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NORDRHEIN-WESTFALEN/2255: Die Jugend und ihre Rechte (Li)


Landtag intern 6/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Die Jugend und ihre Rechte
Anhörung im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie

Von Michael Zabka


23. Juni 2016 - Ein unabhängiger Landesbeauftragter soll sich in Nordrhein-Westfalen für die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen einsetzen - das fordert die PIRATEN-Fraktion. In einer Anhörung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend äußerten sich einige Sachverständige zustimmend, andere eher ablehnend.


Kinderrechte seien in der nordrhein-westfälischen Verfassung zwar verankert, heißt es im Antrag der PIRATEN-Fraktion (Drs. 16/10781). Gleichwohl bräuchten Kinder und Jugendliche Unterstützung, diese Rechte wahrzunehmen. Eine unabhängige Landesbeauftragte oder ein unabhängiger Landesbeauftragter könnten dabei helfen. Wichtig seien die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren aus Politik, Verwaltung, Kinder- und Jugendarbeit sowie die Beteiligung der jungen Menschen selbst. Der Stelle müssten "Steuerungskompetenzen" zugesprochen werden. Von Bedeutung seien zudem ein entsprechender Handlungsspielraum sowie ausreichende finanzielle Mittel und genug Personal.

Der Landesjugendring NRW und auch die "Sozialistische Jugend Deutschlands - Die Falken" begrüßten den Antrag im Grundsatz, äußerten jedoch gleichzeitig Kritik. Positiv sei, so der Landesjugendring, dass sich die PIRATEN-Fraktion für eine Stärkung der Rechte im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention einsetze. Die Schaffung der Stelle sei dennoch "weder hinreichend noch zielführend". Die Wahrung der Kinderrechte dürfe "nicht nur von Einzelnen abhängen und somit Gefahr laufen, zu einer Alibi-Funktion zu werden". Es bedürfe "strukturell verbindlicher Maßnahmen sowie der klaren Verantwortungsübernahme aller Entscheidungsträger/-innen in Politik und Verwaltung". Entscheidungen auf Landesebene müssten im Vorfeld auf ihre Auswirkungen für Kinder und Jugendliche hin überprüft werden, erklärten beide Jugend-Organisationen. Zwingend notwendig sei zudem die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz.

"Defizite im System"

Aus Sicht der "Falken" sind die "gesetzlichen Grundlagen, die Gremien und Institutionen weitgehend vorhanden, um kinderpolitische Interessen besser zu verfolgen". Die Strukturen würden aber nicht ausreichend genutzt. "Bestehende Defizite im System" ließen sich jedoch nicht beheben, indem man zusätzliche Strukturen schaffe. Durch eine weitere Instanz werde die Zusammenarbeit "noch komplexer, aber nicht zugleich effektiver oder durchsetzungsfähiger".

Der Kinderschutzbund hingegen hielt die Einrichtung der Stelle für "unverzichtbar". Die oder der Beauftragte dürfe nicht weisungsgebunden sein und müsse sich als "Vertreter und Sprachrohr der in NRW agierenden Organisationen der Interessenvertretung junger Menschen" verstehen. Gesetzes- und Verwaltungsvorhaben "kritisch-konstruktiv" zu prüfen und zu begleiten sowie die Verletzung von Kinderrechten zu verfolgen - dies seien zentrale Aufgaben.

Im Antrag sei "die Stelle eher als Verwaltungsmensch definiert", so der Kinder- und Jugendrat NRW. Es gehe darum, "die rein juristische Einhaltung von Kinder- und Jugendrechten sicherzustellen". Junge Leute wünschten sich aber vielmehr "eine direkte Art der Beteiligung. Ein Landesbeauftragter wäre nur ein weiterer Funktionär auf Landesebene". Dies sei zwar "eine Bereicherung für die Kinder und Jugendlichen in NRW, jedoch kein Ersatz für Partizipationsmöglichkeiten".

Prof. Dr. Manfred Liebel (Internationale Akademie Berlin) nannte es bedauerlich, "dass das Land Nordrhein-Westfalen nach dem Ausscheiden des Kinderbeauftragten im Jahr 2002 seine Pionierrolle auf diesem Gebiet nicht fortgesetzt hat". Liebel erinnerte an die UN-Kinderrechtskonvention. Die von den PIRATEN geforderte Stelle würde dazu beitragen, einer aus ihr resultierenden Verpflichtung gerecht zu werden. Er bezeichnete den Antrag als "sehr gut und hilfreich". Die Einrichtung der Stelle solle die Selbstvertretungen junger Menschen nicht ersetzen, sondern stärken. Es müsse sich um eine autonome Position handeln, "nicht um die nachgeordnete Dienststelle eines Ministeriums". Die oder der Beauftragte sollte vom Landtag gewählt werden.

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Quelle:
Landtag intern 6 - 47. Jahrgang, 12.07.2016, S. 15
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. August 2016

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