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NORDRHEIN-WESTFALEN/2261: Wirtschaft im Wandel (Li)


Landtag intern 8/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Wirtschaft im Wandel
Wo steht NRW? Landtag debattiert über Analysen und Perspektiven

Von Daniela Braun und Sonja Wand


6. Oktober 2016 - Im Industrieland NRW bietet die Wirtschaftspolitik traditionell viel Raum für kontroverse Debatten. Industrie und Handwerk, Klimaschutz und Digitalisierung - die Politik ringt um das beste Konzept für einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort NRW. Grundlage der Debatte im Plenum war der 200 Seiten starke "Wirtschaftsbericht 2016", den der Minister dem Parlament vorgelegt hatte. Er sagte, das Land stehe in vielen Bereichen "sehr gut" da. Die Opposition kritisierte dagegen die Wirtschaftspolitik der Landesregierung.


Die Nachricht vom Null-Wachstum für 2015 sei ein "Schlag in die Magengrube" gewesen, sagte Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD). Deshalb habe er sich für eine umfassende Analyse entschieden. Eines der Ergebnisse des Berichts: "Noch nie hatten in NRW so viele Menschen Arbeit", so Duin. Allerdings habe sich das Bruttoinlandsprodukt weniger gut von der Wirtschaftskrise erholt als im Bundesdurchschnitt. Ursächlich sei hier vor allem die verhaltene Entwicklung in der Industrie, es fehle aber auch an Investitionen. Duin zeigte sich zuversichtlich, dass die Wirtschaft mit einer vorausschauenden Politik wieder konstant wachse.

"Dieses Land wird weiter abgehängt", kritisierte Hendrik Wüst (CDU). Darüber könne auch nicht das Wachstum von 2,1 Prozent für das erste Halbjahr 2016 hinwegtäuschen. Der CDU-Abgeordnete forderte einen Neuanfang in der Wirtschaftspolitik und eine Umkehr vom Koalitionsvertrag: "NRW, das Herz der Industrie. Das war einmal. Dahin müssen wir wieder zurück." Doch offenbar könne sich Rot-Grün nicht auf ein Umsteuern einigen. Abgesehen von großen Ankündigungen passiere nicht viel, meinte Wüst. Auch beim Breitband-Ausbau komme NRW zu langsam voran: "Der digitale Wandel braucht nicht Zeit, der digitale Wandel braucht Tempo."


"Wirtschaft und Psychologie"

Frank Sundermann (SPD) kritisierte, die Opposition habe die NRW-Wirtschaft in den vergangenen Jahren schlechtgeredet. Denn Wirtschaft sei zu einem großen Teil auch Psychologie. Zudem forderte Sundermann eine Willkommenskultur für die schwächelnde Industrie: "Der gesellschaftliche Blick auf die Industriepolitik muss sich ändern." Fehlende Akzeptanz und die schwierige Rekrutierung von guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trieben die Unternehmen um, so Sundermann. Er lobte eine vorausschauende rotgrüne Wirtschaftspolitik. Sie treibe die Digitalisierung der Firmen voran und berücksichtige die Heterogenität im Land.

Nordrhein-Westfalen bleibe hinter seinen Möglichkeiten zurück, sagte Dietmar Brockes (FDP). Es sei schwächer gewachsen als andere Flächenländer. Die Landesregierung müsse endlich Mut zu einer Kehrtwende haben, forderte der Abgeordnete und kritisierte, die Umweltpolitik der Landesregierung belaste die Wirtschaft durch höhere Kosten und mehr Bürokratie. Brockes vermisste im Wirtschaftsbericht zudem investitionsförderliche Maßnahmen. Der Wirtschaftsminister gebe sich damit zufrieden, die Abstiegsplätze verlassen zu haben. "Wir wollen in der Champions League spielen", hielt Brockes dagegen.

"Der Bericht ist ehrlich. Er benennt Stärken und Schwächen", erklärte Reiner Priggen (GRÜNE). Fakt sei etwa, dass 30 Prozent der Treibhausgase Deutschlands in NRW entstünden. Er verwies auf das Pariser Klimaabkommen, das auch die EU bereits ratifiziert habe und das weitreichende Auswirkungen auf Produktionsverfahren und die industrielle Herstellung haben werde. "Es wird ein Ringen um Zukunftsmärkte geben und darin muss sich NRW aufstellen - sonst entstehen alle Arbeitsplätze woanders. Kluge Wirtschaftspolitik flankiert den Umbau und gibt Orientierung", verteidigte er die Politik der Landesregierung.

"Die Wirtschaftspolitik ist in den Krisenmodus gewechselt", beschrieb Dr. Joachim Paul (PIRATEN) einen "langfristigen Negativtrend". Er attestierte der Landesregierung ein gestörtes Verhältnis zur Industrie. Außerdem war Paul überzeugt: Solange die Wertschätzung und Anerkennung, die Bergleute früher genossen hätten, nicht den Menschen in der Kreativwirtschaft und Softwareentwicklung zuteilwerde, solange werde der Strukturwandel ein Problem bleiben. Er forderte mehr Investitionen, eine Trendwende bei aus seiner Sicht zu niedrigen Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie eine "digitale Revolution".

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Quelle:
Landtag intern 8 - 47. Jahrgang, 11.10.2016, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2016

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