westfalen einen schnurgeraden Kurs bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung fahre, könne man dies von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht behaupten. Dessen 10-Punkte-Plan als Antwort auf die Panama Papers sei unzureichend. Walter-Borjans forderte u. a., das Kreditwesengesetz zu ändern, um nicht nur Bankangestellte, sondern auch die Banken direkt sanktionieren zu können. Zudem sollten Firmen Gewinne dort versteuern müssen, wo sie diese erwirtschafteten.

"Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt", betonte Dr. Marcus Optendrenk (CDU). Dass Steueroasen der Vergangenheit angehören müssten, sei mittlerweile Konsens. Allerdings stellte der CDU-Sprecher den landespolitischen Bezug der Panama Papers infrage: "Herr Minister, das ist das falsche Thema!" Viel relevanter wäre etwa das Nullwachstum in NRW gewesen, meinte Optendrenk. Die Panama-Unterrichtung diene offenbar dazu, den Koalitionsstreit bei anderen Themen zu kaschieren. Interessant sei zudem, dass die Anstalt zur Abwicklung der früheren NRW-Landesbank WestLB die Zahl der Briefkastenfirmen in der Vergangenheit erhöht habe.

Es sei erschreckend, wie die CDU die Problematik bagatellisiert habe, sagte Stefan Zimkeit (SPD). Schließlich rede man über "organisierte Kriminalität". Dass der Landesfinanzminister die Bekämpfung der Steuerkriminalität in den Mittelpunkt seiner Arbeit stelle, sei richtig. Europäische Lösungen seien zwar wünschenswert, allerdings dürfe man nationale Lösungen dabei nicht aus dem Blick verlieren. Zimkeit forderte u. a. eine Verschärfung des Unternehmensstrafrechts und des Geldwäschegesetzes sowie Sanktionen gegen Banken, die Beihilfe leisteten. Er regte einen Aktionsplan gegen Steuerhinterziehung an.

"Nicht nur in edler Absicht"

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung müsse mit allen rechtsstaatlichen Mitteln geführt werden, erklärte Ralf Witzel (FDP). Er warnte jedoch vor Aktionismus. Jeder Einzelfall erfordere eine "sachgerechte Analyse und Beweisführung". Es sei naheliegend, dass Briefkastenfirmen "nicht nur in edler Absicht gegründet" worden seien. Werde Steuerhinterziehung nachgewiesen, solle entschlossen gehandelt werden. Dabei müsse Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen. Handlungsbedarf sah Witzel bei der Aufklärung von Offshore-Aktivitäten der ehemaligen Landesbank WestLB. In diesem Zusammenhang seien noch viele Fragen offen.

Das Thema der Unterrichtung habe durchaus Landesbezug, erklärte Martin-Sebastian Abel (GRÜNE). Denn wenn man nichts unternehme, fehle dauerhaft das Geld für Bildung und andere landespolitische Zukunftsaufgaben. Die meisten der aufgedeckten Fälle seien legal gewesen, und genau darin liege das Problem, argumentierte Abel. Er forderte ein Transparenzregister für Deutschland. Obwohl es Bestandteil der 4. Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU sei, habe Deutschland es noch immer nicht eingeführt. Abel begrüßte den 10-Punkte-Plan des Bundesfinanzministers, betonte aber, dass es auf die Umsetzung ankomme.

"Die Panama Papers sind Begleiterscheinungen eines insgesamt dysfunktionalen Steuersystems", sagte Dietmar Schulz (PIRATEN) und lenkte den Blick ins Inland. Die hiesige Bekämpfung und Kontrolle der Geldwäsche befinde sich "auf dem Niveau einer Bananenrepublik". Aus diesem Grund legten ausländische Diktatoren gern Geld in Deutschland an. Schulz forderte "Tausende mehr Finanzbeamte" für Betriebsprüfungen. Außerdem plädierte er für ein Unternehmensstrafrecht, anstatt - wie bisher - nur "lächerliche" Bußgelder zu verhängen. Auch unterstützte Schulz die Forderung seines Vorredners nach einem Transparenzregister.

Für die Debatte lagen Anträge von CDU (Drs. 16/11698) und von SPD und GRÜNEN (Drs. 16/11706) vor.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 47. Jahrgang, 26.04.2016, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2016

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